Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg

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II. Bundesgesetze

1. Hochschulrahmengesetz

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Nur nachrichtlich und aus historischem Interesse sei noch kurz auf dieses Gesetz eingegangen, auch wenn es bis zur Ersetzung durch neues Landesrecht noch weiter gilt.[97] Entstanden in der Zeit der Hochschulreformen und gegründet auf eine 1969 eingefügte Kompetenz enthielt es teilweise sehr weit reichende Vorgaben für das Hochschulrecht der Länder, wie Hochschulstruktur, Hochschulzugang, Dienstrecht der Professoren, Studiendauer, Studienabschlüsse u.v.m. Bereits Ende der Neunzigerjahre zeichnete sich eine Relativierung der weit reichenden zentralen Regulierung ab. So enthielt bereits die Novelle von 1998[98] erhebliche Rücknahmen im Bereich Organisation und Verwaltung der Hochschulen, wenngleich weitere detaillierte Regelungen in anderen Bereichen eingefügt wurden. 2005 erlitt der Bundesgesetzgeber mit seinem Verbot von Studiengebühren vor dem Bundesverfassungsgericht Schiffbruch.[99] Die nunmehr verbliebene Kompetenz im Bereich Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse wurde noch nicht ausgefüllt.

2. Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)

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Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) begründet einen Anspruch auf staatliche Förderung des Lebensunterhalts, sofern dem Auszubildenden diese Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Gefördert werden neben Schulausbildungen („Schüler-BAföG“) vor allem der Hochschulbesuch. Die Länder sind lediglich für die Durchführung des BAföG zuständig; die Finanzierung übernimmt seit 2015 vollständig der Bund.

3. Beamtenrecht

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Das Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG) teilt für die Länderbediensteten und damit für die Hochschullehrer das Schicksal des HRG. Es gilt zunächst fort, kann aber durch Landesregelungen ersetzt werden. Da der Bund wie oben dargelegt die Kompetenz für Statusfragen behält, hat er inzwischen das BRRG durch das BeamtenStG ersetzt.[100] Daneben sind die Länder, vor allem auch Baden-Württemberg dabei, Besoldungs- und sonstige Dienstrechtsfragen eigenen Regelungen zu unterwerfen.[101] So lange und soweit sie nicht vorliegen, ist das Bundesbesoldungsgesetz weiter gültig.

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › C. Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern

C. Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern

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Trotz der Länderhoheit über den Hochschulbereich besteht das Bedürfnis, bestimmte Fragen zu koordinieren oder gar zentral zu regeln. Dementsprechend findet sich eine Reihe von Vereinbarungen zwischen den Ländern sowie zwischen den Ländern einer- und dem Bund andererseits. Von besonderer Bedeutung sind dabei der Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung, die Einrichtung der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), welche ab 1.1.2008 durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) ersetzt wurde. Eine besondere Stellung im Wissenschaftsbetrieb Deutschlands hat der Wissenschaftsrat.

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › C. Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern › I. Kultusministerkonferenz (KMK)

I. Kultusministerkonferenz (KMK)

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Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland umfasst die für Schulen und Hochschulen zuständigen Landesminister. Nach ihrer Geschäftsordnung[102] behandelt sie „Angelegenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer gemeinsamen Willensbildung und Vertretung gemeinsamer Anliegen.“ Wegen der staatlichen Eigenständigkeit der Länder und ihrer Kulturhoheit können inhaltliche Beschlüsse nur einstimmig gefasst werden. Ihre Beschlüsse haben in der Regel nur empfehlenden Charakter, es sei denn zur Umsetzung werden zwischenstaatliche Abkommen geschlossen. Erst durch die Umsetzung seitens des Landesgesetzgebers werden sie unmittelbar geltendes Recht.

