Tasuta

Corona Magazine #354: Juli 2020

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Sari: Corona Magazine #354
Märgi loetuks
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Hier hätte eine sorgfältigere Gewichtung das Lesevergnügen gewaltig gesteigert. Vor allem, wenn es auf das Ende zugeht. Die Erfindung des kleinen Galliers und seines großen, Steine schleppenden Busenfreundes wird nur ganz knapp abgehandelt. Man hätte es Goscinny gegönnt, wenn er sich länger an dem großen Erfolg von Asterix hätte erfreuen können, nicht nur im wahren Leben, sondern auch in diesem Comic. Die letzten Jahre seines Lebens werden nicht gerade rund geschildert.

Die Biografie ist in einem eher cartoonhaften Stil gehalten, der aber ein Wiedererkennen sämtlicher Personen problemlos ermöglicht. Sie ist (wen wundert das bei der Informationsquelle?) warmherzig und einfühlsam und spart kritische Aspekte größtenteils aus. Erlaubt sei noch die Frage, wieso dieser Band nicht beim Asterix-Hausverlag, sondern einem großen Konkurrenzunternehmen erschienen ist. Waren die Hamburger einfach schneller, oder passte die Biografie nicht ins Veröffentlichungskonzept von Ehapa? Oder gab es andere, vielleicht inhaltliche Gründe, beim Teutates?

Alex Nikolavitch/Gervasio, Carlos Aón, Lara Lee

H. P. Lovecraft – He Who Wrote in the Darkness

Pegasus Books, New York 2018, 109 S., 25.95 $

Michael Allred, Steve Horton

Bowie – Sternenstaub, Strahlenkanonen und Tagträume

Cross Cult, Ludwigsburg 2020, unpaginiert, 35.00 €

Catel (d.i. Catel Muller)

Die Geschichte der Goscinnys – Geburt eines Galliers

Carlsen, Hamburg 2020, 335 S., 28.00 €

Links zu den Covern:

https://www.amazon.de/H-P-Lovecraft-Darkness-Graphic/dp/1681778556

https://www.google.de/search?q=allred+bowie&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=9nrZ3TizSWlffM%253A%252CKuthJgXVfYwylM%252C%252Fg%252F11f1905c0q&vet=1&usg=AI4_-kS9nzgd6oqOzR-5yeFAxikrLgs0cw&sa=X&ved=2ahUKEwioicO-nZ_pAhUryYUKHU3oAOQQ_B0wE3oECAsQAw#imgrc=9nrZ3TizSWlffM:

https://www.google.de/search?source=univ&tbm=isch&q=catel+muller+goscinny&sa=X&ved=2ahUKEwi99qWa3avpAhWOjKQKHYciBaEQsAR6BAgKEAE&biw=1920&bih=913#imgrc=d6k1NQgoy1eA4M

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PROW – Die Perry Rhodan Online Woche

von Alexandra Trinley

Ein besonderes Event fand vom 13. bis 19.07.2020 statt. Die ganze Woche hindurch gab es jeden Abend Live-Videokonferenzen mit Perry Rhodan-Autoren und weiteren Machern der Serie, Veranstalter waren die PRFZ und der Stammtisch Wien.

Die Exposéautoren Wim Vandemaan und Christian Montillon nahmen teil sowie zahlreiche Autoren der Erstauflage – das ist die Hauptserie – und Autoren der aktuellen Miniserie Mission SOL 2. Auch Risszeichner waren virtuell vor Ort und beantworteten die Fragen der Fans. Der Schwesterserie Perry Rhodan NEO war ein ganzer Abend gewidmet. Ganz besonders erfreulich war, dass Andreas Eschbach, der Verfasser der bei Fischer Tor erschienenen Rhodan-Biographie, ebenfalls an zwei Abenden Zeit für PROW fand. (Link im Anschluss, Anm. d. Red).

Die Verfasserin dieses Conberichts empfand nach den Aufregungen um den Mausbibermord, der den direkt vor der Veranstaltung erstellten Newsletter der PRFZ 36 (Link im Anschluss, Anm. D. Red.) zu einer anstrengenden Wackelpartie machte, keinen gesteigerten Wunsch nach einer Woche mit täglich vierstündigen Online-Panels und meldete sich nur für einige ausgewählte an. Doch wie es sich für ein gutes Team gehört, bekam sie unaufgefordert alle Links zugeschickt – und hat tatsächlich kaum ein Panel verpasst. Es hat richtig Spaß gemacht. Allerdings hätte sie sich eine Aufteilung auf zwei Wochen oder zwischendrin einen Tag Pause gewünscht, weil vier Stunden pro Tag doch recht viel waren.

