Unternehmenssanierung, eBook

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3.3 Einschätzung des Managements

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Die Einschätzung der Kompetenz und der Fähigkeiten des Managements stellt eine besondere Herausforderung für den Berater dar. Man ist leicht geneigt, sich vor dieser Aufgabe zu drücken, beurteilt man doch in der Regel den direkten Auftraggeber. Am Ende kommt man an dieser Aufgabe allerdings nicht vorbei. Nur allzu häufig sind Defizite und Fehler des Managements wesentliche Krisenursachen und eine umfassende und nachhaltige Sanierung des Unternehmens erfordert zwingend, dass auch die Unternehmensführung die Fehler der Vergangenheit als solche erkannt hat und die uneingeschränkte Bereitschaft mitbringt, notwendige Veränderungen konsequent und nachhaltig anzugehen. Wer diesen Schritt einer Beurteilung des Managements persönlich scheut, mag es in Erwägung ziehen, ein Management Assessment durch eine erfahrene Personalberatungsfirma durchführen zu lassen. In keiner Weise bewährt haben sich Versuche mit einem ungeeigneten Management, die Herausforderungen und Risiken einer Sanierung auf sich zu nehmen. Erfahrene Berater gewinnen bereits einen guten Eindruck aus den Gesprächen mit den Führungskräften. Bei einer Beurteilung der Kompetenz der Führungsmannschaft sind insbesondere folgende Punkte zur berücksichtigen:


- Einordnung und Stellenwert im Führungsteam,
- Branchen-Know-how,
- Funktions-Know-how,
- Führungskompetenz,
- Projekt- und Krisenmanagementkompetenz,
- Team- und Kritikfähigkeit,
- Vernetzung.

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Für den Berater mag es auch hilfreich sein, sich folgende Fragen zu einem Geschäftsführer oder leitenden Mitarbeiter zu beantworten:


- Er erkennt die aktuellen Probleme der Gesellschaft,
- er hat in der Vergangenheit wesentliche wichtige Entscheidungen getroffen,
- er ist aktiv an einer Lösung der derzeitigen Probleme interessiert,
- er bringt die notwendige Kreativität und den Enthusiasmus für eine Veränderung mit,
- er verfügt über die Qualifikation und die Entschlossenheit, die für ein Sanierungsprojekt erforderlich sind,
- er ist in der Lage, eigene Fehler einzugestehen.

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Wenn die Antworten auf diese Fragen im Wesentlichen positiv ausfallen und dies für alle Schlüsselpositionen zutrifft, ist das Unternehmen für die anstehende Restrukturierung angemessen personell ausgestattet. In der Praxis ist dies sehr selten der Fall.

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Dort, wo sich Defizite aufzeigen, müssen diese taktvoll, aber mit der notwendigen Offenheit und Klarheit angesprochen werden. Ohne eine Bereinigung wesentlicher personeller Defizite in diesem Bereich ist eine erfolgreiche Sanierung nicht vorstellbar.

3.4 Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

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Die Analyse im Finanzbereich baut auf den historischen Jahresabschlüssen und dem aktuell verfügbaren internen Berichtswesen auf.

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Im Rahmen der Analyse sind sämtliche Finanzpositionen, Aktiva sowie Passiva, hinsichtlich ihres Inhaltes und ihrer Bewertung kritisch zu hinterfragen und zu analysieren. Kritische Positionen sind zu den zugrunde liegenden Verträgen abzugleichen.

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Bei der Gewinn- und Verlustrechnung sind Aufwandspositionen sorgfältig zu analysieren und etwaige Auffälligkeiten aufzuklären. Es hat sich auch als hilfreich erwiesen, diverse Kennzahlen zu ermitteln und deren Entwicklung in einer Zeitreihe darzustellen. Neben der eigenen Information eignen sich solche Zeitreihendarstellungen insbesondere dazu, Probleme und Defizite erfolgreich zu kommunizieren. Mögliche Kennzahlen sind:

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Liquiditätskennzahlen


- Liquiditätsgrade I–III,
- Cash-Flow in % vom Umsatz,
- Schuldentilgungsdauer in Jahren,
- Kapitaldienstdeckungsfähigkeit.

