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Corona Magazine #355: Dezember 2020

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Sari: Corona Magazine #355
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Phantastische Wissenschaft


Ressortleiter Reiner Krauss

Subspace Link – Neues aus dem All

Ein Blick über unsere Köpfe

Beiträge von Reiner Krauss und R. M. Amerein

Neue galaktische Ausblicke und spannende Berichte über uns …

… davon berichtet seit vielen Jahren Ihr Reiner Krauss, jetzt unterstützt ihn die neue Autorin R. M. Amerein mit weiteren spektakulären Beiträgen …

SpaceX Crew Dragon – Erfolgreiche Landung der Endeavour


©: NASA / SpaceX / Wasserung der Endeavour im Golf von Mexico

Nach 62 Tagen an Bord der Internationalen Raumstation ISS sind die beiden SpaceX-Astronauten Bob Behnken und Doug Hurley zur Erde zurückgekehrt. Die historische Mission endete am 2. August 2020 mit einer sicheren Wasserung im Golf von Mexiko.

Beide waren am 31. Mai mit der SpaceX-Mission »Demo-2« zur ISS gestartet – sie waren die ersten Astronauten, die das SpaceX-Raumschiff Crew Dragon, das sie unterwegs auf den Namen Endeavour getauft hatten, geflogen haben.

Die SpaceX-Kapsel Endeavour war rund zwei Monate lang an der ISS angedockt, während die Astronauten sie im All ausführlich testeten. Außerdem haben beide etwa 100 Stunden lang an wissenschaftlichen Experimenten auf der ISS gearbeitet und waren an Außenbordeinsätzen beteiligt.

Es war die erste Wasserlandung von Astronauten seit dem Apollo-Sojus-Projekt im Jahr 1975 und eine Aufnahme erinnerte zudem auch an die Wasserung aus dem Jule Verne-Roman »Reise zum Mond«.


©: NASA / SpaceX / Crew Dragon sicher gelandet

Weiterführende Informationen zum Thema:

Splashdown of SpaceX Demo-2 Crew Dragon https://youtu.be/OSGk4awVTkI©: NASA / SpaceX / FCS / Wikipedia / Jule Verne »Reise zum Mond«

SpaceX Starship – der »schiefe Turm« von Boca Chica fliegt


©: SpaceX

SpaceX hat erneut einen weiteren Flug des Testvehikels Starhopper durchgeführt, das bei einem Start im August 2019 schon einmal 150 Höhenmeter erreichte und danach in den Ruhestand geschickt wurde.

An den zwei SpaceX-Standorten in Florida (Cape Canaveral) und Texas (Boca Chica) entstehen weitere Testvehikel und die nächste Version SN6 hob ebenfalls erfolgreich ab.

Der jüngst geflogene Prototyp SN6 ist noch weit von dem finalen Design entfernt, es handelt sich eher um eine Hülle, die wie ein Silo aussieht. Starhopper wird lediglich von einem Raptor-Triebwerk angetrieben, während das Starship insgesamt sechs davon nutzen soll.

Auf Twitter erklärte Musk, dass für die weiteren Testflüge erneut solche Hüpfer geplant seien, bevor es dann deutlich höhere Flüge geben würde. Am Ende der Entwicklung stünde die Technik für die Besiedlung des Mars, gibt sich Elon Musk optimistisch.

Weiterführende Informationen zum Thema:

Flight SpaceX Starship Prototype (SN6) at Boca Chica, Texas

https://youtu.be/MdAKrzOLQTg

Al Amal – die erste Marsmission der Vereinigten Arabischen Emirate


©: Mitsubishi Heavy Industries / Jaxa / Sonde auf der Oberstufe der H-IIA Trägerrakete

