Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg

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Eine vergleichbare Regelung sieht das LHG inzwischen auch für andere in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder in einem unbefristeten Dienstverhältnis des Landes stehende Beschäftigte vor, wenn sie zum hauptamtlichen Rektoratsmitglied bestellt werden. Auch in diesem Fall ruhen die Rechte und Pflichten aus dem bisherigen Dienstverhältnis bis zum Ende der Amtszeit als Rektoratsmitglied, wobei bei Angestellten das Ruhen des ursprünglichen Dienstverhältnisses zu vereinbaren ist (§ 17 IV 8 und 9 LHG). Bei Beamten bestehen jedoch in jedem Fall die Pflicht zur Verschwiegenheit und das Verbot zur Geschenk- oder Vorteilsannahme fort (§ 17 IV 8, 2. HS). Keine Fortdauer eines bisherigen Dienstverhältnisses ist bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen möglich; bei diesen endet also das bisherige Dienstverhältnis mit der Bestellung zum Rektoratsmitglied.

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Die Aufrechterhaltung des bisherigen, vorübergehend ruhenden Dienstverhältnisses ermöglicht einen reibungslosen Übergang in die frühere Tätigkeit nach Ablauf der befristeten Amtszeit als Mitglied des Rektorats. Mit Ausscheiden aus dem Rektoratsamt lebt das ruhende Dienstverhältnis wieder auf. Einen Eintritt in den Ruhestand nach Ablauf der Amtszeit oder schon bei Erreichen der Altersgrenze nach § 36 LBG sieht das LHG nur vor, wenn entweder eine Dienstzeit von mindestens zehn Jahren in einem Beamtenverhältnis mit Dienstbezügen vorliegt oder die Ernennung zum Rektoratsmitglied aus einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgt ist. Die davon abweichende Regelung des § 37 I 1 Nr. 1 LBG für Zeitbeamte findet keine Anwendung (§ 17 IV 5 LHG). Auf die Dienstzeit angerechnet werden nach Ablauf der Amtszeit auch Zeiten der Weiterführung der Dienstgeschäfte bei einer sich anschließenden weiteren Amtszeit (§ 17 IV 7 und § 9 II 2 LHG).

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Wer in einem unbefristeten Dienstverhältnis beim Land beschäftigt war, aus diesem vertraglichen Dienstverhältnis aber als Rektoratsmitglied durch seine Ernennung zum Beamten auf Zeit ausgeschieden ist, weil ein Ruhen nicht vereinbart wurde, hat nach Ablauf seiner Amtszeit oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes Anspruch darauf, in den Landesdienst übernommen zu werden und zwar mit einer Rechtsstellung, die der im Zeitpunkt seiner Ernennung zum hauptamtlichen Rektoratsmitglied vergleichbar ist (§ 17 VII 1, 1. HS LHG). Der dafür notwendige Antrag muss spätestens drei Monate nach Ablauf der Amtszeit als Mitglied des Rektorats gestellt werden (§ 17 VII 3 LHG). Ähnliches gilt unter den genannten Voraussetzungen für ein hauptamtliches Rektoratsmitglied, das zum Zeitpunkt seiner Ernennung nicht beim Land beschäftigt war – allerdings mit dem Unterschied, dass die Übernahme in den Landesdienst eine Ermessensentscheidung ist (“kann…übernommen werden“), ein Anspruch auf Übernahme also nicht besteht (§ 17 VII 1, 2. HS LHG). Eine Ernennung oder Übernahme scheidet aus, wenn von dem Rektoratsmitglied ein Dienstvergehen begangen wurde, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würde (§ 17 VII 4 LHG). Die Regelung in § 37 I 1 Nr. 1 und 2 LBG zum Eintritt in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze kommt nicht zur Anwendung, wenn das hauptamtliche Rektoratsmitglied bei Ablauf der Amtszeit noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet hat (§ 17 VII 2 LHG).

Erfüllt ein ausscheidendes Rektoratsmitglied, das vorher nicht im Landesdienst gestanden hatte, das also nicht auf ein vorausgegangenes Dienstverhältnis zurückkehren kann, die Einstellungsvoraussetzungen für ein Professorenamt nach § 47 LHG, kann der Ausscheidende an der Hochschule, bei der er im Rektorat tätig war, auf eine Professur berufen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeit eine volle Amtszeit dauerte, eine herausragende Qualifikation vorliegt und das Wissenschaftsministerium zustimmt (§ 17 VII 5 LHG). Auf eine Ausschreibung, die in diesem Fall keinen Sinn machen würde, kann verzichtet werden, das Berufungsverfahren selbst kann entsprechend vereinfacht werden (§ 17 VII 6 i.V.m. § 48 I 5 LHG).

