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Olympia von Clèves

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LXVIII.
Schlange Nro. 2

Richelieu, nachdem er seine doppelte Versicherung vom Minister erhalten hatte, dachte, es sei Zeit, zum Werke zu schreiten, und ging, ohne eine Minute zu verlieren, ab, um Frau von Mailly auszusuchen.

Um den König bekümmerte er sich nicht; hatte er nicht die Vollmacht von Herrn von Fréjus!

Ganz außer sich über ihre Szene mit dem Grafen, ganz angeschwollen von weiblicher Rache, befand sich die Gräfin in dem Augenblick, wo ihr der Herzog durch ihre Kammerfrau gemeldet wurde, In ihrem Boudoir.

Unter allen andern Umständen hätte Louise von Mailly sich geweigert, den Herzog zu Empfangen, dem sein mehr als gefährdender Ruf alle Häuser der bei Hofe geachteten Frauen schloß; doch die arme Gräfin lebte seit zwei Tagen in einer solchen Überreizung, daß ihr nichts weniger schicklich dünkte, als die Schicklichkeiten.

Es ist für die Frauen ein furchtbarer Augenblick, den sie durchzumachen haben, der Augenblick, wo sie ihre Blässe unter der Schminke verbergen, oder ihre Röte unter dem Fächer nur muss man gestehen, daß sie, wenn dieser Augenblick durchgemacht ist, stärker für das Gute oder das Böse sind, als die Männer.

Die Gräfin, ohne dahin gekommen zu sein, fühlte sich schon halb vereinzelt; das Verlassen von Seiten ihres Gatten flößte ihr eine tiefe Verachtung gegen die Männer, ein; ein solches Gefühl führt zur Erhabenheit.

Zu der Welt erhaben sein, heißt oft die Meinung der Menschen unter seine Füße werfen.

Louise sagte sich in ihrem Herzen, daß sie, da Herr von Mailly an öffentliche Liebschaften denke, wohl an Privatliebschaften denken könne; sie erinnerte sich, daß Herr von Richelieu am Abend vorher der kleinen Féte in Rambouillet beigewohnt hatte, und daß er Zeuge der Handlungsweise des Königs gewesen war.

Sie erinnerte sich überdies, daß bei ihrem kurzen Alleinsein mit Herrn von Richelieu in dem Augenblick, wo sie wartete, bis Alle abgegangen, Herr von Richelieu so tief in ihrem Herzen gelesen, als hätte sie vor ihrer Brust das Fenster gehabt, welches daran der Philosoph des Altertums zu sehen wünschte, und das zum Glück für viele Leute die Philosophen der Neuzeit noch nicht anzubringen im Stande gewesen sind.

Sie dachte auch, sobald der Name des Herzogs von Richelieu ausgesprochen wurde, es werde aus einer Zusammenkunst mit ihm eine Gelegenheit hervorgehen, zu erfahren, was der König seit dieser Szene gesagt oder gethan habe.

Es gibt vielleicht keine Frau, welche der Neugierde, dem heftigen Gelüste, zu erfahren, wie von ihr die Leute, die sie ausgezeichnet, und besonders der Mann, den sie liebt, denken, widerstehen kann.

Und ist der Mann, den sie liebt, der König, so kann man sich wohl vorstellen, daß es nicht mehr Neugierde, sondern Wut ist.

Man hat mit Recht gesagt, es sei diese Neugierde, was das Verderben der meisten Frauen verursache, denn dadurch, daß man sich erkundigt, erfährt man, und das Wissen richtet zu Grunde.

Ohne sich zu erinnern, so groß war ihr Verlangen, zu erfahren, daß sie noch am Tage vorher eine unantastbare und unangetastete Frau, gab die Gräfin von Mailly sogleich Befehl, Herrn von Richelieu bei ihr einzuführen.

Was die Gedanken betrifft, die sich auf den Herzog persönlich bezogen, so hatte sie keinen gefasst.

Und der Herzog war doch mit dreißig Jahren von einer seltenen Schönheit. Das männliche Alter hatte alle Versprechen des Jünglingsalters gehalten, mehr als gehalten.

Doch die Gräfin halte von Allem dem nichts bemerkt. Was sie gesehen, war der junge, schöne König, nicht König Ludwig XV., sondern Ludwig XV. mit sechzehn Jahren, Ludwig XV. strahlend von Jugend und dem Bedürfnis, zu lieben.

Was den Herzog betrifft, so wusste sie, daß er ein schöner Mann und bevorzugt war, wie man weiß, daß Raphael ein großer Maler war. Diese Schönheit und diese siegreichen Abenteuer des Herzogs, das war eine öffentlich anerkannte Sache, die sie weder bestritt, noch bestätigte.

Dem zu Folge hatte sie keine Vorsichtsmaßregel des Lichts oder des Schattens genommen, nach dem Gebrauche der Frauen jener Zeit, um ihren Teint geltend zu machen. Sie hatte nicht ein einziges Schönfleckchen beigefügt oder weggenommen, als der Herzog friedlich in ihr Kabinett hinter der Kammerfrau eintrat.