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Über die KMK wird ein Mindestmaß an Gemeinsamkeit und Vergleichbarkeit im Bildungswesen hergestellt. Daneben hat sie Bedeutung für den Meinungs- und Informationsaustausch zwischen den Ländern. Außerdem gibt sie gemeinsame Stellungnahmen, Empfehlungen, Studien u.ä. zu aktuellen wissenschaftspolitischen Fragen ab. Die vielgestaltigen Aktivitäten im Hochschulbereich betreffen u.a. Themen wie Qualitätssicherung in Forschung und Lehre, Hochschulzugang, Rahmenordnungen für Prüfungen u.v.m.[103]

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › C. Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern › II. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) und Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)

II. Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) und Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)

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Im Unterschied zur KMK betraf die BLK die Zusammenarbeit zwischen den Ländern unter Einbeziehung des Bundes. Aufbauend auf der damals neuen verfassungsrechtlichen Grundlage des Art. 91b GG wurde die BLK zur Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung und für Bildungsplanung eingerichtet.[104] Unter anderem oblag ihr auch die Administration des Hochschulsonderprogramms III im Jahre 1976. Speziell zur Forschungsförderung trat 1975 die Rahmenvereinbarung über die gemeinsame Förderung der Forschung nach Art. 91b GG hinzu.[105] Diese betraf die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried-Wilhelm-Leibniz (sog. „Blaue Liste“), Großforschungseinrichtungen (Helmholtz-Gemeinschaft), die Fraunhofer-Gesellschaft und einige andere mehr.

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Mit Inkrafttreten der Föderalismusreform von 2006 und der damit einhergehenden Änderung des Art. 91b GG, haben sich die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit der BLK geändert. Die vormalige Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung ist mit der Grundgesetzänderung entfallen. Die bisherige Gemeinschaftsaufgabe Forschungsförderung wird durch die Neuformulierung des Art. 91b Absatz 1 GG ergänzt und präzisiert (s.o. Rn. 84). Für die Wahrnehmung dieser Aufgaben haben die Regierungschefs von Bund und Ländern am 14.6.2007 die Errichtung einer Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) beschlossen, die ab 1.1.2008 die Nachfolge der bisherigen BLK antritt. Rechtsgrundlage dafür ist Art. 91b (neu) GG in Verbindung mit dem GWK-Abkommen[106] und der Rahmenvereinbarung Forschungsförderung. Sie setzt im wesentlichen die Förderung der o.g. Einrichtungen fort; hinzu kommt eine Nationale Akademie für Technikwissenschaften und eine Deutsche Akademie der Naturforscher (Leopoldina).[107] Auch die Förderung im Rahmen des Hochschulpakts 2020 und der Exzellenzinitiative liegt bei der GWK.[108]

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › C. Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern › III. Wissenschaftsrat (WR)

III. Wissenschaftsrat (WR)

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Der Wissenschaftsrat ist ein beratendes Organ für die Bundesregierung und die Regierungen der Länder. Er hat die Aufgabe, Empfehlungen zur inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung zu erarbeiten. Dazu gibt er Empfehlungen und Stellungnahmen im Wesentlichen zu den wissenschaftlichen Institutionen (Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen), insbesondere zu ihrer Struktur und Leistungsfähigkeit, Entwicklung und Finanzierung, sowie zu übergreifenden Fragen des Wissenschaftssystems, zu ausgewählten Strukturaspekten von Forschung und Lehre sowie zur Planung, Bewertung und Steuerung einzelner Bereiche und Fachgebiete ab. Früher lag in seiner Zuständigkeit die Begutachtung von Förderanträgen der Länder nach dem HBFG; für die neue Gemeinschaftsaufgabe nach Art. 91b wird er in ähnlicher Weise tätig werden. Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld sind Begutachtungen bei der Akkreditierung privater Hochschulen.[109]

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › D. Landesrecht

D. Landesrecht

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › D. Landesrecht › I. Landesverfassung

I. Landesverfassung

1. Überblick: Das Hochschulwesen als Gegenstand der Landesverfassung

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Entsprechend der primären Verantwortung des Landes für das Hochschulwesen enthält die Landesverfassung Baden-Württembergs eine ganze Reihe substanzieller Vorschriften zum Hochschulbereich. Sie garantiert den Hochschulen die Freiheit von Forschung und Lehre, die Selbstverwaltung sowie das Vorschlagsrecht für die Zusammensetzung des Lehrkörpers (Art. 20 LV). Die Universitäten und Hochschulen mit Promotionsrecht genießen Bestandsschutz (Art. 85 LV). Die Lehrstühle der theologischen Fakultäten und die Dozentenstellen für Theologie und Religionspädagogik werden im Benehmen bzw. Einvernehmen mit den Kirchen besetzt (Art. 10, 19 II LV). Art. 11 LV gibt jedem jungen Menschen das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Ausbildung – ohne Rücksicht auf Herkunft und wirtschaftliche Lage. Darüber hinaus werden die Grundrechte des GG in die LV inkorporiert (Art. 2 I), was aber wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts nur deklaratorischen Charakter hat.

