Fiskalstrafrecht

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3. Kapitel Verfahren bei Wirtschaftsdelikten › IV. Besonderheiten in Wirtschaftsstrafverfahren › 2. Prozessuale Besonderheiten (Auswahl)

2. Prozessuale Besonderheiten (Auswahl)

a) Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten

61

Das Verfahren zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist gegenüber dem Strafverfahren vielfach vereinfacht. Anders als im Strafrecht ist hier die Verhängung einer Geldbuße gem. § 30 OWiG gegenüber einer juristischen Person möglich. Für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten sind die jeweiligen Verwaltungsbehörden zuständig, § 35 OWiG. Dabei ist das Verfahren entsprechend dem Strafverfahren ausgestaltet, sodass – soweit nichts anderes bestimmt ist – die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren gelten, § 46 Abs. 1 OWiG.

62

Im Ermittlungsverfahren hat die als Ordnungsbehörde handelnde Verwaltungsbehörde außerdem regelmäßig dieselben Befugnisse wie die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren, § 46 Abs. 2 OWiG. Auch sie wird gem. § 53 Abs. 1 OWiG von der Polizei unterstützt. Anders als im Strafverfahren gilt jedoch kein Verfolgungszwang. Die Verfolgung liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen von Verwaltungsbehörden und Polizei; §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 1 S. 1 OWiG, welches im Einzelfall auf Null reduziert sein kann. Kommt die Verwaltungsbehörde zu dem Ergebnis, dass es einer Ahndung bedarf, erlässt sie einen Bußgeldbescheid, gegen den innerhalb von zwei Wochen Einspruch erhoben werden kann; § 67 Abs. 1 S. 1 OWiG. Mit Eingang des zulässigen Einspruchs wird die Sache sodann an die Staatsanwaltschaft abgegeben und der Vorgang von dort an das zuständige Amtsgericht weiterleitet; § 68 OWiG. Hierauf folgt eine Hauptverhandlung, die – bis auf einige Abweichungen – in den Grundzügen der eines Strafverfahrens gleicht. Gegen das Urteil kann nicht Berufung oder Revision, sondern Rechtsbeschwerde eingelegt werden. Für Geldbußen unter 250 € kommt lediglich ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde in Betracht (vgl. §§ 79, 80 OWiG).[1]

63

Besonderheiten ergeben sich für den Fall des Zusammentreffens von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. In diesem Fall ist nach §§ 40, 42 Abs. 1 OWiG allein die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung zuständig. Gegebenenfalls ist dann im Strafverfahren eine Geldbuße zu erlassen; § 82 Abs. 1 OWiG. Bestätigt sich der Straftatverdacht im Ermittlungsverfahren nicht, bestehen aber Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit, muss die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach § 43 OWiG an die Verwaltungsbehörde abgeben.

b) Sachverständige

64

Sachverständige sind in Wirtschaftsstrafsachen regelmäßig am Verfahren beteiligt.[2] Die Rechtsprechung bildet innerhalb von Straftatbeständen immer häufiger Konstellationen, in denen die Hinzuziehung eines Sachverständigen unerlässlich ist. Bezüglich der Untreue hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise für die Schadensbestimmung festgestellt, dass zur Ermittlung des Minderwerts erforderlichenfalls ein Sachverständiger hinzugezogen werden muss.[3] Die Gerichte sind den komplexen und äußerst umfangreichen Sachverhalten ohne betriebswirtschaftliche Schulung häufig kaum noch gewachsen.

65

Der Sachverständige wird gem. § 73 Abs. 1 S. 1 StPO vom Gericht ausgewählt. Demnach haben die Verfahrensbeteiligten grds. keinen Anspruch auf Anhörung eines bestimmten Sachverständigen. Selbst wenn dem Beweisantrag stattgegeben wird, kann das Gericht theoretisch anstelle des vorgeschlagenen einen anderen – gleichermaßen geeignet erscheinenden – Sachverständigen bestellen, ohne dass dies eine Teilablehnung des Beweisantrags darstellen würde. Im Beweisantrag selbst muss der Antragsteller demnach weder einen bestimmten Sachverständigen benennen noch dessen Fachrichtung angeben. Die Entscheidung über Auswahl und Anzahl der zum Beweisthema anzuhörenden Sachverständigen hat das Gericht stattdessen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zu treffen.[4]

c) Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse

66

Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens stehende Umstände oder Vorgänge, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt, für Außenstehende aber wissenswert sind, die nach dem bekundeten Willen des Betriebs- oder Geschäftsinhabers geheim zu halten sind und deren Kenntnis durch Außenstehende dem Geheimnisschutzträger zu einem Nachteil gereichen kann. Allgemein bekannte Umstände und Vorgänge sind auch dann keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, wenn der Inhaber sie als solche bezeichnet.[5] Sie sind in Wirtschaftsstrafverfahren entweder Gegenstand des strafrechtlichen Vorwurfs (§ 17 UWG) oder spielen im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen – bspw. im Rahmen von Durchsuchungen – oder als Bestandteil der Ermittlungsakten eine Rolle.

67

Zum Schutz etwaiger Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sieht § 147 StPO jedoch keine explizite Möglichkeit vor, die Akteneinsicht durch den Verteidiger zu begrenzen. Für die in Abs. 4 geregelte Akteneinsicht des Beschuldigten gibt der Wortlaut allerdings vor, dass sie nicht zu gewähren ist, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen, worunter man Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fassen kann.[6]

68

Die Akteneinsicht für einen durch die Straftat Verletzten im Sinne von § 406e StPO kann dem Anwalt gem. § 406e Abs. 2 S. 1 StPO versagt werden, „soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen“;[7] für die unmittelbare Akteneinsicht gilt insoweit nach § 406e Abs. 3 StPO dasselbe. Auch hierunter fallen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Entsprechendes gilt grds. auch für das Akteneinsichtsrecht sonstiger Privatpersonen aus § 475 StPO.[8] Betroffene sollten daher rechtzeitig dafür Sorge tragen, dass Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als solche erkannt und entsprechend behandelt werden. Die Anregung an die Ermittlungsbehörde, bestimmte Aktenbestandteile in sog. „Sonderbänden“ zu führen, ist eine Möglichkeit, die Rechte des betroffenen Unternehmens zu wahren. Ferner kann etwa durch mündliche und schriftliche Hinweise oder entsprechende Anträge auf einen restriktiven Umgang mit der Gewährung der Akteneinsicht hingewirkt werden.

69

Im Rahmen der Hauptverhandlung kann zudem die gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 GVG vorgesehene Möglichkeit des Ausschlusses der Öffentlichkeit in Betracht gezogen werden, um der Erörterung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in der Öffentlichkeit entgegenzuwirken. Ein vom Gericht zu berücksichtigender Ausschlussgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn für den Geheimnisgeschützten durch die öffentliche Verhandlung Nachteile entstehen würden, die durch den Zweck des Verfahrens nicht gerechtfertigt sind.[9]

d) Exkurs: Beschlagnahmeschutz bei internen Untersuchungen

70

Für Wirtschaftsstrafverfahren, insbesondere für die Verwertung von Ergebnissen unternehmensinterner Untersuchungen, sind die am 27.6.2018 ergangenen Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Durchsuchung der Kanzleiräume einer US-amerikanischen Anwaltskanzlei im Zusammenhang mit dem sog. „Dieselskandal“ von besonderer Bedeutung.

71

Gegenstand der Verfassungsbeschwerden war die Durchsuchung der Anwaltskanzlei durch die Staatsanwaltschaft München II. Im Rahmen der Durchsuchung wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt, die dort im Rahmen einer internen Untersuchung angefallen waren. Sowohl die Volkswagen AG,[10] als auch die US-amerikanische Anwaltskanzlei[11] sowie drei beteiligte Rechtsanwälte[12] hatten gegen die Durchsuchungsbeschlüsse, die Beschlagnahme und die ablehnenden Rechtsmittelentscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Verfassungsbeschwerden blieben indes erfolglos.