Ohne Unruhe, ohne Befangenheit, ohne Affectation lächelte sie Richelieu zu, während sie sich vor ihm verneigte, und ließ ihre Kammerfrau abgehen, ohne ihren Abgang zu beschleunigen oder zu verzögern.

Sie blieben allein.

Frau von Mailly brach das Stillschweigen; sie fühlte sich wie verlegen unter dem starren Blicke des Herzogs von Richelieu.

Dieser betrachtete Louise mit einer Art von Verblendung, welche in seinen Ideen sicherlich das bestmögliche Konversationsmittel war.

»Herr Herzog,« sagte endlich die junge Frau, »welchem glücklichen Umstände, wenn ich fragen darf, verdanke ich die Ehre Ihres Besuches?«

»Madame,« erwiderte er, mit ausgezeichneter Anmut sich verbeugend, »verzeihen Sie mir vor Allem, daß ich Sie wohl anschaue.«

Die Wangen von Louise bedeckten sich mit Purpur, und alle Geschichten des Herzogs von Fronsac kamen ihr ins Gedächtnis.

»Es ist mir nicht möglich,« sprach sie, trotz ihrer Verlegenheit lächelnd, »es ist mir nicht möglich, Sie zu verhindern, mich anzuschauen, Herr Herzog, oder sogar mich darüber zu ärgern, denn Sie tun es auf das Redlichste der Welt und, ich glaube es aufrichtig, in einer Absicht, die nichts Feindliches für mich hat.«

»Sie können es glauben, Madame.«

»Sagen Sie mir jedoch, ich habe Sie das schon gefragt, ob ich allein dem Wunsche, mich anzuschauen, die Gunst Ihres Besuches zu verdanken habe?«

»Madame, es ist wahr, ich habe In Rambouillet Gelegenheit gehabt, Sie zu sehen, sehr lange zu sehen, doch, dessen ungeachtet, wenig genug, zu wenig sogar, wenn ich alle Ideen glaube, die mir seit gestern gekommen sind, und die ich auch bei Ihnen mit ein paar Worten berührt habe.«

»Ah!« dachte sie, »wir sind hierbei. Ist es aus dieser Welt nicht möglich, eine Stunde mit einem Manne zuzubringen, ohne daß er einem Komplimente sagt? Was für eine Alltagsnatur ist doch die Natur der Männer!«

Richelieu erriet den Gedanken der Gräfin von Mailly und sagte lächelnd:

»Madame, ich bin im Begriffe, Ihnen vielleicht eine grobe Ungebührlichkeit zu machen.«

«Wer weiß?« antwortete sie kalt.

»Doch ich bin überzeugt, Sie werden mir dieselbe verzeihen.«

»Vielleicht, Herr Herzog.«

»Ich setze alle meine Hoffnungen aus Ihre Güte, Frau Gräfin.«

»Trauen Sie nicht zu sehr,« erwiderte sie mit hartem Tone; »und dann haben Sie noch nicht angefangen. Da ich von Ihnen die Erinnerung an einen außerordentlich artigen und im Lebensverkehr angenehmen Edelmann bewahren kann, so geben Sie mir keinen andern Begriff von Ihnen.«

»Frau Gräfin,« sagte der Herzog, der immer sein erstes Lächeln aus den Lippen behielt, »ich bitte, erlauben Sie mir, daß ich mich erkläre.«

»Nein! nein! Herr Herzog, nein! ich glaube, der Zweifel ist besser als die Gewissheit.«

»Doch diese Ungebührlichkeit ist verzeihlich, wenn ich mich nicht täusche.«

»Herzog, ich glaube es nicht. Ein Mann von Ihrem Range kommt nicht zu einer Frau mit der Garantie, daß eine beschlossene Ungebührlichkeit verzeihlich sei.«

»Kurz, so wie sie ist, Madame, – ich unterziehe mich; das Gespräch würde ohne dieses nicht mit Ihnen beginnen. Alles, was ich Ihnen nun Angenehmes sagen kann, nehmen Sie es, ich bitte Sie, nicht als persönliche Berechnung. Ich habe das Unglück, oder ich habe vielmehr das Glück, nur befeuert zu sein von einem sehr lebhaften Gefühle . . .«

»Herzog! Herr Herzog!«

»Die Freundschaft, Frau Gräfin,« sagte Richelieu mit einer Gebärde voll Höflichkeit, »die zurückhaltendste und ehrerbietigste Freundschaft, die es aus der Welt gibt.«

Louise von Mailly zitterte.

»Oh!« machte sie.

