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Olympia von Clèves

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Es kam also nichts aus dem Munde von Banniére, und wir wissen, warum: aber der Commissär, der entfernt nichts vermutete, sondern glaubte, dieses Stillschweigen rühre von einem schlechten Willen her, wurde der Fragen müde, auf welche keine Antwort erfolgte, machte von seinem Rechte Gebrauch und schickte Banniére in's Gefängnis.



Dieselben Schützen führten nach dem Fort-l'Evêque den jungen Mann, der, kurz zuvor noch voll Feuer und Kraft, nun mit düsterem Auge und gesenktem Kopfe, wie die Renner des schönen Hippolyt, einherging.




XLIV.

Das Fort – l'Evêque

Kein Zwischenfall ereignete sich aus dem Wege; Banniére blieb nur stumm, was die Schützen ungeheuer in Erstaunen setzen musste, in Betracht, daß, sie ihn aus eine so heftige und so anhaltende Art: »Es lebe der König!« hatten rufen hören.



Man führte Banniére, wie gesagt, nach dem Fort, l'Evêque und zeichnete ihn mit den gewöhnlichen Förmlichkeiten in die Liste der Gefangenen ein



Während der ganzen Zeit seiner Einsperrung gab Banniére eben so wenig eine Silbe von sich, als er es vor dem Commissär und unter Weges gethan hatte.



Sobald er eingesperrt war, atmete Banniére, nahm seinen Diamant aus seinem Munde und verbarg ihn in einer kleinen Spalte seiner Wand oder vielmehr der Wand des Königs; dann zog er sein armseliges Bett vor diese Spalte und legte sich darauf, um seinen Diamant nicht aus dem Gesicht zu verlieren, selbst nicht während seines Schlafes, wie Herr de la Palisse gesagt hätte, der so viele gute Dinge sagte.



Nicht ohne Grund handelte er so, denn man durchsuchte ihn sorgfältig, was nicht schwierig sein konnte, da er mehr als halb nackt war.



Man untersuchte besonders das Scadulier, welches man als leer und unschuldig erkannte.



Diesmal war es kein Commissär, der Banniére verhörte, es war ein Richter des Chatelet; die Ceremonie wurde Achtung einflößend.



Banniére hatte bis dahin zu wenig gesprochen, diesmal aber sprach er zu viel.



»Ihr Name?«



»Banniére.«



»Ihr Alter?«



»Fünf und zwanzig Jahre.«



»Ihr Gewerbe?«



»Ich habe keines.«



»Ihr Domizil?«



»Ich habe noch keines, da ich diesen Morgen erst in Paris ankam.«



»Ihre Existenzmittel?«



Banniére zeigte seine Arme, ein vortreffliches Existenzmittel; die Schützen wussten etwas davon und konnten es zur Not bestätigen.



Der Richter ging nun in das Detail der Beschwerden ein. die man gegen Banniére vorbrachte.



»Warum haben Sie die Garde geschlagen fragte er.



«Weil man mich verhinderte, in das Theater einzutreten.«



»Was wollten Sie dort machen?«



»Bei Gott! das Schauspiel sehen.«



»Man hat Sie aber durchsucht: Sie hatten kein Geld.«



Hier geriet Banniére in Verlegenheit, mehr als bei Frau von Mailly, denn statt einer schlechten Antwort fand er diesmal gar keine, und mit ein wenig Geistesgegenwart wäre die Antwort doch leicht gewesen: er hatte nur die zahlreichen Wunden seines Rockes zu zeigen und zu sagen:



»Sehen Sie, ob meine Börse in einem dergestalt zerrissenen Kleide hat bleiben können!«



Und aus diese Art hätte er sogar noch gesagt, er könne Entschädigung beanspruchen.



Banniére fand jedoch diese Lüge nicht, so einfach sie war. Er blieb also verblüfft bei der Frage des Beamten.



Wir müssen indessen auch die volle Wahrheit sagen, damit unser Leser Banniére nicht alberner macht, als er in Wirklichkeit war.



Während der Beamte protokollierte, war Banniére nur darauf bedacht, aus dem Gefängnis zu kommen.



Dieser Wunsch äußerte sich plötzlich und in einem Augenblick, wo es der Beamte am wenigsten erwartete.



»Wie viel Uhr ist es?»fragte er den Richter, der ihn ganz verwundert anschaute.



