Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg

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V. Die zentralen Organe der Hochschulen (ohne Duale Hochschule)

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Seit der grundlegenden Reform des Hochschulrechts im Jahre 2000 wurde das LHG mehrfach modifiziert und ergänzt. Die wesentliche Grundstruktur blieb jedoch erhalten. Eine gewisse Zäsur stellt nun das „Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts“ (HRWeitEG) von 2018 dar. Verändert werden insbesondere die Zusammensetzung des Senats und des Fakultätsrats, die Stimmanteile der Hochschullehrer und die Bestimmungen zur Wahl und Abwahl von Mitgliedern der Leitungsorgane. Eigentliche Ursache dieser Reform ist die Entscheidung des VerfGH vom 14.11.2016,[325] der in verschiedenen organisatorischen Regelungen des LHG eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit sah und deshalb den Gesetzgeber vor die Wahl stellte, entweder Kompetenzen des Rektorats zugunsten des Senats einzuschränken oder aber bei Wahl und Abwahl der Mitglieder des Rektorats den Hochschullehrern einen ausschlaggebenden Einfluss einzuräumen. Auf die Entscheidung und ihre verfassungsrechtliche Problematik wurde bereits unter Rn. 143 ff. ausführlich eingegangen. Die nicht zuletzt durch diese Entscheidung entstandene Inhomogenität der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung wird dazu führen, dass die bundesweite Diskussion über eine verfassungsrechtlich zulässige und ausgewogene Hochschulorganisation so rasch nicht beendet sein wird. Dabei wäre es wichtig, dass der Hochschulbereich endlich einmal zur Ruhe kommt und sich auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren kann.

Das LHG sieht in § 15 I drei zentrale Organe vor:


das Rektorat,
den Senat und
den Hochschulrat.

Die vom Gesetzgeber zeitweise verwendete Bezeichnung „Vorstand“ für die Hochschulleitung und „Aufsichtsrat“ für das Kontrollorgan fand keine Akzeptanz bei den Hochschulen. Das ist nachvollziehbar, weil kein Grund bestand, die im Hochschulbereich eingeführten Benennungen der Organe zu ändern. Für die im Mittelpunkt der Reform stehende Idee einer Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit der Hochschule war die im Gesetz vorgesehene Bezeichnung der beiden Organe inhaltlich irrelevant. Die Hochschulen durften – und taten das auch – durch Regelung in der Grundordnung die traditionellen Bezeichnungen der Organe weiter verwenden (§ 15 III LHG a.F.). Auch heute werden einige Optionen für vom Gesetz abweichende Bezeichnungen in der Grundordnung zugelassen: „Präsidium“ für das Rektorat, „Präsident“ und „Vizepräsident“ für Rektor und Prorektoren, „Kanzler/Kanzlerin“ für das hauptamtliche Rektoratsmitglied im Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung. Der Hochschulrat kann bei den Universitäten auch „Universitätsrat“, bei der DHBW „Aufsichtsrat“ bezeichnet werden (§ 15 II LHG).

1. Das Rektorat

a) Kollegiale Hochschulleitung

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Das bis 1999 geltende Hochschulrecht sah als Option bei den Universitäten zwei Leitungsmodelle für die Hochschulleitung vor, die „Präsidialverfassung“ und die „Rektoratsverfassung“ (vgl. § 11 II UG a.F.). Ob die Universität durch einen Präsidenten oder durch ein Rektorat geleitet wurde, bestimmte die Grundordnung. Mit der Entscheidung für ein Rektorat als kollegialer Hochschulleitung war obligatorisch die Festlegung verbunden, dass nur ein der Universität angehörender Professor in der Besoldungsgruppe C 4 zum Rektor gewählt werden konnte (§ 15 II 1 UG a.F.); der Kreis der möglichen Bewerber für das Rektorenamt war also von vornherein eingegrenzt. Im Gegensatz dazu ließ die „Präsidialverfassung“ auch Bewerbungen Externer für das Präsidentenamt zu, wenn sie entsprechend qualifiziert waren (vgl. § 12 VI 5 UG a.F.). Die weit überwiegende Zahl der Universitäten bevorzugte eine kollegiale Hochschulleitung, da ein Externer mit monokratischer Leitungsbefugnis vom Selbstverständnis der Hochschule her kaum für ein solches Amt in Betracht kommen konnte. Erschwerend hinzu kam noch, dass die Amtszeit eines solchen Externen als Präsident auf acht Jahre festgelegt war.[326]