»Sie sehen, Gräfin, daß wir uns auf diesem Gebiete notwendig verstehen müssen.«

»Oh! gewiß,«

»Ich fahre also fort, und Sie werden wahrnehmen, ob ich seit gestern gute und nützliche Betrachtungen an, gestellt habe.«

»Ich. höre.«

»Wohl überlegen, das ist besonders bei denjenigen der Fall, welche wohl beobachtet haben, nicht wahr, Gräfin?«

»Ich glaube, ja. Ebenso wie, was ich immer glaube, wohl beobachten bei denjenigen der Fall ist, welche wohl zu überlegen wissen.«

Richelieu verbeugte sich.

»Sie haben nun aber beobachtet?« sagte sie.

»Madame, ich habe eine sehr seltsame Sache beobachtet.«

»Wo dies, Herr Herzog?«

»Gestern in Rambouillet, Frau Gräfin.«

»In Beziehung aus wen?«

»Aus Sie. Dieselbe Sache, Sie wissen, von der ich mit Ihnen gesprochen habe.«

»In Beziehung aus mich, das ist schwierig, Herr Herzog; einfach und wenig mitteilsam, glaubte ich nicht. . .«

»Sie glaubten nicht bemerkt zu sein? das ist unmöglich, Frau Gräfin.«

»Ein Kompliment!«

»Nein, etwas Besseres, eine Beobachtung. Ihre Augen sehen und finden, daß sie schwarz sind, das ist nichts; Ihren Mund sehen und finden, daß er reizend, daß Ihr Lächeln anmutsvoll ist, das sind alltägliche Beobachtungen. Ich habe also etwas Besseres beobachtet, als dieses, und Ich besitze Eitelkeit, das ist bei Hofe längst bekannt.«

Das Herz von Frau von Mailly fing an zu schlagen. Sie verbarg das Zittern, das sich unter einer befohlenen Heiterkeit zu offenbaren drohte.

»Ah! Herzog, spannen Sie mich aus die Folter; ich bevollmächtige Sie hierzu, da ich mich nicht zur Wehre setzen kann.«

»Oh! Gräfin, hören Sie mich an. Ich habe also bemerkt, daß die schwarzen Augen funkelten, wenn sie ein gewisses Ziel berührten; daß die so feinen und so sprechenden Lippen ein Lächeln voll von Seufzern hatten.«

»Herr Herzog!«

»Immer, wenn dasselbe Ziel berührt wurde, – ich bitte, verstehen wir uns wohl. Es war äußerst interessant für mich, dies zu studieren. Den ganzen Abend habe ich mich am Spiel dieser anbetungswürdigen Physiognomie ergötzt. Die ganze Nacht fühlte ich in der Entfernung, als hätte ich alle Fäden davon gehalten, dieses Herz vibrieren, das reich durch ein unschätzbares Gut, um so mehr unschätzbar, als Sie selbst den Wert eines an Liebe reichen Herzens nicht kennen.«

 

»Mein Herz?«

»Ihr Herz.«

Louise legte eine Hand auf ihr Herz und erbleichte.

»Frau Gräfin,« rief Richelieu, »ich beschwöre Sie, vergessen Sie nicht einen Augenblick, daß ich das Gespräch mit der Erklärung angefangen. Niemand sei ein ergebenerer Freund von Ihnen, als ich dies zu sein die Ehre habe.«

»Liebe!« wiederholte sie, die Ironie versuchend, »oh! mein Herr, nein, nein . . .«

»Madame, leugnen Sie es nicht.«

»Herr Herzog, ich versichere Sie.«

»Frau Gräfin, ich würde mir nicht erlauben zu befragen, und verlange folglich nicht, daß sie etwas gestehen.«

»Sie sind ein seltsamer Besuch, Herr Herzog, und ich begreife Sie wahrhaftig nicht.«

»Sollte ich das Unglück haben, Ihnen zu missfallen?«

»Ich muss bekennen, Sie reizen meine Neugierde.«

»Das ist schon ungeheuer, Frau Gräfin. Ich sagte Ihnen also, Ihr Geständnis; sei nicht notwendig für mich, da ich Ihnen ein Bekenntnis gemacht habe. Ich würde höchstens Ihrer Beistimmung bedürfen,«

»Meinetwegen! Was das betrifft, was Sie mir von Ihren Beobachtungen sagten. . .«

»Sie sind richtig, Madame.«

»Falsch, Herr Herzog, falsch.«

»Gut, gut; nötigen Sie mich nicht zum Beweise, Frau Gräfin.«

»Falsch, sage ich Ihnen.«

»Warum strafen Sie Ihre schönen Augen, Ihr schönes Lächeln Lügen?«

»Was ist ein Blick? Ein Strahl des Verstandes. Was ist ein Lächeln? Ein Grübchen in der Wange.«

»Madame, es ist die Sprache des Herzens.«

»Sie nennen einen Blick und ein Lächeln die Sprache des Herzens bei einer müßigen Frau?«

»Ah! strafen Sie nicht Ihr edles, vortreffliches Herz Lügen.«

»Nun halten Sie sich an mein Herz, welches kalt ist wie Stein.«

»Ah! Sie reizen mich; bedenken Sie, Gräfin, daß ich ein Interesse gegen Sie zu verteidigen habe.«

