Sommer am Höhlensee

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Sommer am Höhlensee
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Anne Daurer

Sommer am Höhlensee

Ein spannendes Abenteuer für Leser ab 12 Jahren.

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Schöne Pläne

2. Am See

3. Schau selber

4. Der neue Ort

5. Das Ding

6. Eine Idee

7. Freunde?

8. Angst und Nichtangst

9. So Zeugs

10. Spinnst du?

11. Wie ein Flummi

12. Weit unten

13. Purzelbäume

14. Blöde Frage

15. Scheißegal

16. Alles Matsch

17. Du weißt, warum.

18. Vollidiot

19. Nur eine Person

20. Drüber und drunter

21. Ein Wort

22. Hau ab!

23. Abgehängt

24. Was Tolles

25. Logisch!

Impressum neobooks

1. Schöne Pläne

Ein fauler Nachmittag zog vorüber. Patte musste weder einkaufen, sein Zimmer aufräumen oder Kram für seine Mutter erledigen. Er durfte einfach nur Pläne für die restlichen Pfingstferien schmieden.

Noch vier lange Tage! Hundert tolle Dinge waren ihm eingefallen, während er stundenlang mit Flip in dessen Zimmer herumfläzte. Nachts ein Lagerfeuer machen. Bis zum Morgengrauen Würstchen braten. Auf einem Floß auf dem Pfefferminzsee schlafen. Endlich nachsehen, ob das Holzmannhaus noch da war.

Flips Cousine unterbrach jeden Gedanken mit Gezeter. „Philipp!“ Sophias Stimme schoss wie eine Kanonenkugel aus dem Garten durchs offene Fenster herein. „Er ist weg!“

So sehr Patte sich auch bemühte, an schöne Dinge zu denken, es gelang ihm nicht. „Kann die Heulboje mal die Klappe halten?“

Flip schüttelte den Kopf. „Keine Chance.“

„Die nervt!“ Patte verdrehte die Augen. Niemals hätte er gedacht, dass man so miesepetrig sein konnte wie Sophia. Sie nörgelte pausenlos und betonte bei jeder Gelegenheit, dass sie ein Jahr älter und tausendmal schlauer war als Patte und Flip.

„Er ist weg!“, brüllte Sophia. Anscheinend stand sie im Garten und wartete auf einen Suchtrupp.

„Was ist weg?“, fragte Patte.

In diesem Moment flog die Tür auf. Sophia rauschte ins Zimmer. Mit ihr quoll eine Wolke aus Parfüm und schlechter Laune herein. „Ich hab ihn nicht gefunden!“ Sie raufte ihre Haare. „Und ich hab überall gesucht!“

Flip hob in einer hilf- und ahnungslosen Geste die Arme und ließ sie fallen. „Dann ist er halt weg.“

„Halt weg?“ Sophia sah aus, als würde sie explodieren. „Weißt du, was das für Schuhe sind?“

„Keine Ahnung.“

Sophia schnappte nach Luft. „Das sind …“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Original Toni-Hammer-Schuhe!“

„Was für Dinger?“, fragte Patte.

„Die sind total der Brüller! Echtes Leder! Sauteuer!“

Patte verstand kein Wort.

„Ihr habt sowas von null Ahnung!“ Sophia war deutlich anzusehen, wie sehr sie unter der Unwissenheit von Flip, Patte und allen Bewohnern von Reunach leiden musste. „Aber das wundert mich nicht! In diesem bescheuerten Scheißkaff muss man ja verblöden! Ich halte es nicht mehr aus!“ Sophia schraubte ihre Stimme eine Oktave höher. „Und jetzt sind auch noch meine Lieblingsschuhe weg!“

„Einer ist weg“, verbesserte Flip und kassierte einen hasserfüllten Blick.

Allmählich verstand Patte, was passiert war. Seit Monaten verschwanden in Reunach die unterschiedlichsten Schuhe. Sandalen, Turnschuhe oder Gummistiefel, von Erwachsenen oder Kindern, paarweise oder einzeln. Man vermutete, dass es sich um einen Dieb handelte. Einer, der wahllos mitnahm, was vor Haustüren, in Gärten oder in Hinterhöfen herumlag.