Der Spaß der ersten Tage entstand erst mal, weil endlich wieder ein Fandom-Treffen da war, es gab bekannte Gesichter und der Chat bot die Möglichkeit, neben den laufenden Panels ein wenig zu schwätzen. Zusätzlichen Spaß bot der Running Gag, der losgetreten wurde, als ein Ehrengast während seines Vortrags aufstand, um ein Buch zu holen. Kleidsame Shorts rückten in den Erfassungsbereich der Kamera, worauf unweigerlich jeden Tag angespielt wurde – werden Fans je erwachsen? Unterhaltsam waren auch die sachten Schnarchtöne, die eine Viertelstunde lang ein im Vorfeld aufgezeichnetes Panel untermalten, der sich auf einem Sofa im Hintergrund räkelnde Hund Beagle und Expeditionen von Ehepartnern zum Kühlschrank, die in ein weiteres Panel akzentuierten. Jeder war ja zuhause. Die Atmosphäre war gut, die Handhabung von Zoom einfach, und ein Con daheim hat durchaus praktische Vorteile.

Kommen wir zu den Inhalten, sprich, dem, was in den Panels gesagt wurde. Die Perry Rhodan Online Woche begann am Montag um 18 Uhr mit einem Treffen von Fandom-Aktiven, die Graphiken und Stammtische vorstellten und ein wenig plauderten. Raimund Peter hat den üblichen ConOpener gemacht, diesmal zu Mission SOL 2, er ist auf YouTube. Um 19 Uhr war der Expokrat Wim Vandemaan an der Reihe. Wie es seine Art ist, plauderte er drei Stunden lang über die Serie in ihrer Gesamtheit und stellte wieder einmal seine Theorie der »Großen Fünf« dar, denen eh nichts passieren darf: der Held Rhodan, sein bester Freund Bull, der ehemalige Feind und exotische Freund Atlan, der liebevolle Riese Icho Tolot und das kleine Pelzwesen Gucky. Weil es ihn wunderte, dass die Aufregung um den in Szene gesetzten Tod des Mausbibers so hochgekocht war.

Vandemaan kann vor dem Hintergrund seines detailliert-enzyklopädischen Wissens über die Serie nachvollziehbar machen, warum er wirklich nicht auf die Idee kam, jemand könne sich von Guckys Tod überzeugen lassen. Und er spricht großartig, weiß wirklich viel. Technische Fehler bei der Planung des Mausbibertods hat er eingeräumt, auf das Herausarbeiten der cairanischen Fake-Strategie hingewiesen. Die Verfasserin dieser Kolumne hält die Fehleinschätzung des Effekts trotzdem für Instinktlosigkeit. Im März, als der Abschnitt geplant wurde, war die Pandemie schon da. Mit angespannten Nerven hätte gerechnet werden müssen. Wobei am Samstag Chefredakteur Klaus N. Frick exakt die Situation der Pandemie für die technischen Fehler verantwortlich machte.

Am Dienstag berichtete Susan Schwartz von den Entwicklungen rund ums Dyoversum, was umso aufschlussreicher war, als sie Vandemaans Vortrag nicht beigewohnt hatte (man kann bei Zoom sehen, wer da ist). Nahm man ihre und Vandemaans Aussagen zusammen, so wurde die Sache ausgesprochen interessant, wobei trotzdem vieles angedeutet blieb. Die übliche perfekte Absprache gab es jedoch nicht. Ha! Einige begründete Vermutungen: Die interessanten Eisblöcke, die in jenem Paralleluniversum die überlichtschnelle Raumfahrt behindern, werden wohl Thema werden, sind also mehr als nur ein Kunstgriff, um das Setting überschaubar zu halten, und von den Baustellen des in der Bleisphäre verkapselten Arkon-Systems und der Tefroderreiche wird sich wohl eins in den neuen Zyklus retten, während die andere aufgeräumt wird – jedenfalls legen die Andeutungen dies nahe. Und von den Zain-Konstrukten, jenen honiggelben positronischen Intelligenzen, werden wir mehr hören.

