Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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7. Institutionelle Garantien

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Der Staat spielt bei der Schaffung von Medienangeboten im Rahmen des institutionellen Medienrechts eine besondere Rolle. Art. 5 Abs. 1 GG gewährt neben den geschilderten individuellen Rechten auch die sich auf Massenmedien beziehenden Freiheiten, deren rechtlichen Rahmen der Gesetzgeber durch konkrete Regelungen auszugestalten hat, wenn die Verankerung im Grundgesetz alleine für ein Funktionieren des jeweiligen Mediums aus Gründen des Demokratiegebots nicht ausreicht. Der Grund hierfür liegt in der „schlechthin konstituierenden“ Bedeutung,[232] vor allem von Fernsehen, Radio und Presse für die freie Meinungsbildung[233] und die Demokratie[234] insgesamt. Die institutionelle Medienfreiheit sichert neben der auf die freie Presse und auf einen funktionierenden Rundfunk bezogenen Einrichtungsgarantie auch den Anspruch für die an Massenmedien Mitwirkenden, sich auf die Kommunikationsfreiheit zu berufen.[235] Die Anspruchsberechtigten des institutionellen Medienrechts unterliegen keinen anderen Schranken als den im individuellen Medienrecht geltenden i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG. Gesichert wird die institutionelle Medienfreiheit durch interne Kontrollmechanismen, wie die programmlichen Vorgaben in § 41 RStV oder die standesrechtlichen Sorgfaltspflichten der Presse, deren Überwachung durch den Deutschen Presserat erfolgt.[236] Neben Art. 5 GG sind auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG und die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG elementar für das Wirken und den Bestand der freien Medienlandschaft. Durch diese Grundrechte wird zum einen ein freies berufliches Wirken ermöglicht und zum anderen der Schutz dessen gewährleistet, was dieses Wirken hervorbringt. Das Urheberrecht und das Presseleistungsschutzrecht sind grundlegend für die Finanzierbarkeit einer freien, staatsfernen Presse.[237]

8. Dienende und ausgestaltungsbedürftige Rundfunkfreiheit

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Nach der Rspr. des BVerfG ist die Rundfunkfreiheit durch strukturelle Besonderheiten gekennzeichnet. Sie dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und stellt daher in erster Linie ein drittnütziges Freiheitsrecht dar. Zugleich ist sie ausgestaltungsbedürftige Grundvoraussetzung für eine funktionsfähige Demokratie.[238] Insoweit unterscheidet sich die Rundfunkfreiheit von anderen Grundrechten. Diese gewähren regelmäßig Freiheiten zur Selbstverwirklichung des Einzelnen und schützen subjektiv-rechtliche, individuelle Interessen.

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Die Rundfunkfreiheit wird insofern auch als sog. dienende Freiheit[239] verstanden.[240] Als solche ist sie dadurch gekennzeichnet, dass sie grundrechtlich verbürgte Befugnisse im Interesse Dritter vor dem Zwang und der Intervention des Staates schützt.[241] Sie dient, wenn man so will, der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und zwar in einem umfassenden Sinne, der nicht bloß auf Berichterstattung oder Vermittlung politischer Meinungen reduziert ist. Die Funktion des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG beschränkt sich aufgrund dieser besonderen Eigenschaft nicht auf die Abwehr staatlicher Einflussnahme, sondern erfordert es, eine positive Ordnung zu schaffen, in der die Meinungsvielfalt gewährleistet wird. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Rundfunk nicht dem Staat oder gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. Mit dieser Rspr, vertritt das BVerfG einen vermittelnden Ansatz zwischen den widerstreitenden Positionen, die die Rundfunkfreiheit teils als rein subjektiv[242] und teils als rein objektiv begreifen.[243] Die subjektive Betrachtung stellt im Wesentlichen auf den abwehrrechtlichen Charakter[244] der Gewährleistung zugunsten des Rundfunkveranstalters gegen Eingriffe in die Programmautonomie ab, während die objektivrechtliche Sichtweise insbesondere den staatlichen Schutzauftrag mit den Stichworten institutionelle Garantien des Rundfunks und Finanzgewährleistungsanspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Vordergrund stellt.

