Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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2. Anspruchsberechtigte

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Anspruchsberechtigter ist derjenige, dessen rechtliche Sphäre verletzt oder bedroht wurde. Individuelle Betroffenheit setzt Erkennbarkeit voraus. Mittelbare Verletzung reicht nicht aus.[483] Sind mehrere Personen betroffen, so steht jedem selbständig ein Anspruch zu.

3. Anspruchsverpflichtete

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Anspruchsverpflichtet ist jeder Störer, mithin jeder, der willentlich und adäquat kausal an der Beeinträchtigung mitgewirkt hat.[484] Dabei wird im Rahmen des § 1004 BGB auch derjenige als – unmittelbarer – Störer bezeichnet, der nach seiner Art des Textbeitrages sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre.[485] Hinsichtlich der Verbreitung ist die Haftung eingeschränkt.[486] Passiv legitimiert sind insbesondere der Autor, der Verleger, mithin also der Verlag, in dem eine Druckschrift erscheint bzw. eine Rundfunkanstalt, die die Ausstrahlung einer Sendung ermöglicht. Der Herausgeber, dessen Aufgabe in der Regel auf die Überwachung der Tendenz einer Zeitung und die geistige Oberleitung der Veröffentlichung von Beiträgen gerichtet ist,[487] haftet in der Regel nicht. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn er an dem angegriffenen Beitrag konkret in irgendeiner Weise mitgewirkt hat. Inwieweit der Chefredakteur für nicht von ihm selbst redigierte Beiträge haftet, richtet sich nach den ihm vom Verleger zugewiesenen Aufgaben und danach, wie detailliert das Arbeitsgebiet der Ressort-Redakteure abgegrenzt ist.[488] Hat der Chefredakteur im Wesentlichen nur zu koordinieren, so scheidet eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit aus. Der „verantwortliche Redakteur“ ist als solcher „verantwortlich“ durch die Benennung im Impressum. Diese dient der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs, besagt aber nichts über die tatsächliche Funktion in Bezug auf die Inhaltsprüfung. Sind solche Pflichten jedoch tatsächlich übertragen worden, haftet er auch zivilrechtlich.[489] Beim Vorgehen gegen den angestellten Redakteur wird vertreten, dass es bei einstweiligem Rechtsschutz an einem Verfügungsgrund fehle, weil davon auszugehen sei, dass die angegriffene Äußerung durch das Publikationsorgan des Arbeitgebers weiterhin erfolgt und die Beeinträchtigung durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung deshalb nicht beseitigt werden könne.[490]

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Bei mehreren Störern steht dem Verletzten ein selbständiger Anspruch gegen jeden Störer zu.

4. Prozessuale Besonderheiten des Unterlassungsanspruchs

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Grds. betrifft der Anspruch nur die konkrete Verletzungshandlung.[491] Auch muss zwischen Behaupten und Verbreiten unterschieden werden. Häufig verwendet wird die Formulierung „behaupten und/oder behaupten lassen und/oder verbreiten und/oder verbreiten lassen.“[492]

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Bei verdeckten Behauptungen empfiehlt sich im Tenor die Wiedergabe der die verdeckte Behauptung auslösenden Textpassagen zusammen mit einer Darstellung des entstehenden Eindrucks[493] („… soweit dadurch der Eindruck entsteht, dass …“) oder mit einem klarstellenden Zusatz (z.B. „… ohne zugleich darzustellen, dass …“).

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In Ausnahmefällen kommt auch das Gesamtverbot einer Äußerung in Betracht, z.B. wenn die konkrete Verletzungsform mit zulässigen Teilen der Darstellung so verbunden ist, dass diese Teile ohne Veränderung des Sinnzusammenhangs oder der Gesamtstruktur nicht voneinander getrennt werden können oder wenn der Sinn des Gemeinten sich erst aus dem Zusammenhang ergibt, die Einzelteile aber für sich rechtlich unangreifbar sind. Ein Gesamtverbot bei Verletzung der Privatsphäre kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn es denkbare Fälle gibt, in denen in Zukunft berichtet werden kann, nur zum jetzigen Zeitpunkt im streitgegenständlichen Kontext möglicherweise nicht.[494]

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Nach h.M. ist auch in Presserechtssachen grds. eine vorherige Abmahnung erforderlich. Die Dauer der zu setzenden Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ist sie zu kurz bemessen, setzt die Abmahnung eine angemessene Frist in Lauf. Eine ordnungsgemäße Abmahnung setzt einen eindeutig gekennzeichneten Streitgegenstand,[495] die Fristsetzung und die – ggf. auch konkludent erfolgende – Androhung gerichtlicher Schritte sowie den entsprechenden Zugang beim Passivlegitimierten[496] voraus. In Ausnahmefällen kann sie entbehrlich sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Abgemahnte sich nicht unterwerfen wird. Verstreicht die gesetzte Abmahnungsfrist fruchtlos, löst ein Anerkenntnis im Prozess nicht mehr die Kostenfolgen des § 93 ZPO aus.

