Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane

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Drei Tage später traf ich den grauen Mann mit der dicken Brille wieder. Es war morgens, so gegen neun, als er vor der Tür stand. Tina war schon weg. Zum Glück. Sie arbeitete in einem Cafe mit Konditorei und hatte heute Frühschicht. Ich sah wohl ziemlich verschlafen aus, als ich dem Grauen öffnete. Er lächelte flüchtig.

"Ich hatte schon befürchtet, es wären die Zeugen Jehovas", meinte ich flapsig.

Er fand das offenbar nicht sehr witzig.

"Haben Sie sich die Sache überlegt?", fragte er, ohne auf meine Bemerkung einzugehen.

Ich nickte knapp.

"Ja."

"Und?"

"Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich noch nicht genug über die Sache weiß.

"Natürlich nicht." Er machte eine unbestimmte Geste. "Kann ich hereinkommen?"

"Sicher."

Wir gingen den schmalen Flur entlang ins Wohnzimmer. Er setzte sich in einen der viel zu klobigen Sessel.

"Sie werden einen Vorschuss bekommen", erklärte er, so als hätte ich schon zugesagt. Er schien ein guter Menschenkenner zu sein. Jedenfalls wusste er, dass ich angebissen hatte und an seiner Angel hing. Ich hatte seinen Köder gefressen und es hatte wahrscheinlich wenig Sinn, das weiter leugnen zu wollen. Ich beschloss, es zu akzeptieren. Als Tatsache.

"Wie viel?", fragte ich.

"Hunderttausend. Richten Sie sich ein Schweizer Bankkonto ein. Wir überweisen dann."

"Ich will zweihunderttausend."

Der Graue verzog ein wenig den dünnlippigen, blutleer wirkenden Mund.

"Zum Handeln besteht keinerlei Spielraum. Merken Sie sich das." Er hob die Hände. "Ich finde mein Angebot außerdem sehr großzügig."

"Also gut", sagte ich. Eigentlich sollte man bei großzügigen Angeboten ja immer besonders misstrauisch sein. Ich war es leider nicht. Aber wahrscheinlich hätte es auch nichts genutzt, wenn ich es gewesen wäre.

"Wer sagt Ihnen eigentlich, dass ich nicht die hunderttausend nehme und damit verschwinde - ohne dafür etwas zu leisten?"

"Das werden Sie nicht tun. Ich würde es Ihnen jedenfalls nicht empfehlen. Glauben Sie mir, wir würden Sie überall aufstöbern. Sie wären nirgends vor uns sicher. Also vergessen Sie diesen Gedanken besser ganz schnell."

Ich hatte das Gefühl, dass er recht hatte.

"Es war auch nur eine Frage", meinte ich.

Er nickte und schien mir sogar verständnisvoll.

"Ich weiß."

Ich atmete tief durch. "Um wen geht es?"

"Um einen Russen."

"Davon gibt es 150 Millionen. Etwas genauer hätte ich es schon ganz gerne."

"Natürlich." Der Graue beugte sich vor. "Es handelt sich um einen Nuklear-Wissenschaftler. Eine große Nummer der ehemaligen Sowjetunion, die jetzt die Chance sieht, sich eine goldene Nase zu verdienen."

"Ich habe von solchen Dingen gehört. Aber mehr als Gerüchte dringen ja kaum an die Öffentlichkeit."

"Gehen Sie mal auf einen wissenschaftlichen Kongress, sagen wir für Raketentechniker oder Atomphysiker. Da geht es zu wie in einem Kontakthof."

"Und dieser Mann ist so wichtig?"

"Ja."

"In welchem Land will er denn zukünftig Geld sein Geld verdienen?"

"Spielt für Sie keine Rolle. Jedenfalls werden Sie und ich besser schlafen können, wenn er dort nie ankommt."

"Verstehe..."

Es gab sicher genug potentielle Interessenten, die sich aus der Konkursmasse des roten Riesenreichs das eine oder andere Filetstück herauskaufen wollten. Angefangen vom nahen Osten über den Maghreb bis nach Südamerika.

"Was Sie tun werden, wird in unser aller Interesse sein", erklärte der Graue, als müsste er bei mir irgendwelche Skrupel beseitigen. Er selbst schien davon ohnehin nicht geplagt zu werden, so eiskalt, wie er sich mir präsentierte.