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Für das BVerfG ist die Rundfunkfreiheit in ihren subjektiven und objektiven Komponenten ausgestaltungsbedürftig und darf nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden. Vielmehr muss die Informationsfreiheit des Bürgers durch Ausgewogenheit und Vielfältigkeit des Gesamtangebotes des Rundfunks gewährleistet und positiv geregelt werden. Neben der Ausgewogenheit kommt es insbesondere auf Neutralität und Tendenzfreiheit[245] an. Die inländischen Programme müssen in ihrer Gesamtheit der bestehenden Meinungsvielfalt Rechnung tragen und ihr im Wesentlichen entsprechen. Zudem sind Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass der Rundfunk einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. Alle in Betracht kommenden Kräfte müssen im Gesamtprogramm zu Wort kommen können.[246] Diese Ausgestaltungspflicht ist „nicht durch den Wegfall der durch die Knappheit von Sendefrequenzen bedingten Sondersituation entbehrlich geworden. Dies hat sich im Grundsatz durch die technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie die Entwicklung der Medienmärkte nicht geändert.“[247]

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Am Konzept der Ausgestaltungsbedürftigkeit durch den Gesetzgeber wird indes Kritik geübt, weil sie die abwehrrechtliche Funktion der Grundrechte aushöhle. Im Rahmen der Ausgestaltung des Rundfunkrechts könnten auf diese Weise die Anforderungen der Verfassung an Grundrechtseingriffe umgangen werden.[248] Wegen der unklaren verfassungsrechtlichen Anforderungen an Ausgestaltungsgesetze ist diese Kritik nicht von der Hand zu weisen.[249]

9. Staatsferne

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Die Rundfunkfreiheit kennt als ihre drei zentralen Strukturprinzipien die Staatsfreiheit oder Staatsferne,[250] das Pluralismusgebot und die Programmfreiheit. Der Rundfunk kann seine verfassungsrechtlich zugewiesene Aufgabe nur erfüllen, wenn er Freiheit gegenüber dem Staat genießt, mit anderen Worten staatsfrei ist. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Erkenntnis, dass die Begriffe „öffentlich-rechtlich“ und „staatlich“ nicht gleichzusetzen sind.[251] Eine Vermittlung im Wege des Rundfunks zwischen Staat und Bürger in einem freien, individuellen und vielfaltsorientierten Meinungsbildungsprozess ist nur sinnvoll, wenn der Vermittlungsprozess sich frei und ungesteuert vollziehen kann.[252] Hier muss der Staat vor allem von der publizistischen Funktion des Rundfunks ausgeschlossen sein, indem ihm eine Einmischung in die Programmgestaltung und in sonstige rundfunkspezifische Belange versagt ist.[253] Ziel ist es, eine Beeinträchtigung, Instrumentalisierung oder gar Beherrschung durch den Staat zu verhindern und einen Rundfunk zu schaffen, der dem Prinzip gesellschaftlicher Freiheit und Vielfalt verpflichtet ist.[254]