(2) Die nebenamtlichen Rektoratsmitglieder

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Neben den beiden einem Rektorat obligatorisch angehörenden hauptamtlichen Mitgliedern, dem Rektor und dem für den Bereich der Wirtschafts- und Personalverwaltung verantwortlichen Rektoratsmitglied, kann die Grundordnung weitere haupt- oder nebenamtliche Rektoratsmitglieder vorsehen. In der Praxis ist die weit überwiegende Zahl der zusätzlichen Rektoratsmitglieder nebenamtlich tätig. Aus einer Vielzahl von Gründen genießt dieses Modell bei den Hochschulen eine hohe Akzeptanz. Das Nebeneinander von hauptamtlichen und nebenamtlichen Rektoratsmitgliedern hat sich über Jahrzehnte hinweg gut bewährt, weil die Beziehung zwischen dem Rektor und den nebenamtlichen Rektoratsmitgliedern durch ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt ist. Man kann sich nicht förmlich um das Amt bewerben, gewählt werden kann nur, wer vom Rektor vorgeschlagen wird. Rektoratsmitglieder im Nebenamt können auch nur hauptberufliche Professoren der eigenen Hochschule werden. Bei der Wahl durch den Senat muss eine Mehrheit der Mitglieder erreicht werden (§ 18 VI 1 LHG).

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Die Amtszeit nebenamtlicher Rektoratsmitglieder beträgt drei bis vier Jahre und beginnt mit dem Amtsantritt. Über die jeweilige Dauer der Amtszeit entscheidet der Senat (§ 18 VI 2, 2. HS LHG). Das gesetzliche Modell geht von der Vorstellung aus, dass die Amtszeit eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds die Hälfte der Amtszeit des Rektors umfasst. Da die Amtszeit des Rektors zwischen sechs bis acht Jahren schwanken kann und vom Hochschulrat festgelegt wird, muss der Senat in der Lage sein, die Amtszeit der nebenamtlichen Rektoratsmitglieder ebenfalls zu variieren. Das Gesetz zwingt zwar Hochschulrat und Senat nicht dazu, die Amtszeiten aufeinander abzustimmen. Der Rektor wird jedoch schon im eigenen Interesse darauf achten, dass es zu einer solchen Koordination kommt. Dass einmal ein nebenamtliches Rektoratsmitglied länger im Amt ist als der Rektor, der es vorgeschlagen hat, kann nicht passieren, weil die Amtszeit eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds in jedem Fall mit der Amtszeit des Rektors endet (§ 18 VI 2 LHG). Die nebenamtlichen Rektoratsmitglieder nehmen neben der Rektoratstätigkeit weiterhin die Aufgaben ihrer Professur wahr, ihre Lehrverpflichtung ist jedoch nach der Lehrverpflichtungsverordnung deutlich reduziert (§ 7 LVVO). Während der Dauer der Amtszeit darf kein anderes Wahlamt in der Hochschule wahrgenommen werden (§ 18 VI 4 LHG).

(3) Vorzeitige Beendigung der Amtszeit eines Mitglieds des Rektorats (§ 18 V LHG)

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Das zeitlich befristete Amt eines hauptamtlichen Rektoratsmitgliedes kann unter bestimmten Voraussetzungen nach § 18 V LHG vorzeitig beendet werden. Bereits die Hochschulgesetze des Jahres 2000 sahen die Möglichkeit vor, mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats und des Hochschulrats den Rektor abzuwählen (§§ 13 VI 1 UG a.F., 13 VI 1 PHG a.F., 12a VI 1 KHG a.F., 12 VI 1 FHG a.F.). Durch die Rechtsprechung des BVerfG zur strukturellen Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit (vgl. Rn. 137 ff.) hat die Möglichkeit einer Abwahl von Mitgliedern des Rektorats zusätzliches Gewicht erhalten. Die mehrfach schon angesprochene Entscheidung des VerfGH BW vom 14.11.2016[337] hat schließlich bewirkt, dass das LHG nicht nur die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung durch Organentscheidung vorsieht (§ 18 V LHG), sondern zusätzlich auch noch die Möglichkeit einer Abwahl allein durch die Gruppe der Hochschullehrer (§ 18a LHG – s. dazu unten, Rn. 286 ff.). Dabei ist die damit verknüpfte vorzeitige Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit mit Blick auf Art. 33 V GG nicht gerade selbstverständlich. Das gilt in ähnlicher Weise auch für ein vertraglich befristetes Dienstverhältnis. Notwendig ist also eine genauere Analyse der betroffenen Interessen sowohl auf Seiten der Hochschule wie auch auf Seiten des Rektoratsmitglieds, das vorzeitig abberufen werden soll.