Sophia war anzusehen, dass sie etwas derart Schlimmes noch nie erlebt hatte. „So eine Scheiße“, brüllte sie. „Warum bin ich überhaupt hier?“

Das hätte Patte auch interessiert.

„Damit ich in den Ferien nicht alleine bin.“ Flip sah todunglücklich aus. „Echt coole Idee von deinen und meinen Eltern.“

„Pah! Du bist schuld! Ich wollte in Nürnberg bleiben!“ Anscheinend fiel Sophia ein, was sie in ihrer Heimatstadt verpasste, denn sie raufte ihre Haare wilder als zuvor.

„Also … wenn das so Hammerschuhe sind …“ Patte kratzte sich am Kopf. „Warum lässt du sie dann draußen stehen?“

„Ja“, pflichtete Flip bei. „Du weißt doch …“

Sophia schnitt ihm das Wort ab. „Das weiß ich! Und Ihr könnt mich mal!“ Sie rannte hinaus. Sekunden später krachte die Tür des Gästezimmers zu, das sie seit Sonntagabend bewohnte.

Patte tippte sich an die Stirn. „Die hat nicht mehr alle Latten am Zaun.“

„Kann man so sagen.“

„Die kommt morgen nicht mit zum See! Das halte ich nicht aus!“ Patte freute sich wie ein Schnitzel auf morgen. Am See chillen, in den Himmel schauen. Da war kein Platz für Kreischtanten.

Flip wies mit dem Kopf Richtung Gästezimmer. „Und wie soll ich sie abschütteln?“

„Warte … ähm … bei Nina auf mich.“

„Und dann?“ Flip blickte skeptisch drein. „Dann sieht sie, dass wir abhauen und will mit.“

„Wenn sie das macht, kriegt sie Ärger!“

Statt einer Antwort schob Flip drei Salzstangen in den Mund. Er kaute so wild darauf herum, als gäbe es eine Medaille fürs Schnellessen.

Patte wechselte das Thema. Er wollte über etwas Schönes reden. „Hast du was von Nina gehört?“

„Sie kommt heute zurück.“

„Das weiß ich. Aber … vielleicht … ist sie schon da?“

Flip sah auf die Uhr. „Kann sein.“

Patte konnte es kaum erwarten, Nina wiederzusehen. Die zwei Tage, die sie bei ihrem Vater in Bamberg verbracht hatte, erschienen Patte wie eine Ewigkeit. Ob er gleich nachschauen sollte? Er musste nur über die Straße rennen und auf den Klingelknopf fallen.

Flip grinste breit. „Kannst es nicht erwarten, was?“

Patte fühlte sich ertappt. „Wie kommst du da drauf?“

„Sieht man.“

„Nein.“

„Doch! Sieht man!“

„Quatsch.“ Patte schüttelte den Kopf. „Also, ich hab gestern Abend mit Nina telefoniert …“

Flip tat so, als würde er telefonieren. „Herzallerliebste Nina“, flötete er. „Ich vermisse dich sooooo!“

Patte ignorierte ihn. „Wir haben ausgemacht, dass ich sie morgen um elf abhole und wir dann zum See fahren. Kommst du mit?“

Flip schluchzte. „Du fehlst mir so! Bu-hu-huuuuu!“

Patte verzog das Gesicht. „He! Alter! Willst du jetzt mit oder nicht? Ich brauch dich nicht zum chillen!“

„Klar will ich!“ Flip ließ sein imaginäres Telefon fallen.

Oben im Gästezimmer war Gerumpel und Gekreische zu hören.

Gleichzeitig fuhr ein Auto in die Einfahrt.

„Meine Mutter. Schon so spät“, seufzte Flip. Er stand auf und wischte Salzstangenkrümel von der Hose.

Patte wollte keine Wiederholung der Schuhgeschichte hören.

„Bis morgen! Um elf!“

„Okay!“

Patte flog zur Tür hinaus, grüßte Flips Mutter und rannte über die Straße zum Haus Nummer sieben. Er spähte in den Holme-Garten, doch Ninas Hängematte war leer. Er atmete tief ein und drückte auf den Klingelknopf. Sein Herz klopfte wild, während er wartete und lauschte. Nach wenigen Minuten klingelte er noch einmal. Alles blieb still.