72

Im Rahmen seiner Entscheidung stellte das Bundesverfassungsgericht zunächst klar, dass der Beschlagnahmeschutz des § 97 StPO eine Spezialregelung darstelle, die das Beweiserhebungsverbot aus § 160a Abs. 1 S. 1 StPO grundsätzlich verdränge.[13] Dies habe zur Folge, dass Unterlagen nur dann nicht der Beschlagnahme unterliegen würden, wenn ein konkretes Mandat für die Vertretung eines Beschuldigten in einem Straf- oder Bußgeldverfahren erteilt worden sei. Ferner führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass der Gesetzgeber mit § 160a StPO unter uneingeschränkter Beibehaltung der Sonderregelungen für Beschlagnahmeverbote des § 97 StPO eine Regelung für alle anderen Ermittlungsmaßnahmen habe schaffen wollen. Die Zulässigkeit von Beschlagnahmen bei Berufsgeheimnisträgern sei deshalb allein am Maßstab des § 97 StPO zu messen, und zwar auch dann, wenn dieser ein niedrigeres Schutzniveau als anderweitige Regelungen vorsehe.[14]

73

Folglich könnten bei Rechtsanwälten nach § 97 StPO zulässigerweise Beschlagnahmen durchgeführt werden, wenn kein Vertrauensverhältnis zu dem im konkreten Ermittlungsverfahren Beschuldigten bestehe.

74

Eine Ausdehnung des absoluten Schutzes des § 160a Abs. 1 S. 1 StPO auch auf sonstige anwaltliche Tätigkeiten sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Allein die Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege und seine Teilnahme an der Verwirklichung des Rechtsstaates würden einen Verzicht auf Beschlagnahmen über den Anwendungsbereich von § 97 StPO hinaus nicht rechtfertigen.[15]

 

75

Damit hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung des Beschlagnahmeschutzes für interne Untersuchungen weitestgehend geregelt. Es besteht danach kein Beschlagnahmeschutz für Unterlagen unternehmensinterner Untersuchungen, die von einer externen (ausländischen) Kanzlei durchgeführt werden, wenn nicht konkret gegen eine bestimmte Person ermittelt wird; bspw. vor dem Hintergrund des § 30 OWiG. Die Anwendung von § 97 StPO bei juristischen Personen setze zumindest einen hinreichenden Verdacht für eine durch eine konkrete Leistungsperson begangene Straftat oder Aufsichtspflichtverletzung i.S.v. § 130 OWiG voraus. Allein die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes einer Leistungsperson genüge hingegen nicht.[16] Die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts stehen damit den Bemühungen des Gesetzgebers, interne Untersuchungen als Teil von wirkungsvollen Compliance-Maßnahmen zu etablieren, diametral entgegen.

76

Überdies stellte das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit den Verfassungsbeschwerden der US-amerikanischen Anwaltskanzlei klar, dass sich ausländische juristische Personen nicht auf materielle Grundrechte berufen können, Art. 19 Abs. 3 GG.[17] Eine Ausnahme hiervon würde nur bei juristischen Personen mit Sitz innerhalb der Europäischen Union und einem hinreichenden Inlandsbezug bestehen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Abschließend stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass auch die dort tätigen Rechtsanwälte keinen Grundrechtsschutz beanspruchen könnten; sie seien durch die Durchsuchung nicht in eigenen Grundrechten betroffen.[18] Auf der Grundlage dieser Entscheidungen ist davon auszugehen, dass die Beschlagnahme und Auswertung der Unterlagen der internen Untersuchung so lange zulässig ist, bis dem betroffenen Unternehmen eine beschuldigtenähnliche Stellung zukommt.[19] Wann dies jedoch der Fall ist, hat das Bundesverfassungsgericht nicht mitgeteilt.

Anmerkungen

[1]

Müller-Gugenberger/Bieneck/Niemeyer § 14 Rn. 3 ff.

[2]

Zur Rolle des Sachverständigen im Strafprozess: Dahs Rn. 221.

[3]

BVerfGE 126, 170 = NJW 2010, 3209, 3214 f.

[4]

Wabnitz/Janovsky/Möhrenschlager 26. Kap. Rn. 50.

[5]

Vgl. BAG 15.12.1987 – 3 AZR 474/86.

[6]

BT-Drucks. 14/1484; Götz § 10 S. 53.