Am 19. Juli 2020 um 23:58 Uhr war es endlich soweit – im Süden Japans startete die erste Marsmission der Vereinigten Arabischen Emirate. Der Name Al Amal bedeutet Hoffnung. Im Februar 2021 soll die Sonde, welche in Zusammenarbeit mit den USA erbaut wurde, ankommen und den Mars in einer Höhe von ca. 20.000 bis 43.000 km für zwei Jahre umrunden. Ihre Hauptaufgabe ist es, das Wetter und die Exosphäre zu beobachten und eine Antwort auf die Frage zu liefern, weshalb der Mars so trocken ist. Drei spezielle Instrumente sollen ihr dabei helfen: Eine Kamera mit sechs Farbfiltern, welche Bilder vom gesamten Planeten machen soll. Außerdem ein Infrarotspektrometer für Temperaturmessungen und ein UV-Spektrometer, um Entweichraten von Wasser- und Sauerstoff aus der oberen Atmosphäre zu berechnen.

Whirlpool-Galaxie – erster extragalaktischer Planet entdeckt?


©: NASA, ESA, S. Beckwith (STScI), and The Hubble Heritage Team STScI/AURA

Möglicherweise hat ein Astronomenteam des Harvard-Smithonian-Center for Astrophysics den ersten extragalaktischen Planeten entdeckt. Die herkömmlichen Methoden zum Nachweis von Exoplaneten funktionieren bei anderen Galaxien nicht, da die Sterne von unserer Warte aus zu dicht aneinandergedrängt sind. Allerdings gibt es nur eine niedrige Zahl von Himmelskörpern, die sehr hell im Röntgenspektrum strahlen.

Mithilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra hat das Team die Verdunkelung einer der hellsten Röntgenquellen der Whirlpool-Galaxie beobachtet. Bei M-51-ULS-1 soll es sich um einen Exoplaneten in der Größe von Saturn handeln, welcher vermutlich ein Schwarzes Loch oder einen Neutronenstern in Begleitung eines massiven Sterns umkreist.

Die Zukunft könnte ähnliche Entdeckungen bringen, aktuell muss die Studie des Teams jedoch noch geprüft und veröffentlicht werden.

Die Sonne – 10 Jahre im Zeitraffer


©: NASA

Schon seit zehn Jahren beobachtet das Solar Dynamics Observatory (SDO) der NASA unseren Heimatstern. In dieser Zeit wurden schon 20 GB an Daten gesammelt, die den Wissenschaftlern helfen, die Vorgänge des Gestirns und dessen Einflüsse auf unser Sonnensystem zu verstehen. Das SDO schießt alle 0,75 Sekunden ein Bild unserer Sonne, auf denen auch die Korona sichtbar wird.

Zu diesem Jubiläum hat die NASA ein Zeitraffervideo veröffentlicht, welches aus 425 Millionen Fotos besteht. Auch wenn die Instrumente des SDO durchgehend auf die Sonne ausgerichtet sind, wurden dennoch einige Momente verpasst. Schuld daran waren Mond und Erde, die sich zwischen Stern und SDO geschoben haben, oder technische Probleme.

Weiterführende Informationen zum Thema:

Zeitraffer-Video der Sonne – 10 Jahre https://youtu.be/l3QQQu7QLoM

Besuch von Komet Neowise


©: NASA/Bill Dunford

Der Komet Neowise wurde erst am 27. März 2020 vom Weltraumteleskop Wise entdeckt. Wenige Monate später, im Juli, kam er der Erde dann sehr nahe. Mit bloßem Auge konnte man den Schweifstern am Himmel entdecken, zunächst am frühen Morgen, im weiteren Verlauf auch abends und nachts. Die Beobachtungsbedingungen waren oftmals durch einen wolkenlosen Himmel ziemlich gut. Besonders prächtig war auch sein Schweif zu erkennen. Am 23. Juli 2020 war der Komet mit 103.000 km Abstand der Erde am nächsten.

Weiterführende Informationen zum Thema:

https://www.br.de/nachrichten/wissen/himmelsspektakel-ueber-franken-komet-neowise-zum-greifen-nah,S4K7Rht

Spotlight: Und ewig lockt der Mars

von Reiner Krauss

Reisen zum Mars – der Mensch auf dem Weg zum roten Planeten

In Büchern und Filmen ist uns der Sprung zum roten Planeten Mars schon oft spannend gelungen, doch in der Realität sieht es noch nicht ganz so erfolgreich aus.