„Schade.“

Nach einem letzten Blick auf die leere Hängematte stieg er aufs Fahrrad und fuhr davon. Dann musste er sich wohl damit begnügen, sich auf morgen zu freuen.

2. Am See

Der Tag war genauso, wie Patte ihn bestellt hatte. Die Sonne leuchtete. Der Pfefferminzsee glänzte. Nina war da.

Alles, was ihn überforderte, war der Berg an Essbarem, den Ninas Mutter eingepackt hatte.

„Wir lange bleiben wir?“, fragte er, während Nina Orangenkuchen, Bananen, gekochte Eier, Äpfel, Wurstbrote, Blätterteigtaschen, Schokokekse und Getränkedosen auf einer Decke arrangierte.

 

Nina dachte nach. „Ungefähr … drei bis zehn Jahre?“

Flip starrte auf die Futterlandschaft. „Ist doch toll!“

„Schon klar.“ Nina sah zu, wie Flip gierig ein Wurstbrot grapschte. „Du siehst total verhungert aus.“

Flip quittierte die Bemerkung mit einem Grinsen.

Patte zog seine Schuhe aus, legte sich ins samtige Gras und atmete tief durch. Diese Pfingstferien waren die schönsten, die es jemals gegeben hatte.

Nach der Sache mit dem Holzmannhaus in den vergangenen Sommerferien hatte es nicht ausgesehen, als würde Nina jemals aus ihrem Schneckenhaus kriechen. Jeden Anruf, jeden Besuch hatte sie abgelehnt. Sie lebte allein in einer schalldichten Kapsel, in der nur ein altes Haus existierte und das, was sie dort erlebt hatte.

Patte war irgendwann zum Schluss gekommen, dass das Kniegefühl mit Nina für immer vorbei war.

Doch kurz vor den Pfingstferien war Nina vor Pattes Tür gestanden. Einfach so. Und dann hatten sie so viel unternommen wie noch nie. Am See chillen, Eis essen, Filme schauen, Musik hören, Blödsinn machen. Alles mit Nina.

Patte wusste nicht, welche Sonne Nina aufgetaut hatte. Er mochte sein Glück kaum glauben.

„Auch eins?“

Patte blinzelte. Nina hielt ein quadratisches Kuchenstück auf ihrer Hand. Orangen- und Honigduft stieg in Pattes Nase.

„Klar doch“, sagte Patte, obwohl er keinen Hunger hatte. Als er den Kuchen nahm, berührte er Ninas Hand. Da war es wieder, das Kribbeln auf der Haut und im Bauch.

Das Kribbeln machte Patte verlegen. Er schob das ganze Kuchenstück in den Mund, kaute, würgte, sprang auf und hustete wie ein Wilder.

Nina lachte. „Alles okay?“

„Ja, ja.“ Patte räusperte sich den Hals wund.

„Wie war’s denn so in Bamberg?“, krächzte er, als er wieder reden konnte.

„Totaaaaaaal schön!“ Nina glühte vor Begeisterung.

„Und was hast du gemacht?“, wollte Flip wissen.

„Meinen Vater besucht. Das weißt du doch.“

„Ja, schon klar.“ Flip biss in einen Keks. „Ich meine … was hast du so alles unternommen?“

„Ach so.“ Nina lachte ihr melodiöses Glucksen. „Wir waren im Hochseilgarten und beim Klettern und …“

„Echt? Cool!“ Patte war ein bisschen neidisch. Er hätte auch gerne einen Vater gehabt, mit dem er in der Gegend herumklettern konnte. Dumm, dass er nicht wusste, wer sein Vater war. Dümmer, dass seine Mutter es auch nicht wusste.

Flip hatte kugelrunde Augen. „Ist das gefährlich im Hochseilgarten?“

„Nö, gar nicht!“ Ninas Augen leuchteten. „Es macht irre Spaß! Wir müssen unbedingt mal zusammen hin!“

Die Idee gefiel Patte. „Bin dabei!“

Flip sah skeptisch drein. „Ich weiß nicht.“

„Du nicht. Schon klar“, sagte Patte spöttisch.

„Was habt Ihr noch vor in den Ferien?“, fragte Nina.