[7]

Vgl. BVerfG NJW 2003, 501; Götz § 10 S. 53.

[8]

Götz § 10 S. 53.

[9]

Meyer-Goßner/Schmitt § 172 GVG Rn. 9.

[10]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17 und 2 BvR 1780/17.

[11]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1287/17 und 2 BvR 1583/17.

[12]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1562/17.

[13]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17, Rn. 74.

[14]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17, Rn. 74.

[15]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17, Rn. 78.

[16]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1405/17, Rn. 93.

[17]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1287/17, Rn. 25 ff.

[18]

BVerfG 27.6.2018 – 2 BvR 1562/17, Rn. 36 ff.

[19]

Vgl. dazu u.a. Momsen NJW 2018, 2362 ff.; Graßie/Hieramente BB 2018, 2051 ff.

3. Kapitel Verfahren bei Wirtschaftsdelikten › IV. Besonderheiten in Wirtschaftsstrafverfahren › 3. Sonstige Besonderheiten

3. Sonstige Besonderheiten

a) Medien[1]

77

Wirtschaftsstrafverfahren unterliegen stets einem besonderen medialen Interesse. Maßgeblich für die Zusammenarbeit zwischen den Ermittlungsbehörden mit der Presse und dem Rundfunk ist neben dem allgemeinen Informationsanspruch der Medien aus den jeweiligen Landespressegesetzen, insbesondere Nr. 23 RiStBV. Danach sind die Ermittlungsbehörden zwar gehalten, mit der Presse, dem Hörfunk und dem Fernsehen zusammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Unterrichtung (seitens der Ermittlungsbehörden) nicht den Untersuchungszweck gefährden darf, noch darf sie dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorgreifen. Ferner ist es den Behörden nicht gestattet, den Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren durch eine entsprechende Berichterstattung zu beeinträchtigen. Im Ergebnis haben die Behörden daher grds. alles zu tun, um eine unnötige Bloßstellung des Beschuldigten zu vermeiden.

78

Für den hier tätigen Rechtsanwalt (Verteidiger) gilt – ungeachtet der Pflicht zur anwaltlichen Verschwiegenheit – das grds. zu beachtende Gebot der Sachlichkeit und das Verbot anreißerischer Selbstreklame gem. § 6 BORA.[2]

79

Den maßgeblichen rechtlichen Rahmen bildet hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Es schützt im Wesentlichen vor der öffentlichen Preisgabe der Identität des Beschuldigten bzw. Angeklagten. Grundsätzlich unzulässig ist daher die Abbildung oder Nennung des Vor- und Zunamens. Auch sonstige individualisierende Umstände sind vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst. Im Rahmen der sog. praktischen Konkordanz, d.h. der Abwägung von Persönlichkeitsrecht und öffentlichem Interesse an der Berichterstattung bzw. Information über das Verfahren oder die Person des Betroffenen tritt das Individualinteresse zurück, sobald es sich bei dem Betroffenen um eine Person der Zeitgeschichte handelt. Entscheidend für die hier vorzunehmende Güterabwägung ist die Bedeutung der angenommenen Straftat für die Bevölkerung oder auch ihre Beispielhaftigkeit für gesellschaftliche Entwicklungen.[3] Selbstverständlich entfallen diese Einschränkungen, wenn der Betroffene selbst öffentlich Stellung zu dem Tatvorwurf bezieht oder er zuvor sein Einverständnis erteilt.

80

Den Medien sind in ihrer Berichterstattung ansonsten grds. nur wenige Grenzen gesetzt. Die sog. Verdachtsberichterstattung ist ein aus Art. 5 Abs. 1 GG abgeleitetes Privileg. Voraussetzung ist, dass der in Rede stehende Vorgang von Bedeutung ist, die Umstände eingehend geprüft wurden und der Sachverhalt objektiv und unter Mitteilung der entlastenden Umstände veröffentlicht wird.[4] Jedenfalls ist der Unschuldsvermutung und dem Verbot einer Vorverurteilung Rechnung zu tragen.