"Jetzt begreife ich den hohen Preis, den Sie zahlen", erwiderte ich.

Sein Gesicht blieb unbewegt.

"So?"

"Der, der diesen Job erledigt, wird anschließend von irgendeinem Geheimdienst über den ganzen Globus gejagt."

"Nicht, wenn es keine Verbindung zwischen denen gibt, die an der Sache beteiligt sind. Sie sind ein unbeschriebenes Blatt. Sie haben eine Chance."

Langsam glaubte ich, in Umrissen zu begreifen, was für ein Spiel hier gespielt wurde. Andererseits - mit einer halben Million in der Tasche konnte man eine ganze Weile lang toter Mann spielen und irgendwo untertauchen, bis die Luft rein war.

Doch das war eine Sache, die genau geplant sein wollte.

Er hob ein wenig seine dünnen Augenbrauen und sagte dann: "Ich hatte Sie schon mal gefragt, ob Sie eine Waffe haben."

"Ich habe keine."

"Dann werde ich Ihnen eine besorgen."

"Gut."

Ich hatte mich entschieden, die Sache durchzuziehen. Ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn ich abgelehnt hätte. Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung...

"Haben Sie ein Foto von dem Kerl?", fragte ich.

"Bekommen Sie alles."

"Wann?"

"Zusammen mit der Waffe."

Der Graue erhob sich.

Ich fragte mich erneut, mit wem ich es eigentlich zu tun hatte, wer hinter dem Mann mit den Flaschengläsern auf der Nase stand. Da kamen viele in Frage. Der israelische Geheimdienst Mossad vielleicht, sofern es ein arabisches Land war, in das es den Russen zog. Aber soweit ich darüber Bescheid wusste, machten der Mossad seine Liquidationen selbst.

Und die CIA?

Es gab sicher eine Reihe interessierter Parteien, die den Transfer eines russischen Atom-Cracks um jeden Preis zu verhindern beabsichtigten. Und wenn ich das Land gewusst hätte, in dessen Dienste dieser Mann treten wollte, dann wäre ich vermutlich um einiges schlauer gewesen.

Aber das wusste auch der Graue und deshalb verriet er mir kein Sterbenswörtchen.

Ich brachte ihn zur Tür.

"Es war nicht besonders geschickt von Ihnen, mich hier, in dieser Wohnung aufzusuchen", tadelte ich ihn.

Er hob die Augenbrauen und sah mich durch seine Flaschenglasbrille an.

"Warum nicht?"

"Ich möchte Tina nicht in die Sache hineinziehen."

"Warum sollte das passieren?"

"Spielen Sie nicht den Dummen. Das wissen Sie so gut wie ich."

"Halten Sie mich für einen Idioten? Dann verstehe ich nicht, weshalb Sie für mich arbeiten wollen!"

"Jedenfalls möchte ich nicht, dass es noch einmal vorkommt", erklärte ich bestimmt.

"Keine Sorge, wir haben uns heute zum letzten Mal gesehen", eröffnete er mir.

"Und wie geht die Sache jetzt weiter?"

"Richten Sie innerhalb der nächsten vierzehn Tage in Zürich ein Konto ein. Ich werde Sie dann anrufen."

"Und die Waffe?"

"Werden Sie bekommen."

Er verließ die Wohnung. Ich lief zum Fenster und wartete darauf, ihn unten auf der Straße irgendwo auftauchen zu sehen. Fast wollte ich schon aufgeben, da sah ich ihn doch noch. Er blickte sich mehrfach um. Ein Taxi kam heran, hielt und er stieg ein. Ich merkte mir die Nummer - sowohl die Autonummer, als auch die Rufnummer des Taxiunternehmens, die übergroß auf den Seitentüren stand.

Ich ging zum Telefon und rief an.

Die Firma hieß Rentdorff. Anschließend die Adresse herauszufinden war kein Problem und so stieg ich wenig später in meinen angerosteten Volvo, um dieser Taxi-Firma einen kleinen Besuch abzustatten.

Ich kam schließlich auf einen schlichten Asphalthof, auf dem ich meinen Wagen abstellte. Eines der Taxis stand mit geöffneter Motorhaube da. Ich sah die untere Hälfte eines Rückens und zwei Beine. Der Rest beugte sich über den Motor und schien ziemlich intensiv beschäftigt zu sein. Ich trat etwas näher.

"Ich suche die Firma Rentdorff", eröffnete ich.

