Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane

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Wir statteten Dr. Bernd Claus einen Besuch ab. Er hatte auch im Fall von Sebastian Maybaum die Obduktion übernommen und war damit vor etwa einer Stunde fertig geworden.

„Den schriftlichen Bericht werde ich größtenteils noch heute diktieren, sodass Ihr Präsidium ihn wahrscheinlich irgendwann im Verlauf des Tages auf dem Schreibtisch hat. Aber die wesentlichen Daten kann ich Ihnen ja jetzt mündlich zusammenfassen.“

„Wir sind ganz Ohr“, versprach ich.

„Wollen Sie, dass ich Ihnen an der Leiche demonstriere, was ich herausgefunden habe oder reicht es Ihnen, wenn wir das in meinem Arbeitszimmer besprechen.“

„Letzteres reicht vollkommen“, versicherte Rudi.

„Wie Sie wollen.“

Er führte uns in sein Arbeitszimmer und holte aus dem Nachbarraum einen Bürostuhl, damit wir uns alle setzen könnten. „Ich habe ein toxikologisches Gutachten und eine Blutuntersuchung in Auftrag gegeben, die wahrscheinlich ein, zwei Tage brauchen, bis die Kollegen damit fertig sind. Aber ich gehe davon aus, dass diese Gutachten meine Hypothesen nur bestätigen“, begann der Gerichtsmediziner.

„Welche Hypothesen?“, hakte Rudi nach.

„Der Reihe nach“, lächelte Dr. Claus. „Zunächst einmal geht es um den Alkohol. Maybaum hatte eine Alkoholmenge in seinem Körper, die für eine akute Alkoholvergiftung ausgereicht hätte. Sie oder ich wären sofort ins Koma gefallen.“

„Wir haben erfahren, dass Maybaum trockener Alkoholiker war“, gab ich zu bedenken.

„Das wird bei der Bewertung der von mir in Auftrag gegebenen Gutachten vielleicht ein interessanter Aspekt werden, aber der Punkt, auf den ich hinaus will, ist ein anderer. Maybaum hatte zwar jede Menge Alkohol in seinem Körper, aber an der falschen Stelle – nämlich im Magen. Er muss eine ganze Flasche hochprozentigen Whisky oder etwas Vergleichbares geschluckt haben. Das würde niemand auf diese Weise tun – weder ein trockener noch ein aktiver Alkoholiker.“

„Meinen Sie, dass ihm das Zeug eingeflößt wurde?“, fragte ich.

„Beinahe. Man zwang ihn dazu, es zu trinken. Wenn es ihm eingeflößt worden wäre, hätten wir entsprechende Druckspuren vorliegen. Die sind aber nicht vorhanden. Unmittelbar nachdem er den Whisky geleert hatte, ist er gestorben.“

„Durch die Räder des Trucks?“

„Nein, als er überrollt wurde, war er längst tot. Die damit einhergehenden Verletzungen waren post mortem und sollten uns über die Todesursache in die Irre führen. Ich gebe zu, beinahe hätte ich sie auch übersehen, unter all den Brüchen, Quetschungen und so weiter.“

„Wodurch starb er?“

„Durch einen Schlag gegen die Kehle, wie er in verschiedenen Kampfsportarten trainiert wird. Er könnte mit der Handkante, aber auch mit einem Gegenstand durchgeführt worden sein, der nicht breiter als zweieinhalb Zentimeter ist, aber keinerlei Ecken oder Kanten besitzt. Danach wurde der Tote weggeschleift.“

„Auf dem Parkplatz wurden keine entsprechenden Spuren gefunden.“

„Ein Täter, der so planvoll vorgeht, denkt vielleicht auch daran, solche Spuren zu beseitigen. Jedenfalls trifft den Truck-Fahrer überhaupt keine Schuld. Er hat eine Leiche überfahren.“

„Dann wurde der Wagen wohl auch nur die Böschung hinunter gestoßen, um einen falschen Eindruck zu erwecken!“, glaubte Rudi.

„Ein Profi“, schloss ich.

„Zumindest jemand, der sich sehr viele Gedanken über seine Vorgehensweise gemacht hat“, nickte Dr. Claus.

Ich erhob mich von meinem Platz und sagte: „Danke, jetzt wissen wir auf jeden Fall mit Sicherheit, dass Maybaum auch Opfer eines Verbrechens wurde.“

„Gibt es irgendetwas, was diesen Fall mit dem Mord an Rademacher verbindet – aus gerichtsmedizinischer Sicht meine ich.“

Dr. Claus schüttelte den Kopf. „Leider nein. Aber vielleicht wollte der Täter auch genau das vermeiden. Ich möchte annehmen, dass er eine Waffe in der Hand hielt, als er Maybaum dazu zwang, den Alkohol zu trinken.“

„Aber er wollte nicht, dass man ihn anhand dieser Waffe identifiziert. Deswegen hat er sie nicht benutzt“, schloss ich.