«Gegen mich! ein Interesse! Welches?«

»Das des Zieles, von dem ich so eben sprach, das Zieles, gegen welches gestern in Rambouillet Lächeln und Seufzer zusammenliefen. Ich spreche nicht mehr von Blicken, da Sie es nicht haben wollen.«

»Beweisen Sie mir!«

»Frau Gräfin, ich fordere Sie heraus, zu leugnen, daß Sie in diesem Augenblick Einen lieben!« rief Richelieu mit Energie. »Leugnen Sie das, und ich steige von aller Bewunderung herab, die Sie mir eingeflößt haben; leugnen Sie das, und ich leugne meinerseits Ihren Herzensaufschwung, Ihren Feuerblick, Ihr Lächeln voll Begeisterung; ich verleugne Sie und schweige!«

»Aber, Herzog,« sagte Louise ganz bebend, »wen liebe ich?«

«Den König.«

Und er ließ ruhig diese zwei Worte wie zwei ungeheure Berge fallen, unter deren Wucht in einem Augenblicke die Lügenentschlüsse der Frau versanken.

Sie fiel, das Auge erloschen, die Lippen entfärbt, die Stirne bleich, auf die Lehne ihres Stuhles.

Richelieu erhob sich nicht von seinem Platze.

»Das ist entsetzlich,« murmelte Louise, »das ist entsetzlich, Herr Herzog.«

»Sie werden nicht sagen, ich beleidige Sie,« erwiderte kalt der Herzog. »Es gibt Niemand auf dieser Weit, der würdiger ist, von Ihnen geliebt zu werden, seitdem Sie das Recht haben, Ihren Gemahl nicht mehr zu lieben.«

Ein Schlag hatte sie niedergeschmettert, der zweite Schlag hob sie wieder auf.

Richelieu hatte ihr durch eine beispiellose Geschicklichkeit den Vorteil in ihren eigenen Augen bei dieser Unterredung gegeben.

Allmählich belebte sich Frau von Mailly wieder; die Farbe erschien wieder aus ihren Wangen und das Feuer funkelte aufs Neue in ihrem Blicke.

»Herr Herzog.« sprach sie zu Richelieu, »ich sage nicht, daß Sie mich beleidigen; ich sage, Sie quälen mein Herz und zwar sehr grausam.«

»Frau Gräfin, Gott verhüte es, daß ich mich eines solchen Verbrechens schuldig mache!Ich! Sie quälen? nein! Ich habe Ihnen Ihre eigene Geschichte erzählt: nur hatte ich die Gewissheit, daß Sie sie selbst nicht kannten.«

«Ich kenne sie noch nicht.«

»Ja, doch mir ist sie nicht mehr unbekannt.«

»Oh!«

»Und ich bemerke Ihnen, es ist äußerst natürlich, daß Sie den König lieben.«

»Herr Herzog, schonen Sie mich.«

»Ei! was tue ich Ihnen denn? Ich habe, wie ich Ihnen so eben sagte, gestern in Ihren Augen den Geist, in Ihrem Herzen die Liebe, in Ihrer Seele den Adel gesehen. Ich habe erraten, wie sehr Sie unter Allem dem, was geschieht, leiden würden.«

»Was geschieht denn?«

»Ich komme hierzu. Der König hat die Königin sehr geliebt.«

»Ah! liebt er sie weniger?« sagte die Gräfin lebhaft.

»Seien Sie mit Ihren Augen aus der Hut,« unterbrach der Herzog lächelnd: »Sie haben eine Wahrheit in einem Blitze entschlüpfen lassen! Ja, Frau Gräfin, der König liebt die Königin etwas weniger und viel mehr fängt er anderswo an zu lieben.«

»Ah!«

»Liebt er nicht, so wird man ihn glauben machen, er liebe. Sie wissen, welche Begeisterung dieser reizende König um sich her bei seinem Hofe erregt.«

»Ja, ja.«

»Der König hat ein entzündbares Herz.«

»Sie wollen mir sagen, er liebe Jemand, nicht wahr, Herzog?«

»Madame, das könnte sehr rasch geschehen, wenn er Sie oft anschauen würde, wie er gestern hierzu Gelegenheit gehabt, und wie er es gethan hat.«

Die Gräfin errötete.

»Oh! der König hat mich wenig angeschaut,«.sagte sie.

»Der König ist zerstreut, und man sucht ihn noch mehr zu zerstreuen! So viele Leute werden seine Augen nach rechts und nach links ziehen, daß es Seiner Majestät nicht mehr möglich sein wird, einen vakanten Blick von jetzt bis in zwei Monaten zu haben. Armer Prinz! wie viel falsche Liebe, wie viel Verrat verbergende geizige Lügen! . . Ihr Herz hat so eben mit einer Philosophie gesprochen, deren ich Sie ganz für fähig hielt, Gräfin. Ich habe sogleich auch, wie Sie, an die Gefahr gedacht, die der König läuft, betrogen zu werden, und an die Gefahr, die Sie selbst laufen.«

»Ich! eine Gefahr?«

»Ja, allerdings.«

»Ich sehe nicht, welche . . .«

»Verzeihen Sie, Frau Gräfin, ist es nicht so eben zwischen uns abgemacht gewesen, daß Sie den König lieben?«

»Boshafter Mensch!« rief Louise mit Tränen in den Augen.