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Aus diesem Grund darf der Staat nicht als Rundfunkveranstalter fungieren[255] und keinen bestimmenden Einfluss auf das Programm nehmen.[256] Den Kontrollgremien des Rundfunks können aber – zur Durchführung einer genau umrissenen Rechtsaufsicht – Vertreter öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten[257] und Landesmedienanstalten[258] sowie Benannte des Staates, auch aus Parlamenten, angehören.[259] Es muss jedoch sichergestellt sein, dass der Staat über diese Gremien keinen inhaltlichen Einfluss auf die Rundfunkveranstaltung nimmt.[260] In der Literatur sind immer wieder Zweifel geäußert worden, ob sich die Zusammensetzung von Fernseh- und Verwaltungsrat des ZDF angesichts der hohen Zahl der dem Staat zuzurechnenden Vertreter mit dem Grundsatz der Staatsferne vereinbaren lässt. Erneute Brisanz erlangte diese Frage im Zusammenhang mit der Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrats, das Einvernehmen mit dem Vorschlag des Intendanten, Nikolaus Brender erneut zum ZDF-Chefredakteur zu berufen, nicht herzustellen.[261] Angesichts dessen hatte das Land Rheinland-Pfalz Anfang des Jahres 2011 einen Normenkontrollantrag zur Überprüfung des ZDF-Staatsvertrages beim BVerfG eingereicht. Im März 2014 sind die maßgeblichen Vorschriften für verfassungswidrig erklärt worden, weil die gesetzlich geregelte Zusammensetzung der beiden Aufsichtsgremien dem Gebot der Staatsferne nicht hinreichend Rechnung trug. Der am 1.1.2016 in Kraft getretene ZDF-Staatsvertrag trägt den Vorgaben des BVerfG nunmehr Rechnung.[262] In ähnlicher Weise hatte das BVerfG bereits im Jahr 2008 über die Beteiligung politischer Parteien an privaten Rundfunksendern entschieden.[263] Insoweit wies das Gericht auf die besondere Staatsnähe der Parteien hin, die auf die Erlangung staatlicher Macht ausgerichtet seien, entscheidenden Einfluss auf die Besetzung der obersten Staatsämter ausübten und die Bildung des Staatswillens insbesondere durch Einflussnahme auf die Beschlüsse von Parlament und Regierung steuerten. Überdies seien auch die personellen Überschneidungen zwischen den Angehörigen politischer Parteien und den Staatsorganen zu beachten.[264]

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Die Ausgestaltungsregelungen unter Berücksichtigung der Rundfunkfreiheit müssen sowohl im privaten als auch im öffentlich-rechtlichen Bereich den Erfordernissen der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit insgesamt gerecht werden,[265] also dem Pluralismusgebot entsprechen. Dies umfasst gerade auch im privaten Rundfunk die Sicherung der Vielfalt durch die Länder als Rundfunkgesetzgeber.[266] Auch hier gilt der verpflichtende Verfassungsauftrag zur Schaffung einer positiven Ordnung. Diese Pflicht bedeutet keine Einschränkung der Rundfunkfreiheit, sondern deren Gestaltung, wobei der Gesetzgeber einen breiten Spielraum hat[267] und sich zwischen dem binnenpluralen und dem außenpluralen Modell oder für eine Mischform[268] entscheiden kann. Das BVerfG geht von einer Kombination aus Binnen- und Außenpluralismus aus, bei der die Ausgewogenheit der Meinungen im Innenbereich durch Rundfunkräte der Veranstalter gewährleistet wird.[269] In diesen sollen alle gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten sein. Für die Wahrung des Außenpluralismus wird durch ein ausgewogenes, der Meinungsvielfalt entsprechendes Angebot inländischer Programme gesorgt.[270] Nach dem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk prägenden binnenpluralen Modell müssen alle maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppen[271] im Binnenbereich des Rundfunkveranstalters vertreten und mit bestimmten Einwirkungsmöglichkeiten ausgestattet sein.[272] Im privaten Rundfunk hat sich ein außenplurales Modell durchgesetzt, bei dem der einzelne Veranstalter zwar kein in sich ausgewogenes Programm anbieten muss, aber zu „sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information und einem Mindestmaß an gegenseitiger Achtung verpflichtet“ ist.[273] Gleichwohl finden sich in den Landesmediengesetzen hohe Anforderungen an die Vielfalt namentlich privat veranstalteter Vollprogramme.[274]

 