 

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Nach Art. 142 GG bleiben allerdings inhaltsgleiche Ländergrundrechte in Kraft. Die Regelungen des Art. 20 LV beinhalten im Wesentlichen dasselbe wie Art. 5 III GG, wenn auch in einzelnen Punkten präzisiert. Auch Art. 11 LV beinhaltet gleiche Gewährleistungen wie Art. 12 GG[110] mit der Besonderheit, dass dieses Recht im Gegensatz zu Art. 12 GG nicht nur für Deutsche gilt. Damit stellt sich die Frage nach dem Verhältnis dieser Gewährleistungen von GG und LV, auch wenn dem nur eine äußerst geringe praktische Bedeutung zukommen dürfte. Unproblematisch ist der Fall, dass die Überprüfung eines Sachverhalts nach Landesgrundrechten zum gleichen Ergebnis führt wie die Prüfung nach GG. Umfasst das Landesgrundrecht hingegen einen kleineren Schutzbereich oder lässt es weiter gehende Einschränkungen zu, so geht das GG und einfaches Bundesrecht über Art. 31 GG vor. Im umgekehrten Fall (Landesgrundrecht geht weiter oder lässt weniger Einschränkungen zu, wie z.B. Art. 11 LV) wird dies zugelassen, sofern nicht die großzügigere Landesregelung gegen anderes Bundesrecht verstößt; ein Landesgericht hätte also die weiter gehende Norm der LV zu berücksichtigen.[111]

2. Einzelne Vorschriften

a) Art. 85 LV: Bestandsgarantie für Hochschulen und Art. 20 LV

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Art. 85 LV erklärt: „Die Universitäten und Hochschulen mit Promotionsrecht bleiben in ihrem Bestand erhalten“. Konkret erfasst dies neben den drei „klassischen“ Universitäten in Heidelberg, Freiburg und Tübingen auch die Universitäten Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim und Hohenheim. Nicht hierzu gehören die „Neu“-Gründungen in Ulm und Konstanz, aber auch die Pädagogischen Hochschulen (die das Promotionsrecht erst nach Inkrafttreten der Landesverfassung erhielten),[112] die Fachhochschulen, die Kunst- und Musikhochschulen und die Duale Hochschule.[113]

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Die Bestandsgarantie umfasst das Bestehen der jeweiligen Hochschule, wobei eine nur formal existierende Hülle ohne die Möglichkeit, Forschung und Lehre effektiv zu betreiben nicht ausreichen würde. Grundsätzlich sind damit auch die Fakultäten und Fachdisziplinen sowie die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Hochschulen garantiert. Die hierfür erforderlichen staatlichen Mittel müssen gewährt werden, wenn gleich ein konkreter Anspruch auf eine bestimmte Finanzausstattung oder die Finanzierung eines bestimmten Projekts nicht abgeleitet werden kann. Umstrukturierungen, Hochschulreformen, Konzentrationen und Schwerpunktbildungen durch das Land sind damit nicht ausgeschlossen, solange sie nicht die wissenschaftliche Substanz einer dieser Hochschulen aushöhlen.[114] Bundesrechtliche Vorgaben gehen auch dieser Bestandsgarantie vor.

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Die Garantie des Art. 20 LV ist mit Art. 5 III GG nicht deckungsgleich, wenn es auch rein praktisch im zu behandelnden Einzelfall keine unterschiedlichen Ergebnisse geben dürfte. Eine Einschränkung des Grundgesetzes durch die Landesverfassung wäre ohnehin nicht zulässig.[115] Art. 20 I LV ist jedenfalls im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 5 III GG auszulegen.[116]

b) Art. 10 LV: Theologische Fakultäten

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Nach dieser Vorschrift müssen die Lehrstühle der theologischen Fakultäten im Benehmen mit der (jeweiligen) Kirche besetzt werden, sofern es keine andere Übung oder eine andere Regelung durch Verträge gibt. Benehmen heißt zunächst, dass der Kirche Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist und eine Verständigung mit dieser angestrebt werden sollte.[117] Eine andere Entscheidung des Wissenschaftsministeriums wäre grundsätzlich dennoch möglich, aber wohl nicht in jedem Fall in Einklang mit Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV, die über Art 2 I LV hineinwirken; dies gilt jedenfalls hinsichtlich der Frage der Beurteilung der Bekenntniskonformität der Lehre.[118]