"Gehen Sie ins Haus", knurrte es unter der Motorhaube hervor. Ich zuckte die Achseln und ging an ihm und seinem Taxi vorbei.

Das Haus war ein grauer, schmuckloser Bau, dessen Außenputz an mehreren Stellen Risse hatte. Die Tür stand halb offen.

Ich klopfte an.

"Ja, was ist denn?"

Es war eine energische, befehlsgewohnte Frauenstimme, die mich da anbellte. Der Drachen der Kompanie oder etwas in der der Art.

Mit zwei Schritten war ich in einer Art Büro und stand einer ziemlich drallen Mitvierzigerin gegenüber, die auf einem rollbaren Drehstuhl saß und zu mir herumwirbelte.

"Wer sind Sie?", fragte sie, nahm dann einen Funkspruch entgegen und musterte mich dabei ziemlich kritisch.

Ich wartete, bis sie fertig war.

Schließlich sollte die Nummer, die ich hier abziehen wollte, die größtmögliche Wirkung erzielen.

 

Ich zog meine Polizeimarke aus der Tasche und hielt sie ihr unter die Nase. Vor ein paar Wochen hatte ich sie beim Trödler gekauft. Es war wohl das Beutestück irgendeines Autonomen.

Jedenfalls war sie echt.

Und immer dann, wenn man irgend etwas wissen wollte, hatte dieses Blechstück die tolle Eigenschaft, den Leuten den Mund zu öffnen.

"Kriminalpolizei", sagte ich also mit der größten Portion Selbstbewusstsein, die ich auf die Schnelle zusammenkratzen konnte und sah dem drallen Drachen dabei direkt in die wässrig-blauen und alles in allem ziemlich kritischen Augen.

Die Mitvierzigerin lehnte sich etwas zurück. Es dauerte fast zwei volle Sekunden, ehe sich in ihrem Gesicht etwas veränderte.

Aber als es dann doch noch geschah, wusste ich, dass ich schon halb gewonnen hatte.

Ich ließ sie ruhig einen zweiten und dritten Blick auf die Marke werfen. "Schauen Sie nur ausführlich hin", meinte ich. "Ich verstehe, dass Sie vorsichtig sind, aber die Marke ist echt!"

Insgeheim betete ich dafür, dass sie mich nicht auch noch nach meinem Dienstausweis mit Passbild fragte. So etwas hätte ich jetzt nämlich nicht aus dem Ärmel schütteln können. Die Skepsis war noch nicht aus ihrem Gesicht gewichen, da entschied ich, dass Angriff jetzt die beste Verteidigung war. "Ich habe ein paar Fragen an Sie. Es geht um einen Mann, den einer Ihrer Wagen vor gut einer Stunde befördert hat."

Sie schien die Pille zu schlucken, die ich ihr untergejubelt hatte.

"Welcher Wagen?", fragte sie.

"Ich habe das Kennzeichen aufgeschrieben."

Ich gab ihr einen Zettel.

"Und was wollen Sie über den Fahrgast wissen?"

"Wo er hingefahren ist."

Sie zögerte.

Mit einer Hand war sie schon an ihrem Funkgerät, vermutlich um den Fahrer zu rufen. Aber dann hielt sie inne.

"Wie sah der Mann aus?"

"Graue Haare und eine sehr dicke Brille. Mitte fünfzig, würde ich sagen."

"Und Sie sind wirklich von der Polizei?"

Vielleicht wäre meine Polizisten-Nummer überzeugender gewesen, wenn ich mich vorher rasiert hätte. Ich spielte den Genervten und machte erst einmal große Geste.

"Glauben Sie, ich habe ewig Zeit? Der Kerl ist längst über alle Berge, ehe Sie begriffen haben, was hier gespielt wird!"

"Ach, ja?"

"Also gut!", grunzte ich und zog meinen letzten Trumpf aus dem Ärmel. Meinen allerletzten. Ich nannte ihr ein Polizeirevier, bei dem sie anrufen sollte. "Fragen Sie nach Borowski", sagte ich ihr. "Das bin nämlich ich."

Sie dachte nach.

