Erzählen-AG: 366 Geschichten

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Vierundzwanzigster Januar

„Nanu, was ist denn hier passiert?“ Dies fragte sich Herbert, als er am Morgen in den Garten ging. Alles sah ganz anders aus als gestern.

Am gestrigen Tag baute Herbert einen Schneemann. Nicht für sich. Nicht alleine. Herbert war Mitte dreißig. Er selber würde kaum auf die Idee kommen. Herbert lebte nicht alleine. Herbert lebte nicht bei seiner Mutter. Dort zog er schon vor Jahren aus. Herbert zog mit seiner damaligen Freundin zusammen. Heute ist sie nicht nur seine Freundin. Heute ist sie seine Frau. Vor etwas mehr als zehn Jahren war Hochzeit.

Herbert und seine Frau sind schon eine halbe Ewigkeit zusammen. Schon als Jugendliche haben sie sich kennengelernt. Schon seit der siebenten Klasse sind sie ein Paar. Es gab zwar immer wieder einmal Krisen, doch die gab es wohl überall. Welche Beziehung läuft schon perfekt? Bei welcher Beziehung tritt nie ein Fehler auf? Es kriselt immer einmal.

Vor allem dann, wenn die Familie sich vergrößert. Wenn Nachwuchs kommt. Dann kann die Zeit anstrengend sein. Wo ist meine Schokolade? Warum haben wir keine sauren Gurken mehr? Ich brauche Schokolade und Gurken! Ja, es ist schon zweiundzwanzig Uhr, na und? Irgendein Supermarkt wird doch noch offen haben. Irgendwo auf dieser Welt.

Die Zeit wird besser, wenn der Nachwuchs endlich da ist. Dann dreht sich nicht mehr alles um Mama. Dann steht der Nachwuchs im Mittelpunkt. Windeln wechseln. Flasche geben. Morgens, mittags, abends und auch in der Nacht.

Der Nachwuchs wird älter. Der Nachwuchs wird größer. Windeln müssen nicht mehr gewechselt werden. Die Flasche verschwindet. Der Nachwuchs kann sich selbstständig ernähren. Sofern genug Nahrung zu Hause ist.

Doch auch wenn der Nachwuchs größer und älter wird, die Eltern müssen sich noch immer um den Nachwuchs kümmern. Im Frühling. Im Sommer. Im Herbst und im Winter.

Jetzt war Winter. Jetzt wollte der Nachwuchs im Schnee beschäftigt werden. Alleine Schlittenfahren war kaum möglich. Irgendjemand musste den Schlitten ziehen. Wozu gab es Mama? Wozu gab es Papa? Bergrunter konnte der Nachwuchs alleine. Bergauf war dies nicht möglich. Auf ebenem Gelände erst recht nicht. Mama und Papa mussten ziehen. Notfalls auch zu zweit.

Nicht nur Schlittenfahren war angesagt. Wenn genug Schnee lag, konnte ein Schneemann gebaut werden. Einer? Oft waren es mehr. Oft wurde eine ganze Schneemannfamilie gebaut. Mit Mama. Mit Papa. Mit Kind. Jedes Familienmitglied bekam seinen Schneemann. Jeder war für seinen oder ihren Schneemann zuständig.

Jedes Familienmitglied nahm sich Schnee. Formte diesen in der Hand zu einem Schneeball. Der Schneeball diente als Grundlage für die erste Schneemannkugel. Dann ging es quer über die Wiese. Der Schneeball wurde zu einer großen Kugel gerollt. Nach der ersten folgte die zweite. Dann wurde noch eine dritte für den Schneemannkopf gerollt. Am Ende kam die zweite Schneekugel auf die erste. Der Kopf auf die zweite Schneemannkugel. Dann noch ein bisschen Schmuck und der Schneemann war fertig.

Lange sollte der Schneemann nicht stehen. Es wurde milder. Die Temperatur stieg. Der Schnee schmolz. Auch der Schneemann musste daran glauben. Er wurde in der Nacht kleiner und kleiner. Am Morgen war er nur noch Matsch. Schneematsch im Garten hinter dem Haus von Herbert.

Fünfundzwanzigster Januar

Einmal im Monat war bei uns Spielenachmittag oder Spieleabend. Wenn wir am Wochenende Zeit hatten, war es ein Spielenachmittag, sonst wurde es ein Spieleabend.