Danach ging es drei Stunden lang um die aktuelle Perry Rhodan-Miniserie Mission SOL 2. Eine Fortsetzung ist geplant, aber nicht im direkten Anschluss. Kai Hirdt, Olaf Brill, Ben Calvin Hary und Dietmar Schmidt plauderten lebhaft. Schmidt hatte sich das Titelbild unserer Fanpublikation Blicke auf OLYMP als Hintergrundbild gewählt. Sie enthält seine Story zum jungen Mehandor Raslon, die in Band 4 der Miniserie Olymp von 2018 nicht fertig erzählt wurde, und viel Zusatzmaterial. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.)

Am Mittwoch berichteten Maikel Das und Olaf Brill viel Interessantes über die Perry-Comics der Alligatorfarm, wobei Kai Hirdt viel beisteuerte. Ein langes Interview mit Expokrat Christian Montillon war in der Vorwoche aufgezeichnet worden. Danach berichtete Autor Michael Marcus Thurner von seinem Vorhaben »Altes Eisen auf Reisen – das Projekt meines Lebens«. Der 57jährige möchte im kommenden Jahr eine Art Weltreise per Motorrad unternehmen und sucht Sponsoren. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.)

Am Donnerstag plauderten der Reihe nach Uwe Anton, Michelle Stern und Dennis Mathiak über die Hauptserie, während der Freitag mit Rainer Schorm, Lucy Guth und Ben Calvin Hary im Zeichen von Perry Rhodan NEO stand – nach einer Demonstration des Perry Rhodan-Sammelkartenspiels, das eine ähnliche Faszination auszuüben scheint wie Fußball, nach den vollständig konzentrierten Gesichtern der männlichen Teilnehmer auf den Schirmen zu urteilen.

Am Samstag waren Verena Themsen und ihr Risszeichnungsteam am Start, und das war wirklich hochinteressant, weil Themsen die technische Beraterin und Datenverwalterin der Hauptserie ist und ihren Hintergrund als Physikerin einsetzt, um die Technologie des Perryversums mit Konstanten zu versehen. Ihre gewissenhafte Art macht von vornherein seichten Smalltalk unmöglich, Themsen weiß, wovon sie spricht. Bei diesem wie bei anderen Panels sekundierte der technische Berater vor allem von NEO und den Miniserien, Peter Dachgruber.

 

An Risszeichnern waren Gregor Paulmann und Gregor Sedlag da. Paulmann zeigte die Entwicklung der THORA von ersten Skizzen bis hin zur fertigen Risszeichnung samt der Übernahme aufs Titelbild von PR 3013 durch Arndt Drechsler. Sedlag, der als Künstler unter den Risszeichnern gilt, beschrieb sich als Lumpensammler, der in der Serie nach Zeugs sucht – wie dem cairanischen Vital-Suppressor, dessen zeichnerische Entstehung er darlegte.

Chefredakteur Klaus N. Frick nahm in einem aufgezeichneten Interview Stellung zur Gucky-Krise und der Umwandlung des Perry Rhodan-Verlags in eine KG. Im Juni 2020 war bekannt geworden, dass die dem Verlagsgebäude angeschlossene Druckerei, die Firma VPM Druck GmbH & Co KG, wo die Perry Rhodan-Romane seit Jahrzehnten gedruckt werden, Ende August schließt. Der Konzern sieht den Offset-Druck als Auslaufmodell. Der Pabel-Moewig Verlag wandert nach Hamburg, so dass dort alle Frauenzeitschriften, vor allem Yellows mit Klatsch und Tratsch, zusammengefasst werden. Servicezeitschriften, das sind z. B. Rätselhefte, gehen an einen anderen Verlag. Die Rhodan-Redaktion darf im nunmehr recht leeren Gebäude bleiben, und das Sichern der Archive – des »Großen Verlagsarchivs«, des Handarchivs mit z. B. der Exposésammlung und des Verkaufsarchivs steht an. Aufgaben müssen schon deshalb neu verteilt werden, weil Klaus Bollhöfener bald in Rente geht. Die Situation scheint sich aber zu stabilisieren.