»Warum?« erwiderte dieser mit einer etwas spöttischen Miene.



»Warum? Ei! um in die Comédie zurückzukehren!« rief Banniére.



Der Richter schaute die Schützen an.



»Geschwinde, geschwinde,« fügte Banniére bei, »ich kann sehr wohl noch bei dem Moment ankommen, wo Junia sagt:

O mein Fürst!

« und diesen Moment möchte ich vornehmlich sehen. Olympia war darin so schön! so pathetisch! so rührend!«



»Ho! Ho!« machte der Richter.



»Beeilen Sie sich also,« fuhr Banniére fort, »denn wenn Sie noch zögern, so werde ich nicht mehr bei dem Moment eintreffen, wo sie zu Agrippina sagt:



»Verzeihet dies Entzücken, edle Frau.«



»Ah! was hat denn dieser Teufelsmensch?« stammelte der Richter.



»Nun, wird man wohl ein Ende machen?« rief Banniére mit einem Tone, dem man die Rückkehr eines Zornes anmerkte, welcher, einen Augenblick unterdrückt, abermals loszubrechen drohte.



«Nun! nun!« rief der Richter, indem er Banniére mit einem gewissen Schrecken betrachtete, »sind Sie verrückt! Wie! ich fand Sie beinahe unschuldig, und wollte Nachsicht mit Ihnen haben . . .«



»Oh! es wäre besser, man würde mit Strenge gegen mich verfahren! Habe ich etwas gethan? Man hat mich geschlagen, man hat mir einen ganz neuen Rock zerrissen, Basinhosen, die ich zum ersten Mal trug, unbrauchbar gemacht, und Alles dies, weil ich das Schauspiel sehen wollte und: »

Es lebe der König!

« rief.«



»Und er rief es ganz herzlich,« bemerkte einer von den Schützen; »man muss ihm diese Gerechtigkeit widerfahren lassen.«



»Er ist kein böser Mensch, und er drückt sich gut aus,« sagte der Richter.



«Rasch, rasch also,« rief Banniére, »öffnen Sie mir die Thüren, da ich so sehr unschuldig bin!«



«Aber er ist verrückt!« sagte der Richter,



«Verrückt! ich! gehen Sie doch!«



»Beruhigen Sie sich, und wir werden sehen.«



»Daß ich mich beruhige!«



»Ja.«



»Aber ich sage Ihnen, daß sie im Begriffe ist, von der Szene abzugehen!«



»Wer?«



»Junia.«



»Wer, Junia?«



»Junia, tausend Teufel I Wollen Sie mich denn verhindern, sie bei ihrem Weggehen zu sehen!«



»Ho! Ho! nun kommt der Anfall wieder,« sagte der Beamte, indem er die Schützen wie ein Mensch anschaute, der zum Voraus ihren Mut für den Fall befragt, daß er an denselben zu appelliren hätte.



»Sehen Sie, mein kleiner Richter,« fuhr Banniére fort, »nun kleidet sie sich aus.«



»Aber wer denn?«



»Junia.«



»Junia kleidet sich aus?« versetzte der Richter, dem dies ein Ärgernis gab.



»Allerdings! glauben Sie denn, sie werde mit ihrer Tunica und ihrem Peplos nach Hause kehren?«



«Nun! was geht das mich an?«



»Aber mich geht es sehr viel an; ich habe nur Zeit, zu laufen, um in dem Augenblick anzukommen, wo sie aus dem Theater weggehen wird. Lassen Sie mich los!«



»Es ist entschieden ein Narr!« sagte der Richter.



»Es ist ein Narr!« wiederholten die Schützen, entzückt, wie der Richter zu sprechen.



»Ein Narr von der sentimentalen Gattung,« fuhr der Richter fort.



Banniére stürzte vor. Die Schützen hielten ihn aus ein Zeichen des Beamten zurück. Banniére begann den Kampf wieder. Die Schützen legten Banniére auf den Boden. Dann, als Banniére aus dem Boden lag, ging der Richter rings um ihn und schaute ihn mit einer Aufmerksamkeit gemischt mit Neugierde an.



»Meine Herren.« sagte er, »dieser Mensch ist von einer der gefährlichsten Krisen befallen, welche die Ärzte Wahnsinn aus Liebe nennen.«



Nachdem dieses Urteil gefällt war, brummelte der Beamte ein paar Worte, schrieb ein paar andere aus ein Stück Papier, das er dem Anführer der Schützen übergab, und machte sich aus dem Staube.