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Eine wesentliche Bedeutung der Rundfunkfreiheit liegt in der mit ihr verbundenen Programmfreiheit, die den Kernbereich der Tätigkeiten des Rundfunkveranstalters umfasst und dessen Entscheidung über die Inhalte und Formen des Programms einschließlich „Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme“[275] einschließt.[276] Sie ist also als Verbot staatlicher und jeder sonstigen fremden Einflussnahme auf Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung der Programme zu verstehen. Nach der Rspr. des BVerfG sind allerdings gesetzliche Programmbegrenzungen weder von vornherein unzulässig, noch ist jede Programmentscheidung einer Rundfunkanstalt finanziell zu honorieren.[277] Insbesondere ist es den Rundfunkanstalten verwehrt, den „Programmumfang und den damit mittelbar verbundenen Geldbedarf[278] über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten“.[279] Gegenstand von Diskussionen sind in diesem Zusammenhang die Social-Media Aktivitäten des Staates.[280] Es liegt auf der Hand, dass etwa die Bundesregierung durch ihren seit Anfang 2015 betriebenen Facebook-Auftritt im Sinne der Regierung kommuniziert.[281] Von einer Gefährdung des Pluralismus wird hier aber nicht die Rede sein können, weil zeitgemäße Öffentlichkeitsarbeit des Staates in neueren Kommunikationsformen als eine Stimme unter vielen in Erscheinung tritt und der Weg über die modernen Kommunikationsmittel auch der Opposition offen steht. Will der Staat die jüngere Zielgruppe erreichen, ist es fast geboten, moderne Kommunikationswege und -mittel wie Social Media nutzen. Die Darstellung der Regierungsarbeit in der Öffentlichkeit ist kein neues Phänomen und im Rahmen Sozialer Medien rechtlich hinnehmbar, solange die betreffende staatliche Stelle als Betreiber der Seite erkennbar in Erscheinung tritt und andere Meinungen nicht unterdrückt werden.

III. Rundfunk im einfachen Recht

1. Rundfunkstaatsverträge

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Als besondere Rechtsquelle kennt das Rundfunkrecht Staatsverträge.[282] Diese schließen die Bundesländer als originäre Hoheitsträger miteinander[283] und können damit länderübergreifend einheitliches Recht für den Rundfunk schaffen, was der Bund aus Kompetenzgründen hinsichtlich der inhaltlichen Seite nicht darf.[284] Diese Praxis der Länder besteht seit 1987 und normiert ausgehend von der Rspr. des BVerfG die Grundlagen der dualen Rundfunkordnung als Nebeneinander von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk.

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Im Zentrum steht der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (RStV). Daneben gibt es den ARD-Staatsvertrag, den ZDF-Staatsvertrag, den Staatsvertrag über die Körperschaft des Öffentlichen Rechts „Deutschlandradio“ und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Der ARD-Staatsvertrag verpflichtet die in der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD) zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten insbesondere zur gemeinsamen Gestaltung eines Fernsehvollprogramms (§ 1 ARD-Staatsvertrag). Der ZDF–Staatsvertrag regelt in § 2 die entsprechende Verpflichtung für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF). Insbesondere der ZDF-Staatsvertrag enthält detaillierte Regelungen etwa zur Binnenstruktur der Anstalt. Zusätzlich gelten in allen Bundesländern Rundfunk-, bzw. Mediengesetze.

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Der RStV enthält in seinen §§ 1–10 RStV allgemeine Vorschriften. Hier ist zunächst der Begriff des Rundfunks selbst (§ 2 Abs. 1 RStV) einfachgesetzlich definiert. § 2 Abs. 2 RStV enthält in den Nr. 1–20 die Bestimmung folgender Begriffe: Rundfunkprogramm (Nr. 1), Sendung (Nr. 2), Vollprogramm (Nr. 3), Spartenprogramm (Nr. 4), Satellitenfensterprogramm (Nr. 5), Regionalfensterprogramm (Nr. 6), Werbung (Nr. 7), Schleichwerbung (Nr. 8), Sponsoring (Nr. 9 in Verbindung mit § 8 RStV), Teleshopping (Nr. 10), Produktplatzierung (Nr. 11), Programmbouquet (Nr. 12), Plattformanbieter (Nr. 13) und Rundfunkveranstalter (Nr. 14). Diese Begriffe gelten einheitlich sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch den privaten Rundfunk. In § 2 Abs. 2 Nr. 15-20 RStV schließlich finden sich weitere Definitionen dessen, was unter Information (Nr. 16), Bildung (Nr. 17), Kultur (Nr. 18) sowie unter einem sendungsbezogenen Telemedium (Nr. 19) und einem presseähnlichen Angebot (Nr. 20) zu verstehen ist. Mit dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden zudem die Vorschriften über Werbung und Teleshopping reformiert. § 7 RStV enthält ausführliche Werbegrundsätze und Kennzeichnungspflichten für Werbung, Teleshopping und Dauerwerbesendungen.[285] § 7a RStV bestimmt unter welchen Voraussetzungen Werbung und Teleshopping in das Programm eingefügt werden dürfen. Als Regelungen des allgemeinen Teils gelten sie für den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk gleichermaßen. Eine Differenzierung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk findet diesbezüglich in den §§ 15 f. RStV respektive §§ 44 ff. RStV statt.[286]