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Ertragskennzahlen


- Rentabilitätskennzahlen (Ergebnis bezogen auf Eigenkapital, Gesamtkapital, Umsatzrentabilität),
- Material-/Fremdleistungsquote,
- Personalaufwandsquote,
- EBITDA in % vom Umsatz.

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Vermögenskennzahlen


- Eigenmittelquote,
- Verschuldungsgrad,
- Anlagendeckung,
- Working Capital,
- Kreditoren- und Debitorenlaufzeiten,
- Vorratsreichweiten.

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Die Analyse der Vergangenheitssituation ist wesentliche Grundlage für die Analyse der Unternehmensplanung. Eine den Anforderungen und der aktuellen Diskussion entsprechende Unternehmensplanung sollte typischerweise 2–3 Jahre abdecken und als integrierte Planung mit einer Erfolgs- (Gewinn- und Verlustrechnung), Liquiditäts- und Bilanzplanung aufwarten. Ist dies nicht der Fall, so ist dies in jedem Fall als Defizit zu vermerken. Sollte nur eine Erfolgsplanung oder nur eine Erfolgs- und Liquiditätsplanung vorliegen, so ist für eine sichere Beurteilung der Planungsrechnungen in jedem Fall eine sich aus den vorliegenden Planzahlen ableitende Bilanzplanung zu erstellen. Nur so können Fehler sicher aufgedeckt werden.

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Die wesentlichen Schritte bei der Prüfung einer Unternehmensplanung sind:


- Prüfung der Ausgangsbasis,
- Überprüfung der Prämissen,
- Überprüfung der historischen Qualität der Planungsrechnungen des Unternehmens,
- Überprüfung der rechnerischen Richtigkeit.

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Jede Planung setzt auf einen Ist-Stand auf. Startpunkt der Planungsrechnungen sollte ein möglichst zeitnaher Monatsabschluss sein. Setzt eine vorliegende Planung auf länger zurückliegenden Ist-Daten auf, so ist zu überprüfen, inwieweit eine Anpassung der Daten auf Basis der inzwischen bekannt gewordenen Ist-Ergebnisse und Zahlen notwendig ist. Bei wesentlichen Soll-Ist-Abweichungen ist dies grundsätzlich vorzusehen.

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Prämissen lassen sich grundsätzlich nur auf Plausibilität überprüfen. Aber auch wenn sich Prämissen einer echten Prüfung entziehen, ist sicherzustellen, dass die zugrunde gelegten Prämissen nachvollziehbar und aufgrund der Erfahrungswerte der jüngeren Vergangenheit wahrscheinlich sind und sowohl Chancen als auch Risiken angemessen berücksichtigen. Es hat sich auch bewährt, alternative Szenarien (best case, base case, worst case) darzustellen, um den Adressaten die Bandbreite einer voraussichtlichen Entwicklung transparent aufzuzeigen. Wann immer dies möglich ist, sollten sie auch zu vertraglichen Vereinbarungen abgeglichen werden.

 

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Planung lebt von der Erfahrung. Hohe Planungsqualität wird erfahrungsgemäß immer dann in einem Unternehmen erreicht, wenn langjährige Erfahrungen in die Planungen einfließen. Wer die Soll-Ist-Abweichungen der Vergangenheit immer nur als einzigartige Unglücksfälle interpretiert, wird kaum in der Lage sein, eine tragfähige und belastbare Planung zu erarbeiten.