Bemerkungen zur Serienhandlung ergänzten die bisherigen Panels, wobei man deutlich merkte, wo die Informationen zusammenlaufen. Das Vorgehen der Cairaner, das zum Tod des Mausbibers führte, hätte deutlicher als Fake vorbereitet werden müssen, wobei Frick sinnierte, dass wegen der Pandemie seit zwei Treffen im Januar und März mit Telefon und Videokonferenzen gearbeitet wurde, was wohl die Ursache für die aktuellen Probleme sei, weil im direkten Kontakt solche Fehler vermieden worden wären. Die Handlung des nächsten Zyklus wird sich auf die Lokale Gruppe konzentrieren, die Zain-Konstrukte bleiben. Natürlich durfte eine Diskussion um die Rhodan-Verfilmung nicht fehlen. Sie fehlt ja eigentlich nie.

Andreas Eschbach, dessen bei Fischer-TOR erschienenes Hardcover Perry Rhodan. Das größte Abenteuer gerade den Kurd-Laßwitz-Preis gewonnen hat, eröffnete am Sonntag den letzten Tag der Perry Rhodan Online Woche. Er erinnerte sich an die erste Begegnung mit Frick, bei der dieser noch grüne Haare hatte, und erinnerte sich an seine Heftromane. Nach seiner Lieblingsfigur befragt, nannte er Reginald Bull als Ewigen Zweiten, der im Gegensatz zu Rhodan auch mal durch die Kneipen ziehen kann. Noch dazu irrt sich Perry nie auf Dauer, was ihn zu einer besonders schwer zu gestaltenden Figur macht. Ein Roman, in dem er Gucky tötet? Gern, »such is life«. Spannend wäre, einen Haluter zu töten, weil das richtig schwer wäre. Witzig die Bemerkung zu seinem 800-Seiten-Wälzer: »Ich hatte jetzt nicht das Gefühl, dass man groß was hätte wegstreichen können.« Eschbachs eigener aktueller Roman handelt von Menschen mit Flügeln, für die der Boden gefährlich ist, wofür ihm die Möwen vor seinem Fenster viel Inspiration boten. Stephen King bewundert er für die spannende Darstellung des Alltäglichen.

Es folgte Olaf Brill mit Auskünften zur Kurzgeschichtenreihe Stellaris. Wie ist solch eine Geschichte beschaffen, wie sollte sie sein, wie reicht man sie ein, was gibt den Ausschlag für eine Veröffentlichung. Zu guter Letzt stellte sich Leo Lukas, der den Roman Der Ilt muss sterben! (PR 3072) verfasst hat und dafür mit wütenden Leserreaktionen überschüttet wurde, der Diskussion. Sicher lag es an der gründlichen Aufarbeitung der vergangenen Tage, dass es hier eigentlich nicht viel Neues zu sagen gab. Last but not least kam Rainer Nagel zu Wort, dessen Panel am Vortag ausgefallen war. Und pünktlich um 22:03 Uhr war dann Schluss.

Fazit: Eine Online-Woche mit vier Stunden Veranstaltung am Tag ist anstrengend, aber ein echtes Erlebnis. Der Initiator und Moderator Roman Schleifer hat exzellente Arbeit geleistet.

PRFZ:

http://www.prfz.de/home.html

Newsletter der PRFZ 36 zum freien Download:

https://www.proc.org/newsletter-36-der-pr-fanzentrale-erschienen-aus-aktuellem-anlass-fuer-alle/

Michael Marcus Thurners Reiseprojekt:

https://mmthurner.wordpress.com/2020/07/16/das-ist-das-projekt-meines-lebens-teil-1/

Blicke auf OLYMP. Hintergründe zu einer PERRY RHODAN-Miniserie: http://www.terranischer-club-eden.com/special/olymp.html

Übersetzen hoch Drei: Im Gespräch mit Perry Rhodan-Autor Dietmar Schmidt

Der Autor und Übersetzer Dietmar Schmidt verfasste die Bände 7 und 10 der aktuellen Perry Rhodan-Miniserie Mission SOL 2. 1963 in Oberhausen geboren, lebt er heute in Bonn. Der Redaktion des Corona Magazine gab er Auskunft zu seiner Übersetzertätigkeit und seinem neuen Perry Rhodan-Roman, der den Titel Drei hoch Psi trägt.