»Boshaft, es mag sein, aber logisch. Über diesen Punkt sind wir einig. Wenn Sie nun den König lieben, werden Sie es belustigend finden, Seine Majestät andere Frauen lieben zu sehen?«

»Ungeschlachter Mensch!«

»Ungeschlacht! es mag abermals sein; doch Sie begreifen, immer mehr logisch. Wenn Sie also den König lieben, wenn Sie verletzt sind, daß Sie ihn zu unwürdigen Liebschaften sich hinneigen sehen, denken Sie, daß Sie arbeiten müssen, um sich vom König lieben zu machen, Sie, die Sie ihn retten können, indem Sie ihn lieben.«

»Herzog! oh! Herzog!« rief Louise.

Und Sie verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.

»Madame. glauben Sie mir, würde ich Sie nicht über Allen schätzen, so wäre ich nicht gekommen, um mit dieser Offenherzigkeit mit Ihnen zu sprechen. Sie müssen Hierin nichts fühlen, als den entschiedenen Wunsch, Ihnen jeden Fehler zu untersagen, als den Willen, mitzuwirken, daß Ihnen jeder Plan glücke. Bei einer Frau von geringem Werte hatte ich mich nicht bemüht, oder ich hätte Diplomatie gemacht. Ihnen sage ich frei und unumwunden: »Schöne Frau, liebende, edle Frau, würdig von einem reizenden Prinzen, von einem großen König geliebt zu werden, wollen Sie

Ihren Platz wahren oder ihn unwürdigen Weibern, die darauf lauern, überlassen? Antworten Sie. Keine Tränen, keine kindische Röte, nicht die Gemütsbewegung einer Pensionaire handelte es sich darum, Königin von Frankreich zu sein . . . ich würde nicht minder Ihre Antwort suchen . . . aber der Platz ist besetzt. Es bleibt leider nur der zweite einzunehmen; doch er kann der erste werden. Wollen Sie ihn haben?«

Betäubt, niedergeschmettert, gelähmt, erhob sich Louise abwechselnd und fiel wieder auf ihren Stuhl zurück, einer Verzweiflung, einem Fieber preisgegeben, daß sogar die unempfindliche Seele von Richelieu bewegt wurde.

»Madame,« sprach er, »ich täuschte mich, ich glaubte, Sie besäßen einen festen Charakter; entschuldigen Sie mich und vergessen Sie, ich bitte Sie, das, was ich Ihnen gesagt habe; von Allem dem bleibt mir nur das sehr lebhafte Bedauern, daß ich Sie beleidigen konnte, indem ich mir eine Sprache gegen Sie erlaubte, die Sie nicht so verstanden haben, wie ich sie an Sie richtete.«

Der Herzog stand auf das Allerehrerbietigste auf und trat vor die Gräfin um ihr seine Verbeugung zu machen.

Sie war in Tränen gebadet und zitterte wie eine Grasmücke außer dem Neste nach dem ersten Maisturm.

Als sie aber sah, daß sich der Herzog unbarmherzig wegzugehen anschickte, sagte sie endlich:

»Min Herr, missbrauchen Sie nicht das Geheimnis einer Frau, welche liebt, da Sie ihr ihre Liebe entdeckt zu haben behaupten.«

Der Herzog kehrte zu Frau von Mailly zurück, beugte ein Knie vor ihr und küßte, als betete er eine Heilige an, die kalte Hand, welche am Lehnstuhl herabhing.

»Ich gehöre nun ganz Ihnen.« sagte er; »fassen Sie sich, Gräfin, ich bin der Ihrige bis zum Tode. Sprechen Sie.

LXIX.
Wo von der Macht der guten Gründe auf
einen richtigen Geist abgehandelt wird

Frau von Mailly hob ihren Fächer aus, der sachte aus ihrer Hand auf ihren Stuhl und von ihrem Stuhle aus den Boden geglitten war.

»Ich will mich nun offenherzig mit Ihrem Geiste erklären,« sagte Richelieu.

»Und warum nicht mit meinem Herzen?« fragte die Gräfin.

»Weil es mit Ihrem Herzen schon geschehen ist; Sie sind verführt und Sie brauchen nur noch bestimmt zu werden.«

»Ah! Herzog!«

»Gut! wir werden nicht weiter gehen, wenn Sie die erste Wahrheit empört. Geben Sie wohl Acht, Gräfin, ich habe Ihnen nur Wahrheiten zusagen, das bemerke ich zum Voraus. Nun, da alles Eis gebrochen ist, nun, da Sie wissen, daß ich Ihr Freund bin, erfahren Sie noch Eines, was Sie sehr beruhigen wird.«

»Was?«

»Daß ich ein Interessierter bin.«

Frau von Mailly erhob ihren verständigen Kopf, den die Präliminarien dieser ernsten Unterredung gebeugt hatten.