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Planungsrechnungen sind die Domäne von Tabellenkalkulationsprogrammen. Unzureichende Vertrautheit im Umgang mit solchen Tabellenkalkulationsprogrammen und die Neigung dazu, in Planungsrechnungen sehr komplizierte Verknüpfungen und Berechnungen einfließen zu lassen, ergeben eine hohe Fehleranfälligkeit. Vor diesem Hintergrund ist eine sorgfältige und umfassende Prüfung der rechnerischen Richtigkeit von vorliegenden Planungsrechnungen zwingend erforderlich. Es hat sich auch als hilfreich erwiesen, vorliegende Planungsrechnungen, die mit Tabellenkalkulationsprogrammen (Excel o.ä.) erstellt sind, in ein professionelles Planungsprogramm zu übertragen, um die allgegenwärtigen Fehler in der Abstimmung zwischen den Rechenwerken (Bilanz, GuV- und Liquiditätsplanung) und der Mathematik allgemein auszuschließen.

3.5 Internes Berichtswesen

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Das interne Berichtswesen ist auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu untersuchen. Das interne unterjährige Berichtswesen sollte mindestens zu den Quartalsenden auch jeweils eine Bilanz enthalten. Ein zeitgemäßes Berichtswesen verfügt zudem über eine Auswertung von wichtigen Kennzahlen und beinhaltet wichtige, für die Steuerung des Unternehmens wesentliche Werte (Entwicklung von Umsätzen mit Großkunden, Produktprofitabilitäten, Kapazitätsauslastung, durchschnittliche Forderungslaufzeiten u.Ä.). Auch der Soll-Ist-Vergleich der Ist-Ergebnisse mit den budgetierten Ergebnissen ist wesentlicher Bestandteil eines zeitgemäßen Berichtswesens. Dabei sind die Abweichungen nicht nur aufzuzeigen, sondern auch, so sie wesentlich sind, angemessen und umfassend zu erläutern.

3.6 Risikopositionen der wesentlichen Beteiligten

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Zur Ermittlung der Risikopositionen[20] der wesentlichen Beteiligten ist eine umfassende und sorgfältige Vertragsanalyse erforderlich. Diese Analyse sollte von erfahrenen Juristen durchgeführt oder zumindest begleitet werden. Dabei ist zu ermitteln, wie sich die Positionen der wesentlichen Beteiligten im Falle eines Ausfalls des Unternehmens durch Liquidation oder Insolvenz darstellen, dabei sollten auch – wo relevant – die nicht direkt finanziell messbaren Effekte, z.B. Wegfall eines Kunden, Erschließung alternativer Bezugsquellen herausgearbeitet werden.

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Für den Eigenkapitalbereich sollte die Gesellschafterstruktur und die Einbindung des Unternehmens in eine Unternehmensgruppe sorgfältig analysiert und transparent gemacht werden. Wichtige Punkte sind neben der direkten Beteiligung vertragliche Zusagen von Gesellschaftern oder verbundenen Unternehmen (z.B. Patronatserklärungen, Drittsicherheiten, Freistellungserklärungen, Bürgschaften, Mithaft usw.).[21] Wesentliche Lieferungs- und Leistungsbeziehungen mit verbundenen Unternehmen sind aufzuzeigen und die Abhängigkeit der Vertragspartner des Unternehmens objektiv zu ermitteln. Ziel bei der Ermittlung der Risikopositionen ist es, in quantifizierter Form aufzuzeigen, welche Auswirkungen eine Insolvenz oder Liquidation für die Beteiligten mit sich bringen würde.

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Gleiches ist für die Kreditgeber erforderlich.[22] Es hat sich bewährt, Art und Umfang der bestellten Sicherheiten bei den Kreditgebern abzufragen, da Unternehmen erfahrungsgemäß nicht in allen Fällen über eine vollständige und aktuell gepflegte Dokumentation verfügen. Dabei sind die Realisierbarkeit[23] und Werthaltigkeit von Sicherheiten zu ermitteln, aber auch die Auswirkungen der Nichteinhaltung von vertraglich vereinbarten Kennzahlen (covenants) durch das Unternehmen darzustellen.

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Zur Abrundung des Bildes ist ergänzend zu analysieren, inwieweit bei Kunden oder Lieferanten Abhängigkeiten bestehen und welche Auswirkungen ein Ausfall des Unternehmens als Lieferant oder Kunde für diese Vertragspartner hätte.