Banniére, der ihn nicht aus dem Gesicht verloren, war, statt sich zu beruhigen, noch zorniger geworden, hatte gedroht, sogar geschlagen.



Als der Richter weggegangen war, ließ man Banniére bei den Beinen los, während man ihn an den Armen immer noch festhielt.



»Vorwärts, mein Junge,« sagte der Anführer der Schützen, »stehen Sie gutwillig auf.«



»Aufstehen? Wir werden . . .«



»Wir werden Julie sehen,« sagte der Schütze, der diesen französischen Namen, statt des lateinischen Namens von Herrn Racine, dem Verfasser von

Britannicus

, gehört zu haben wähnte.



Banniére sprang auf, denn er glaubte, man werde ihn wirklich in Freiheit setzen.



Doch er war bemüht, mit seinen Fingerspitzen den Ring von Olympia zu fassen, und er schob ihn in das Scapulier, ein Asyl, das unverletzlich geworden, seit dem man es so genau untersucht hatte.



Der arme Banniére hatte Recht, daß er den Diamant mit so großer Geschicklichkeit verbarg, denn nachdem er viel in Paris in einer Richtung marschirt war, welche, so weit er es beurteilen konnte, nicht die der Comédie-Francaise, ließen ihn die Schützen in einen Fiacre steigen und sagten zum Kutscher:



»Fahre nach Charenton.«



Eine Stunde nachher stieg Banniére mit seiner Eskorte vor einem großen Hause aus; während man ihn unter ein Pförtchen gehen ließ, schrieb man, nach der Angabe der Schützen, denn Bann höre hatte nicht antworten wollen, da er nichts von dem was vorging, begriff, in das Register:



»Narr aus Liebe!«



Die Schützen entfernten sich, er blieb allein.



Und als er sich gegen diese erschreckliche Verfolgung des Schicksals empörte, kamen kräftige Männer, banden ihm die Hände und Füße und warfen ihn in eine kalte Zelle, wo sie ihn mit seiner Verzweiflung ließen, die nur Eines milderte: daß er unter Allem dem immer den Ring von Olympia hatte.




XLV.

Wie Herr von Mailly zu Olympia zurückgekommen war

Die für Banniére so stürmische Vorstellung hatte indessen besser für die friedlichen Zuschauer, welche ihren Platz bezahlt, als für ihn geendigt.



Der König war ruhig zur bezeichneten Stunde eingetroffen. Der König hatte in seiner Loge unter einem Freudengeschrei Platz genommen, welches sich nur durch die wahnsinnige Liebe erklären lässt, von der um jene Zeit alle Untertanen Seiner Allerchristlichsten Majestät erfüllt waren.

 



Ludwig XV. zählte damals ungefähr siebzehn Jahre. Er war in der ganzen Milde der Jugend, in der ganzen Blüte einer kaum erschlossenen Schönheit; nachdem er das schönste Kind Frankreichs gewesen, war er der schönste Jüngling der Welt.



Überdies besaß kein Mann in einem so hohen Grade die Anmut gepaart mit dein Adel.



Der mächtige Zauber, den er über alle Franzosen ausübte, welche in den Ansängen seiner Regierung die glänzende Morgenröte eines langen Friedens und einer hohen Wohlfahrt sahen, dieser mächtige Zauber ließ sich erklären durch die Furcht, in der man seit langer Zeit in Betreff seiner, wie die Freunde von Frau von Maintenon sagten, immer durch den Herzog von Orleans und seine Genossen bedrohten Gesundheit lebte.



Doch der Herzog von Orleans war redlich die ihm von Gott gegebene Sendung, Frankreich diese aus ihrem Stängel erbleichende Lilie zu bewahren, erfüllend gestorben; er war ganz Frankreich mit dieser Sendung betrauend gestorben.



Dieser Prinz, der Gegenstand von so vielen Befürchtungen, hatte das Mannesalter erreicht. Er war stark genug, um Jedermann zu beruhigen, schwach genug, um interessant zu erscheinen.



Seine Blässe, eine Folge der Krankheit, aus der er wie aus einem Grabe hervorging, war für alle Anwesende ein Beweggrund, ihn zu lieben, ihn mit Klatschen zu begrüßen und mehr zu bewundern, als sie es zu einer gewöhnlichen Zeit gethan hätten. Nie, in der Tat, hatten seine Augen von einem so sanften Feuer geglänzt, nie hatten seine schönen weißen Hände mehr Schmachtendes und mehr zarte Geschmeidigkeit den bezauberten Blicken der Damen geboten.