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In der Praxis gehen jedoch die vom Land geschlossenen Kirchenstaatsverträge vor, und zwar das Badische Konkordat[119] für die katholisch-theologische Fakultät der Universität Freiburg, das Reichskonkordat[120] für die katholisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen und der Badische Kirchenvertrag[121] für die evangelisch-theologische Fakultät der Universität Heidelberg. Dabei ist an den katholisch-theologischen Fakultäten für eine Berufung immer das „nihil obstat“ der kirchlichen Instanzen erforderlich und auch für die Weiterbeschäftigung konstitutiv. Der Fall „Küng“ an der Universität Tübingen ist hierfür ein wichtiges Beispiel.[122] Für die evangelische Seite relevant ist der Kirchenstaatsvertrag vom 17.10.2007[123], der den Bestand der evangelisch-theologischen Fakultäten – entsprechende Studiennachfrage vorausgesetzt – garantiert und für die Besetzung der Lehrstühle das Einvernehmen mit der Kirche fordert. Diese Regelungen sind durch eine Vereinbarung unterhalb Konkordatsniveau auf die katholische Kirche übertragen worden,[124] so dass für Baden-Württemberg eine einheitliche Rechtslage besteht.

c) Art. 19 LV: Lehrerausbildung

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Die Vorschrift bildet letztlich die materielle Grundlage für die Pädagogischen Hochschulen im Land. Die Ausbildung muss auf die christliche Gemeinschaftsschule (Art. 15 LV) hin ausgerichtet sein. Absatz 2 regelt für die Berufung der Dozenten für Theologie und Religionspädagogik, dass Einvernehmen (und nicht nur Benehmen) mit den Kirchen herzustellen ist.[125]

d) Art. 11 LV: Recht auf Bildung

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Im Gegensatz zu Art. 12 GG, der die Ausbildungsfreiheit eher am Rande und lapidar im Rahmen der Berufsfreiheit regelt, geht die baden-württembergische Landesverfassung mit ihrem Recht auf Bildung zumindest verbal und durch die Prominenz des Artikels über das GG deutlich hinaus: Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung. Das öffentliche Schulwesen ist nach diesem Grundsatz zu gestalten. Staat, Gemeinden und Gemeindeverbände haben die erforderlichen Mittel, insbesondere auch Erziehungsbeihilfen, bereitzustellen. In der konkreten Anwendung sehen die Unterschiede zum GG freilich deutlich geringer aus. Insbesondere in seiner NC-Rechtsprechung[126] hat das Bundesverfassungsgericht ein sehr weit reichendes Recht auf Bildung heraus gearbeitet. über das Art. 11 LV im Ergebnis letztlich nicht hinausgehen dürfte. Einzig die Unterscheidung zwischen dem Deutschen-Grundrecht des Art. 12 GG und dem Menschenrecht des Art. 11 LV hat eine gewisse Relevanz, wenngleich auch dies in der Praxis stark relativiert ist: EU-Ausländer sind über die Vorschriften des EUV und AEUV den Deutschen ohnehin gleichgestellt; für andere in Deutschland ansässige Ausländer gilt zumindest in der Praxis meist gleiches. Was die finanziellen Aussagen des Art. 11 LV betrifft, so lässt sich aus diesen kein individuell einklagbarer Anspruch auf ein bestimmtes Bildungsangebot und auch nicht auf Kostenfreiheit ableiten.[127] Auch ein Verbot von Studiengebühren kann nicht aus Art. 11 LV gefolgert werden.[128]

1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › D. Landesrecht › II. Landesgesetze

II. Landesgesetze

1. Geschichtliche Entwicklung

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Bis weit in die Sechzigerjahre beruhte das Hochschulrecht auf hergebrachten Grundsätzen, Übung, Beamten- und Haushaltsrecht sowie den Verfassungen und Satzungen der Hochschulen.[129] Im Jahre 1968 trat dann in Baden-Württemberg das erste Hochschulgesetz seiner Art in Deutschland in Kraft.[130] Ergänzt wurde es 1971 durch ein eigenes Fachhochschulgesetz, sowie weitere Gesetze über die Pädagogischen Hochschulen, die berufspädagogische Hochschule sowie über die Kunsthochschulen.