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Eine Transparenz der Risikopositionen der wesentlichen Beteiligten ist hilfreiche Grundlage, um zu ermitteln, wer neben dem Unternehmen selbst wesentliches Interesse an einer erfolgreichen Bewältigung der aktuellen Krise hat, und zu welchen Beiträgen er mit logischer Begründung herangezogen werden könnte.

III. Entwicklung operativer Sanierungsmaßnahmen

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Aufgrund von Krisen und Marktveränderungen sehen sich Unternehmen verschiedenster Größenordnung schnell wandelnden externen Einflüssen ausgesetzt. Die Anzahl der Unternehmen, die aufgrund aktueller Wechselkursschwankungen auf relevanten Beschaffungs- oder Absatzmärkten, nicht ausreichenden Cash-flows, Finanzierungsschwierigkeiten usw. in eine leistungs- und/oder finanzwirtschaftliche Schräglage geraten, ist erheblich.

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Bei der Sanierung von Unternehmen offenbart sich immer wieder ein Mangel an „echter“ Transparenz in Prozessen, der Organisation sowie in der Profitabilität von Produkten, Produktgruppen und den Aktivitäten in unterschiedlichen regionalen Absatzmärkten – unabhängig von einer regionalen oder weltweiten Krisensituation oder aber einem lang anhaltenden Siechtum des Unternehmens. Die Entwicklung von operativen Sanierungsmaßnahmen muss aufgrund einer drohenden Überschuldung oder aber einer möglicherweise sich ankündigenden Zahlungsunfähigkeit notwendigerweise zwei wesentliche Kriterien erfüllen. Zum einen ist Geschwindigkeit und damit einhergehend ein gesunder Pragmatismus notwendig, zum anderen müssen die Maßnahmen vollständig oder nahezu vollständig unabhängig vom Verhalten Dritter durchführbar sein und sich entsprechend auf den Fortbestand des Unternehmens auswirken. Das Warten darauf, dass der nächste große Auftrag kommt oder aber der Wechselkurs sich wieder zum Besseren wandeln wird, könnte trügerisch sein und sich als reiner Hoffungswert erweisen, mit entsprechend weitreichenden, negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens.

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Die operativen Maßnahmen müssen eine schnelle wirtschaftliche Wirkung entfalten und in der vollständigen Entscheidungsverantwortung des Managements liegen. Die Bedeutung der Stabilisierung bzw. Ausweitung der Umsätze der in den Analysen als Kerngeschäft identifizierten Produkt- und Geschäftsbereichen darf darüber hinaus jedoch nicht vernachlässigt werden. Die Erfahrung zeigt, dass die strukturell notwendigen Maßnahmen auf der Vertriebsseite in einem Sanierungsprozess bereits in einem frühen Stadium eingeleitet werden müssen, um zu verhindern, dass die Umsatzseite über einen längeren Zeitraum erodiert und sich das Unternehmen aufgrund fallender Umsätze und Mengen in einer dauerhaften Anpassung der betrieblichen Ressourcen wiederfindet – quasi in einer „andauernden Sanierung“. Unternehmen, denen es gelingt, die Umsätze in ihrem Kerngeschäft zu stabilisieren, sind weitaus häufiger in der Lage eine Turnaround-Situation zu meistern und sich mit einem re-fokussierten Unternehmen wieder nachhaltig im Markt zu etablieren.