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Der zweite Abschnitt des RStV (§§ 11–19a RStV) ist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk[287] gewidmet. § 11 RStV umschreibt zunächst dessen Auftrag. In der Generalklausel des § 11 Abs. 1 S. 1 RStV werden die durch das BVerfG diesbezüglich geprägten Kernbegriffe umgesetzt.[288] Den tatsächlichen Programmauftrag, also die wesentlichen inhaltlichen Vorgaben, enthalten die S. 2–5. § 11a RStV nennt als Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Rundfunkprogramme (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedien sowie programmbegleitende Druckwerke. Diese und deren Ausgestaltung sind im Einzelnen in den §§ 11b–f umschrieben. Neu seit dem 19. RÄndStV ist § 11g, der das Jugendangebot der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und des ZDF und dessen Inhalt normiert. Hierzu gibt es, ebenfalls seit dem 19. RÄndStV, als Anlage zu § 11g Abs. 5 S. 1 eine Negativliste für das Jugendangebot. §§ 12–18 RStV befassen sich mit der Finanzierung des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks einschließlich Werbung und Sponsoring.[289]

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§ 19 RStV konkretisiert den ehemaligen § 19a RStV, indem er den öffentlich-rechtlichen Anstalten Ermessen hinsichtlich der Auswahl der geeigneten Übertragungswege einräumt. Einzig müssen dabei die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigt werden.[290] Der neue § 19a RStV soll die Stellung der Kontrollgremien dadurch stärken, dass sie nunmehr die Veröffentlichung von Programmbeanstandungen verlangen können.

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Im dritten Abschnitt behandelt der RStV in sieben Unterabschnitten den privaten Rundfunk.[291] Normiert sind Zulassungsfragen und verfahrensrechtliche Belange (§§ 20–24 RStV). Mit dem 10. RÄStV ist in den §§ 20 und 20a eine Änderung vorgenommen worden. Es wird nunmehr zwischen landes- und bundesweit verbreitetem Rundfunk differenziert. Für ersteren ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 des RÄStV-E10 die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zuständig. Die Sicherung der Meinungsvielfalt ist in §§ 25–34 RStV,[292] die Organisation der Medienaufsicht und die Finanzierung besonderer Aufgaben in §§ 35–40 RStV, Programmgrundsätze und das Einräumen von Sendezeit für Dritte in §§ 41 f. RStV, die Finanzierung des privaten Rundfunks, Werbung und Teleshopping in §§ 43–46a RStV sowie der Datenschutz in § 47 RStV geregelt. Gem. § 35 Abs. 1 und 2 RStV sind zur Aufsicht über den privaten Rundfunk mit den in § 36 RStV festgelegten Aufgaben vier Einrichtungen berufen. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Sie fungieren dabei als Organe der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt. Die KEK besteht nach § 35 Abs. 5 RStV aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und Wirtschaftsrechts und sechs gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten. Der KEK-Vorsitzende und dessen Stellvertreter sind aus der Gruppe der Sachverständigen zu wählen. Die KEK soll ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder fassen. Bei Stimmengleichheit soll die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des stellvertretenden Vorsitzenden entscheiden (vgl. § 35 Abs. 9 RStV).