Es war ein simpler Trick. Borowski existierte wirklich. Er war Streifenpolizist und hatte vor ein paar Wochen einen Unfall aufgenommen, in den ich verwickelt gewesen war. Ich hatte mir einfach seinen Namen und sein Revier gemerkt. Und wenn der dicke Drachen jetzt tatsächlich auf Nummer Sicher gehen wollte und dort anrief, dann konnte ich mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie gesagt bekam, Borowski sei nicht zu sprechen, weil er unterwegs sei, was den Drachen wiederum denken lassen würde, dass meine Märchen-Story der Wahrheit entsprach. Aber sie nahm den Hörer nicht ab, sondern rief statt dessen ihren Fahrer. Und eine Minute später wusste ich, dass der graue Mann mit den Flaschengläsern vor dem Hotel Maritim ausgestiegen war.

"Besten Dank", zischte ich dem Drachen zu.

"Was hat er denn verbrochen, der Kerl, dem Sie hinterherjagen?"

"Unterliegt alles dem Datenschutz", gab ich ihr zurück. "Angenommen, Sie wären in einen Mordfall verwickelt, dann wollten Sie doch auch nicht, dass das überall herumerzählt wird, oder?"

"Mord?"

Es war das erste Mal, dass ich so etwas wie Erstaunen in dem aufgeschwemmten Gesicht der Mitvierzigerin sah.







3



Eine Minute später saß ich wieder hinter dem Steuer des Volvo und dachte: Volltreffer! Wenn der Graue sich vor dem Hotel Maritim hatte absetzen lassen, dann wohnte er vielleicht dort. Und das hieß, dass ich eine reelle Chance hatte, mehr über ihn zu erfahren. Ich fuhr also zum Maritim, parkte den Wagen irgendwo in der Umgebung und beobachtete dann eine Weile den Eingang. Leute kamen und gingen. Meistens Herren ohne Begleitung. Geschäftsreisende. Eine Gruppe von Japanern war auch dabei. Das Personal hatte seine liebe Not mit ihnen, weil unter den Japanern niemand zu sein schien, der etwas anderes, als seine Muttersprache so beherrschte, dass es für eine Verständigung ausreichte.

Aber von dem Grauen sah ich keine Spur.

Vielleicht war er auch schon längst wieder unterwegs. Auch war es möglich, dass er hier nur in ein anderes Taxi oder die U-Bahn umgestiegen war, um eventuelle Verfolger abzuschütteln. Ich wagte mich schließlich ins Foyer. An der Rezeption stand ein schwitzender Portier, ziemlich dick und mit dunklem Schnauzbart. Er durfte auf keinen Fall zu heftig Luft holen, wenn er vermeiden wollte, dass ihm die Knöpfe von der viel zu engen Jacke sprangen.

Ich sah mich um. Aus einem Zeitungsständer nahm ich mir ein Hoteljournal, das hier gratis verteilt wurde und einen in drei Sprachen auf die Sehenswürdigkeiten der Umgebung aufmerksam machte. Im Notfall konnte ich so tun, als würde ich darin lesen. Notfall, das war, wenn der graue Mann mir hier plötzlich über den Weg laufen sollte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie er reagieren würde, aber es war sicher besser, wenn er nichts davon erfuhr, dass ich ihm nachspionierte. Ich wandte mich an den Portier und zog noch einmal meine Polizistennummer ab. Es klappte hervorragend.

"Ich möchte Sie bitten, keinerlei Aufsehen zu erregen", raunte ich ihm zu und steckte die Marke schnell wieder weg.

Er nickte. "In Ordnung", meinte er. Er machte ganz auf seriös. Um so besser. Ich gab ihm eine Kurzbeschreibung des grauen Mannes. "Hat sich bei Ihnen jemand einquartiert, der so aussieht?"

"Ein Foto haben Sie nicht zufällig?", fragte er.

"Nein, tut mir leid. Aber so dicke Brillengläser sind wirklich selten."

Er hob bedauernd die Hände.

"Ich glaube nicht, dass ich Ihnen da weiterhelfen kann", meinte er.

"Der Mann hat sich vor diesem Hotel mit einem Taxi absetzen lassen."

"Wann?"

"Vor einer guten Stunde."

"Ich mache seit heute Morgen hier Dienst. Und in dieser Zeit hat sich hier niemand einquartiert, auf den Ihre Beschreibung zutrifft, Herr Kommissar."

Herr Kommissar! Meine Güte, dachte ich. Wie schnell, man doch befördert werden konnte, wenn man es richtig anstellte.

Ich machte eine strenge Miene.

"Sie würden doch sicher nicht unsere Ermittlungen behindern, oder?"