»Ein Interessierter?« fragte sie mit Erstaunen.

»Ei! Madame, es handelt sich darum, zu wissen, wer Frankreich in zwei Monaten regieren wird.«

»Herr Herzog . . .«

»Abermals! Oh! ich verzeihe Ihnen dieses Zögern nicht, Gräfin.«

»Sprechen Sie also,« sagte Frau von Mailly mit einem Seufzer.

Und sie breitete ihren Fächer aus, wie bei einem Einzelkampfe ein Krieger des Altertums seinen Schild rüstete.

»Der König ist so jung.« fuhr Herr von Richelieu fort, »daß wir nicht einmal wissen, ob er ein Herz hat. Lassen Sie uns aus unserer Hut sein, an dem Tage, wo eine Andere als die Königin dieses wichtige Problem wird lösen können, an diesem Tage werden wir einen falschen Weg eingeschlagen haben, und es ist nicht mehr ein Herz, was der König haben wird.«

»Wird er zwei Herzen haben?« fragte lächelnd Frau von Mailly.

»Nein, Gräfin, er wird Launen haben, und das wird noch gefährlicher für Sie, für mich, für alle Welt sein.«

»Es ist also sehr schwierig, Herzog, zu lieben und geliebt zu werden?«

»Oh! Gräfin,« rief der Herzog, »aus welch einem beschränkten Gesichtspunkte betrachten Sie die Sache! wie begreifen Sie Ihre Sendung unter einer bürgerlichen Ansicht! Ein Fräulein von Nesle!«

»Halten Sie mir also eine Lektion.«

»Hören Sie mich wohl an, Sie müssen, wissen. Gräfin, daß zu dieser Stunde, zur Stunde, wo Sie noch nichts sind, als die von Herrn von Mailly kaum getrennte Frau. . .«

»Oh! völlig getrennt!« rief die Gräfin.

»Nun wohl! Sie haben schon Nebenbuhlerinnen.«

Die schwarzen Augenbrauen von Louise von Mailly zogen sich zusammen gleich zwei mit Stürmen und Blitzen beladenen Wolken.

»Nebenbuhlerinnen,« murmelte sie, wie eine Frau, welche weniger erschrocken, als zum Kampfe bereit ist.

»Gut!« sagte der Herzog, »das sind von den Umständen, die mir gefallen; Sie haben das vortrefflich gesagt, ganz à la Clairom. Ja, Gräfin, Nebenbuhlerinnen!«

»Welche?«

»Zuerst die Königin; oh! verziehen Sie Ihre purpurne Lippe nicht zum Zeichen der Verachtung; glauben Sie mir, die Königin ist keine zu verachtende Nebenbuhlerin.«

»Herr Herzog,« erwiderte Frau von Mailly, »wenn Sie glauben, die Königin sei mir in diesem Grade furchtbar, und der König liebe sie mit einer so zärtlichen Liebe, so ist es schrecklich für eine Frau von meinem Blute und meinem Charakter, den Kampf zu eröffnen. Geben Sie wohl Acht, Herzog: unter solchen Umständen gegen eine Frau kämpfen, welche eine vierjährige Ehe für sich hat, heißt sich sicher entehren; Sie sind mein Freund, Herzog, und die Schande würde auf Sie zurückfallen.«

 

»Oh! merken Sie, das ist nicht Alles. Sie haben außer der Königin, welche, was Sie auch sagen mögen (Sie begreifen, ich spreche in Beziehung auf das, was ich weiß; ich hätte von Ludwig XlV. nicht gesagt, was ich von Ludwig XV. Sage), Sie haben außer der Königin, welche den großen Vorteil hat, daß sie die Königin ist, eine noch schönere Frau, eine Frau, welche eben so viel Geist besitzt, als Sie, eine Frau, oh! Das wird hart sein! doch gleichviel! Sie müssen es hören; eine Frau, welche regelmäßiger schön ist, als Sie; eine Frau von Adel. . . warten Sie doch, Allen dies ist nichts! eine Schauspielerin, das heißt eine Chamäleon bereit! sich in alle Formen zu kleiden. eine Schauspielerin, das heißt nicht nur eine Schönheit, sondern auch ein Talent, ein Lächeln, ein Wohlgeruch, ein Herz.«

»Mein Gott! mein Gott! wissen Sie, daß Sie mich erschrecken!« rief Louise.