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Die Amtszeit eines Mitglieds des Rektorats beträgt sechs bis acht Jahre. Sie ist damit deutlich länger als eine Legislaturperiode. Anders als im staatlichen Bereich geht es bei den Hochschulen nicht um eine ständige Reaktivierung des Volkswillens durch Wahlen, sondern primär um eine kompetente Besetzung der Hochschulorgane zur erfolgreichen Verwirklichung der den Hochschulen anvertrauten Aufgaben. Wichtig ist dabei vor allem Kontinuität, um wissenschaftliche Ziele nachhaltig zu verfolgen. Die im Gesetz vorgesehene Zeitdauer von sechs bis acht Jahren für die Mitglieder des Rektorats ist damit gut nachvollziehbar. Das hat aber zur Konsequenz, dass beim Auftreten von Konflikten mit einem Rektoratsmitglied eine vorzeitige Beendigung möglich sein muss, weil die Lösung einer ernsthaften Konfliktsituation nicht Jahre bis zum Ende der regulären Amtszeit hinausgeschoben werden kann.

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Ebenso wie bei der Wahl eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds erfordert die vorzeitige Beendigung der Amtszeit eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds ein Zusammenwirken von Senat, Hochschulrat und Wissenschaftsministerium. Jeder der drei Beteiligten kann den beiden anderen eine solche Beendigung vorschlagen. Stimmen diese zu, ist die Entscheidung über eine vorzeitige Beendigung getroffen (§ 18 V 1-3 LHG). Die notwendigen Beschlüsse zu einem entsprechenden Vorschlag oder zur Annahme des Vorschlags eines der Betroffenen können von Senat und Hochschulrat nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder gefasst werden (§ 18 V 4 LHG). Die Beschlussfassung muss sowohl im Senat (§ 10 IV 1 i.V.m. § 19 I 2 Nr. 1 LHG) wie auch im Hochschulrat (§ 20 VI 1 i.V.m. § 20 I 4 Nr. 1 LHG) in öffentlicher Sitzung erfolgen; das gilt aber nicht für die vorausgehende Beratung.[338]

 

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Keine Regelung enthält das LHG, unter welchen Voraussetzungen ein Vorschlag zur vorzeitigen Beendigung und eine sich anschließende Einigung zulässig sind. Geht man vom gesetzlichen Wortlaut aus, reicht allein die Einigung der drei Beteiligten aus. Dem steht entgegen, dass der Gesetzgeber in vielen Rechtsbereichen für die vorzeitige Beendigung eines Rechtsverhältnisses einen rechtfertigenden Grund verlangt. In ganz besonderer Weise gilt das für Dienst- und Arbeitsverträge (vgl. z.B. § 626 BGB). Bereits die Befristung eines vertraglich begründeten Dienstverhältnisses verlangt in der Regel einen hinreichenden Grund. Bei Beamten ist das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Regelfall. Im Mittelpunkt steht das Dienst- und Treueverhältnis, in dessen Rahmen der Beamte auch einen spezifischen Statusschutz genießt, um u.a. eine von politischen Einflussnahmen unabhängige und unparteiische Amtsführung zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund ist das Beamtenverhältnis auf Zeit bereits eine Ausnahme, die besondere sachliche Gründe verlangt.[339] Bei Leitungspositionen in Einrichtungen der Selbstverwaltung, die auf der Grundlage eines Wahlverfahrens nur für eine zeitlich begrenzte Amtsperiode besetzt werden, dient die Befristung dem Zweck, die Ausübung von Kontrolle und einen turnusmäßigen Wechsel zu ermöglichen und ist damit sachlich begründet.[340] Für das einzelne hauptamtlich tätige Organmitglied aber ist ein befristetes Dienstverhältnis ganz generell mit Ungewissheit über die weiteren Perspektiven, d.h. mit Risiken verbunden. Die vorzeitige Beendigung eines befristeten Dienstverhältnisses kann deshalb nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen und muss sich auf wichtige Gründe stützen, die auch Grundlage der Beschlussfassung in den jeweils zuständigen Gremien sein müssen.