„Exakt“, bestätigte Dr. Claus. „Ich habe übrigens noch einen Toten hier im Institut, der im Zusammenhang mit Ihrem Fall in der Fahndung ist. Meine Kollegin Dr. Sandhurst ist gerade dabei, die Obduktion durchzuführen. Aber der Fall liegt relativ klar auf der Hand...“

„Um wen geht es?“

„Um einen gewissen Kurt Heinrichs. Er bekam eine Kugel in den Kopf und wurde auf einer Müllkippe in Brandenburg gefunden.“

„Welches Kaliber?“, fragte ich.

„Er wurde mit einer .45er getötet. Das Projektil ist bei den Ballistikern.“

„Ich hatte es befürchtet“, meinte Rudi.

„In diesem Fall steht übrigens fest, dass der Tote schon mindestens eine Woche auf der Müllkippe lag. Man hatte ihn ziemlich sorgfältig eingepackt, aber Ratten fressen sich schließlich überall durch, wie die Erfahrung zeigt.“







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Wir kehrten zunächst zum Präsidium zurück und versuchten, uns einen Reim auf das zu machen, was an neuen Erkenntnissen vorlag.

Max Herter hatte inzwischen alles, was es über Ronny Vincente herauszufinden gab zusammengetragen.

„Der hat einen Lebenslauf wie Aschenputtel“ meinte Max, als wir in unserem Dienstzimmer darüber sprachen. „Als Jugendlicher wurde er mit einer großen Portion Drogen erwischt, was ihn wohl davor rettete eine Karriere bei Gangs wie den ‚Killer Bandoleros’ zu machen.“

„Und womit verdient er jetzt sein Geld?“, fragte Rudi skeptisch.

„Er wird auf der Homepage einer großen Bank als Ansprechpartner im Kreditwesen angegeben. Die Seite ist mit Foto und dieses Foto wiederum passt zu den Aufnahmen, die bei seiner ersten Verhaftung gemacht worden waren.“

„Wird das Strafregister bei Jugendlichen nicht nach ein paar Jahren gelöscht?“, fragte Rudi.

„Ja, aber es gab einen Prozess und deswegen auch eine Akte. Diese Unterlagen habe ich mir besorgt. Der Mann scheint wirklich sauber zu sein.“

„Der Grund, weshalb er telefonischen Kontakt mit Sebastian Maybaum hatte, könnte also auch ganz harmlos sein“, schloss ich.

„Wir werden ihn einfach mal selbst fragen“, schlug Rudi vor.

„Ganz so harmlos ist er vielleicht doch nicht, auch wenn ich zugebe, dass die Verbindung zu Gerighauser sehr vage ist“, schränkte Max ein.

„Was für eine Verbindung?“, hakte ich nach.

„Gerighauser und Vincente sind im selben Straßenzug groß geworden. Ob in der Schule oder in einer Gangs – bei dem geringen Altersunterschied müssen sie sich eigentlich irgendwann mal über den Weg gelaufen sein.“

Vor Dienstschluss machten wir uns noch auf den Weg, um Ronny Vincente zu befragen – den Mann, der als letzter mit Sebastian Maybaum telefoniert hatte.

Er öffnete uns, nachdem wir an seiner Wohnungstür geklingelt hatten. Er trug Anzug und Krawatte. Letztere war leicht gelockert.

„Was wollen Sie?“, fragte er etwa ungehalten.

„Rudi Meier, BKA“, stellte sich Rudi vor. Er zeigte Vincente seinen Ausweis und deutete anschließend auf mich. „Dies ist mein Kollege Harry Kubinke. Können wir einen Moment hereinkommen, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen?“

 

„Fragen? Wieso?“

„Es geht um den Mord an einem Polizisten und Sie könnten ein wichtiger Zeuge sein.“

„Ich habe nichts gesehen und nichts gehört. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wovon Sie sprechen. Aber kommen Sie herein.“

Wir folgten ihm ins Wohnzimmer.

Auf dem Tisch standen Papiertüten mit dem Emblem der Restaurantkette Beijing Food, die im gesamten Großraum Berlin ein Netz von gut zwanzig Filialen eines asiatischen Schnellimbiss unterhielt.