»Bei Gott!« erwiderte der Herzog, »das ist meine Absicht: nur mittelmäßigen Generalen verbirgt man die Stärke des Feindes; ich behandle Sie als Condé. als Turenne, als Marschall von Sachsen.«

»Wissen Sie, daß ein solches Portrait eine bittere Satyre auf meine Person ist?«

»Ah! Gut! mein General steigt eine Stufe herab, mein Turenne ist nur noch ein Villairs.«

»Und wer ist diese bezaubernde vollkommene Person?« fragte Frau von Mailly.

»Es ist Fräulein Olympia von Clèves.«

»Ich kenne diesen Namen,« versetzte Frau von Mailly, die Lippen an einander pressend.

»Ich glaube wohl, daß Sie ihn kennen müssen,« sagte Richelieu lächelnd.

»Ja. ich erinnere mich; geben wir weiter.«

»Nein, gehen wir nicht weiter; bleiben wir im Gegenteil stehen.«

»Gut, diese Frau ist also so, wie Sie sagen?«

»Besser vielleicht.«

»Haben Sie sie gesehen?«

»Gräfin, erlauben Sie mir, nichts ans diese Frage zu erwidern, sondern nur durch Schätzung zu antworten.«

»Thun Sie das.«

»Ehe er Sie kannte, liebte sie Herr von Mailly.«

»Gut.«

»Herr von Mailly wurde Ihr Gemahl und noch einer Einjährigen Ehe ist er zu seiner ersten Liebe zurückgekehrt.«

»Ja, Sie haben Recht, dar ist entschieden eine Nebenbuhlerin. Und der König liebt sie?«

»Glücklicher Weise noch nicht; nur befürchte ich, daß er sich in seinem Innern mit ihr beschäftigt; und die Liebe kann kommen!«

»Und die Liebe wird kommen?«

»Wenn Sie es wollen: die Schiffe rücken nur nach Maßgabe des Windes, der Sie antreibt, vor.«

»Und man treibt dieses Schiff an.«

»Thätig.«

»Wer dies?«

»Ein Mann von Geist, bei Gott! das ist es, was mich beunruhigt; einer von meine Freunden, ein Hartnäckiger, der Herr Herzog von Pecquigny.«

»Und mein Gemahl?«

»Ah! der arme Graf! was wollen Sie, er ist prädestiniert.«

Louise lächelte unter ihrer Beklommenheit.

»Herzog,« sprach sie, abermals die Augenbrauen zusammenziehend, »da ich mich herabgelassen, mit einer Schauspielerin zu kämpfen, so wollen sie mir wenigsten« sagen, ob ich Chancen habe.«

»Frau Gräfin,« erwiderte Richelieu sich verbeugend, »Sie kämpfen zu gleicher Zeit mit einer Königin, und das gleicht es aus.«

»Ah! es ist wahr! noch eine Chance weniger, ich hatte das vergessen!« sagte Louise.

Dann rief sie mit spöttischem Tone:

»Das ist ruhmvoll!«

»Sie sind eine anbetungswürdige Frau; doch wissen Sie zu wollen, es fehlt Ihnen nur dieses.«

»Entehrt sein wollen?«

»Sie übertreiben. Gräfin; Sie haben keinen Begriff, wie viel Sie von Ihrem Geiste verlieren, wenn Sie übertreiben.«

»Oh! Herzog, ich bin auch . . .«

»Nun?«

»Ich bin empört.«

»Erröten Sie nicht, Gräfin, Sie vermindern, indem Sie erröten, Ihre Hauptschönheit, welche in der wunderbaren Gleichheit Ihres Teint besteht. Ah! nun haben Sie mich also wohl begriffen. Kämpfen Sie. Die Königin hat ihre Partei. Ich erkläre Ihnen, daß sie nicht sehr zahlreich ist, doch am Ende ist sie die Königin, sie hat die Gesandten, die Mächte, den Nuncius, die Frauen.«

»Nur dieses?«

«Oh! aber Olympia, Olympia hat viel mehr als die Königin! Sie hat Pecquigny, sie hat die Roués, sie hat ihre allmächtige Schönheit.«

»Dieses Geschöpf ist also sehr schön?«

»Es ist über dem, was man sagen kann.«

»Suchen Sie es mir begreiflich zu machen.«

»Sie ist Sie nebst ihr.«

Louise erbleichte.

»Was ist aber zu tun?« fragte sie:

»Beinahe nichts. Spannen Sie so viel Segel als möglich auf: das ist das Ganze.«

»Und Sie werden blasen!«

»Oh! mit voller Lunge.«

»Sie haben also einige Hoffnung?«

»Bei Gott! Sie haben Ihre Vorteil, und diese sind ungeheuer: Sie sind vornehme Dame, Sie lieben.«

»Dieses Mädchen liebt also nicht?«

»Wer weiß!«

»Sie liebt vielleicht Herrn von Mailly?«

»Es ist nicht bekannt.«

»Sie muss ihn lieben, daß sie um seinetwillen, bei meiner Treue, einen schönen jungen Mann verlassen, der die Naivität gehabt hat, zu mir zu kommen und sie von mir zurückzufordern.«