Von 1960 bis 2016 wurden 45 Raumsonden zum Mars geschickt, davon waren 20 amerikanisch, 19 sowjetisch/russisch, drei europäisch, eine japanisch, eine chinesisch (Sekundärnutzlast der russischen Marssonde Fobos-Grunt) und eine indisch.

Wir haben Erfolg und Misserfolg

Davon waren nur 18 erfolgreich – 14 amerikanische, eine sowjetische (Mars 5), zwei europäische (Mars Express, TGO) und eine indische. Die restlichen Missionen waren entweder nur Teilerfolge (beispielsweise Fobos 2, Schiaparelli) oder komplette Fehlschläge (z. B. Beagle 2, Mars Polar Lander, Mars Observer, Mars 96, Fobos-Grunt). Einige der in den 1960er und 1970er gestarteten Sonden erreichten nicht einmal die Erdumlaufbahn mangels damaliger Zuverlässigkeit der Trägerraketen.

 

Medial erfolgreich waren in den 1970er-Jahren die beiden NASA Lander Viking 1 und 2 sowie in den 1990ern der erste Rover Mars Pathfinder und ab 2003 besonders die beiden Rover Spirit und Opportunity und der derzeit aktive Curiosity.


©: NASA / JPL / Rover-selfi von Curiosity

Wir sind wieder auf dem Weg

Derzeit befinden sich weitere Sonden auf dem Weg zum Mars, da der Abstand Erde Mars aufgrund verschiedener Umlaufbahnen um die Sonne in den nächsten Monaten am günstigsten ist. Dieses günstige Startfenster öffnet sich alle 26 Monate für etwa vier bis sechs Wochen.

Ein Orbiter der Arabischen Emirate (El Amal; »Hope«), die NASA mit dem nächsten Marsrover, ein verbesserter Bruder des aktuell erfolgreichen Curiosity, Perseverance und erstmals dabei auch eine Kamera-Drohne, Ingenuity genannt.

Die Europäer (ESA) in Zusammenarbeit mit Russland (Roskosmos) wollen mit ihrem ersten eigenen Rover Rosalind Franklin im Rahmen der ExoMars-Mission im Jahr 2022 den Mars erkunden.

Aber auch China versucht sich erstmals am Mars. Noch dieses Jahr soll die Sonde Tianwen-1 mit dem Rover Yinghuo-2 die Oberfläche erkunden.

Wir üben für die Zukunft

Doch in Filmen haben wir längst den Mars bereist oder gar besiedelt. Orbiter, Lander und Rover – das kann doch nicht alles sein. Das dachte sich auch ein visionärer Raumfahrt-Pionier unserer Tage: Elon Musk (CEO SpaceX).

Das 2002 gegründete private US-amerikanische Raumfahrt- und Telekommunikationsunternehmen SpaceX (Space Exploration Technologies Corporation) von Elon Musk arbeitet an neuen Konzepten und verfolgt das Ziel, Technologien zu entwickeln, die es der Menschheit ermöglichen sollen, den Mars zu kolonisieren und das Leben auf anderen Planeten zu verbreiten.

Bereits mit den Raketen Falcon 9 und Falcon Heavy gelang es zudem, die Zuverlässigkeit und erstmals Wiederverwendbarkeit von Raumschiffen zu ermöglichen und die Kosten der Raumfahrt deutlich zu senken.

Für den Aufbruch zum Mars und einer möglichen bemannten Mission oder gar Besiedlung braucht es jedoch ganz andere Sternenschiffe, es braucht das Starship.

Hierzu entwickelt die Firma SpaceX an den zwei Standorten in Florida (Cape Canaveral) und Texas (Boca Chica) derzeit Testvehikel, Starhopper genannt. Mit den ebenfalls neu entwickelten Raptor-Triebwerken gelangen schon erste Hüpfer, doch es soll bald viel weiter in den Orbit gehen. Im August 2020 erreichte ein Motor-Prototyp, laut Elon Musk, einen Brennkammerdruck von 330 Bar, mehr als jedes andere jemals getestete Flüssigkeitsraketentriebwerk bisher.