1. Charakter operativer Sanierungsmaßnahmen

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Die Entwicklung und Umsetzung operativer Sanierungsmaßnahmen setzt voraus, dass in der erfolgten Analyse des Unternehmens bereits ein klares Verständnis darüber erlangt wurde, was den „gesunden Kern“ eines Unternehmens darstellt. In der Praxis der Sanierung von Unternehmen ist immer wieder das Phänomen vorzufinden, dass Unternehmen sich – häufig getrieben durch den Wunsch nach Umsatzausweitung – auf Märkte, in Produkte oder Regionen etc. vorgewagt haben, die nicht ausreichend verstanden und deren Auswirkungen auf das bereits existierende Geschäft nicht hinreichend analysiert wurden.[24] Kostensenkungsmaßnahmen zu initiieren und im Anschluss umzusetzen ist nur in den Geschäfts- und/oder Produktbereichen sinnvoll, die zukünftig – auf Basis der im Unternehmen vorhandenen Kernkompetenzen – die Möglichkeit haben zum positiven Unternehmensergebnis beizutragen. Die gesamte Energie des Managements und der Belegschaft muss darauf ausgerichtet sein, die bereits eingetretene negative Entwicklung zu stoppen (Kundenverluste, negative Ergebnisse, Vertrauensverlust bei Banken etc.). Somit muss es – im Gegensatz zu strukturellen Maßnahmen – bei der Initiierung von operativen Sanierungsmaßnahmen darum gehen, eine möglichst unmittelbare Ergebnisverbesserung herbeizuführen womit, wie bereits in der Einleitung zu diesem Kapitel beschrieben, die Kostensenkungsinitiativen zwangsweise den Schwerpunkt der Maßnahmen bilden sollten. Die operativen Maßnahmen zur Sanierung zielen auf Personal-, Material- und Sachkosten sowie die Steigerung der Effizienz in den Prozessen. Strukturelle Kostensenkungsmaßnahmen sind hingegen darauf ausgerichtet, die Strukturen des Unternehmens durch Produkt- und Sortimentsbereinigungen, Veränderungen in den regionalen Schwerpunkten und/oder der Schließung von Standorten usw. nachhaltig und in einer komplexeren Ausprägung zu verändern.

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Die konsequente und schnelle Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen ist damit der entscheidende Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Sanierung. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das verantwortliche Management willens und in der Lage ist, die Maßnahmen wirkungsvoll umzusetzen.

2. Führung und Organisation

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Der Besetzung des Managements kommt in der Bewältigung von Sanierungssituationen eine herausragende Bedeutung zu. Dafür ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit sowie die notwendige Veränderungsbereitschaft bei jedem einzelnen Manager der ersten und zweiten Führungsebene kritisch in einem strukturierten Prozess zu hinterfragen. Die Erfahrungen aus diversen Sanierungen zeigen, dass in jeder Branche und zu jeder Zeit bestimmte Unternehmen wirtschaftlich besser dastehen als andere. Der Hauptgrund liegt darin, dass diese Unternehmen von einem proaktiven und veränderungsbereiten Managementstil getragen werden, aufbauend auf einer umfangreichen Transparenz, die es ermöglicht, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen frühzeitig einzuleiten und konsequent zu implementieren.

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Das Management eines in der Sanierung befindlichen Unternehmens muss in der Lage sein, auch in einer Ausnahmesituation zu führen, zeitgleich den Prozess der notwendigen Veränderungen zu initiieren und die Umsetzung der Maßnahmen sicherzustellen. Neben einer entsprechenden fachlichen Kompetenz – die in vielen Unternehmen in hohem Umfang natürlicherweise vorhanden ist – bekommen weitere Kriterien eine Bedeutung, die im „normalen“, sprich Nichtkrisen-Unternehmen, eine bisher geringere Bedeutung hatten.

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Die entscheidenden Kriterien für eine erfolgreiche Sanierung sind neben der Kommunikation ein effizientes und zielgerichtetes Projektmanagement, um die verschiedenen Maßnahmen erfolgreich und nachhaltig im Unternehmen zu verankern. Führungskräfte, die diese Aufgabe am ehesten erfüllen können, müssen bereit sein, neue Ideen und Sichtweisen zu erlangen und durch zielgerichtete und überzeugende Kommunikation zu vermitteln. Darüber hinaus sind ein hohes Durchsetzungsvermögen, Zuverlässigkeit, eine hohe Fachkompetenz sowie eine ausgeprägte soziale Kompetenz und der unbedingte Wille zur Veränderung unabdingbar. Um in einem existierenden Managementteam – das die Fehlentwicklungen in der Vergangenheit und damit die Sanierungssituation in Teilen mit zu verantworten hat – die wesentlichen Führungskräfte zu identifizieren, die für die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen geeignet sind, sollte kurzfristig eine Evaluierung des Managements durch professionelle Unterstützung im Wege eines Management Audits[25] durchgeführt werden.