81

Im Falle einer einseitig geführten Berichterstattung kann die Abgabe einer Presseerklärung ein probates Mittel sein, um Fehlentwicklungen oder eine Verzerrung des maßgeblichen Sachverhalts zu vermeiden. Hierdurch kann häufig verhindert werden, dass der Betroffene sich durch seine Aussagen selbst zum Beweismittel macht.[5] Bei einer eindeutigen Diskreditierung des Betroffenen können zudem presserechtliche Gegenmaßnahmen erwogen werden. Neben Schadensersatzansprüchen kommen hier vor allem Berichtigungsansprüche oder jedenfalls Unterlassungsansprüche in Betracht.[6] Konkret kommen Ansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i.V.m. dem allgemeinem Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und § 22 KunstUrhG in Frage. Letztlich kommt die Erstattung eines Strafantrages wegen Verleumdung und Beleidigung (§§ 185, 186 StGB) in Betracht.

b) Strafrechtliche Nebenfolgen

82

Gem. § 45 StGB treffen den Verurteilten neben der Freiheits- oder Geldstrafe unter Umständen auch sog. Nebenfolgen. Folgende Statusfolgen kommen in Betracht:

83

Amtsverlust, Verlust des passiven Wahlrechts und Verlust des aktiven Wahlrechts. Der Verlust kann dabei in zwei Formen erfolgen. Zum einen tritt der Verlust gem. § 45 Abs. 1 StGB automatisch kraft Gesetzes ein, wenn der Täter wegen eines Verbrechens, sei es auch nur der Versuch, die Teilnahme oder strafbare Vorbereitung, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Im Falle einer Gesamtstrafe kommt es darauf an, dass eine Einzelstrafe wegen eines Verbrechens diese Höhe erreicht. Der Verlust dauert vorbehaltlich der Wiederverleihung von Fähigkeiten und Rechten gem. § 45b StGB fünf Jahre.[7] Zum anderen kann der Status gerichtlich aberkannt werden und die Nebenfolge vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen für die Dauer von zwei bis fünf Jahren verhängt werden, § 45 Abs. 2, 5 StGB. Die Aberkennung kommt immer nur neben einer Mindeststrafe von sechs Monaten beziehungsweise einem Jahr in Betracht. Dabei ist sie auch zulässig, wenn die Mindeststrafe als Gesamtstrafe verhängt wird.[8] Dem Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts kommt allerdings – im Gegensatz zum Amtsverlust – kaum praktische Bedeutung zu.

84

Wird jemand wegen einer Straftat unter Missbrauch seiner beruflichen oder gewerblichen Stellung oder unter grober Verletzung seiner beruflichen Pflichten verurteilt, kann – unabhängig von den möglichen berufsrechtlichen Folgen – gem. § 70 StGB bereits im Strafverfahren ein Berufsverbot angeordnet werden.

c) Beamtenrechtliche Folgen

85

Das Beamtenverhältnis endet schon bei Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, § 48 BBG, mit den in § 49 BBG beschriebenen Folgen.

d) Berufsgerichtliche Verfahren

86

In Verfahren gegen Angehörige bestimmter Berufe (s.o.) wie etwa dem Beamten oder Steuerberater hat die Staatsanwaltschaft Mitteilung zu machen. Die Regelungen hierfür finden sich in den §§ 12 ff. EGGVG und den Gesetzen, die den konkreten Berufszweig betreffen (z.B. § 10 Abs. 2 StBerG). Die jeweiligen Mitteilungspflichten sind der MiStra zu entnehmen. Insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen sind zumeist Mitglieder der Berufe des Wirtschaftsprüfers, des vereidigten Buchprüfers, des Steuerberaters, oder bestimmte Angehörige einer Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- oder Buchprüfungsgesellschaft, Inhaber und Geschäftsleiter von Kredit- und Finanzdienstleistern, Wertpapierdienstleistungs- oder Versicherungsunternehmen, Gewerbetreibende, Rechtsanwälte oder Beamte betroffen. Mitzuteilen ist der Erlass eines Haftbefehls, die das Verfahren abschließende Entscheidung, oder der sonstige Verfahrensausgang, so auch das rechtskräftige Urteil. Die Mitteilungspflichten sind den Nr. 15, 23–25b, 39 MiStra zu entnehmen.[9]