Wir bauen Starship

Im Comic »Tim und Struppi« reisen die beiden zum Mond mit einer Rakete, deren Design Elon Musk inspirierte. Dessen Rakete wird nun Starship genannt und von der Firma so vorgestellt:

»Das Raumschiff Starship und die superschwere Rakete von SpaceX (Super Heavy, zusammen als Starship bezeichnet) stellen ein vollständig wiederverwendbares Transportsystem dar, das sowohl Besatzung als auch Fracht in die Erdumlaufbahn, zum Mond, zum Mars und darüber hinaus befördern soll. Starship wird die leistungsstärkste Trägerrakete der Welt sein, die jemals entwickelt wurde, mit der Fähigkeit, mehr als 100 metrische Tonnen in die Erdumlaufbahn zu befördern.«


©: SpaceX / Starship-Prototyp in Boca Chica

Wir landen auf dem Mars

»Das Raumschiff wird mit 7,5 Kilometern pro Sekunde in die Marsatmosphäre eintreten und aero-dynamisch abgebremst werden. Der Hitzeschild des Fahrzeugs ist so ausgelegt, dass er mehreren Eintritten standhält, aber angesichts der Tatsache, dass das Fahrzeug so heiß in die Marsatmosphäre eintritt, erwarten wir immer noch eine gewisse Ablösung des Hitzeschilds (ähnlich dem Verschleiß eines Bremsbelags).«


©: SpaceX / Marslandung – künstlerische Darstellung

Wir geben Schub

Angetrieben wird das spätere Starship von sechs Raptor-Triebwerken, drei optimiert für Flüge in der Erdatmosphäre, drei fürs Vakuum des Weltalls. Hinzu kommt die eigentliche Rakete, eine 68 Meter lange, 9 Meter im Durchmesser breite, wiederverwendbare Erststufe (genannt Super-Heavy), die mit bis zu 37 Raptor-Triebwerken den Koloss in den Orbit tragen soll. Als Treibstoff dient zukünftig tiefgekühltes Methan mit flüssigem Sauerstoff als Oxidator. Es soll ein Schub von 2500 kN für die Erststufe am Ende erreicht werden.


©: SpaceX / Raptor-Triebwerk im Test

Die silbrige Hülle des Raumschiffs besteht aus rostfreiem Stahl. »Das könnte die beste Design-Entscheidung meines Lebens gewesen sein«, sagte Musk. Stahl kann bis zu 1500 Grad Celsius aufgeheizt werden, somit braucht die abgewandte Seite kein Hitzeschutz beim Wiedereintritt, während auf der heißen Seite eine dünne Schicht aus keramischen Kacheln genügt. Erst kurz vor der Landung solle sich das Raumschiff aufrichten, erneut seine Triebwerke zünden und dann, wie die Falcon 9, stehend landen.

Die Raumfahrt soll damit revolutioniert werden und es zukünftig möglich machen, den Mars zu bereisen und darüber hinaus.


©: SpaceX / Marskolonie mit Starship – künstlerische Darstellung

Weiterführende Informationen zum Thema:

https://www.spacex.com/vehicles/starship/

Spotlight: Mars 2020 – auf zum roten Planeten

von Andreas Dannhauer

Wie vielleicht bekannt sein dürfte, ist die Umlaufzeit des Mars um die Sonne etwa doppelt so lang wie die der Erde. Das bedeutet, dass alle zwei Jahre die Erde den Mars sozusagen auf der Innenbahn überholt. Die perfekte Gelegenheit, ein Raumschiff oder eine Sonde zu unserem Nachbarplaneten zu entsenden, da Treibstoffverbrauch und Reisezeit jetzt minimal sind. Gleich drei Länder und deren Raumfahrtagenturen nutzen diese Gelegenheit dieses Jahr.