Alexandra Trinley: Dietmar, stimmt mein Eindruck, dass du wie viele andere Autoren übers Lektorieren und Übersetzen zum eigenen Schreiben kamst?

Dietmar Schmidt: Oh, ich habe schon geschrieben, lange bevor ich ans Übersetzen kam. Das ging noch auf dem Gymnasium los. Was dort entstand, haben nur einige Freunde zu Gesicht bekommen, und das wird auch so bleiben. Im Hauptstudium ging mir die Zeit zum Schreiben aus, und eine Lücke entstand, die durch das Übersetzen gefüllt wurde. Das Übersetzen hat meinen Schreibstil aber nachhaltig beeinflusst.

AT: Was hast du studiert?

DS: Chemie. Schon während der Doktorarbeit habe ich Fachartikel übersetzt, und später kamen dann Kurzgeschichten und Romane hinzu. Mein erster Roman war natürlich superdringend, und irgendwie ist es seitdem so geblieben.

AT: Was übersetzt du, und aus welcher Sprache?

DS: Aus dem Englischen, wie es bei Quereinsteigern sehr verbreitet ist. Angefangen habe ich mit SF und Fantasy und jahrelang ausschließlich auf dem Gebiet gearbeitet, bis ich auch für andere Genres angefragt wurde. Heute übersetze ich Thriller, historische Romane, Jugendbücher und ganz selten auch noch mal etwas Phantastisches. Ich habe sogar ein paar Liebesromane übersetzt.

AT: Wie geht ein Übersetzer vor? Liest du erst einmal den gesamten Roman?

DS: Eigentlich nicht. Ich will mir nicht die Spannung nehmen, und vor allem möchte ich mich nicht versehentlich verplappern und etwa Hinweise geben, die der Autor gar nicht beabsichtigt hat. Da bin ich vielleicht ein wenig paranoid, seit mir als Leser mal ein Roman untergekommen ist, bei dem die Pointe im Klappentext verraten wurde. Natürlich gibt es Romane, die muss man erst einmal lesen. Das merkt man aber auch recht schnell. Wenn mit wiederkehrenden Motiven gespielt wird, sollte man besser wissen, wohin sich das Ganze entwickelt. Das Fremdenhaus von Reginald Hill ist dafür ein Beispiel, ein Werk, das Elemente des historischen Romans, des Kriminalromans und der Geistergeschichte vereinigt.


Dietmar Schmidt

AT: Zum Umgang mit den Ursprungstexten: Welches Verhältnis haben Übersetzung und Original?

DS: Zum Übersetzen sind zahlreiche Bücher erschienen, wir können hier nur einiges anreißen. Übersetzer werden manchmal als Vermittler zwischen Quellsprache und Zielsprache bezeichnet. Das klingt recht abstrakt, aber bedeutet zum Beispiel, dass der Leser bei der Lektüre am besten gar nicht bemerken sollte, eine Übersetzung vor sich zu haben. Eine gute Übersetzung wird sich deswegen aber vom Original unterscheiden. Abweichungen sind unvermeidlich, und meiner Meinung nach fährt man gut damit, wenn man vom Original so weit abweicht wie nötig und so nahe dran bleibt wie möglich.

AT: Wie gehst du mit Anglizismen um?

DS: Eigenarten der englischen Sprache sollten vermieden werden, Eigenarten der deutschen (Standard-)Sprache berücksichtigt und ausgenutzt. Man trifft im Original manchmal auf Formulierungen, die uns recht farbig erscheinen, für den Muttersprachler aber nur phrasenartig benutzte, verbreiteter stehende Ausdrücke sind. Auch wenn dann der Drang entsteht, eine originelle Formulierung in der Übersetzung zu finden, ist ein lapidarer Ausdruck besser: Eine besondere Formulierung zieht die Aufmerksamkeit auf sich, setzt sozusagen ein Glanzlicht. Der Autor hat in seinem Buch an der betreffenden Stelle aber gar kein Glanzlicht gesetzt, sondern einen wenig bemerkenswerten Übergang geschaffen. Das sollte dann auch im Deutschen so sein.

Wichtig ist es gleichzeitig, durch die Wortwahl die Stimmung des Originals herüberzubringen, was wiederum Schwierigkeiten mit sich bringen kann.