Manchmal spielten wir Karten. Manchmal spielten wir Mensch ärgere Dich nicht. Auch heute spielten wir. Heute spielten wir eine Runde Mensch ärgere Dich nicht. Mein Sohn, meine Frau und ich.

Bei uns gab es besondere Regeln. Es war kein einfaches Mensch ärgere Dich nicht. Zuerst musste natürlich jede Spielfigur, die rausgeschmissen werden konnte, auch rausgeschmissen werden. Wer es unterließ, verlor seine Spielfigur. Sie kam zurück ins Haus und musste warten, bis der Spieler wieder eine Sechs würfelte. Spielfiguren rauszuschmeißen, war wichtiger als eine Spielfigur aus dem Haus zu bekommen. Wer mit einer Sechs eine Spielfigur aus dem Haus bekommen konnte und eine andere Spielfigur schlagen konnte, musste die zweite Option wählen. Die gegnerische Spielfigur wurde rausgeworfen.

Doch nicht überall konnte eine Spielfigur rausgeworfen werden. Unser Spielfeld sah wie ein Plus aus. An den vier inneren Ecken war Rausschmeißverbot. Eine Figur, die dort stand, konnte nicht rausgeschmissen werden. Egal, was kam und kommen konnte.

Nun genug der Regeln. Jetzt geht das Spiel los. Mein Sohn würfelt einmal. Eine Fünf. Meine Frau würfelt. Eine Drei. Wenn ich jetzt eine Sechs würfele, darf ich anfangen, sonst fängt mein Sohn an. Ich würfele keine Sechs. Ich würfele nur eine Eins. Mein Sohn fängt an. Dann geht es reihum.

Mein Sohn würfelt einmal. Sofort würfelt er eine Sechs. Seine erste Spielfigur verlässt das Haus. Auch meine Frau kann gleich beim ersten Mal eine Spielfigur aus dem Haus bringen. Nur ich habe kein Glück. Ich schaffe es erst in der dritten Runde. Dafür lege ich wie die Feuerwehr los. Ich würfele mehrere Sechsen hintereinander. Ich schaffe es, gleich drei Figuren aus dem Haus zu bekommen. Meine Frau hat noch immer nur eine Spielfigur, mit der sie spielen kann. Bei meinem Sohn ist es genauso.

Doch meine Spielfiguren leben nicht lange. Schon in der nächsten Runde schmeißt mein Sohn eine Spielfigur raus. Ich habe nur noch zwei. Doch auch diese bringe ich nicht ins Haus. Sie werden geschlagen. Beide Male von meinem Sohn. Wobei dies nicht ganz richtig ist.

Meine dritte Spielfigur könnte meine Frau schlagen. Sie tut es nicht. Mein Sohn bemerkt es. Die Regeln sind klar. Die Spielfigur meiner Frau muss zurück aufs Startfeld. Meine Frau darf noch einmal von vorne beginnen.

Kurze Zeit später darf ich auch von vorne anfangen. Mein Sohn schlägt meine dritte Spielfigur. Doch dies soll nicht mein Schaden sein. Als alle meine Spielfiguren auf dem Startfeld sind, lege ich wieder wie die Feuerwehr los. Ich würfele wieder mehrere Sechsen hintereinander. Diesmal schaffe ich es sogar, gleich vier Spielfiguren aufs Spielfeld zu bringen. Sie überleben!

Ich schaffe es, meine Spielfiguren an sicheren Orten zu platzieren. Ich bewege mich meist nur mit einer Spielfigur. So bringe ich eine Spielfigur nach der anderen ins Ziel.

Am Ende gewinne ich. Ich sehe zu, wie mein Sohn und meine Frau um den zweiten Platz kämpfen. Beide haben die Chance, doch nur einer von ihnen kann Zweiter werden. Am Ende schafft es mein Sohn. Er wird Zweiter. Meine Frau wird Dritter. Damit endet das einzige Spiel am heutigen Tag. Spätestens in einem Monat werden wir wieder spielen.

Sechsundzwanzigster Januar

Winterschlussverkauf! Juhu! So wird jemand schreien, der auf den Winterschlussverkauf gewartet hat. Der unbedingt etwas kaufen möchte. Der unbedingt etwas für den restlichen Winter benötigt.

Im Winterschlussverkauf wird vieles angeboten. Mützen, Handschuhe und auch Jacken. Wer noch keine hat, wer noch etwas davon braucht, sollte jetzt zu schlagen.