Hoffnung

Der Newcomer unter den Raumsondenentsendern sind dieses Jahr die Vereinigten Arabischen Emirate. Im Bestreben, ihre Wirtschaft zu diversifizieren und unabhängiger vom Rohöl zu machen, haben die Emirate ein ansehnliches Raumfahrtprogramm aufgelegt. Die erste Sonde zum Mars heißt al-Amal, zu Deutsch Hoffnung. Sie wurde von einer japanischen MH-2A Rakete am 19. Juli erfolgreich auf den Weg gebracht. Man belässt es erst einmal bei einer Sonde, die den Mars umkreisen und Untersuchungen aus der Umlaufbahn machen wird. Mit an Bord des 1350 kg schweren Fluggerätes befinden sich drei wissenschaftliche Experimente, zwei Spektrometer für Infrarot- und Ultraviolettstrahlung und eine hochauflösende Kamera. Eigentlich nichts besonders Aufregendes, und deshalb gibt das Mohammed bin Rashid Space Centre auch zu, dass es sich eher um eine Demonstrationsmission handelt, die jungen Arabern Hoffnung auf Bildung und eine Zukunft nach der Ölförderung geben soll.

Frage an den Himmel

Gewohnt geheimniskrämerisch startete am 23. Juli ohne Ankündigung die Volksrepublik China mit einer Langer Marsch 5-Rakete ihre erste Marssonde Tianwen-1, zu Deutsch etwa mit »Frage an den Himmel« zu übersetzen. Die Chinesen gehen direkt in die Vollen. Neben einem Orbiter will man auch einen Lander einsetzen und einen Rover durch die marsianischen roten Wüsten fahren lassen. Etwas, was bisher nur der US-amerikanischen NASA gelungen ist. Offensichtlich greift man auf die Erfahrungen des chinesischen Mondprogramms zurück. Mitte Februar soll die Sonde in den Marsorbit einschwenken und danach mit ihren Kameras und dem Bodenradar das vorgesehene Landegebiet für den Rover untersuchen, welches sich im Gebiet Utopia Planitia befindet. Mitte April soll dann die Landung mittels Hitzeschutzschild, Bremsfallschirmen und Bremsdüsen erfolgen. Der Rover soll mindestens 90 Tage aktiv bleiben und hat neben Kameras und Spektrometern zwei Bodenradare und eine Wetterstation an Bord. Die Gesamtmission hat das Ziel, die Topographie und die geologische Zusammensetzung der Marsoberfläche zu untersuchen, ausgewählte Regionen zu kartografieren, den Marsstaub genauer zu untersuchen, Wetterdaten zu sammeln, nach Wassereis zu suchen und die Wechselwirkung der Marsionosphäre mit dem Sonnenwind und dem Marsmagnetfeld zu beobachten.

Durchhaltevermögen

Deutlich offener bei Informationen an die Öffentlichkeit geht die NASA bei ihrem Rover Perserverance, zu Deutsch Durchhaltevermögen, vor. Im Moment da ich dies schreibe, hat die Atlas 5-Rakete gerade den Startturm verlassen und das Raumschiff in Richtung Mars geschossen. Perserverance ist der Bruderrover von Curiosity und mit diesem fast baugleich. Er wird ebenfalls mit dem Himmelskran auf der Oberfläche abgesetzt, besitzt einen Radioisotopengenerator für die Stromversorgung und ist damit unabhängig von der Sonneneinstrahlung. Das Jet Propulsion Laboratorium hat ihm allerdings verbesserte Räder spendiert, die den Schriftzug JPL in den Marssand drücken werden. Als Ziel ist der Krater Jezero vorgesehen, in dem sich einst ein See befand. Wenn sich hier kein vergangenes mikrobielles Leben nachweisen lässt, wo dann? Die Suche nach früherem Leben ist die Hauptmission des Rovers. Neben diversen Kameras hat er dafür ein Bodenradar, ein Ultraviolett- und ein Röntgenspektrometer an Bord. Zum ersten Mal wird ein Landegerät ein Mikrofon auf dem Mars betreiben. Des Weiteren transportiert er ein Experiment namens MOXIE, welches testen soll, ob und wie man aus der dünnen CO2-Atmosphäre Sauerstoff gewinnen kann. Als weitere Technologiedemonstration wird der Rover einen Helikopter namens Ingenuity absetzen. Das erste Mal soll ein menschengemachtes Flugobjekt (MFO) in der Atmosphäre eines anderen Planeten als der Erde fliegen. Und als ob das noch nicht genug wäre, wird Perserverance auch noch Bodenproben erbohren und in kleinen Kapseln auf dem Boden für ein späteres Einsammeln zurücklassen. Eine noch nicht weiter geplante Mission soll diese Kapseln anfangs der 2030er-Jahre zur Erde bringen.