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Das Beamtenrecht kennt nur wenige Ausnahmen von dem Erfordernis einer materiellen Begründung bei einem Eingriff in den Beamtenstatus: Kommunale Wahlbeamte und Politische Beamte können ohne eine Begründung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Das hängt unmittelbar mit der politischen Funktion dieser Ämter zusammen; eine Abberufung bzw. Abwahl wird in diesem Bereich nach politischen, nicht nach sachlich-inhaltlichen Gründen getroffen.[341] Hauptamtliche Rektoratsmitglieder nehmen kein solches politikbezogenes Amt war, ein Eingriff in ihren rechtlichen Status durch eine vorzeitige Beendigung bedarf also einer diesen Eingriff rechtfertigenden Begründung in Gestalt eines wichtigen Grundes.[342] In der parlamentarischen Vorlage des 2. HRÄG von 2004 wird das Erfordernis eines wichtigen Grundes ausdrücklich erwähnt und mit dem „Rechtsstaatsprinzip“ begründet.[343] Einschränkend vertritt das BVerfG in der Hannover-Entscheidung die Meinung, dass ein solcher Grund gegeben sei, wenn die erforderliche Mehrheit im zuständigen Organ für die Abbestellung votiert, weil das darauf hinweise, „dass ein Leitungsorgan das Vertrauen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verloren hat.“[344] Im Ergebnis würde das, wenn die erforderliche Mehrheit erreicht wird, bedeuten, dass die Frage, ob ein belastbarer inhaltlicher Grund für die Abberufung vorgelegen hat, einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Dem Betroffenen wird damit die Möglichkeit eines Rechtsschutzes abgeschnitten.[345] Wahlentscheidungen bedürfen keiner Begründung und unterliegen auch keiner gerichtlichen Kontrolle,[346] sie greifen aber auch nicht in bestehende Rechtspositionen ein. Auch der Entzug des Vertrauens im politischen Raum bedarf keines inhaltlichen Grundes, weil solche Entscheidungen nach dem demokratischen Prinzip einer gerichtlichen Kontrolle entzogen sind. Das lässt sich aber nicht auf das allgemeine Dienstrecht übertragen. Die vorzeitige Beendigung eines befristeten Dienstverhältnisses greift ganz erheblich in ein bestehendes Rechtsverhältnis ein. Bewertet man das Vorbringen verlorenen Vertrauen als ausreichenden wichtigen Grund und überträgt das auf andere Dienstverhältnisse, dann könnte die Erklärung mangelnden Vertrauens stets ausreichen, das Dienstverhältnis einseitig zu beenden. Genau das aber wird ganz allgemein im Dienst- und Arbeitsrecht nicht als ausreichend betrachtet (vgl. § 626 I BGB, §§ 21–24 BeamtStG, §§ 30–32 BBG), weil es die Beendigung in das Belieben des sich darauf berufenden Dienstherrn stellt. Nicht relevant ist, ob die Entscheidung zur Beendigung von einer Gruppe von Mitgliedern oder einem einzelnen Dienstherren getroffen wird.