„Ich komme gerade aus dem Büro und ich hoffe Sie haben nichts dagegen, dass ich die Sachen hier esse bevor sie kalt sind“, sagte Vincente.

„Nichts dagegen.“

Wir setzten uns, während Vincente die Jacke auszog, sorgfältig über einen Stuhl hängte, die Hemdsärmel hochkrempelte und dann damit begann die Tüten von Beijing Food auszupacken.

Mir fiel auf, dass es zwei Portionen waren.

„Leben Sie allein hier?“

„Ja. Warum fragen Sie, Herr Kubinke?“

„Auf Grund Ihrer Bestellung bei Beijing Food.“

„Was sind Ihre Fragen?“

Rudi mischte sich jetzt ein. „Kennen Sie einen Mann namens Sebastian Maybaum?“

„Nein. Nie gehört. Tut mir Leid.“

„Er ist Polizist gewesen. Letzte Nacht wurde er umgebracht und von Ihrem Festnetzanschluss aus ist nachweislich gegen sechs Uhr abends ein Gespräch über Maybaums Handy geführt worden.“

„Aber...“

„Sie sind einer der Letzten, der mit Maybaum gesprochen hat.“

Vincente schluckte.

Er schien plötzlich aus einem unerfindlichen Grund unter Druck zu stehen.

Mir fiel eine Sporttasche auf, die in eine Ecke geworfen worden war.

Der Ärmel eines Sweatshirts rage aus dem geöffneten Reißverschluss.

„Wem gehört die Tasche dort?“, fragte ich.

„Mir“, versicherte Vincente.

„Jemand, der sein Jackett aufhängt, damit es beim Essen nicht dreckig wird und ansonsten eine so penible Ordnung einhält, würde seine Sachen nicht so herumliegen lassen.“

„Worauf wollen Sie hinaus?“

„Sie haben für zwei Personen Beijing Food mitgebracht.“

„Hören Sie, ich habe nicht ungesetzliches getan! Das letzte Mal...“

„Das letzte und einzige Mal, dass Sie verhaftet wurden war als Jugendlicher, das weiß ich“, schnitt ich ihm das Wort ab. „Das hält Ihnen niemand vor. Aber vielleicht hat sich ein Freund aus alten Zeiten kürzlich gemeldet...“

„Was reden Sie da?“

Ich zeigte ihm ein Foto von Gerighauser. „Wir suchen diesen Mann. Er heißt Ede Gerighauser.“

Vincente schwitzte plötzlich. „Nie gesehen.“

„Seit Sie beide Jugendliche waren, hat er sich vermutlich verändert. Aber der Name müsste Ihnen was sagen. Er sucht im Moment jemanden, bei dem er untertauchen kann. Einerseits sucht ihn die Polizei und...“

„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.“

„Dann lassen Sie uns einfach in der Tasche da vorne nachsehen“, meinte Rudi. „Vielleicht beruhigt uns das ja.“

Einen Augenblick lang herrschte absolute Stille.

Vincente schluckte und es war für uns offensichtlich, dass er mehr wusste und wir genau richtig lagen mit unseren Vermutungen.

Ich erhob sich und hatte die Hand an der Dienstwaffe. Angesichts von Vincentes Reaktion war Gerighauser vielleicht sogar noch in der Wohnung.

Ich ging vorsichtig zu der halb angelehnten Tür zum Nebenraum heran.

„Was haben Sie vor?“, fragte Vincente.

Aus dem Nebenraum war ein Geräusch zu hören, das entstand, wenn man eine Balkontür öffnete.

Statt einer Antwort stieß ich die Tür auf und platzte mit der Waffe in der Hand hinein.

Dieser zweite Raum diente als Schlafzimmer. Die Balkontür stand offen. Ein Luftzug bewegte die Gardine.

Draußen sah ich einen Schatten.

Ein Schuss krachte, ließ das neben der Balkontür befindliche Fenster zerspringen und fuhr dicht über mich hinweg. Das Projektil blieb im Türrahmen stecken.

Dann war der Schatten weg.

Ich stürzte hinterher, rannte hinaus und blickte über die Brüstung.

Ein Mann mit gelockten schwarzen Haaren befand sich auf dem Balkon der Nachbarwohnung. Es war Gerighauser. Er feuert mit einer Automatik ungezielt in meine Richtung. Der Schuss ging daneben. Gerighauser warf sich gegen die Fensterscheibe der Nachbarwohnung. Die Scheibe brach. Das Glas splitterte. Gerighauser landete im Inneren.