ExoMars

Die europäische Weltraumagentur ESA startete am … Ach nein, die Mission ExoMars wurde auf 2022 verschoben.

Wünschen wir allen Sonden und Rovern Durchhaltevermögen, auf das sie Hoffnung geben mögen und einige Fragen an den Himmel beantworten werden.

Weiterführende Informationen zum Thema:

http://www.astronews.com/news/artikel/2020/07/2007-023.shtml

http://de.wikipedia.org/wiki/Tianwen-1

http://www.youtube.com/channel/UCLA_DiR1FfKNvjuUpBHmylQ

Spotlight: Welt ohne Wasser: DUNE aus Sicht der politischen Ökologie

von Mark Kammerbauer

Das Wechselspiel von Mensch und Umwelt steht im Mittelpunkt der politischen Ökologie. In unserer gegenwärtigen Welt sind es Konstellationen der Macht, die den Zugang zu Ressourcen wie Wasser bestimmen. Wasser ist Leben; zu wenig oder zu viel davon kann lebensgefährlich sein, so etwa im Fall einer Dürre oder einer Flut. Auch in der Science-Fiction spielt Wasser eine prominente Rolle. Szenarien der SF können darstellen, was passiert, wenn Planeten durch apokalyptische Hochwasser überflutet werden oder unter kilometerdickem Eis begraben sind. Wenn menschliche Zivilisationen solche extremen Umweltbedingungen ertragen müssen oder sogar dafür verantwortlich zeichnen, sind sie ohnehin gefordert, entsprechende Methoden und Instrumente zum Umgang damit zu entwickeln. In Frank Herberts Dune-Romanen bringt der Wassermangel die Menschen dazu, Wege zum Überleben in einer unwirtlichen Umwelt zu suchen und zu finden.

 

Dune – Wüstenplanet – Arrakis

Was passiert, wenn ein Planet kaum oder gar nicht über Wasser verfügt? Wie lassen sich die Folgen vom Blickwinkel der politischen Ökologie einordnen? In Frank Herberts Dune-Epos ist der Planet Arrakis von staubtrockenen Wüstenlandschaften umgeben. Für die galaxisweite, imperiale Hochkultur ein Hinterwäldlerplanet, ist Dune dennoch von höchster Bedeutung für die galaktische Politik. Er ist der einzig bekannte Planet, auf dem die wichtigste Substanz des Universums vorkommt: das Spice. Dieser unvorstellbar seltene Stoff hat lebensverlängernde Wirkung, kann körperliche Mutationen auslösen oder das Bewusstsein übernatürlich erweitern. Das Spice treibt den Dune-Kosmos buchstäblich an und damit seine politische Struktur. Herberts kosmischer Romanzyklus besticht dabei durch den tausende Planeten umfassenden, detailgenau dargestellten kulturellen und politischen Kontext. Ursprünglich als Fortsetzungsgeschichte im SF-Magazin Analog veröffentlicht, machten die Leser Dune mit der Zeit zu einem der meistverkauften SF-Romane aller Zeiten.