 

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Ein strukturierter Prozess in der Bewertung des Managements ist zudem von hoher Bedeutung, um einem in der Vergangenheit wohlmöglich eingetretenen Vertrauensverlust bei Banken und anderen Stakeholdern zu begegnen. Die Durchführung eines Management Audits durch einen externen Berater ist hilfreich, um einen unvoreingenommenen Blick auf die vorhandenen Fähigkeiten des Managements zu erhalten und somit den Erfolg der Sanierung maßgeblich zu unterstützen. Im Unternehmen selbst zeigt sich jedoch häufig, dass diejenigen Führungskräfte, die am ehesten in der Lage sind, die – auch unpopulären – Maßnahmen in die Belegschaft zu kommunizieren und umzusetzen, auch diejenigen sind, die im operativen Tagesgeschehen wesentliche Aufgaben wahrnehmen. Aus diesem Grund kann es unumgänglich sein, den Prozess der Sanierung durch externe Berater unterstützen zu lassen. Zum einen erlangt das Unternehmen die notwendigen, zusätzlichen Ressourcen, zum anderen werden damit zusätzlich Fähigkeiten und Erfahrungen in das Unternehmen eingebracht, die in dieser Ausprägung in der Regel in einem Unternehmen nicht vorhanden sind.

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Die wesentlichen Kriterien für eine erfolgreiche Sanierung auf Ebene der Führung und Organisation sind:


- klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten für die Maßnahmenumsetzung,
- Aufstellen einer Projektstruktur aus gemischten Teams,
- stringentes Controlling der Umsetzung der vereinbarten Restrukturierungsmaßnahmen,
- Einbeziehung aller Stakeholder zur Wiederherstellung des Vertrauens,
- Übernahme der Sanierungsaufgabe durch das Top-Management.

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Die Erfahrung zeigt, dass schnelle – auch kleine – Erfolge für eine erfolgreiche Sanierung von großer Bedeutung sind. Ein positives „Momentum“ ist wichtig, damit die Umsetzung der Maßnahmen von einer gewissen Eigendynamik getrieben werden. Bei der Auswahl der umzusetzenden Maßnahmen sollte auf Basis der sog. „80/20 – Regel“[26] entschieden werden, um sicherzustellen, dass die Fokussierung auf die wesentlichen Teilprojekte erfolgt und die Organisation nicht zu viele Projekte gleichzeitig verfolgen und umsetzen muss.

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Wenn die richtigen Projektteilnehmer identifiziert wurden, sollte ein durchsetzungsfähiger und kommunikativ starker Projektleiter benannt werden, der ausschließlich und frei vom operativen Tagesgeschäft für die Implementierung der verabschiedeten Maßnahmen und die Realisierung der Ergebnisse verantwortlich ist. Hierfür sind ein stringentes Umsetzungscontrolling sowie ein Regelkreislauf zur Überprüfung der Ergebnisse und Adjustierung der eingeleiteten Maßnahmen nötig. Die folgende Struktur eines Umsetzungscontrollings ist sehr hilfreich, um zu gewährleisten, dass entsprechende Klarheit darüber vorhanden ist, was es zu erreichen gilt:


- betroffener Bereich/Abteilung,
- Art der Maßnahme (z.B. Personal, Sachkosten, Einkauf, Vertrieb . . .),
- Darlegung der zu prüfenden Inhalte,
- Höhe der aus der Maßnahme zu erwartenden Effekte,
- Zieldatum der Umsetzung der Maßnahme,
- wer die Maßnahme verantwortlich durchführt,
- aktueller Status der Maßnahme.

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Über das Controlling der aus den verschiedenen Maßnahmen erwarteten Effekte und deren Auswirkungen auf die Ergebnissituation ist es somit auch möglich, einen gestiegenen Informationsbedarf der verschiedenen Stakeholder besser zu befriedigen.