Sehr differenziert setzt sich der Beschluss des VGH BW vom 26.02.2016 in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, der die vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Rektorin der Hochschule Ludwigsburg betraf, mit dem Thema des „wichtigen Grundes“ auseinander. Die These des BVerfG wird nicht einfach übernommen, sondern es wird auf die Schwierigkeit verwiesen, die individuellen Motive der Abstimmungsberechtigten zu ermitteln. Im Ergebnis tritt das Gericht schließlich doch in eine – am vorläufigen Rechtsschutz orientierte – überschlägige inhaltliche Prüfung des wichtigen Grundes ein und bejaht dessen Vorliegen.[347] Das Thema der Wissenschaftsfreiheit, das immer gerne bemüht wird, um Sonderregelungen für den Hochschulbereich zu reklamieren, spielt in der Entscheidung des VGH keine Rolle. Die Argumentation, dass ein wichtiger Grund nicht genannt werden müsse, weil es darum gehe, die Wissenschaftsfreiheit vor den Bedrohungen eines übermächtigen Rektorats zu schützen, ist nicht zu Ende gedacht. Die Rechtsprechung zur Kompensation einer strukturellen Gefährdung durch ein starkes Rektorat ist der Anlass für die von den Verfassungsgerichten geforderte gesetzliche Abwahlmöglichkeit. Die Frage der Abwahl stellt sich aber für die Mitglieder der dafür zuständigen Organe doch erst, wenn sich die Gefährdungslage in einem konkreten Geschehen manifestiert hat. Das wäre dann ein wichtiger Grund, der auch benannt werden könnte. Eine rein hypothetische Gefährdung ist kein anzuerkennender Grund. Wenn eine Hochschulleitung die Wissenschaftsfreiheit nicht verletzt hat, also unter diesem Aspekt kein wichtiger Grund – und auch kein anderer – für eine Abberufung vorliegt, dann erscheint es wenig schlüssig, dennoch eine Abberufung bei entsprechender Mehrheit unter Berufung auf die Wissenschaftsfreiheit für rechtmäßig zu halten. Die Wissenschaftsfreiheit ist kein Freibrief für Missbrauch oder Mobbing.

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Die Argumentation, dass es ausreichen müsse, wenn die notwendige Mehrheit im Senat und/oder Hochschulrat erreicht sei, die Angabe eines wichtigen Grundes könne als Erschwernis nicht auch noch verlangt werden, kann nicht überzeugen. Die Abberufung eines Rektoratsmitglieds darf nicht willkürlich erfolgen. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes bildet keine zusätzliche Hürde neben der erforderlichen Mehrheit, wie das BVerfG in der Hannover-Entscheidung unterstellt; notwendig ist schließlich nur die in Worte zu kleidende Begründung für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten, das im Rahmen der Beratungen durch Protokollierung festgehalten werden kann. Unter einem übergeordneten Aspekt drängt sich auch die Frage auf, ob das, was seit Jahrzehnten durch den Gesetzgeber dem Aufsichtsrat beim Widerruf eines Vorstandsmitglieds einer AG zugemutet wird, im Bereich des Hochschulrechts nicht möglich sein sollte. Dort wird im Übrigen das Argument des verlorenen Vertrauens (der Hauptversammlung) durch den Vorbehalt einer Missbrauchsprüfung justitiabel gehalten, denn § 84 III AktG lautet: „Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied … widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Es gibt also kein wirklich schlüssiges Argument, das es rechtfertigen würde, auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes bei der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit eines Rektors zu verzichten. Liegt kein die Entscheidung zur vorzeitigen Beendigung rechtfertigender Grund vor, wird es dennoch kaum zu einer Rückkehr des Betroffenen ins Rektorat kommen, weil dem schon die Zeitdauer eines gerichtlichen Verfahrens entgegensteht. Die Bedeutung einer Justiziabilität, die das Erfordernis eines wichtigen Grundes voraussetzt, liegt in der inhaltlichen Aufklärung und der damit verbundenen Möglichkeit einer Rehabilitation, vielleicht auch eines finanziellen Ausgleichs. Es geht also um Transparenz und Gerechtigkeit.