Im Medium Film wurden Fassungen entweder nie verwirklicht (Jodorowsky), gelten als gescheitert (Lynch) oder können nur bedingt zufrieden stellen (SciFi-Channel). Eine neue Interpretation, diesmal vom stilsicheren Regisseur Denis Villeneuve, steht kurz vor seinem Kinodebüt. Dunes Popularität hängt jedoch eher davon ab, wie überzeugend Frank Herbert seine Geschichte in ihrem fiktiven politischen und ökologischen Raum spinnt: Zehntausende von Jahren in der Zukunft gehört die überlichtschnelle Raumfahrt zum Alltag. Große Häuser bekämpfen einander nach einem jahrhundertealten, feudalen Ehrenkodex. Sie sind alle in ein tödliches Spiel um galaktische, imperiale Macht verstrickt. Die politische Kontrolle über das Spice ist dabei grundlegend und zielt unmittelbar auf das ökologische Herz des Wüstenplaneten ab. Der Haken: Wo es Wasser gibt, kommt Spice nicht vor. Arrakis ist eine Wüste genau aus dem Grund, weil es dort das Spice gibt.

Das Spice muss fließen

Das Spice kann nur auf Arrakis gewonnen werden. Für die Großen Häuser macht der Wassermangel die Herrschaft über den Planeten nicht gerade leicht, zudem ist die Förderung des Spice extrem gefährlich. Es ist ein Nebenprodukt des Lebenszyklus der auf dem Wüstenplaneten beheimateten Fauna – des kolossalen und tödlichen Sandwurms, auch Shai-Hulud genannt. Sie scheinen das Spice zu »schützen«, indem sie diejenigen angreifen, die es zu fördern suchen. Die Großen Häuser sind jedoch so gut wie ahnungslos, was die Wechselbeziehung zwischen Wasser, Spice und Sandwürmern betrifft. Sie demonstrieren auch eine chauvinistische Blindheit gegenüber der indigenen menschlichen Kultur. Die »Fremen« – Menschen, die vor langer Zeit nach Arrakis kamen, verehren die gigantischen Sandwürmer in durchaus religiöser Weise. Von der imperialen Zivilisation als Hinterwäldler verachtet, haben sich die Fremen an die Wüstenwelt angepasst, indem sie ihren Wasserverbrauch auf ein Minimum reduzieren. Sie tragen Distillanzüge, hochwertige Wasserrückgewinnungssysteme, die den letzten Tropfen Feuchtigkeit, den der menschliche Körper erzeugt, durch Pumpen und Filter laufen lassen und in Auffangtaschen speichern. Fremen atmen die trockene Wüstenluft durch einen Mundfilter ein und atmen durch einen Nasenschlauch aus, der die verbliebene Feuchtigkeit auffängt. Und sie haben damit angefangen, dieses Prinzip auf ihre gesamte Welt auszuweiten.

Wasser ist auf der Oberfläche unendlich rar, jedoch fangen es die Fremen Tropfen für Tropfen ein und speichern es in gewaltigen, unterirdischen Kavernen. Für sie ist das Wasser auch unendlich wertvoller als das Spice – nicht, weil es so rar ist. Sie haben einen Zweck dafür: Die Fremen wollen Arrakis einem Terraforming unterziehen. Trotz ihrer nahezu perfekten Anpassung an den extremen Wassermangel wollen sie den Wüstenplaneten in einen Garten Eden verwandeln. Die Fremen stammen von unterdrückten und versklavten Menschen ab, die auf Arrakis buchstäblich ausgesetzt worden waren. Nach und nach eigneten sie sich das Wissen an, um wirksam Wasser in der Menge zu speichern, die für eine radikale Transformation von Arrakis notwendig ist. Diese Sehnsucht nach Transformation kann man auch als Versuch werten, die Kontrolle über das eigene Schicksal zu gewinnen. Von der Not getrieben, die tödliche Auseinandersetzung mit der gefährlichen Umwelt zu überwinden, finden sich die Fremen jedoch in einem ganz anderen Kampf wieder, im galaxisweiten Konflikt um die Macht über die Spiceförderung. Der Erbe eines der Großen Häuser, Paul Atreides, verspricht den Fremen, ihnen beim Terraforming von Arrakis zu helfen. Im Gegenzug helfen sie ihm dabei, den Imperator zu stürzen. Dazu muss das Spice aufhören zu fließen, die Spiceförderung muss zum Stillstand gebracht werden.