Im vierten Abschnitt des RStV finden sich Bestimmungen zu Revision und Ordnungswidrigkeiten (§§ 48, 49 RStV) und der fünfte Abschnitt des RStV enthält Regelungen zu Plattformen und Übertragungskapazitäten (§§ 50-53b RStV).[293]

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Vor den §§ 62 ff. in Abschnitt VII. sind seit dem 1.3.2007 im sechsten Abschnitt des RStV in §§ 54–61 Regelungen über Telemedien[294] enthalten. Aus kompetenziellen Gründen regelt der RStV auch an dieser Stelle nur die inhaltlichen Anforderungen an Telemedien, die der Rundfunkhoheit der Länder zuzuordnen sind. Für die wirtschaftsbezogenen rechtlichen Anforderungen steht dem Bund die Kompetenz für Wirtschaft und Telekommunikation zu. Sie sind im Telemediengesetz[295] des Bundes geregelt, das zeitgleich mit dem Neunten Änderungsvertrag zum RStV in Kraft getreten ist. Mit dem Abschn. über die Telemedien im RStV ist die bis dahin geltende Differenzierung zwischen Mediendiensten (an die Allgemeinheit gerichtet, aber mangels Darbietung nicht Rundfunk) und Telediensten (nicht an die Allgemeinheit gerichtet), die eine Parallelgesetzgebung mit Abgrenzungsschwierigkeiten erfordert hatte,[296] aufgehoben. Beide Dienste sind nun zu Telemedien zusammengefasst. Nach der neuen Rechtslage ist klargestellt, dass unter dem Oberbegriff der elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (IUK-Dienste) nun zwischen telekommunikationsgestützten Diensten nach § 3 Nr. 24 TKG, Telekommunikationsdiensten gem. § 3 Nr. 25 TKG, Rundfunk – definiert in § 2 Abs. 1 S. 1 RStV – und Telemedien gem. § 2 Abs. 1 S. 3 RStV zu unterscheiden ist. Im Rahmen der Negativabgrenzung des § 2 Abs. 1 S. 3 RStV sind solche Dienste Telemedien, die weder Telekommunikationsdienst noch telekommunikationsgestützter Dienst noch Rundfunk sind. Nicht zu den Telemedien sondern zum Rundfunk zählen ausweislich der Begründung zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag[297] der herkömmliche Rundfunk, aber auch Live-Streams[298] und Web-Casting.[299] Telekommunikationsgestützte Dienste sind weder Abruf- noch Verteildienste, sondern eine Form der Individualkommunikation und deshalb nicht Telemedien.[300] Telekommunikationsdienste, bei denen es ausschließlich zu einer Signalübertragung über Telekommunikationsnetze kommt, sind demgegenüber nach dem TKG zu beurteilen und ebenfalls keine Telemedien. Anders verhält es sich, wenn Telekommunikationsdienste nicht nur Signale über Telekommunikationsleitungen übertragen, sondern zugleich auch inhaltliche Dienstleistungen enthalten, etwa einen Internetzugang oder eine E-Mail-Übertragung ermöglichen. Es handelt sich dann grundsätzlich um Telemedien,[301] da hier – anders etwa bei der Internettelefonie – eine besondere Dienstleistung zur Verfügung gestellt wird.[302]

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Die Einordnung als Telemedien ist wichtig, da diese nach § 54 RStV grundsätzlich zulassungs- und anmeldefrei[303] sind. Allerdings bestehen für solche Telemedien, die zu gewerblichen Zwecken eingerichtet werden, Informationspflichten nach § 55 RStV. § 56 RStV enthält Bestimmungen über die Gegendarstellung und § 58 RStV schreibt eine Trennung von Werbung und Inhalt vor. Für die Aufsicht über die Telemedien sowohl im Hinblick auf den RStV als auch für den Bereich des Telemediengesetzes sind die Länder zuständig.[304]

 