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Das am 1.1.2000 in Kraft getretene Hochschulrecht zog insoweit die Konsequenz und öffnete den Zugang zum Amt des Rektors oder Präsidenten generell und an allen Hochschularten für entsprechend qualifizierte Externe. Gleichzeitig entschied sich der Gesetzgeber für eine kollegiale Hochschulleitung als Regelfall, beließ den Hochschulen aber die Möglichkeit, sich in der Grundordnung für eine monokratische Hochschulleitung zu entscheiden,[327] wobei bei den Universitäten und den Kunst- und Musikhochschulen für den Amtsträger die Bezeichnung „Präsident“ (für seinen Vertreter: „Vizepräsident“) vorgesehen war, während es an den anderen Hochschulen bei der Bezeichnung Rektor und Prorektor blieb. Letztlich hat das monokratische Präsidialsystem in Baden-Württemberg nie eine größere Rolle gespielt. Umfang und Anspruch der von einer Hochschulleitung heute wahrzunehmenden Aufgaben sprechen auch eindeutig für ein kollegial besetztes Organ. Das geltende LHG sieht nur noch das Rektorat als kollegiale Hochschulleitung vor (§ 16 I LHG). Die Grundordnung der Hochschule kann jedoch vorsehen, dass das Leitungsorgan die Bezeichnung „Präsidium“ führt (§ 15 II 1 LHG), das sich dann aus dem „Präsident“ und den „Vizepräsidenten“ zusammensetzt (§ 17 III 3 LHG). Für das Rektoratsmitglied, das für die Wirtschafts- und Personalverwaltung verantwortlich ist, kann die Grundordnung auch die traditionelle Amtsbezeichnung „Kanzler“ aufrechterhalten (§§ 15 II 2, 17 III 2 LHG). Die Änderung der Bezeichnung für die Mitglieder des Rektorats durch die Grundordnung hat materiell keine Bedeutung, es gibt also im Gegensatz zu früher nur ein einheitliches Leitungsmodell.

b) Zusammensetzung des Rektorats, Wahl, Amtszeit, Abwahl und rechtliche Stellung nach der Abwahl

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Das Rektorat setzt sich bei allen Hochschulen aus mindestens zwei hauptamtlichen Mitgliedern zusammen, die um weitere haupt– und nebenamtliche Mitglieder ergänzt werden, wenn die Grundordnung das bestimmt (§ 16 I LHG).

Hauptamtliche Mitglieder sind (§ 16 I 2 LHG):


der Rektor (optionale Bezeichnung „Präsident“),
ein Rektoratsmitglied für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung (optionale Bezeichnung „Kanzler“) und
weitere Rektoratsmitglieder als Prorektoren oder Vizepräsidenten, soweit die Grundordnung das vorsieht.

Die Grundordnung kann auch die Möglichkeit schaffen, bis zu vier nebenamtliche Rektoratsmitglieder zu bestellen (§ 16 I 3 LHG). Die Erhöhung der Mitgliederzahl im Rektorat hat vor allem Bedeutung für größere Hochschulen, um einzelnen Aufgabenbereichen (z.B. Lehre, Studium, Forschung, Technologietransfer, Internationales, Gleichstellung, Nachwuchsförderung u.a.) ein zusätzliches Gewicht zu geben. Für die Wahl der von der Grundordnung vorgesehenen weiteren haupt- oder nebenamtlichen Prorektoren gelten nach dem LHG unterschiedliche Verfahren, auch die Amtsdauer ist verschieden.