AT: Gibst du uns ein Beispiel?

DS: Ganz zu Anfang meiner Laufbahn wurde ich mit der Übersetzung der Honor-Harrington-Serie von David Weber beauftragt. Zu Anfang hat diese Serie ein maritimes Flair, vergleichbar mit den Büchern um Horatio Hornblower von C. S. Forester. Das Problem ist nur, dass das Maritime im Deutschen lange nicht so tief verankert ist wie im Englischen. Ein Seekadett wurde bei der britischen Marine als »Snotty« bezeichnet, als Rotznase, wobei bei diesem Wort auch der Vorwurf einer gewissen Hochnäsigkeit mitschwingt, und in David Webers Universum hatte sich dieser abschätzige Begriff auf die Raumkadetten übertragen. In der deutschen Übersetzung der Hornblower-Romane heißt der Seekadett »Kakerlak« – auch kein besonders freundliches Wort, aber historisch gerechtfertigt. So nannten die Matrosen der kaiserlichen Marine die jungen Offizieranwärter. Das habe ich übernommen, und wie ich dann später sah, als es so etwas wie Internetforen gab, war vielen Lesern einfach nicht klar, wieso. Aber zu dieser Zeit entsprach die Stimmung der Honor-Harrington-Serie ohnehin nicht mehr den Hornblower-Romanen, sondern spiegelte das Wettrüsten im 2. Weltkrieg und danach wider.

AT: Wie ist der Umgang mit Fachbegriffen?

DS: Das Englische hat eine andere Entwicklung hinter sich als das Deutsche. Ein Beispiel: Für viele medizinische Begriffe gibt es kein eigenes englisches Wort. Tritt im Englischen eine Bezeichnung mit lateinischen Wurzeln auf, sollte man sich sehr gut überlegen, ob man das im Deutschen beibehält. Ich erinnere mich an einen Roman, den ich auf Deutsch gelesen habe, in dem jemand ein neues Pankreas brauchte. Das war ein recht einfacher Mensch, aber er redete ständig von seinem neuen Pankreas-Transplantat, und jeder um ihn herum, auch alles einfache Menschen, schien genau zu verstehen, was er meinte. Nur ich musste ins Lexikon schauen, was ein Pankreas überhaupt ist. Ich fand dann, es wäre stimmiger gewesen, den Begriff »Bauchspeicheldrüse« zu benutzen. Das Wort ist in der Zielsprache einfach gängiger.

Ein anderes Beispiel: Im Mittelalter trug man – teilweise bis ins 16. Jahrhundert – in den ehemaligen römischen Gebieten grobe Wollhemden, die auf der römischen Tunika beruhten und von Historikern auch so bezeichnet werden. Aber liest man das Wort Tunika, hat man eben Römer vor Augen und nicht zum Beispiel Angelsachsen usw. Der Begriff »Hemd« liefert da ein besseres Bild. Auch in manchem SF-Roman liest man, dass Soldaten »Tuniken« tragen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Fehlübersetzung, denn im Englischen bedeutet tunic auch Uniformjacke.

AT: Das beeinflusst den Film im Kopf deutlich. Aber sag mal, wie viel Aufwand betreibt man bei historischen Romanen mit Recherche?

 

DS: Man recherchiert dabei grundsätzlich mehr als für einen Liebesroman oder ein Jugendbuch. Auch hier ist es wichtig, die korrekte deutsche Schreibweise zu finden. Und man braucht ein gewisses Gefühl für die historische Epoche. Siehe das Beispiel mit den Hemden.


© Pabel-Moewig Verlag

AT: Sprechen wir über die aktuelle Perry Rhodan-Miniserie Mission SOL 2. Dein Band 7 trägt den Titel Drei hoch Psi. Wie leicht oder schwer ist das Gestalten von Psi-Kräften im Roman?

DS: Gar nicht schwer, wenn man sich vorher zurechtlegt, was gerade geht und wo die Grenzen sind, und darauf die Handlung aufbaut. Ich habe in Drei hoch Psi allerdings den Vorteil, dass die Psi-Kräfte nur von außen beschrieben werden. Etwa Guckys Schmerzensteleportation zu schildern ist da schon eine ganz andere Herausforderung.

AT: Das Titelbild zeigt einen Menschen, der düster und zugleich unternehmungslustig dreinschaut. Wer ist das?