Also ab ins nächste Einkaufszentrum. Auch wenn es schneit, auch wenn es langsam voran geht, es muss sein. Es müssen neue Mützen gekauft werden. Wir haben zwar ein paar im Schrank, doch die sind zu klein. Oder sie haben die falsche Farbe. Oder, oder, oder. Eine Mütze wird heute gekauft! Genauso wie ein paar Handschuhe. Diese gehen langsam kaputt. Für den nächsten Winter reichen sie nicht mehr.

Das nächste Einkaufszentrum ist nicht klein. Es gibt auch größere. Doch eine Zahl von siebzig Fachgeschäften ist schon in Ordnung. Klar, nicht jedes Fachgeschäft bietet Kleidung an. Nicht jedes Fachgeschäft macht beim Winterschlussverkauf mit. Es gibt auch zwei Bäcker. Es gibt auch zwei Drogeriemärkte. Einen Spielzeugladen. Ein Elektronikfachgeschäft und vieles mehr.

Wir haben einen Standardplatz am Einkaufszentrum, wo wir unser Auto parken. Dieser ist nicht fest definiert. Er beschreibt eigentlich nur die grobe Lage. Das Einkaufszentrum mit siebzig Fachgeschäften hat vier Eingänge. Am westlichen Eingang parken wir. Dann steigen wir aus und gehen ins Einkaufszentrum.

Am Anfang erwartet uns kein Textilladen. Links sind Schuhläden, rechts ein Zoofachgeschäft. Erst am Ende des Ganges, wo alle vier Eingänge aufeinander treffen, dort wo es ein Rondell mit einem Bäcker gibt, dort gibt es auf der linken Seite ein Textilfachgeschäft.

Es geht sofort hinein. Auf der Suche nach Mützen, Schals, Handschuhen und einer dicken Winterjacke. Der Laden wird komplett auf den Kopf gestellt. Es werden viele Jacken und Mützen anprobiert. Viele passen nicht. Sehen nicht so toll aus, wie anfangs gedacht. Trotzdem verlassen wir nicht umsonst dieses Geschäft. Einen weiß-grau-schwarzen Schal nehmen wir mit. Den Kassenzettel lassen wir uns natürlich geben. Wir wollen ja noch in andere Textilgeschäfte.

Wir brauchen nicht nach links gehen. Dort gibt es nur einen Supermarkt, einen Bäcker, einen Blumenladen und eine Möbelausstellung. Nichts davon brauchen wir. So gehen wir nach rechts. Wir klappern einige kleine Textilläden ab. Probieren dies und das an. Doch allzu viel kaufen wir nicht. Eine Mütze, einen Schal und ein Paar Handschuhe haben wir erst.

Ein Sportfachgeschäft gibt es im Einkaufszentrum auch. Auch dort gehen wir hinein. Wir brauchen keinen Sportartikel, doch in diesem Geschäft gibt es auch ein paar Handschuhe. Dicke Winterhandschuhe. Wir probieren einige an. Zwei davon passen und gefallen uns. Diese werden gekauft.

Im Textilladen gegenüber geht das Shopping weiter. Dort finden wir unter Anderem eine tolle Winterjacke. Doch nicht nur das. Auch eine Jeans wird gekauft. Sie ist zwar nicht im Angebot. Nicht Teil des Winterschlussverkaufes, aber das macht ja nichts. Wenn Frau in Shoppinglaune ist, dann wird das gekauft, was Frau für nötig hält. Auch wenn im Schrank schon drei Mützen liegen, zwei Paar dicke Handschuhe, zwei dicke Winterjacken und ein grau-schwarzer Schal. Im Kleiderschrank ist noch Platz. Dort passt noch einiges hinein. Notfalls müssen die Kleider des Mannes umziehen. In einen anderen Schrank. In den Keller oder sonst wohin. Hauptsache Frau hat Platz in ihrem Kleiderschrank, oder?

 

Siebenundzwanzigster Januar

Kurz vor den Winterferien zog ich um. Mal wieder. Meist zogen ich und meine Eltern innerhalb der Stadt um. Nur zweimal war dies anders. Nachdem ich die sechste Klasse abschloss, zogen wir in eine andere Stadt. Nachdem ich ein halbes Jahr in der elften Klasse war, zogen wir zurück in diese Stadt.