Als der enthusiastische Empfang, den die Pariser ihrem Idol bereitet, zu Ende war, beschäftigte man sich ein wenig mit dem, was aus der Bühne vorging.



Olympia spielte wirklich die Junia. Der Theaterzettel, den Banniére gelesen, und der ihn geraden Wegs nach Charenton geführt, hatte nicht gelogen.



Vielleicht ist hier der Augenblick, unsern Lesern einige Erklärungen über das, was vorgefallen, zu geben, m den Ereignissen, die wir erzählt, und die die Rückkehr von Herrn von Mailly und die Abreise von Olympia, enthalten, haben wir nur die Oberfläche gesehen; dringen wir ein wenig in den Grund ein.



Eine Heirat war, wie wir am Ansang dieses Buches gesagt, unter den Auspicien des Königs, zwischen Herrn Louis Alexandré von Mailly und Fräulein Louise Julie von Nesle angeordnet worden. Das war eine von den Heiraten, welche die Vermögen verbinden, die Verwandtschaften enger schließen, welche unter den Familienhäuptern festgesetzt und von den Kindern beinahe nie bekämpft werden, weil sie alle Convenienzen, wenn nicht des Glückes, doch wenigstens des gesellschaftlichen Lebens vereinigen,



Überdies war eine Heirat um jene Zeit eine minder ernste Sache, als in unseren Tagen. Man heiratete, um sein Vermögen zu übertragen und sein Geschlecht fortzupflanzen. Um zu diesen zwei Resultaten zu gelangen, genügte es für einen Ehemann, einen Sohn zu haben. Wenig war ihm an den andern gelegen; die andern führten seinen Nomen nicht, die andern teilten sein Vermögen nicht; man widmete den Einen dem Schwerte, den Andern der Kirche: das waren der Herr Chevalier oder der Herr Abbé, Man sehe nur Moliére; Moliére, der vor Eifersucht gestorben ist; Moliére, der Sittenmaler, spricht nicht ein einziges Mal das Wort

Adultère

 aus.

Adultère

 ist allerdings ein Wort der französischen Sprache

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  Ursprünglich der lateinischen, adulterium, der Ehebruch.



, aber es ist ein poetisches Wort, wie Renner statt Pferd, wie Flamme statt Liebe, wie Hinscheiden statt Tod; das laufende Wort, das gebräuchliche Wort, das komische Wort, das nur den spaßhaften Gedanken nach sich zieht, man frage Moliére danach. Von dieser doppelten Larve enthüllt Moliére nur diejenige, welche das Lachen grimassirt: diejenige, welche den Schmerz ausdrückt, welche die Tränen durchfurchen, welche die Verzweiflung zusammenzieht, bleibt im Schatten, und Niemand sieht sie, als der Mann vielleicht, wenn er in sein Zimmer zurückgekehrt, ganz allein mit sich selbst, die andere ablegt und sich im Spiegel betrachtet.



Heute ist es etwas ganz Anderes; der Fehler ist ein Verbrechen. Ist die Gesellschaft moralischer geworden? Ja, vor Allem; wir behaupten es, und es wäre uns nicht schwer, dies zu beweisen. Sodann hat sich das Gesetz in die Sitten gemischt; das Gesetz hat die Majorate, die Erstgeburtsrechte, die Fideicommisse aufgehoben; das Gesetz hat die gleiche Verteilung der Güter des Vaters unter alle Kinder befohlen; kein Kloster mehr für die Tochter, kein Seminar mehr für den jüngeren Sohn; Alle haben denselben Ursprung, Alle müssen folglich dasselbe Recht haben.



Sobald aber der Mann sah, daß seine Kinder, nach dem Gesetz, ein gleiches Recht auf sein Erbe hatten, wollte er, daß sie es nach der Natur haben, und von diesem Augenblick ist das Wort

Adultère

 das wirkliche Wort, nämlich synonym mit Verbrechen für die Gattin, mit Diebstahl für das Kind geworden; darum hat das neunzehnte Jahrhundert das Wort ernst genommen, welches das siebzehnte komisch genommen hatte. Darum hat Moliére

Georges Dandin

 gemacht, darum habe ich

Antony

 gemacht.