DS: Es handelt sich um Perry Rhodan.

AT: Der Mann mit den vielen Gesichtern. Wie eng hast du beim Erstellen des Titelbilds mit Arndt Drechsler zusammengearbeitet?

DS: Ich habe eine Auswahl an möglichen Szenen für ein Titelbild an Klaus N. Frick durchgegeben. Er sortiert aus, was ungeeignet ist, und gibt den Rest an Arndt weiter. Arndt sucht sich dann heraus, was ihn am meisten interessiert.

AT: Wo spielt überhaupt diese zweite Miniserie rund um die Abenteuer des Hantelschiffs, und worum geht es?

DS: Wir befinden uns in der Galaxis Yahouna, die etwa 54 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt ist. Die Sterneninsel gehört zur Mächtigkeitsballung, also dem Einflussbereich der Superintelligenz BARIL. BARIL hat sich dem Ausgleich zwischen den Ordnungs- und den Chaosmächten des Universums verschrieben. In der Perry Rhodan-Serie gab es einmal ein Konzept des Dritten Weges, dessen Anhänger sich weder mit den einen noch den anderen einließen. BARIL folgt einem anderen Ansatz: Sie arbeitet, wie es scheint, durchaus für die eine oder andere Seite, aber am Ende muss der Ausgleich stehen.

Bislang hatte BARIL für die Kosmokraten agiert, nun aber scheint die Superintelligenz mit der Terminalen Kolonne TRAITOR zusammenzuarbeiten, einem militärischen Arm der Chaotarchen. TRAITOR hatte etwa 200 Jahre zuvor versucht, die Milchstraße zu erobern und als Ressourcenquelle für die Erschaffung einer Negasphäre auszubeuten, eines Machtmittels der Chaosmächte. Dass die Kolonne derart – in kosmischen Maßstäben – nahe zur Milchstraße abermals in unserem Universum aktiv wird, kann Perry Rhodan nicht gefallen.

AT: Was ist denn eine Negasphäre?

DS: Eine Negasphäre ist in der Perry Rhodan-Serie eine kosmische Region, in der die kosmische Ordnung nicht aufrechterhalten werden kann, ein Ort des Chaos und der Willkür. In einer Negasphäre existieren keine Naturgesetze, keine Logik und keine Kausalität mehr. Man kann sagen, dass dort das Universum zerfällt. Mehrere Negasphären können auf lange Sicht zu einem Universum führen, in dem das Chaos herrscht – was von den Chaotarchen langfristig angestrebt wird.

AT: Und die Chaotarchen sind die Gegenspieler der Kosmokraten. Auf welchen Ebenen spielt die Handlung?

DS: An Handlungsebenen haben wir Rhodan, der als Orbiter in den Dienst A-Kuatonds getreten ist, einer Ritterin BARILS. Ein Orbiter ist die rechte Hand eines Ritters im Dienst höherer Mächte. Eine andere Handlungsebene sind Roi Dantons Vorstöße mit der Korvette CALAMAR in das Sphärenlabyrinth, ein Artefakt, das der Terminalen Kolonne ermöglicht, andere Universen zu erreichen, und zwar ohne dass es zu den dabei üblichen lähmenden Begleiterscheinungen kommt, dem Strangeness-Schock.

AT: Mit den Prar hat Bernd Perplies zwei Bände vorher ein eigenwilliges pelziges Volk gestaltet. Nun informiert uns die Verlagsankündigung, dass dein Roman auf dem Planeten eines unbedeutend erscheinenden Volks spielt. Sind das auch wieder die Prar?

DS: Nein, in Drei hoch Psi geht es um eine andere Spezies mit einem explosiven Geheimnis. Mehr darf ich darüber nicht verraten.

AT: Außerdem soll der Zwergandroide Eroin Blitzer wieder eine Rolle spielen, beziehungsweise seine identische Zweitausgabe. Er arbeitet für die Kosmokraten, die Ordnungsmächte des Kosmos, also die »Guten«. Von Individualität halten die aber nicht viel, oder?