(1) Die hauptamtlichen Rektoratsmitglieder

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Im Vergleich zu früheren Regelungen lässt die seit 2014 geltende Fassung des LHG eine deutliche Erweiterung der Zahl der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder durch die Grundordnung zu; § 16 I 2 LHG schreibt keine Obergrenze für die weiteren Rektoratsmitglieder vor. Bei der Genehmigung der Grundordnung müssen sich daher Ministerium und Hochschule auf eine bestimmte Zahl verständigen. Die Öffnung der gesetzlichen Regelung für zusätzliche hauptamtliche Rektoratsmitglieder ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Aufgaben und Anforderungen des Rektorats stark gestiegen sind und eine breitere Repräsentanz erfordern. Die bis zum Inkrafttreten des LHG sehr unterschiedlichen Regelungen für Rektor und Kanzler wurden vereinheitlicht. Bei der Besetzung gelten für die hauptamtlichen Rektoratspositionen weitgehend gleiche Rahmenbedingungen; der Zugang zu den Ämtern ist nicht auf Hochschulmitglieder begrenzt, sondern steht generell auch für externe Bewerber offen.

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Obwohl das Hochschulrecht in Baden-Württemberg mit der Präsidialverfassung über viele Jahrzehnte hinweg die Option geboten hatte, die Hochschulleitung einer externen Persönlichkeit zu übertragen, hielten die Hochschulen an der traditionellen Rektoratsverfassung fest, die vorsah, dass nur Hochschullehrern aus den eigenen Reihen die Hochschulleitung übertragen werden konnte. Eine Ausnahme bildete die Universität Tübingen, die sich 1972 für das Präsidialmodell entschied und Adolf Theis als Externen zum Präsidenten wählte, der das Amt – zweimal wiedergewählt – bis 1995 wahrnahm. Mit der Entscheidung in der Grundordnung für ein Rektoratsmodell waren externe Bewerber ausgeschlossen. Das ist heute anders. Das klassische Rektoratsmodell hat eine jahrhundertelange Tradition. Die Wissenschaftslandschaft hat sich jedoch tiefgreifend verändert. Von der Idylle einer Universität des 19. Jahrhunderts mit einigen hundert Studierenden,[328] die sich noch gegenseitig kannten, haben sich die heutigen Hochschul-Großbetriebe mit 20 000, 30 000 oder auch mehr Studierenden weit entfernt. An die Stelle eines Kanons weniger Fächer sind mehrere tausend unterschiedliche Studiengänge getreten. Die Ausdifferenzierung der wissenschaftlichen Disziplinen nimmt kontinuierlich weiter zu und lässt Lehrstühle mit Spezialisierungen entstehen, die es vorher nicht gegeben hat. Einen „Universalgelehrten“, der noch alle Verästelungen der Wissenschaft überschaut, gibt es nicht mehr. Bei der Leitung einer Hochschule geht es weniger um eine breite wissenschaftliche Qualifikation, als vielmehr um die Fähigkeit, die Hochschule unter Berücksichtigung der vorhandenen wissenschaftlichen Kompetenzen bestmöglich aufzustellen, Ziele zu setzen und sie dann auch konsequent zu verfolgen. Ein Blick in die lange Liste der Rektoren der Universitäten zeigt, dass die Amtszeiten gerade der herausragenden Wissenschaftler als Rektoren nur ein bis zwei Jahre betrugen. Das ist schon deshalb inhaltlich nachvollziehbar, weil sonst der jeweilige Rektor befürchten musste, den Anschluss an die wissenschaftliche Entwicklung in seinem Fach zu verlieren. Längerfristige Strategien sind aber unter solchen Bedingungen kaum zu realisieren. Nicht selten kommt es vor, dass eine Universität mit einem starken Anteil naturwissenschaftlicher Fächer außerordentlich erfolgreich von einem Geisteswissenschaftler geleitet wird. Die Komplexität der Herausforderungen, mit der eine Hochschulleitung heute konfrontiert ist, verlangt spezifische Eigenschaften und Fähigkeiten, die ganz unabhängig von der fachwissenschaftlichen Kompetenz einzelne Wissenschaftlerpersönlichkeiten besitzen, andere aber auch nicht. Das Kompetenzprofil für ein Mitglied der Hochschulleitung ist also nicht identisch mit dem eines in seiner Wissenschaft sehr erfolgreichen Hochschullehrers. Wissenschaftliche Exzellenz garantiert nicht notwendigerweise Exzellenz im Amt des Rektors oder des Prorektors.