Es war Ende Januar als ich den ersten Tag in der neuen Schule verbrachte. Es war ein kleines Wiedersehen. Eine gute Freundin, die ich bis zur sechsten Klasse hatte, sah ich wieder. Sie war in der selben Tutorgruppe wie ich. Sie hatte wie ich Deutsch als Leistungskurs. Während Biologie mein zweiter Leistungskurs war, war sie auch noch im Leistungskurs Mathe. Sonst hatten wir aber fast die gleichen Kurse. Ich machte Kunst und sie Musik. Gemeinsam machten wir Russisch. Gemeinsam waren wir im Physikkurs.

Damals in der sechsten Klasse war sie nur eine gute Freundin. Jetzt wurde sie meine beste Freundin. Wir unternahmen vieles gemeinsam. Ich begleitete sie im Sommer fast jeden Tag nach Hause. Manchmal zu Fuß. Im Sommer meistens mit Fahrrad. Ich fuhr immer Fahrrad. Sie nicht.

Ich war knappe sieben Kilometer von der Schule entfernt. Zu Fuß würde ich viel zu lange brauchen. Mit Fahrrad war ich schneller. Bus und Bahn hätte ich auch nehmen können, doch dann wäre ich abhängig gewesen. So gut waren die Fahrzeiten nicht. Mittags konnte ich alle dreißig Minuten nach Hause fahren. Früh morgens oder am Nachmittag musste ich eine Stunde warten, wenn ich den Bus verpasste. Da fuhr ich lieber mit dem Rad. Meine Gesundheit sollte darunter gewiss nicht leiden.

Meine beste Freundin hatte es nicht so weit. Sie musste nur knapp zwei Kilometer laufen. Gut sie lief selten. Wenn sie lief, dann nur zur Straßenbahnhaltestelle. Sie fuhr zwei Stationen weiter und lief noch ein kurzes Stück. Dann war sie zu Hause. Wenn es nicht regnete, wenn es nicht schneite, wenn es nicht kalt war, dann fuhr sie mit dem Rad zur Schule.

Auf dem Schulhof gab es einige Fahrradständer. Dort stellten wir unsere Fahrräder ab. Wenn die Schule aus war, begleitete ich meine beste Freundin. War sie mit dem Fahrrad unterwegs, begleitete ich sie bis zu sich nach Hause. War schlechtes Wetter, so lief meine beste Freundin zur Straßenbahnhaltestelle. Ich begleitete sie. Ich lief neben ihr und schob mein Fahrrad.

Doch nicht immer, wenn schlechtes Wetter war, fuhr meine beste Freundin mit der Straßenbahn. Manchmal musste sie zur Bank oder zu einer Freundin. Da beides in der Nähe lag und nur schwer mit Bus oder Bahn zu erreichen war, lief sie. In den meisten Fällen begleitete ich meine beste Freundin. Bis zu ihrer Freundin. Von dort fuhr ich dann mit dem Rad nach Hause. Wenn meine beste Freundin zur Bank musste, so wartete ich kurz vor der Bank. Dann ging es weiter zu ihr nach Hause.

Meistens begleitete ich meine beste Freundin nur nach Hause und fuhr dann gleich zurück zu meinem Zuhause. Manchmal verbrachten wir auch den Nachmittag bei ihr. Besonders vor Klassenarbeiten oder anderen Prüfungen. Wir lernten zusammen. Zusammen waren wir erfolgreich. Eine gute Note war uns meist sicher. Wenn wir gemeinsam lernten, konnten wir eine sehr gute Note erreichen.

Wir Beide waren ein gutes Team. Bis zur sechsten Klasse. Wir waren ein sehr gutes Team ab der elften Klasse. Doch wir sollten nicht ewig ein sehr gutes Team sein. Wir sollten mehr sein. Irgendwann zu mindestens.

Achtundzwanzigster Januar

Ich erinnere mich zurück. Es war vor vielen Jahren. Es war vor sehr vielen Jahren.

Damals war ich noch ein Schulkind. In die Grundschule ging ich nicht mehr. Ich war schon in der Sekundarstufe. Genauer gesagt war ich in der zehnten Klasse. Nur wenige Monate trennten mich von meinem ersten Schulabschluss.