"Nein, sicher nicht."

"Das würde ich Ihnen auch nicht geraten haben. Strafvereitlung nennt man so etwas. Schon mal davon gehört?"

"Also, hören Sie, ich sage Ihnen die Wahrheit."

"Hier geht es um eine große Sache, wenn Sie die vermasseln, dann bekommen Sie Ärger." Ich machte eine bedeutungsvolle Pause und deutete dann mit der Linken zum Lift. "Sehen Sie die Frau da vorne?"

"Die..."

"Ja, die mit kurzen Rock. Die ist auch von uns."

"Hätte ich nicht gedacht!"

Er schien sehr beeindruckt und schwitzte jetzt noch mehr.

Ich hatte Mitleid mit ihm.

"Also gut", murmelte ich und wandte mich um. Und traf es mich wie ein Fausthieb in die Magengrube. Ich sah den Grauen aus einem der Flure kommen.

Er war nicht allein. Neben ihm ging ein hochgewachsener Mann mit schütterem blonden Haar. Er war vielleicht Mitte vierzig und recht hager.

Ich ließ augenblicklich das Hoteljournal hochschnellen.

Sie kamen näher und gingen an mir vorbei in Richtung Ausgang, wo sie einen Augenblick stehenblieben und ein paar erregte Worte miteinander wechselten. Ich sah nur, wie ihre Münder sich öffneten und wieder schlossen und wandte mich wieder an den Portier.

"Sehen Sie sich den Grauhaarigen am Ausgang mal an, mein Guter!"

Er sah ziemlich belämmert aus und beugte sich dann zu mir herüber. "Das ist kein Gast", versicherte er mir.

Ich verzog das Gesicht.

"Ach, nein?"

"Wirklich nicht! Glauben Sie mir, ich habe einen Blick für Gesichter."

"Und das Gesicht hätten Sie behalten?"

"Mit Sicherheit."

"Und der Mann daneben?"

"Der wohnt hier."

Der Graue und sein Begleiter gingen jetzt hinaus ins Freie. "Wie heißt er?" fragte ich.

"Also..."

"Nun schauen Sie schon in Ihrem verdammten Gästebuch nach!"

Er schaute nach. Der Blonde nannte sich Bo Erikson und war Schwede. Und das Beste: Er hatte sogar die Nummer seines Reisepasses hinterlassen. Ich notierte sie mir.

"Wie lange bleibt er?"

"Darüber hat er nichts gesagt."

"Welche Zimmernummer hat er?"

"Vierunddreißig."

"Sagen Sie ihm nichts von mir."

"Natürlich nicht."

Ich bewegte mich jetzt auch auf den Ausgang zu. Mir war klar, dass ich vorsichtig sein musste. Ich ließ den Blick ein wenig schweifen und dann sah ich die beiden in einem schwarzen Mazda sitzen.

Sie schienen sich zu unterhalten.

Ein Königreich für eine Wanze!, dachte ich. Dann stieg der blonde Erikson aus und schlug die Tür hinter sich zu. Der Mazda brauste augenblicklich davon und fädelte sich auf ziemlich brutale Weise in den Verkehr ein. Irgendjemand hupte und ich schätzte die Anzahl der Vögel, die in dieser Sekunde gezeigt wurden, auf ein halbes Dutzend.

Ich konnte mir gerade noch die Wagennummer merken, sah aber auch das Emblem einer bekannten Leihwagenfirma und konnte mir daher ausrechnen, dass auch diese Spur nicht sonderlich weit führen würde.

Erikson kam indessen direkt auf mich zu.

Er kannte mich nicht. Jedenfalls nahm ich das an. Als er mich erreicht hatte, hob er kurz den Blick und musterte mich für eine volle Sekunde mit seinen leuchtend blauen Augen, bevor er an mir vorbeiging.

Ich sah mich nicht um und überlegte, welche Rolle der Schwede in dieser ganzen Sache spielte.

Was mochte hinter diesem ganzen Theater stecken?

Ich atmete tief durch.

Spielt das denn wirklich eine Rolle?

Eine unbequeme Frage, vor deren Beantwortung ich mich bisher ein bisschen gedrückt hatte.

Nein, es spielte keine Rolle. Nicht die geringste. Ich wollte die halbe Million und wenn der Kerl, den ich dafür erledigen sollte ein Schweinehund war, um so besser.