„Rudi, er ist gleich auf dem Flur!“, rief ich, überkletterte die Balkonbrüstung und landete ebenfalls auf dem Nachbarbalkon.

Ich stieg durch das zerstörte Fenster ein. Eine Tür schlug zu.

Ich schnellte durch die Wohnung.

Der Täter musste bereits im Flur sein.

Von dort waren Schüsse zu hören. Ich hatte die Wohnungstür fast erreicht, als ich aus den Augenwinkeln heraus eine Bewegung wahrnahm.

„Waffe weg!“

Ich drehte mich um. Ein grauhaariger Mann war aus der Tür zur Küche herausgeschnellt und hielt mir einen Revolver entgegen.

„Harry Kubinke, BKA. Sie behindern eine Festnahme!“

„Hören Sie, ich weiß nicht, was Ihr Freund gerade hier wollte, aber das werden wir alles in Ruhe klären und zwar mit der echten Polizei!“

Ich wollte nach meiner ID-Card greifen, erstarrte aber, als mein Gegenüber den Hahn des Revolvers spannte. „Ich sagte: Keine Bewegung!“

„Dann sehen Sie selber nach!“

Der Grauhaarige näherte sich, hielt die ganze Zeit die Waffe auf mich gerichtet und holte schließlich meine ID-Card aus der rechten Innentasche.

Er warf einen Blick darauf.

Ich bekam sie wieder.

„Nichts für ungut“, stammelte er. „Aber...“

„Schon gut!“, sagte ich und rannte auf den Flur.

Rudi sah ich in Richtung Treppenhaus rennen.

„Wo bleibst du, Harry? Der Kerl ist mit dem Aufzug auf dem Weg nach unten!“

Ich folgte Rudi. Der Zugang zum Treppenhaus war abgeschlossen. Rudi öffnete sie mit einem wuchtigen Tritt.

Wir hetzten die Stufen hinunter und erreichten schließlich den Ausgang und befanden uns Augenblicke später auf der Hauptstraße. Ein Ford brach aus der Phalanx der am Straßenrand parkenden Fahrzeuge aus und fädelte sich auf rücksichtslose Weise in den Verkehr ein. Der Mann am Steuer war Gerighauser. Ich sah ihn für einen kurzen Moment. Mit der Dienstwaffe zielte ich auf die Hinterreifen und feuerte einmal. Die Kugel ging knapp daneben und drang durch den Kotflügel des Fords.

Gerighauser riss das Steuer herum und bog in eine Seitenstraße ein. Rudi hatte bereits das Handy am Ihr, um das Kennzeichen in die Fahndung zu geben und Verstärkung anzufordern.

Inzwischen war auf Grund der rücksichtslosen Fahrweise, die Gerighauser an den Tag gelegt hatte, ein Stau entstanden. Es würde einige Zeit dauern, bis der Dienst-Porsche aus seiner Parklücke herauskam.

„Der ist weg!“, stellte Rudi fest.

„Abwarteten. Vielleicht weiß Vincente mehr.“

„Er schien nicht sehr gesprächig zu sein.“

„Da ist diplomatisches Geschick gefragt, Rudi.“

„Was du ja im Übermaß besitzt oder habe ich das jetzt falsch verstanden!“

„Ich glaube nicht, dass dieser Vincente wirklich weiß, worum es hier geht. Er wollte vielleicht einem alten Kumpel helfen, aber er ist kein Krimineller.“

Rudi zuckte die Schultern. „Versuchen wir unser Glück.“







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Wir kehrten zu Ronny Vincente zurück.

„Ich sollte Ihnen vielleicht einiges erklären“, sagte er.

„Ja, das sollten Sie“, stellte Rudi fest. „Sonst sitzen Sie ziemlich tief in der Tinte!“

„Ich kenne Ede. Wir waren Freunde, bis sich unsere Wege trennten, nachdem ich wegen Drogenhandels festgenommen wurde und eine zweite Chance erhielt, sodass mein Leben eine ganz andere Bahn genommen hat.“

„Aber eines Tages tauchte Ede Gerighauser hier auf, um Sie um einen Gefallen zu bitten!“, stellte ich fest.

Vincente nickte.

„Ja, genau so war es. Er hat kurz gesagt, dass er Schwierigkeiten mit ein paar Leuten aus dem Kiez hätte.“

„Das hat er vielleicht auch – aber außerdem wird er im Zusammenhang mit den Morden an zwei Polizisten gesucht“, gab ich ihm zu bedenken.

„Davon hat er mir nichts gesagt“, erwiderte Vincente.