 

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Andere Hochschulsysteme (z.B. in den USA) sind schon früh dazu übergegangen, zwischen Wissenschaftlern und Wissenschaftsmanagern zu unterscheiden; sie haben eigene Karrierewege für Wissenschaftsmanager durch Einrichtung entsprechender hauptberuflicher Positionen innerhalb der Hochschule geschaffen. In der Bundesrepublik steht diese Entwicklung immer noch am Anfang. Voraussetzung ist zunächst die Einrichtung entsprechender hauptamtlicher Leitungspositionen und die Öffnung des Zugangs zu diesen Leitungspositionen für Externe. Es geht dabei jedoch nicht darum, dass unbedingt Externe gewählt werden, sondern um die Öffnung für einen Wettbewerb zwischen internen und externen Bewerbern. Ziel muss es sein, für die anspruchsvolle Rektoratstätigkeit die am besten geeigneten Persönlichkeiten zu finden und zu bestellen.

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Das Verfahren zur Wahl der Hochschulleitung hat sich in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten mehrfach geändert. Einen ganz neuen Akzent setzt die Entscheidung des VerfGH BW vom 14.11.2016[329]. Im Mittelpunkt dieser Entscheidung steht die Forderung, bei Wahl und Abwahl der Hochschulleitung den Hochschullehrern einen entscheidenden Einfluss einzuräumen oder aber alternativ die Zuständigkeiten des Rektorats stark einzuschränken. Im HRWeitEG von 2018 hat sich der Gesetzgeber für die erste Alternative entschieden und den Einfluss dieser Mitgliedergruppe bei Wahl und Abwahl der Hochschulleitung deutlich verstärkt.

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Zur Vorbereitung der Wahl eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds, also des Rektors, des Kanzlers oder eines hauptamtlichen Prorektors, bildet der Vorsitzende des Hochschulrats eine Findungskommission (§ 18 I 1 LHG). Dieser Kommission gehören jeweils zur Hälfte Mitglieder des Hochschulrats und des Senats an– Rektoratsmitglieder sind dabei nach § 18 I 2 LHG ausgeschlossen. Beratend wirkt auch ein Vertreter des Wissenschaftsministeriums mit. Die Zusammensetzung, Größe und Gruppenzugehörigkeit bestimmt die Grundordnung im „Einvernehmen“ mit dem Hochschulrat; der Hochschulrat muss also dieser Regelung in der Grundordnung ausdrücklich zugestimmt haben (§ 18 I 2, 2. HS i.V.m. § 20 I 4 Nr. 10 LHG), was vom Wissenschaftsministerium bei der Genehmigung der Grundordnung nach § 8 IV 2 LHG zu beachten ist. Keine Regelung enthält das LHG, wie die Auswahl der Kommissionsmitglieder durch Senat und Hochschulrat erfolgt. Der Vorsitzende des Hochschulrats, der nach § 18 I 1 LHG den Vorsitz in der Findungskommission hat und damit obligatorisch der Kommission angehört, kann hier nicht einfach selbst einzelne Mitglieder aus Senat oder Hochschulrat auswählen, sondern muss von beiden Organen Entscheidungen einholen, welche Organmitglieder zur Mitwirkung in der Findungskommission entsandt werden, weil sonst die förmliche Legitimation der Findungskommission zur Vorauswahl nicht gewährleistet ist. In einem ersten Schritt stimmt dann der Vorsitzende Inhalt sowie Art und Weise der Stellenausschreibung mit der Kommission ab und schreibt die Stelle öffentlich aus (§ 18 I 3 LHG).