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Aus der Regelung in § 18 V LHG ergibt sich für die dort genannten Beteiligten die demokratische Legitimation nach Art. 20 II GG (vgl. dazu Rn. 205 ff.), das von dem Betroffenen wahrgenommene Amt im Rektorat vorzeitig zu beenden. Diese Legitimation schließt aber nicht die zum abschließenden Vollzug notwendige dienstrechtliche Umsetzung mit ein. Die Einigung von Senat, Hochschulrat und Wissenschaftsministerium nach § 18 V 3 LHG führt zur Beendigung des Amtes des Rektoratsmitglieds. Auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt die Beendigung allerdings eintritt, kommt in der gesetzlichen Regelung nicht klar zum Ausdruck. Die Gründe für die Beendigung eines Beamtenverhältnisses sind in § 21 BeamtStG verbindlich und abschließend geregelt. Wie sich aus §§ 22 und 23 BeamtStG exemplarisch für den Fall der Entlassung ergibt, kann die Beendigung unmittelbar durch das Gesetz oder aber durch einen Verwaltungsakt erfolgen. Die Einigung der drei Beteiligten als solche erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Unabhängig von der fehlenden Legitimation der Hochschulorgane für eine solche beamtenrechtliche Entscheidung beinhaltet die Einigung auch keine Rechtsfolgeregelung zur Beendigung des Beamtenverhältnisses. Schlüssig führt deshalb der VGH BW zur Abwahl eines Rektoratsmitglieds aus, dass durch die einzelnen Erklärungen von Hochschulrat, Senat und Wissenschaftsministerium der Status des von der Abwahl betroffenen Rektoratsmitglieds noch nicht verändert wird.[348] Rechtliche Folgen können sich daher nur aus einem separaten Verwaltungsakt oder einer im Gesetz enthaltene Rechtsfolgeregelung ergeben. Tatsächlich enthält das LHG eine solche gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen, die an die Einigung über die vorzeitige Beendigung anknüpft, allerdings wenig transparent. Das LHG unterscheidet bei den Rechtsfolgen danach, ob vor Beginn der Tätigkeit im Rektorat bereits ein Dienstverhältnis zum Land bestand oder nicht. Die in Betracht kommenden ganz unterschiedlichen Dienstverhältnisse sind mit Verweisungen oder der Formulierung von Ausnahmetatbeständen verbunden, die die Zuordnung der jeweils geltenden Rechtsfolgen erschwert. Eine höhere gesetzliche Transparenz wäre daher dringend notwendig.

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Wer bei seiner Bestellung zum Rektoratsmitglied sich in keinem dauerhaften Dienstverhältnis des Landes befand, in das er zurückkehren kann, tritt nach § 18 V 7 LHG mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die vorzeitige Beendigung der Amtszeit erfolgte, kraft Gesetzes in den einstweiligen Ruhestand. Das bestätigt nochmals, dass die vorzeitige Beendigung des Amtes nicht unmittelbar durch die Einigung von Senat, Hochschulrat und Wissenschaftsministerium eintritt, sie auch nicht durch Unterrichtung des Betroffenen über die Beendigung in Gestalt eines feststellenden Verwaltungsakt[349] oder durch eine Entlassung oder Kündigung des Dienstverhältnisses ausgelöst wird, sondern kraft der gesetzlichen Regelung, die zum Monatsende nach der Entscheidung der drei Beteiligten den Eintritt in den einstweiligen Ruhestand anordnet.

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Wer sich bei seiner Bestellung zum Rektoratsmitglied in einem dauerhaften Dienstverhältnis des Landes befand, das auf Grund der Regelungen im LHG aufrechterhalten blieb (hauptberuflicher Professor, Lebenszeitbeamter, unbefristeter Landesbediensteter; vgl. Rn. 270 f.), der kehrt mit Wirksamwerden der vorzeitigen Beendigung seiner Rektoratszugehörigkeit in dieses frühere Dienstverhältnis zurück. Exemplarisch bringt das der mit dem HRWeitEG von 2018 in § 18 V LHG ergänzte Satz 8 für die Lebenszeitbeamten (ohne hauptberufliche Professoren) zum Ausdruck, das gilt jedoch in gleicher Weise für alle anderen ruhenden früheren Dienstverhältnis auch. Das setzt allerdings voraus, dass das Rektorats- Dienstverhältnis des Abberufenen durch Entlassung oder Kündigung beendet wird, wobei § 18 V 6 LHG dazu schweigt, wie und wann das geschieht. Klar ist nur die Vorgabe, dass nach vollzogener Abberufung das erhalten gebliebene frühere Dienstverhältnis wieder auflebt. Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt die vorzeitige Beendigung wirksam wird und damit das frühere Dienstverhältnis reaktiviert wird, gelten in gleicher Weise die bereits vorgetragenen Überlegungen zu den Rechtsfolgen (Rn. 281, 282). Die Einigung von Senat, Hochschulrat und Wissenschaftsministerium über die Abberufung hat keine Außenwirkung, wie auch die Regelung in § 18 V 7 LHG zeigt. Die sich an die vorzeitige Beendigung anschließenden unterschiedlichen Rechtsfolgen können sinnvollerweise nur zu einem einheitlichen Zeitpunkt wirksam werden. Wenn deshalb das Gesetz für die eine Variante als Rechtsfolge den Eintritt in den einstweiligen Ruhestand zum Monatsende anordnet, dann muss das entsprechend auch für die alternative Rechtsfolge der Entlassung gelten. Dem entspricht die Regelung in § 37 III LBG, dass Beamte auf Zeit, die mit Ablauf der Amtszeit nicht in den Ruhestand treten, mit diesem Zeitpunkt entlassen sind, wenn sich nicht eine weitere Amtszeit unmittelbar anschließt. Man kann sich darüber streiten, ob § 37 III LBG auf den Fall der vorzeitigen Beendigung verbunden mit dem möglichen Eintritt in den vorläufigen Ruhestand unmittelbar anwendbar ist. Eine zumindest analoge Anwendung zur Schließung der Lücke im LHG ist auf jeden Fall gerechtfertigt und auch notwendig. Das bedeutet, dass das Rektoratsmitglied, dessen Amtszeit durch die Einigung der drei Beteiligten vorzeitig beendet wurde, kraft Gesetz zum Monatsende nach der erfolgten Einigung entlassen ist, wenn es nicht aus den genannten Gründen in den einstweiligen Ruhestand tritt. Mit der Entlassung lebt das frühere ruhende Dienstverhältnis unmittelbar wieder auf.