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Das Hochschulrahmengesetz des Bundes von 1976[131] erforderte zahlreiche Anpassungen an das neue Rahmenrecht. Im Jahre 1977 wurden deshalb die Rechtsverhältnisse der einzelnen Hochschularten neu kodifiziert. Kernstück waren spezielle Gesetze für die einzelnen Hochschularten, wenngleich eine gemeinsame Grundlinie – kodifiziert vor Allem im Universitätsgesetz – dahinter lag.[132] Diese Grundlinie der Hochschulordnung des Landes konnte auch vor dem Hintergrund des HRG aufrecht erhalten bleiben.

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In den Folgejahren sind zahlreiche Novellierungen erfolgt, insbesondere in Folge der HRG-Novellierungen von 1985 und 1988. Im Jahre 1997 entschloss sich das Land zu einem hochschulpolitisch Aufsehen erregenden Schritt: Es regelte die Benutzung seiner Hochschulen durch das Landeshochschulgebührengesetz in bundesweit neuartiger Weise, indem es das sog. „Bildungsguthabenmodell“ mit Studiengebühren für Langzeitstudierende einführte. Mit dem Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 6.12.1999[133] betrat Baden-Württemberg erneut Neuland. Der Gesetzgeber stärkte die Autonomie der Hochschulen erheblich, indem er zahlreiche Aufgaben vom Wissenschaftsministerium auf sie delegierte und ihre Leitungsstrukturen neu ordnete. Die Studienstrukturreform wurde ergänzt durch eine Orientierungsprüfung nach dem zweiten Semester, die Einführung des Leistungspunktesystems, die gesetzlichen Voraussetzungen für die international üblichen Grade Bachelor und Master entsprechend dem Bologna-Prozess, die Zulassung von Teilzeitstudiengängen und die interne und externe Evaluation. Schließlich erfolgten Änderungen des Professorendienstrechts, namentlich die Erstberufung auf Zeit und der Verzicht auf die Habilitation als Regelvoraussetzung für die Berufung von Universitätsprofessoren.

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Parallel dazu erfolgte mit der Gründung der Filmakademie in Ludwigsburg der Erlass des Filmakademiegesetzes,[134] das dem besonderen Charakter dieser Einrichtung (GmbH mit hochschulgleichem Charakter) Rechnung tragen sollte. Mit der Gründung der Popakademie in Mannheim im Jahre 2003 wurde es zum Film- und Popakademiegesetz; durch die am 18.10.2007 erfolgte Gründung der Akademie für Darstellende Kunst wird es zum (allgemeinen) Akademiegesetz Baden-Württemberg.[135]

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Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 1.1.2005[136] hat Baden-Württemberg seinen Weg zur Steigerung der Hochschulautonomie fortgesetzt und durch weitere Elemente wie die Stärkung des überwiegend extern besetzten Hochschulrats, der nunmehr Aufsichtsrat hieß, neue Steuerungselemente in den Hochschulbetrieb eingeführt. Auffallend ist die Rückkehr zu einem einheitlichen Hochschulgesetz für alle Hochschularten mit Ausnahme der im vorangegangenen Absatz erwähnten Akademien.

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Einen weiteren Schritt hat das Land infolge der Ergebnisse der Föderalismusreform von 2006 getan. Als erstes Land überhaupt hat es die nunmehr erweiterten Zuständigkeiten des Landesgesetzgebers genutzt und mit dem Ersten und Zweiten Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulwesen (EHFRUG, ZHFRUG) weitere landesspezifische Regelungen (z.B. Einführung von Lehr- und Forschungsprofessuren, Änderungen im akademischen Mittelbau, Verbesserungen des Selbstauswahlrechts, Umbau der Berufsakademie zur Dualen Hochschule, Erleichterung des Hochschulzugangs für Berufstätige etc.) getroffen.[137]