„Haben Sie eine Ahnung, wo wir Ede Gerighauser finden können?“

„Nein.“

„Gibt es noch irgendwelche Verwandte, bei denen er vielleicht untertauchen könnte – so wie bei der Tante Ludmilla?“

„Es gibt einen Onkel, von dem er gesprochen hat.“

„Wie heißt dieser Onkel?“

„Ferdinand Gerighauser. Er besitzt eine Autoverleihfirma. Mit einer Adresse kann ich Ihnen leider nicht dienen, aber ich nehme an, dass Sie die auch so herausbekommen.“







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Die Adresse von Ferdinand Gerighauser war durch unsere Innendienstler schnell ermittelt. Wir rückten mit großem Aufgebot an. Das Reihenhaus, in dem Ferdinand Gerighauser wohnte, wurde durch Kollegen der Schutzpolizei umstellt. Wir trafen etwas später ein. Ich parkte den Dienst-Porsche in einer Seitenstraße und wir stiegen in einen Transporter mit dem Schriftzug eines Pizza Service, der auf der Seite schräg gegenüber der Garageneinfahrt des Reihenhauses am Straßenrand parkte. Dort befand sich die Einsatzzentrale.

 

Unser Kollege Kommissar Pulaski begrüßte uns. Er war der Einsatzleiter dieser Operation.

„Unsere Leute sind auf den Nachbargrundstücken oder befinden sich in parkenden Fahrzeugen“, erklärte Pulaski. „Sollte er im Haus sein, kann er uns nicht entkommen. Allerdings können wir nicht einfach das Gebäude stürmen.“

„Warum nicht?“, fragte Rudi.

„Das Risiko ist zu groß. Ferdinand Gerighauser hat eine Frau und drei Kinder. Es ist vermutlich ein Säugling im Haus.“

„Dann warten wir ab, was sich tut“, schlug ich vor.

Pulaski nickte. „Genau. Sicherheitshalber haben war eine Thermoskanne voll Kaffee dabei.“

Über Funk meldete sich einer der Kommissaren, die die Rückseite des Hauses überwachten.

Er berichtete, dass sich Gerighauser kurz im Freien auf der Terrasse gezeigt hatte.

„Ein Zugriff war leider nicht möglich. Er ist jetzt wieder im Haus“, meldete der Kommissar.

„War die Identifizierung eindeutig?“, fragte Pulaski.

„Ja. Der Mann entspricht dem Bild in den Archiven.“

„Dann wissen wir jedenfalls, dass wir hier nicht umsonst warten“, meinte Rudi.







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Die Dämmerung brach bereits herein, als endlich etwas geschah. Gerighauser ging ins Freie. In der Garageneinfahrt stand ein Chrysler, der auf Ferdinand Gerighauser zugelassen war, wie die Kollegen inzwischen längst überprüft hatten.

Ede Gerighauser öffnete per Fernbedienung das Garagentor. Automatisch ging das Licht an. Wir erkannten den Ford wieder, mit dem er geflüchtet war. Das Nummernschild wurde zwar durch den Chrysler verdeckt, aber ich war überzeugt davon, dass es übereinstimmte.

Gerighauser öffnete den Kofferraum. Er wollte irgendetwas aus dem Wagen herausnehmen.

„Zugriff!“, befahl Pulaski.

Im nächsten Moment stürzten wir mit der Dienstwaffe in der Hand ins Freie. Auch die anderen an diesem Einsatz beteiligten Kommissaren verließen ihre Verstecke.

Ede Gerighauser merkte, dass etwas nicht stimmte, drehte sich um und riss dabei seine Automatik aus dem Hosenbund.

„BKA! Waffe weg!“, rief ich.

Gerighauser zögerte eine Sekunde. Er blickte sich um, sah die in Stellung gegangenen BKA-Kommissare und ahnte wohl, dass er keine Chance mehr hatte.

Das Spiel war aus.

Er ließ die Waffe sinken. Rudi schnellte auf ihn zu, nahm ihm die Waffe ab. Im nächsten Moment ließ einer der anderen Kollegen die Handschellen klicken.

„Sie sind verhaftet, Herr Gerighauser. Es besteht der Verdacht, dass Sie Sebastian Maybaum und Thorben Rademacher getötet haben. Von nun an kann alles, was Sie sagen vor Gericht gegen Sie verwendet werden...“ Ich klärte ihn über seine Rechte auf.

„Ich habe niemanden getötet!“, rief er.

„Wir nehmen ihn mit zu unserem Präsidium“, bestimmte Rudi. „Ich nehme an, dass wir uns länger mit ihm unterhalten müssen...“