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Um das Amt eines hauptamtlichen Vorstandsmitglieds kann sich bewerben, wer die gesetzlich vorgeschriebene Qualifikation besitzt. Die sonst bei Begründung eines Dienstverhältnisses maßgeblichen Altersgrenzen gelten nicht; § 48 LHO findet keine Anwendung (§ 17 III 4 LHG).


Die notwendige Qualifikation für das Amt des Rektors erfüllt, wer entweder hauptberuflich als Professor der jeweiligen Hochschule angehört oder ein Hochschulstudium abgeschlossen hat und auf Grund einer mehrjährigen leitenden beruflichen Tätigkeit, insbesondere in Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Verwaltung oder Rechtspflege erwarten lässt, dass er den Aufgaben des Amtes gewachsen ist (§ 17 III 1 LHG).
Die erforderliche Qualifikation des hauptamtlichen Rektoratsmitglieds für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung (Kanzler) orientiert sich an den spezifischen Aufgaben dieses Amtes. Verlangt wird die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst; es genügt inzwischen aber auch der Abschluss eines anderen Hochschulstudiums, so dass man eigentlich auf die Erwähnung der beiden anderen Qualifikationen im Gesetz verzichten könnte, es sei denn, dass damit eine gewisse Priorisierung zum Ausdruck gebracht werden soll, was aber unklar bleibt. Auf Grund einer mehrjährigen leitenden beruflichen Tätigkeit, insbesondere in der Personal- und Wirtschaftsverwaltung, muss der Bewerber erwarten lassen, dass er den Aufgaben des Amtes gewachsen ist (§ 17 V 1 LHG).

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Unter den eingegangenen Bewerbungen wählt die Findungskommission bis zu drei Persönlichkeiten aus und fasst Beschluss über den Wahlvorschlag, der Hochschulrat und Senat als Wahlgremien vorgelegt werden soll. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die Besetzung der Hochschulleitung eine Kondominialangelegenheit von Staat und Hochschule.[331] Der Wahlvorschlag erfordert daher das Einvernehmen des Wissenschaftsministeriums, was auch dem Zweck dient, frühzeitig die für die Ernennung zuständige staatliche Seite einzubinden. Jedes der beiden Wahlgremien kann vor Durchführung des Wahlverfahrens den Beschluss fassen, eine Erweiterung des Wahlvorschlags um weitere Kandidaten zu verlangen (§ 18 II 2 LHG). Gedacht ist dabei an Persönlichkeiten, die aus Sicht des Wahlgremiums für das Amt besonders geeignet erscheinen, sich aber möglicherweise gar nicht beworben haben.[332] Adressat einer solchen Forderung ist der Vorsitzende des Hochschulrats, der als Vorsitzender der Findungskommission die Vorbereitung der Wahl zu koordinieren und für eine gültige Wahlliste zu sorgen hat. Eine Erweiterung des Wahlvorschlags auf Grund eines Antrags eines Wahlgremiums ist nur zulässig, wenn auch hierzu das Wissenschaftsministerium sein Einvernehmen erteilt hat (§ 18 II 2 LHG). Nicht klar genug im Gesetz geregelt ist das Vorschlagsrecht des Rektors zur Wahl des Rektoratsmitglieds für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung und der weiteren hauptamtlichen Rektoratsmitglieder. Nach § 18 IV 1, 2. HS LHG darf der Rektor alle Bewerbungsunterlagen einsehen und nimmt an den Bewerbungsgesprächen teil. Unproblematisch ist, wenn der Rektor sein Votum bei der Erstellung des Wahlvorschlags abgibt und es dort in die Vorlage an die Wahlgremien mit einbezogen wird. Die gesetzliche Regelung schließt aber die Möglichkeit nicht aus, dass der Rektor noch unmittelbar vor der Wahl in den Wahlgremien sein Vorschlagsrecht wahrnimmt, denn § 18 IV 1 LHG regelt nur ganz allgemein, dass das Vorschlagsrecht die Wahlgremien nicht bindet. Weicht dabei der Vorschlag des Rektors von dem Wahlvorschlag der Findungskommission ab, kann das für erhebliche Irritationen in den Wahlgremien sorgen, weil dann zwei divergierende Vorschläge im Raum stehen. Um eine solche Situation zu vermeiden, wäre eine Regelung im LHG hilfreich, in welchem Stand des Verfahrens das Vorschlagsrecht des Rektors auszuüben ist.