„Abhängen!“

„Okay“, lachte Nina. „Und sonst?“

„Lagerfeuer. Würstchen braten.“

„Klingt gut!“

„Zum Holzmannhaus fahren und mal nachschauen!“

„Oh.“ Ninas Lachen verschwand.

„Was willst du da nachschauen? Das ist doch schon abgerissen.“ Flip wusste es besser. Wieder einmal.

„Oh“, wiederholte Nina.

Patte schwieg betreten. Er wusste, dass es für Nina schönere Dinge gab, als an diese Sache erinnert zu werden. Er hätte sich ohrfeigen können, weil er wieder mal schneller gequatscht als gedacht hatte.

Das Schweigen wurde unterbrochen von Rascheln im Schilf, begleitet von Schritten. Wer konnte das sein? Patte reckte den Hals und erschrak. Es war Sophia, die mit glühenden Wangen durchs Gestrüpp stapfte.

„Philipp!“, rief sie.

Flip zuckte zusammen

„Deine Mutter hat mir gesagt, dass Ihr hier seid!“

Sophia kam näher. „Warum seid Ihr ohne mich abgehauen?“

Flip sah Patte vorwurfsvoll an. „Hab ich’s nicht gesagt?“

„Wer ist das denn?“, flüsterte Nina. Sie sah neugierig das Mädchen an, das in Glitzertop und hautengen Jeans am Ufer entlang balancierte.

Sophia hatte sie gehört. „Ich bin Sophia! Die Cousine von Flip! Aus Nürnberg!“

„Und seit Sonntag zu Besuch“, seufzte Flip. „Leider.“

„Zum Glück darf ich morgen heim!“ Sophia sah Nina geringschätzig an. „Und wer bist du?“

„Janina Holme. Die Freundin von Patte. Aus Reunach.“

Hitze schoss in Pattes Kopf. Sein Herz wummerte.

„Aha.“ Sophia zeigte auf die Decke. „Und was ist das?“

„Was zum Essen“, lachte Nina.

„Ihr esst auf dem Boden?“ Sophia rümpfte die Nase, inspizierte das Seebuffet aber sehr genau.

„Also … na ja.“ Sophia drehte sich um die eigene Achse.

„So schön ist es hier gar nicht!“

„Ich bin gerne hier.“

„Ich auch!“, rief Nina. „Oder, Patte?“

„Hm. Ähm …“ Patte konnte nichts sagen. Das Herzgewummer störte sein Sprachzentrum.

Freundin, hatte Nina gesagt.

Sophia stellte sich breitbeinig hin. „Nina! Weißt du schon, dass meine Schuhe gestohlen wurden?“

Flip schnaufte. „Geht das schon wieder los.“

Nina blinzelte in die Sonne. „Nein. Weiß ich nicht.“

„Ja! Echt schlimm! Super rosa Lederschuhe! Mit super Fransen!“

„Kotzwürg“, murmelte Flip.

Nina sah Sophia amüsiert an. „Aha. Echt?“

„Voll geile Teile! Und jetzt sind sie weg!“

„Einer ist weg“, verbesserte Flip.

Sophia sah ihn böse an. „Den hat jemand aus der Straße geklaut! Das weiß ich genau!“

Nina lachte laut. „Wer will denn freiwillig rosa Fransenschuhe haben?“

Sophias Gesicht wurde dunkelrot. „Ihr habt echt null Ahnung!“ Sie warf einen ungeduldigen Blick auf den See.

„Echt scheiße hier!“, schrie sie und stapfte davon.

„Was war das für ein Auftritt?“, lachte Nina, nachdem Sophia verschwunden war.

„Keine Ahnung.“ Patte wusste nur, dass sein perfekter Seetag hinüber war.

„Rosa Fransenschuhe!“ Nina schüttelte sich vor Lachen.

Auch wenn Patte Sophia hasste, freute er sich insgeheim. Ihr Auftritt hatte Nina vom Holzmannhaus abgelenkt.

Patte öffnete eine Limodose. Als er einen großen Schluck trinken wollte, hörte er von weitem Sophias Stimme.

„Philipp!“, schrie sie von irgendwo. „Komm schnell!“

Flip zuckte zusammen.

„Was ist jetzt los?“, fragte Nina.