Die Familie Nesle und die Familie Mailly hatten sich also verbunden, um die zwei Verwandten, deren Namen und Vornamen wir so eben bezeichnet haben, eine von diesen Heiraten schließen zu lassen. Herr von Mailly hatte Avianon in dieser Absicht verlassen, war nach Paris gekommen, und hatte seine schöne Cousine in ungefähr eben so viel Zeit geheiratet, als Cäsar gebraucht, um den König von Pontus zu besiegen.

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  Über welchen Sieg Cäsar an den Senat in Rom die bekannten Worte: Veni! Vidi! Vici! Schrieb. D. Übers.





Frau von Mailly war ein reizendes Mädchen von siebzehn bis achtzehn Jahren. Wir wissen wohl, man hat viel über ihr Alter gestritten, doch wir behaupten, daß sie im Jahre 1700, das heißt in demselben Jahre wie der König geboren war. Wir haben ihr Portrait gegeben, als Banniére bei ihr eingeführt wurde.



Mailly kannte seine Cousine seit ihrer Kindheit; es konnte also nicht wohl ein neues Gefühl aus der Verbindung der zwei Verwandten entstehen: sie waren Beide jung, Beide schön.



Indessen, an die anmutigen und geistreichen Zuvorkommenheit von Olympia gewöhnt, stellte Mailly bald zwischen der Frau, die er genommen, und der Geliebten, die er verlassen, einen Unterschied fest, der, wir müssen es sagen, ganz zum Vorteil der Geliebten war. Übrigens hatte Herr von Mailly, selbst In der innigsten Vertraulichkeit, bei seiner Frau einen Hang zur Traurigkeit, eine Neigung zur Zerstreutheit wahrgenommen; man hätte glauben sollen, ein unbekanntes Gefühl, das sie vor den Andern und vielleicht vor sich selbst verberge, lebe im Grunde des Herzens der jungen Frau und offenbare, in einer unsichtbaren, tiefen Falte zusammengezogen, seine Existenz nur durch den scharfen Biß, den, so oft sie erwacht, eine schlecht eingeschläferte Leidenschaft macht.



Da jedoch über das Benehmen von Frau von Mailly nichts zu bemerken war; da er, nachdem er mit Aufmerksamkeit studiert hatte, mit welchem Tone, mit welcher Stimme, mit welcher Miene seine Frau nicht nur mit allen den Freunden, die er bei ihr eingeführt, sondern auch mit allen Herren sprach, die sie bei Hofe sah, von der Kälte seiner Frau gegen Jedermann überzeugt geblieben war, so hatte er gedacht, diese Kälte sei etwas Natürliches bei ihr, und sich nicht mehr darum bekümmert, trotz seiner Neigung zur Eifersucht. So oft sich sein Herz dem Winde der Traurigkeit zuwandte, wandte er sich gegen Olympia, und ein Seufzer ging von Paris aus, um das reizende Geschöpf überall, wo es sich fände, aufzusuchen.



Herr von Mailly kam endlich dazu, daß er sich so sehr nach Olympia sehnte, daß er sie so ernstlich, nicht nur bei seiner Frau, sondern auch bei andern Frauen vermisste, daß er beschloss, den Weg einzuschlagen, den einer um den andern alle seine Seufzer eingeschlagen hatten, und das zu tun, was seine Seufzer nicht hatten tun können, nämlich Olympia nach Paris zu führen.



Würde er nun Olympia frei finden? würde sie ihm folgen wollen? Das war die Frage, wie Hamlet sagt.



Doch diese Frage an die Eitelkeit eines Mannes gestellt ist sehr rasch gelöst. Wo würde Olympia in der Provinz einen Cavalier finden, der vollendet genug, um sie Herrn von Mailly vergessen zu machen? Selbst in Paris, wo der Regent Versailles entcentralisirt hatte, selbst in Paris, das sich zum Rendezvous aller Schönheiten und aller Eleganzen gebildet hatte, galt Herr von Mailly für einen schönen und eleganten Cavalier; es war also offenbar, daß Olympia nichts dem, was sie verloren, Ähnliches gefunden, daß sie folglich fortwährend den Verlust ihrer zwei Jahre des Glückes und der Liebe beklagt hatte, wie Herr von Mailly sie selbst beklagte. Bei dieser Gesinnung, und sie konnte keine andere haben, wü