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Mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist zum 1.1.2013 eine Neuregelung des Finanzierungssystems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Kraft getreten. Dabei geht es im Kern um den Wechsel von der bisherigen Rundfunkgebühr zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag.[305] Bislang war für die Gebührenpflicht und -höhe entscheidend, ob überhaupt Empfangsgeräte, und wenn ja, wie viele und welche Arten von Geräten zum Empfang von Rundfunkprogrammen vorgehalten wurden. Dies führte zwangsläufig zu Abgrenzungsproblemen und Schwierigkeiten bei der Erfassung aller an sich gebührenpflichtigen Geräte. Abhilfe wurde deshalb mit einer pauschalen Haushaltsabgabe geschaffen. Anknüpfungspunkt der Zahlungspflicht ist damit nicht mehr das jeweilige Empfangsgerät, sondern die Inhaberschaft an einer Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an einer Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich). Gegen die Verfassungsmäßigkeit des neuen Finanzierungssystems sind indes von verschiedener Seite Bedenken geäußert worden. Neben Privatpersonen und Unternehmen, die gegen den Rundfunkbeitrag bereits klageweise vorgegangen sind oder dies konkret in Erwägung ziehen,[306] hat auch die Thüringische Landesregierung verfassungsrechtliche Bedenken gegen den damals noch im Entwurf befindlichen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geäußert und favorisiert vor dem Hintergrund der „sozialen Gerechtigkeit“ ein steuerfinanziertes und einkommensabhängiges Modell.[307]

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Durch den 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde der Rundfunkbeitrag von vormals 17,98 EUR auf 17,50 EUR gesenkt, § 8 RFinStV.[308] Der 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt die Vorgabe des BVerfG um, das in seinem Urteil vom 25.3.2014[309] mehr Staatsferne in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verlangt hatte. Der Staatsvertrag trat am 1.1.2016 in Kraft und regelt die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien.

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Wesentlich im 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind die Beauftragung eines onlinebasierten Jugendangebots von ARD und ZDF, neue Regelungen zum Jugendmedienschutz sowie Nachbesserungen beim Rundfunkbeitragssystem. Das für die 14- bis 29-jährigen Zuschauer ausgerichtete Jugendprogramm dürfen ARD und ZDF umsetzen und neben dem klassischen Rundfunkweg auch auf Online-Drittplattformen anbieten. Eingefügt wurde § 11g RStV, der das Jugendangebot der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und des ZDF regelt. Ergänzt wird die Vorschrift durch eine Anlage zu § 11g Abs. 5 S. 1 RStV, die eine Negativliste für Jugendangebote enthält. Die Novellierung des am 1.10.2016 in Kraft getretenen Jugendmedienschutzstaatsvertrages dient dazu der Medienkonvergenz und dem damit einhergehenden veränderten Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen.[310] Die Altersstufen des Jugendschutzgesetzes gelten nun auch für Rundfunk und Telemedien, § 5 Abs. 1 JMStV. Hierbei soll, wiederum vor dem Hintergrund der Konvergenz, ein Gleichlauf bei der Alterskennzeichnung im Online- und Offline-Bereich geschaffen werden. Die Alterskennzeichnung kann vom Anbieter selbst oder von einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle erfolgen, § 19 JMStV. Anbieter, die ihr Angebot freiwillig mit einer Alterskennzeichnung versehen, werden durch die Neuregelungen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten privilegiert, § 24 JMStV. Es erfolgt eine Verknüpfung des Systems des technischen Jugendmedienschutzes mit dem Gedanken der regulierten Selbstregulierung. Die Selbstkontrolleinrichtung übernimmt letztlich die Funktion einer Zertifizierungsstelle, die das jeweilige Angebot auf Kompatibilität mit den Vorgaben des Jugendmedienschutzstaatsvertrages überprüft. Die Aufsicht über diese Einrichtung übt die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) aus, § 19b JMStV.[311]

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Der zwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag aus dem Dezember 2016[312] betrifft den Rundfunkstaatsvertrag, den Deutschlandradio-Staatsvertrag sowie den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Mit Blick auf den Rundfunkstaatsvertrag wurden die vom Deutschlandradio beschlossenen Änderungen der Programm-bezeichnungen in „Deutschlandfunk Kultur“ (bisher „Deutschlandradio Kultur“) und „Deutschlandfunk Nova“ (bisher „DRadio Wissen“) aufgenommen. Zudem wurden für die Gremien des Deutschlandradio die Vorgaben des BVerfG zur Staatsferne erfüllt. Die mit dem 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im ZDF-Staatsvertrag umgesetzten Grundsätze sollen allgemein auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Anwendung finden.[313] Weitere Anpassungen betreffen den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag mit Blick auf die durch den 20. KEF-Bericht geänderte Verteilung des Rundfunkbeitrags.