 

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Die Beendigung der Amtszeit kraft Gesetzes setzt immer eine rechtlich wirksame Entscheidung der drei Beteiligten zur vorzeitigen Beendigung voraus. Ein Verfahrensfehler bei einem der drei Beteiligten entzieht der Einigung nach § 18 V 3 LHG die Grundlage und bewirkt, dass auch die tatsächliche Beendigung der Amtszeit kraft Gesetzes nicht erfolgt ist.[350] Entsprechendes gilt, wenn ein wichtiger Grund für die vorzeitige Beendigung nicht vorliegt. Damit ist die Möglichkeit gegeben, die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Beendigung der Amtszeit eines Rektoratsmitglieds vor den Verwaltungsgerichten – unabhängig von der Wahl des jeweiligen Rechtsschutzes – überprüfen zu lassen.[351]

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Vom 2. HRÄG neu eingeführt wurde die Möglichkeit, nebenamtliche Rektoratsmitglieder abzuwählen. Eine solche Abwahl setzt jedoch einen entsprechenden Vorschlag des Rektors voraus und verlangt eine Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats (§ 18 VI 5 LHG). Im Vergleich zu einem hauptamtlichen Rektoratsmitglied, dessen Amtszeit vorzeitig beendet wird, hat die Abwahl für ein nebenamtliches Rektoratsmitglied geringe persönliche Auswirkungen. Nebenamtliche Rektoratsmitglieder verbleiben in ihrem Professorenamt, ihre Amtszeit ist nur halb so lange wie die eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds. Die Abwahl eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds greift in das bestehende Dienstverhältnis nur insoweit ein, als die zeitlich befristete Aufgabe im Rektorat beendet wird. Ein wichtiger Grund zur Abwahl muss nach der gesetzlichen Regelung deshalb nicht vorliegen, es genügt das Erreichen der erforderlichen Mehrheit. Die Situation ist nicht vergleichbar mit der Situation bei Abwahl eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds; die Argumente, die dort für die Notwendigkeit eines wichtigen Grundes bei der Abwahl vorgetragen wurden, lassen sich nicht auf die Abwahl eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds übertragen.

Auch wenn also für die Abwahl eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht gefordert werden kann, wäre es doch wünschenswert, der Gesetzgeber würde eine solche Regelung in das Gesetz aufnehmen, weil es schließlich um eine verantwortungsvolle Leitungsposition geht.[352] Da nebenamtliche Rektoratsmitglieder vom Rektor zur Wahl oder Abwahl vorgeschlagen werden, wirken sie wie eine Art verlängerter Arm des Rektors. Die Verknüpfung der Abwahl mit dem Erfordernis eines wichtigen Grundes könnte die Unabhängigkeit der nebenamtlichen Rektoratsmitglieder stärken, zumal der Verantwortungsbereich eines nebenamtlichen Rektoratsmitglieds sich häufig von dem eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds nicht unterscheidet.