Seit anderthalb Jahren fuhr ich mit dem Rad zur Schule und wieder nach Hause. Vorher fuhr ich immer Bus. Anfangs stieg ich in den Bus und fuhr rund zehn Minuten. Nach fünf Minuten Laufen war ich auf dem Hof meiner Grundschule.

Ab der siebenten Klasse war mein Schulweg weiter. Ich fuhr noch immer mit dem Bus. Ich fuhr noch immer rund zehn Minuten. Dann stieg ich aber in die Straßenbahn um. Mit ihr fuhr ich etwas mehr als zwanzig Minuten. Dann musste ich wieder laufen. Sieben Minuten später und zwei Straßenüberquerungen weiter war ich an meiner Hauptschule.

Seitdem ich Schüler in der neunten Klasse bin, fahre ich mit dem Rad. Ich fahre im Frühling, wenn die Zugvögel wiederkommen. Ich fahre im Sommer, wenn die Sonne vom Himmel brennt. Ich fahre im Herbst, wenn der Wind die bunten Blätter zum Tanzen bringt. Ich fahre auch im Winter, wenn es schneit. Ich fahre bei Regen, Wolken und Sonnenschein.

Mein Weg mit dem Rad zur Schule dauert natürlich länger als mit Bus und Bahn. Hin und zurück sind es für mich rund achtzehn Kilometer. Dies schaffe ich in einer Stunde. Der Hinweg ist dabei kürzer als der Rückweg. Dies liegt hauptsächlich daran, dass ich morgens durch die Innenstadt fahre. Viele Leute sind noch nicht unterwegs. Am Nachmittag ändert sich das aber. Die Innenstadt ist voll. Mit dem Rad dadurch zu kommen, gestaltet sich schwierig. Die Menschen stehen mir im Weg. Ich fahre lieber außen herum.

Im Sommer kann ich von Zuhause etwas später losfahren. Dank Sonne, Wärme und der Abwesenheit von Schnee bin ich schneller. Jetzt haben wir aber Winter. Ich fahre also nicht erst um sieben Uhr los. Ich verlasse schon gegen sechs Uhr fünfundfünfzig das Haus und breche Richtung Schule auf.

Wenn ich auf dem Rad sitze, fahre ich erst einmal rund dreihundert Meter geradeaus. Wenn die folgende Ampel Grün ist, brauche ich nicht anzuhalten. Die Gefahr des Wegrutschens ist geringer. Im Winter könnte es glatt sein.

Nach der Ampel geht es für mich auf dem Radweg auf der linken Straßenseite Richtung Stadt. Der Radweg wurde schon gestreut, trotzdem rase ich nicht so wie im Sommer. Glatt werden kann es stellenweise immer wieder einmal und viel Licht gibt es gegen sieben Uhr noch nicht. Die Sicht ist eingeschränkt.

Das Ortseingangsschild der Stadt erreiche ich nach rund anderthalb Kilometern. Knapp zweihundert Meter später wartet die nächste Ampel. Diesmal muss ich anhalten. Ich bremse vorsichtig ab.

An der Ampel wechsle ich wieder die Straßenseite. Es ist eine Kreuzungsampel. An dieser Kreuzung stehe ich zweimal. Erst wechsle ich auf die rechte Seite, dann überquere ich eine Straße, die von rechts zur Kreuzung stößt.

Nun erwartet mich ein Berg. Genauer gesagt ist es kein Berg. Es ist nur eine Bahnüberführung. Trotzdem geht es ganz schon aufwärts. Sand sehe ich hier nicht. Ein Streufahrzeug war hier noch nicht unterwegs. Noch nicht.

Dies ändert sich wenige hundert Meter später. Am höchsten Punkt angekommen, kommt mir ein Streufahrzeug entgegen. Einfach ausweichen geht nicht. Dafür ist kein Platz. Ich muss auf die Straße ausweichen. Das ist klar. Ich könnte direkt vom Radweg auf die Straße fahren. Nur die Bordsteinkante wäre mir im Weg. Doch ich lasse es. Ich bremse ab. Dann steige ich vom Fahrrad ab und betrete zu Fuß die Straße.

Zum Glück ging ich zu Fuß. Die Straße war stellenweise glatt. Wäre ich hinuntergefahren, wäre ich wohl hingeflogen. So aber umgehe ich das Streufahrzeug. Nachdem es hinter mir ist, betrete ich wieder den Radweg und setzte meinen Weg zur Schule fort. Gegen sieben Uhr dreißig werde ich dort sein. Das ist der Normalfall in den Wintermonaten und bis jetzt kam ich nie zu spät.