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Die Wahl der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder erfolgt in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Hochschulrat, die von dem Vorsitzenden des Hochschulrats geleitet wird (§ 18 II 3 LHG). Die beiden Wahlgremien wählen jeweils separat. Gewählt ist, wer in beiden Gremien, die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit erreicht hat (§ 18 II 4 LHG). Das LHG sieht drei Wahlgänge mit unterschiedlichen Anforderungen an die zu erreichende Mehrheit vor: Im ersten Wahlgang verlangt das LHG die Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des jeweiligen Wahlgremiums, beim zweiten Wahlgang reicht die Mehrheit der anwesenden Mitglieder aus und beim dritten Wahlgang genügt bereits die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 18 II 5 LHG). Wird in den drei Wahlgängen auch nur in einem der beiden Wahlgremien die notwendige Mehrheit verfehlt, ist die Wahl gescheitert. Das weitere Verfahren hängt nun davon ab, ob beide Wahlgremien jeweils für sich, aber übereinstimmend beschließen, das Wahlverfahren zu beenden und die Stelle neu auszuschreiben. In diesem Fall findet eine Neuausschreibung statt (§ 18 II 6 LHG).

Entscheidet nur eines der beiden Wahlgremien sich gegen einen Abbruch, wird das Verfahren fortgesetzt. An die Stelle der beiden Wahlgremien tritt nun als Wahlorgan ein einheitliches Wahlpersonengremium, das sich aus den externen Mitgliedern des Hochschulrats und einer gleichen Zahl von Mitgliedern des Senats zusammensetzt. Förmlich gebildet wird dieses Gremium wiederum von dem Vorsitzenden des Hochschulrats, bei dem auch der Vorsitz liegt (§ 18 III 1-4 LHG). Über die Entsendung der im Wahlpersonengremium mitwirkenden Senatsmitglieder entscheidet der Senat. Die Durchführung des eigentlichen Wahlverfahrens verläuft wiederum nach dem bereits geschilderten Muster in drei Wahlgängen (§ 18 III 4 i.V.m. II 4-6 LHG). Kommt es im dritten Wahlgang durch Stimmengleichheit zu keiner Entscheidung für eine Person, hängt es von der Regelung in der Grundordnung ab, ob das Verfahren beendet und die Stelle neu ausgeschrieben wird oder das Los entscheidet (§ 18 III 5 LHG). Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass eine Hochschule sich in ihrer Grundordnung für das Losverfahren entscheidet, auch wenn es dafür, worauf in der Gesetzesbegründung Bezug genommen wird,[333] in § 45 II GemO und § 39 V LKrO Beispiele gibt. Die Rahmenbedingungen der Verfahren unterscheiden sich deutlich. Im politischen Raum muss nach demokratischen Grundsätzen eine Entscheidung zugunsten eines Bewerbers fallen. Ein solcher Entscheidungszwang besteht jedoch bei der Besetzung einer Position im Rektorat nicht. Warum sollte sich eine Hochschule auf einen Kandidaten einlassen, der keine klare Mehrheit in den Wahlgremien gefunden hat? Ob das Wahlpersonengremium eine hilfreiche Option zum vorausgegangenen, aber fehlgeschlagenen Standardverfahren darstellt, muss sich noch erweisen. Betrachtet man die Zusammensetzung des Gremiums, dann gibt es eine gewisse Erweiterung auf der Seite des Hochschulrats durch die bisher in das Verfahren nicht einbezogenen externen Mitglieder, während der Senat entscheiden muss, wen er in das Wahlpersonengremium entsendet, weil der Hochschulrat kleiner ist als der Senat. Von der konkreten Auswahl dieser vom Senat entsandten Mitglieder hängt es entscheidend ab, ob das Wahlpersonengremium trotz der vorausgegangenen negativen Wahlergebnisse sich auf einen Kandidaten einigen kann.