„Nichts.“ Patte trank hastig die Limo leer. „Die schreit pausenlos.“

„Philiiiiiiiiiiiiiiiipp!“

Flip stand auf. „Ich weiß nicht …“

„Da ist nichts!“

„Aaaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhh!“

„Das klingt aber nicht nach Nichts.“ Nina blickte unsicher über den See.

„Finde ich auch!“ Flip zog seine Schuhe an. „Ich muss nachschauen.“

„Ich komme mit!“, rief Nina.

„Oh nee.“ Patte schlug beide Hände an die Stirn.

„Und wenn was passiert ist?“

„Da ist nichts!“

„Hilfeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!“

„Bist du sicher?“, fragte Nina.

Patte seufzte. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als mitzugehen und nachzusehen.

3. Schau selber

„Echt cool.“

„Was?“

„Das hier.“

„Was meinst du?“

„Durchs Gebüsch latschen. Blöde Cousinen suchen. Echt cool. Genau das wollte ich in den Ferien machen.“

„Hab dich nicht so.“ Nina knuffte Pattes Schulter.

„Hoffentlich ist nichts passiert!“ Flip machte ein Gesicht, als ginge es um Leben und Tod.

„Sophia?“, rief er mit zitternder Stimme.

„Hiiiiiieeeeeer! Ich bin hiiiiiiiiiiieeeeeer!“

„Sie lebt noch“, stellte Patte fest.

„Wir kommen!“ Flip stolperte über Wurzeln und Grasbüschel.

„Na endlich!“ Wie ein Geist tauchte Sophia neben einem Busch auf. „Das hat ja ewig gedauert!“

„Wa-was is-ist pa-passiert?“ Flip betrachtete seine Cousine ängstlich von allen Seiten.

„Genau!“ Patte sah Sophia grimmig an. „Erzähl! Was ist papapassiert?“

Nina kicherte.

Sophia sah sie verächtlich an. „Da drüben!“

„Wa-was ist da-da?“ Flip schielte in die besagte Richtung.

„Komm mit!“ Sophia stapfte davon.

Flip stolperte hinterher.

Patte sah ihm nach. „Ich hab keine Lust.“

Nina reckte den Hals. „Willst du nicht wissen, was da ist?“

„Nö.“

„Ich schon.“

Patte wartete, bis Flip außer Hörweite war. Jetzt war eine gute Gelegenheit. Er holte tief Luft.

„Nina … ich muss dich was fragen. Weil … ähm … also … du hast da vorhin was gesagt …“

„Ja?“

„Das … also, das …“

„Was meinst du?“ Nina sah Patte neugierig an.

„Das mit der …“ Pattes Herz schlug bis zum Hals. Das Wort Freundin wollte nicht über seine Lippen.

Flip tauchte zwischen den Büschen auf. „Kommt Ihr? Die Alte macht mich verrückt!“

„Wir kommen!“, rief Nina. „Oder, Patte?“

„Na gut. Wenn’s sein muss.“

„Was wolltest du fragen?“, fragte Nina, während sie dem kaum sichtbaren Grastrampelpfad von Flip und Sophia folgten.

„Nichts.“ Pattes Mut war verpufft wie eine Silvesterrakete am Nachthimmel. Er wollte nicht mehr wissen, wie Nina irgendwas gemeint hatte. Der Nachmittag war verdorben. Wegen Flips dämlicher Cousine. Er stapfte mit finsterer Miene über Grasbüschel, Steine und Baumwurzeln.

Sophia blieb stehen. „Hier!“

Vor ihnen erhob sich ein kleiner Berg. Er war überwuchert von Gräsern, Frühlingsblumen und Sträuchern. Durchnässte Farnbüschel säumten seinen Fuß. Von oben fielen Efeuranken in dichten Kaskaden herunter.

Patte sah sich lustlos um. „Was ist hier?“

„Da!“ Sophia zeigte mit ausgestreckter Hand auf eine Öffnung in der Wand. Sie war sehr schmal, kaum höher als Patte und von Gestrüpp verdeckt.

„Und was ist damit?“ Auch Nina hatte Schwierigkeiten, den Sinn dieser unscheinbaren Wandöffnung zu erkennen.