DS: Als Ordnungsmächte folgen sie Plänen, deren Sinn sich uns als Bewohnern der niederen Ebenen kosmischer Entwicklung nicht erschließt. Man erinnere sich, dass Perry Rhodan beauftragt war, die Antworten auf die drei Ultimaten Fragen zu finden, und bei den ersten beiden feststellte, dass die Kosmokraten die Antworten bereits kennen mussten. Gleiches galt wohl für die Antwort auf die Frage, wer das GESETZ initiiert habe und was es bewirke. Rhodan sollte sie am Berg der Schöpfung erhalten und bemerkte in letzter Sekunde, dass sie wohl seinen Verstand sprengen würde. Selbst ein Ritter der Tiefe, ein nicht ganz austauschbarer Agent der Ordnungsmächte, war den Kosmokraten als Individuum also nichts wert; sie hätten es in Kauf genommen, dass er sein Ich einbüßt, solange es ihren Plänen förderlich ist.

AT: Die Miniserie trägt den Arbeitstitel Labyrinth, vermutlich wegen der ständigen Zwiespältigkeit moralischer Entscheidungen in den ersten Bänden. Wo siehst du BARIL angesiedelt?

DS: BARIL scheint auf verschlungenen Wegen zu ihrem Wunsch zu gelangen, einen Ausgleich zwischen Ordnung und Chaos zu erzielen. Der mäandrierende Pfad ähnelt vielleicht dem Weg durch ein Labyrinth. Der Arbeitstitel rührt aber wohl eher von dem Sphärenlabyrinth her, das im Mittelpunkt der Handlung steht.

AT: Gehörst du eigentlich auch zu den Leuten, die ihren ersten Rhodan-Roman lasen, nichts verstanden und davon so fasziniert waren, dass sie einfach weiterlesen mussten?

DS: Mein erster PR-Roman war die Nummer 154 in der 4. Auflage, und damit gelang der Einstieg sehr leicht. Was du schilderst, ist mir dann bei meinem ersten Roman aus der 3. Auflage passiert, den ich voll Begeisterung noch in der gleichen Woche gekauft habe. Das war Nummer 398, die Handlung von hundert Heften schritt auf das Finale zu. Aber andererseits sah ich in dem Heft die erste Risszeichnung meines Lebens, und damit war es endgültig um mich geschehen. Aber wie kommst du auf diese Frage?

AT: Wegen der Massierung der Insider-Begriffe. Negasphäre, Terminale Kolonne, drei Ultimate Fragen, Ritter der Tiefe … die aktuelle Miniserie greift die kosmische Ebene des Perryversums auf. Ist sie für ganz normale Leute, die einfach nur mal reinlesen möchten, überhaupt verständlich?

DS: Die Perry Rhodan-Serie wird im kommenden Jahr (2021) sechzig Jahre alt. Deshalb gibt es einen Haufen Vorgeschichte und eine Menge »Fachterminologie«. Davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Gerade die Miniserien sind so konzipiert, dass man sie als Einsteiger*in lesen kann.

Gleichzeitig wollen wir den Altfans, zu denen wir Autoren uns selbst zählen, ebenfalls etwas bieten. Deshalb kommen die angesprochenen Begrifflichkeiten durchaus vor, aber was für die Handlung wichtig ist, das wird auch in der Handlung erklärt.

Und falls das nicht genügt, gibt es die ausgezeichnete Internetseite perrypedia.de, auf der man ausführlichere Erklärungen findet und auch erfährt, wo die Personen, Konzepte usw. zum ersten Mal vorgekommen sind. Um wieder auf meine eigenen Erfahrungen zurückzukommen: Nach ein paar Heften ist man immer in der Handlung, kennt die zugrundeliegenden Konzepte und verfolgt die Entwicklung mit. Das ist genau wie bei jedem anderen SF-Roman. In jedes neue Universum muss man sich ein wenig einlesen.

AT: Dann danke ich dir für die Auskünfte.

DS: Und ich danke dir für deine Fragen. Ich möchte noch etwas hinzufügen: Was mich damals, als ich anfing, Perry Rhodan zu lesen, an der Serie so fasziniert und in den Bann geschlagen hat, war die Erkenntnis, wie viel es dort für mich noch zu entdecken gab.

Lese- und Hörproben gibt es auf der Verlagsseite: https://perry-rhodan.net/produkte/miniserien/mission-sol-2

Mission SOL 2 in der Perrypedia https://www.perrypedia.de/wiki/Mission_SOL_2_(Serie)