 

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Bei der Durchführung des Verfahrens zur Wahl eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds müssen einige formale Regelungen beachtet werden. Wer sich um das zu besetzende Amt als hauptamtliches Rektoratsmitglied beworben hat, kann aus Gründen der Betroffenheit nicht am Verfahren im Rektorat, in der Findungskommission, im Senat, im Hochschulrat und im Wahlpersonengremium mitwirken; er ist davon ausgeschlossen (§ 18 IV 2 LHG). Zur Sicherstellung einer vollständigen Repräsentanz im Senat sieht § 18 IV 3 i.V.m. § 10 VI LHG eine Stellvertretung vor, wenn einzelne Mitglieder ausgeschlossen oder verhindert sind oder die Position eines Amtsmitglieds im Augenblick nicht besetzt ist. Eine solche Vertretungsregelung gibt es beim Hochschulrat nicht (§ 18 IV 4 LHG), jedes Mitglied kann sein Amt nur höchstpersönlich wahrnehmen. Bei der Zusammensetzung eines Wahlpersonengremiums können zur Ermittlung der Zahl der Senatsmitglieder im Gremium nur die externen Hochschulratsmitglieder angerechnet werden, die im Gremium tatsächlich mitwirken können. Nicht anrechenbar ist ein Sitz im Hochschulrat, der unbesetzt oder mit einem – z.B. wegen Betroffenheit – von einer Mitwirkung ausgeschlossenen Mitglied besetzt ist, weil sonst keine paritätische Besetzung gegeben wäre. Nicht relevant für die zahlenmäßige Zusammensetzung des Wahlpersonengremiums ist, ob ein Mitglied zu einem bestimmten Zeitpunkt anwesend sein kann.

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Die Wahl eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds begründet noch kein Dienstverhältnis. Dazu bedarf es der förmlichen Übertragung des Amtes durch Bestellung in Verbindung mit der Ernennung zum Beamten auf Zeit oder dem Abschluss eines befristeten Dienstvertrags (§ 17 II 1, III 1, 2 LHG). Der für die Ernennung nach § 1 i.V.m. § 4 S. 1 Nr. 11 ErnG zuständige Ministerpräsident hat ein selbstständiges Prüfungs- und Entscheidungsrecht.[334] In aller Regel wird das gewählte hauptamtliche Rektoratsmitglied mit der vom LHG für die jeweilige Funktion vorgesehenen Bezeichnung „Rektor/Rektorin“, „Prorektor/Prorektorin“ oder „Kanzler/Kanzlerin“ zum Beamten auf Zeit[335] ernannt, wobei bei entsprechender Regelung in der Grundordnung auch die Bezeichnungen „Präsident/Präsidentin“ oder „Vizepräsident/Vizepräsidentin“ zulässig sind (§ 17 III 2 und 3 LHG). Die Altersgrenze des § 48 LHO gilt bei der Ernennung von hauptamtlichen Rektoratsmitgliedern nicht (§ 17 III 4 LHG). Statt eines Beamtenverhältnisses kann durch vertragliche Regelung ein befristetes Dienstverhältnis begründet werden. Ein vertraglich vereinbartes Dienstverhältnis kommt vor allem dann in Betracht, wenn die vom Besoldungsrecht gezogenen Gehaltsgrenzen nicht ausreichen, um einen externen Bewerber mit einem diese Grenzen übersteigenden dienstlichen Gehalt zu gewinnen. Dem Gestaltungsspielraum sind jedoch auch hier Grenzen gesetzt, weil die Höhe außertariflicher Leistungen nicht beliebig den durch Besoldungsrecht gesetzten Rahmen überschreiten kann.