»Wahrhaftig!« rief Richelieu: »Teufel! darin, ist vielleicht Etwas, Wer war dieser schöne junge Mann?«

»Eine Art von Narren.«

»Was ist aus ihm geworden?«

»Ich weiß es nicht. Sie begreifen, daß ich ihm nicht habe folgen lassen.«

»Verschwunden I Dann verzichten wir aus dieses Mittel: es würde uns zu viel Zeit wegnehmen; überdies ist dieses Mittel kleinlich und unserer unwürdig.«

»Und Sie sagen, Sie bezweifeln, daß diese Frau Herrn von Mailly liebe?«

»Ich bezweifle es.«

»Warum wohnt sie mit ihm? Wäre es Eigennutz?«

»Oh! ich schwöre, daß dies nicht der Fall ist.«

»Was für eine Frau ist es denn?«

»Ein lebendiges Geheimnis, ein Mysterium, das spricht, aber seine Auflösung nicht sagt. Sie hat den Zauber. Nicht wahr, Sie kennen den ganzen Wert dessen, was ich da sage?«

»Und was hätte ich gegen sie zu tun?«

»Sie lieben den König, und die Liebe ist ein guter Ratgeber.«

»Erster Punkt also« sagte die Gräfin. »Gehen wir zum zweiten über.«

»Gräfin sind Sie eitel? sind Sie stolz?«

»Ein wenig.«

»Würden Sie einen großen Wert darauf legen, Herzogin zu werden wie Frau von Fontanges oder Königin wie Frau von Maintenon?«

»Warum diese Fragen?«

»Antworten Sie immerhin.«

»Es sei! Mit zwei Worten. Ich will, daß man mich lächelnd grüße, ich will nicht, daß man sich abwende, um mich nicht mehr zu grüßen.«

»Gräfin! Gräfin!«

»Wie, Herr Herzog, Sie geben mir nicht Recht?«

»Erzürnen wir uns nicht. Sie fingen damit an, daß Sie mir sagten, Sie haben Stolz.«

»Nun?«

»Ich musste es glauben.«

»Herzog, ich sehe in dem, was ich Ihnen zu antworten die Ehre gehabt, nichts, was diese wütende Miene motiviert. Ein Mann wie Sie müsste doch wissen, was eine Frau von Stande ist.«

»Weil ich es weiß, Gräfin, weil ich mit meinen Augen gesehen habe, was es war, erschrecke ich. Wollen Sie mir erlauben, daß ich Ihnen eine Geschichte erzähle, Gräfin?«

»Thun Sie es, Sie haben einen Ruf als Erzähler, der Sie nie eine Weigerung befürchten lassen muss.«

»Wohl denn, Gräfin, es hat eine Frau gegeben, welche Ludwig XIV. nicht einen Sou kostete. Das war nicht Mademoiselle de la Valliére, wie Sie denken können. Nein, für Mademoiselle de la Valliére hat Ludwig XIV. Versailles gebaut, Lebrun, Lenotre, Moliére mit Pension bedacht; für Mademoiselle de la Valliére hat Ludwig XIV. Turniere und Carrousels, Ringspiele und Serenaden wiedererweckt, und das war sehr gut, denn das Geld, das der König ausgab, fiel in die Hände der Dichter, der Maler, der Künstler, – lauter Leute, welche stark den vornehmen Herren gleichen, besonders auf der Seite der Hände, die sie alle wie Siebe haben. Was nun aus den Staatskassen in die Hände aller dieser Leute fiel, sickerte aus den Händen dieser Leute in die der Schneider, der Bänderhändler, der Bader, – lauter Leute, welche ihrerseits eine große Anzahl von Arbeitern beschäftigen. Hieraus entsprang, daß kein Pfennig von all diesem Aufwand verloren war. Nein, ich will nicht von Mademoiselle de la Balliére sprechen; nein, ich will auch nicht von Fräulein von Fontanges sprechen, ich will nicht einmal von Frau von Montespan sprechen; lauter Frauen, für welche der König verschwendet hat, doch als König verschwendet hat, wie die Sonne ihre Strahlen verschwendet, indem sie dieselben über die ganze Welt ausbreitet; lauter Frauen, sagen wir, für die der König fünf bis sechs Millionen verschwendet hat. Nein, ich spreche von Frau von Maintenon, einer Frau, die ihn nichts kostete, die aber Frankreich zu Grunde gerichtet hat. Statt aus den Staatskassen zehn Millionen, zwanzig Millionen fünfzig Millionen zu entwenden, hat sie dem König eine Politik auferlegt, die Ihn eine Milliarde gekostet, die Niemand etwas genützt, und die zum Resultate einen Krieg hatte, in welchem ihr Leben dreimal hunderttausend Menschen verloren, die nur den Erben ihrer Güter einen Vorteil brachten. Der Herr Regent wusste das; ich schwöre Ihnen, er war ein Mann von unendlich viel Geist, der Herr Regent; er hatte sogar sein Gutes.«