Sophia sah aus, als müsste sie eine Krabbelgruppe beaufsichtigen. „Ihr seid so doof! Versteht Ihr gar nichts? Ich hab einen Schuh gefunden!“

„Oh nein!“, rief Patte. „Es reicht!“

Flip schüttelte ungläubig den Kopf. „Hast du deswegen so geschrien?“

Sophia zeigte auf etwas Undefinierbares, das am Boden lag.

„Da! Diese Marke! Die ist sauteuer! Dieser Schuh! Lag genau hier! Neben dieser Öffnung!“

„Ist das deiner?“, fragte Nina.

„Natürlich nicht!“

„Und warum sind wir dann hier?“

„Warum? Weil man da rein muss!“

„Wo?“ Nina sah sich um.

„Himmel nochmal! Da!“ Sophia stach mit der Hand in die Wandöffnung. Lehmklumpen und Sand rieselten herab.

„Warum?“

„Weil da mein Schuh drin ist!“

„Woher willst du das wissen?“, fragte Patte.

„Ich weiß es eben! Ihr müsst nachschauen!“

Nina lachte laut. „Ich krieche nicht da durch, um Schuhe zu suchen!“

„Doch!“, beharrte Sophia.

Patte tippte sich an die Stirn. „Schau selber!“

Flip presste sein Gesicht an den Lehm und sah durch die Öffnung. „Das da drin sieht aus wie … eine Höhle! Ich sehe … ähm … was Helles! Und was Grünes! Und was Blaues!“

„Mir egal.“ Patte drehte sich um. Auch was Goldenes hätte ihn nicht länger hier gehalten.

Sophia stampfte mit den Füßen. „Ihr! Müsst! Nachschauen!“

„Wir wollen aber nicht!“, rief Nina.

Sophia packte Flips Arm. „Philipp! Du gehst rein! Sofort!“

Flip sah Patte und Nina an. Beide hatten sich zum Gehen gewandt.

„Und? Was ist?“, rief Sophia ungeduldig.

„Also …“ Flip betrachtete missmutig den pappigen Lehm an seinen Schuhen.

Patte wurde ungeduldig. „Kommst du endlich? Oder willst du durch Matsch kriechen?“

Flip rümpfte die Nase. „Nö. Keine Lust.“

Sophia sah ihm wütend nach. „Wenn Ihr jetzt geht!“, rief sie, „dann sage ich Euren Eltern, dass Ihr geraucht habt!“

Flip zuckte zusammen.

Nina lachte.

„Gute Idee!“, rief Patte. „Mach das! Dann sage ich, dass du mitgeraucht hast!“

Nina lachte immer noch, als sie zurück zum See rannten.

Sophia folgt ihnen laut schimpfend und radelte mit hoch erhobenem Kopf nach Hause.

Patte schnappte sich eine Handvoll Schokokekse und legte sich ins Gras. Der Tag am See konnte weitergehen.

 

Flip blickte über den See. „Die sah eigentlich ganz interessant aus.“

„Wer?“

„Die … diese Höhle.“

„Warum?“

„Da drin war es so blau! Leuchtend blau! Und so hell!“

„Klingt interessant!“ Nina setzte sich auf. Als sie sich zu Patte drehte, berührte ihr Knie Pattes Knie.

„Findest du nicht?“

Pattes Herz hüpfte. Da war es wieder! Das Kniegefühl! Es krabbelte hinauf in Pattes Brust und hinunter in seinen Bauch. Patte rührte sich nicht.

„Hm, finde ich auch“, murmelte er.

So skeptisch, wie Flip vorhin seine schmutzigen Schuhe betrachtet hatte, so begeistert war er jetzt.

„Dann schauen wir die Höhle mal an?“

„Coole Idee. Patte, was meinst du?“

„Hm. Machen wir.“ Patte wusste zwar nicht, was er davon halten sollte. Falls es überhaupt eine Höhle war. Aber er hatte ohnehin keinen genauen Restferienplan.

„Und wann schauen wir?“

„Morgen!“, schlug Flip vor.

„Okay.“ Patte schloss die Augen. Dann würde er sich also durch eine Wandritze quetschen, mit Lehm beschmieren und Efeuranken im Haar tragen. Und das nur, weil Nina dabei war.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?