268

Die Amtszeit der hauptamtlichen Rektoratsmitglieder beträgt sechs bis acht Jahre; die Entscheidung über die Dauer trifft der Hochschulrat (§ 17 II 2, 2. HS LHG). Nach dem LHG ist der Hochschulrat nicht verpflichtet, sich – wie bei einer Regelung in der Grundordnung – einmalig auf eine bestimmte Dauer festzulegen. Möglich ist deshalb, dass in der Ausschreibung zunächst die vom Gesetz vorgesehene zeitliche Spannbreite angegeben wird und der Hochschulrat erst später die Amtszeit unter Berücksichtigung der Bewerberlage festlegt. Jeder Bewerber kann und muss sich auf eine solche zeitlich noch offene Situation einstellen. Unzulässig wäre es dagegen, nach einer Ausschreibung mit festgelegter Amtszeit diese Amtszeit mit Blick auf einzelne Bewerber später zu ändern. Die Amtszeit beginnt nicht mehr – wie früher – mit dem Wintersemester, sondern mit dem Amtsantritt. Für jedes hauptamtliche Rektoratsmitglied gilt damit eine eigene Amtszeit, deren Dauer vom Hochschulrat unterschiedlich festgelegt sein kann. Im Falle einer Verlängerung schließt sich die neue Amtszeit unmittelbar an das Ende der bisherigen Amtszeit an (§ 17 II 4 LHG). Der Eintritt in den Ruhestand nach den beamtenrechtlichen Vorschriften beendet die Amtszeit als Mitglied des Rektorats (§ 17 II 5 LHG).

269

Mit einer hauptamtlichen Tätigkeit im Rektorat nicht vereinbar ist die Wahrnehmung eines anderen Amtes innerhalb der Hochschule (§ 17 III 5 LHG). Eine Ausnahme sieht das LHG für den Fall vor, dass eine Hochschule keine weitere Untergliederung in Fakultäten oder Sektionen hat – was bei kleineren Hochschulen der Fall sein kann –; dann werden die sonst bei einem Dekanat liegenden Aufgaben vom Rektorat mit wahrgenommen (§ 15 IV 3 LHG). Mit Amtsantritt muss ein neu gewähltes hauptamtliches Rektoratsmitglied ein bestehendes anderes Amt aufgeben.

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Das LHG berücksichtigt die zum Teil ganz unterschiedlichen beruflichen Ausgangslagen der Bewerber, um für die Zeit nach Beendigung des Zeitbeamtenverhältnisses eine möglichst verlässliche Perspektive zu eröffnen. Wird ein im Dienst des Landes stehender beamteter Professor[336] zum hauptamtlichen Rektoratsmitglied ernannt, bleibt sein bisheriges Beamtenverhältnis neben dem neuen Beamtenverhältnis auf Zeit bestehen. Die gesetzliche Regelung in § 17 IV 1 LHG stellt insoweit sicher, dass das bisherige Dienstverhältnis nicht nach § 22 III BeamtStG durch Entlassung kraft Gesetzes beendet wird. Wird die Professur in einem hauptberuflichen Angestelltenverhältnis wahrgenommen, bleibt das bisherige vertragliche Dienstverhältnis erhalten, die Rechte und Pflichten als hauptamtliches Rektoratsmitglied werden durch einen zusätzlichen Dienstvertrag geregelt. Alle in § 46 LHG geregelten Pflichten aus dem bisherigen Professorenverhältnis, sei es im Beamten- oder Angestelltenverhältnis, ruhen jedoch während der Amtszeit als Rektoratsmitglied (§ 17 IV 1-3 LHG). Die Dienstbezüge werden ausschließlich für die Rektoratstätigkeit gewährt. Das Ruhen der Pflichten schließt allerdings nicht aus, dass das hauptamtliche Rektoratsmitglied auf eigenen Wunsch und freiwillig einzelne Rechte als Professor wahrnimmt, z.B. Vorlesungen hält, soweit das mit dem Rektoratsamt vereinbar ist. Es darf sich dabei nicht um Aufgaben handeln, deren Übernahme auch mit erheblichen rechtlichen Pflichten verbunden ist. Nicht möglich ist deshalb die gleichzeitige Leitung einer Universitätsklinik.