Neunundzwanzigster Januar

Vieles im Leben muss sein. Ob wir wollen oder nicht, wir müssen es tun. Wir können theoretisch den ganzen Tag im Bett verbringen. Müssen wir aber nicht. Wenn wir genug Geld haben, müssen wir auch nicht arbeiten. Den Arzt müssen wir nicht besuchen, wenn wir krank sind. Ob es uns ohne Arzt besser geht, ist eine andere Frage.

Zwei Dinge müssen wir aber tun. Nein, eigentlich sind es drei. Wir müssen atmen. Ohne Luft können wir nicht leben. Doch Luft reicht nicht. Unser Körper kann ohne Energie nicht arbeiten. Unser Körper braucht Essen und Trinken. Trinken ist wohl wichtiger als Essen. Wir verdursten bevor wir verhungern. Doch ohne Essen wird unserem Körper früher oder später Energie fehlen.

Wir müssen also einkaufen gehen. Wie oft wir in den Supermarkt gehen, ist unterschiedlich. Manche besuchen den Supermarkt mehrmals in der Woche. Zu Fuß bringen sie das Eingekaufte nach Hause. Wer ein Auto besitzt, fährt theoretisch seltener einkaufen. Sollte die Familie groß sein, so kann dies natürlich anders aussehen.

Ich lebe allein. Ich habe weder eine Frau noch Kinder. Mit einem Auto würde ich nur einmal pro Woche zum Supermarkt fahren. Wenn überhaupt. Ich besitze aber kein Auto. So gehe ich immer zweimal in der Woche einkaufen.

Fast immer kaufe ich Getränke und Brötchen. Einmal pro Woche kaufe ich auch Obst und Gemüse ein. Dass ich nicht mehr als zweimal pro Woche einkaufen gehe, das liegt an einer Kleinigkeit. Mittagessen koche ich zu Hause nicht. Mittags wird auf der Arbeit immer bestellt. Am Wochenende gibt es Pizza oder ein belegtes Brötchen. Wäre dies nicht der Fall, dann müsste ich öfters einkaufen.

So aber bin ich nur zweimal pro Woche einkaufen. Heute ist wieder ein Einkaufstag. Heute sind wieder einmal Obst und Gemüse dran.

Die Obst- und Gemüseabteilung befindet sich am Anfang des Supermarktes. Dort gibt es Äpfel und Zitronen. Auch Bananen und Weintrauben kann ich dort einkaufen. Kartoffeln und Möhren werden ebenfalls angeboten.

Die Auswahl ist groß. In den anderen Jahreszeiten ist die Auswahl noch größer. Dann gibt es auch Birnen, Erdbeeren, Himbeeren und Pflaumen. Diese kann ich heute nicht kaufen.

Ich umrunde die Regale für Obst und Gemüse. Was kaufe ich heute? Eine Gurke für einen Gurkensalat? Lieber nicht, die letzte Gurke vor einigen Tagen war nicht die Beste. Aber Tomaten sind in Ordnung. Heute Abend gibt es Tomatensalat. Zwiebeln habe ich noch zu Hause. Mehr brauche ich an Gemüse für heute nicht.

Was darf es an Obst sein? Ich werde mal wieder bei den Äpfeln zuschlagen. Von allen Sorten einen Apfel. Fünf Bananen kommen dazu. Fünfhundert Gramm blaue Weintrauben dürfen es ebenfalls sein. Das sollte an Obst erst einmal reichen.

Es kann mit dem normalen Einkauf weitergehen. Alles kommt in den Einkaufswagen hinein. Den Einkaufswagen schiebe ich bis zur Kasse. Die Waren kommen nun auf das Band. Nach dem Scannen kommen die Waren für einen kurzen Moment zurück in den Einkaufswagen. Ich bezahle, dann schiebe ich den Einkaufswagen einige Meter weiter.

Nun ist es Zeit, das Eingekaufte einzupacken. Einen Rucksack habe ich beim Einkauf immer dabei. Dort hinein kommen die bezahlten Waren. Selten passen alle Waren in den Rucksack. Das ist aber auch nicht schlimm. Im Rucksack habe ich auch noch eine große Plastiktüte. Darin kommt der Rest. Dann geht es zu Fuß nach Hause.