Kosmischer Garten Eden

Die Fremen stehen vor einem Dilemma. Sobald sie ihre Abhängigkeit von der Wüste gegen die politische Kontrolle über das Spice austauschen, können sie ihre Welt in einen Garten Eden verwandeln, an den sie sich nicht in extremer Weise anpassen müssen. Das alte Wissen darum, wie man auf Dune überleben kann, ist nicht mehr erforderlich. Die Fremen müssen nun, in gewisser Weise, keine Fremen mehr sein. Es ist eine traurige Ironie der Fremen-Rebellion unter Paul Atreides, dass sie gleichzeitig zum Niedergang der fremenitischen Lebensweise beiträgt. Die Fremen beenden die imperiale Ausbeutung von Arrakis, indem sie ihre reichhaltige Kultur der Anpassung an eine wasserlose Heimatwelt aufgeben. Sie ersetzen dabei lediglich eine bestehende Form des Mangels durch eine neue: Der Wassermangel weicht dem Verlust kultureller Identität. Die Fremen wurden ja erst durch den Wassermangel in eine zähe, stammesähnlich organisierte Gesellschaft transformiert, die die Leser so fesselt. Nun sind sie von der Verwandlung der Wüste in einen Garten Eden so besessen, weil Herbert sie so beschreibt und weil es seiner Geschichte nützt. Dune ist kein Dokument einer tatsächlich existierenden Kultur. Die Lektüre von Dune verweist dennoch auf offensichtliche Inspirationsquellen, etwa die Kultur der Beduinen, wie sie in den Geschichten eines Lawrence von Arabien popularisiert wurde. Dune ist also »nur« eine Geschichte. Aber sie ist eine Geschichte, die ein interessantes Licht auf die Struktur unserer Realität wirft.

Lehren aus Dune

Der Mangel an Wasser als Essenz des Lebens bedeutet eine Gefahr für das menschliche (Über-)Leben. Der Traum, die Wüste in ein blaugrünes Paradies zu verwandeln, ist dabei so alt wie die Menschheit selbst. Die Transformation der Umwelt findet jedoch innerhalb eines politischen Kontextes statt, der die Kontrolle über die Umwelt und die Ausbeutung von Naturschätzen begründet. Die erzwungene Verwandlung dieses Kontextes hat einen hohen Preis, nämlich den Verlust der Kultur, der Identität sowie der Kapazität der Anpassung an die extrem trockene Umwelt. Lokale Methoden der Anpassung bleiben Außenseitern oft verborgen, selbst wenn sie nachhaltige Wege des Überlebens in einer lebensfeindlichen Umgebung eröffnen. Unser Dilemma besteht in einer Fehleinschätzung, welchen Wert solche Lebensweisen besitzen: Wenn man genug Wasser hat, verliert man den Sinn dafür, wie es ist, keines zu haben. Wenn der Wunsch, die Umwelt zu kontrollieren und zu transformieren, an der Wurzel dieses Dilemmas liegt, müssen wir uns vielleicht nochmal genau überlegen, wie sinnvoll das Ziel der Transformation ist. Das bedeutet nicht, dem Mangel den Vorzug zu geben oder Menschen in einem Zustand der Entbehrung gefangen zu halten. Es bedeutet, adaptive Methoden und Ansätze wertzuschätzen. Sie könnten dringend notwendig sein, wenn das Wasser anderswo rar wird. Aus dieser Sicht ist es bezeichnend, dass die Fremen sich auf eine Allianz mit genau dem Erben eines Großen Hauses einlassen, der den Versuch unternimmt, die politische Ökologie Dunes besser zu verstehen.

Ursprünglich auf Englisch erschienen in TOPOS Nr. 111

mk 25.09.2020

9200 Z.