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Grds. ist der Zivilrechtsweg gegeben. Dies gilt auch bei Vorgehen gegen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und bei Streitigkeiten wegen gerichtlicher und staatsanwaltlicher Presseerklärungen.[497] Allerdings ist bei Äußerungen von Beamten im Rahmen hoheitlicher Tätigkeit der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 2 VwGO gegeben.[498]

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Die örtliche Zuständigkeit bei Unterlassungsansprüchen aus unerlaubter Handlung bestimmt sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten i.S.v. §§ 13, 16 ZPO sowie nach dem Gerichtsstand des § 32 ZPO. Die internationale Zuständigkeit für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen richtet sich nach verschiedenen Rechtsgrundlagen.[499] Nach einer Entscheidung des EuGH zur EuGVVO besteht für den Betroffenen die Möglichkeit, entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber dieser Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens zu erheben. Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens kann diese Person ihre Klage auch vor den Gerichten des Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Diese sind dann nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden ist. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im Allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Internetangebote können an einen örtlichen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung überall dort begründen, wo das Internetangebot bestimmungsgemäß abrufbar ist,[500] und zwar unabhängig vom Stand des Servers.[501] Im Rahmen des § 32 ZPO sind für im Internet abrufbare Veröffentlichungen die deutschen Gerichte international zuständig, wenn die beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der Meldung im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann; dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme der Meldung im konkreten Fall erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Fall wäre und die behauptete Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde.[502] Dabei wird die Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht schon dadurch begründet, dass der Betroffene an seinem Wohnsitz im Inland die Äußerungen abgerufen hat und diese vereinzelt Geschäftspartnern bekannt geworden sind.[503] Richten sich die in fremder Sprache und Schrift gehaltenen Berichte über Vorkommnisse im Ausland ganz überwiegend an Adressaten im Ausland, liegt ein ausreichender Inlandsbezug nicht vor.[504] Richtet sich ein regionaler Tageszeitungsverlag in seinem Internetauftritt an seine Leser spricht dies, soweit keine anderweitigen Indizien bestehen, nicht für eine Zuständigkeit außerhalb seines Verbreitungsgebietes.[505] Bei vorbeugenden Unterlassungsklagen ist hypothetisch zu fragen, wo die Äußerung üblicherweise verbreitet, empfangen oder abrufbar wäre. Bei Druckschriften besteht ein sog. fliegender Gerichtsstand, d.h., der Gerichtsstand bemisst sich nach dem Begehungsort, an dem die Druckschrift erscheint, und nach den Orten, an denen sie verbreitet wird. Der örtliche Gerichtsstand bei Hörfunk- und Fernsehsendungen wird durch die Empfangsmöglichkeit an einem betreffenden Ort bestimmt.

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Einstweilige Verfügungen sind nach § 137 ZPO beim Gericht der Hauptsache zu beantragen, mithin bei jedem Gericht, an dem die Hauptsacheklage erhoben werden kann. Wird ein einstweiliges Verfügungsverfahren eingeleitet, so kann infolge des fortbestehenden Wahlrechts aus § 35 ZPO die Hauptsacheklage auch an einem anderen örtlichen Gerichtsstand nach h.M. anhängig gemacht werden.[506] Die sachliche Zuständigkeit bemisst sich – auch bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten – nach § 23 Nr. 1 GVG daran, ob der Streitwert 5 000 EUR übersteigt. Einzelne zur Unterlassung gestellte Äußerungen sind jeweils getrennt zu beurteilen, es sei denn, sie betreffen im Kern denselben Gegenstand. Bei der Dringlichkeit kann keine starre 1-Monats-Frist angenommen werden,[507] die Maßstäbe werden in den einzelnen OLG-Bezirken dabei sehr unterschiedlich gehandhabt. Bei einer Buchveröffentlichung kann es bereits dringlichkeitsschädlich sein, wenn es für einen Betroffenen naheliegend war, dass das Buch persönlichkeitsrechtsverletzende Passagen enthält und Gelegenheit zur Kenntnisnahme bestand.[508] Die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung hat nach § 929 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 936 ZPO innerhalb eines Monats und im Parteibetrieb zu erfolgen.[509] Dabei sind auch solche Anlagen mit zuzustellen, auf die in der gerichtlichen Entscheidung ausdrücklich Bezug genommen wird.[510] Ein eine einstweilige Verfügung bestätigendes Urteil muss ebenfalls im Parteibetrieb zugestellt werden, um die Vollziehungsfrist zu wahren, wenn es eine wesentliche Änderung aufweist.[511]

 

174

Gem. § 543 ZPO bedarf die Revision gegen ein Berufungsurteil der Zulassung. Ansonsten muss Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.

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Die Vollstreckung aus einem Unterlassungsurteil erfolgt nach § 890 ZPO und setzt Verschulden voraus. Dabei muss sich der Schuldner einer Unterlassungspflicht grundsätzlich auch das Verhalten Dritter zurechnen lassen, die in seinem Einflussbereich tätig sind, soweit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme besteht.[512] Eine Ausnahme besteht jedoch für die Zurechnung des Verhaltens anderer Presseorgane, da sie selbstständig für sich die Pressefreiheit in Anspruch nehmen können.[513] Eine Zurechnung ist auch bei Rechtsverletzungen zu bejahen, die äquivalent und adäquat auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen sind;[514] z.B. bei RSS-Feeds bei Internetartikeln.[515] Grundsätzlich wohnt der Pflicht zur Unterlassung insoweit ein Moment der Verpflichtung zur Beseitigung inne, als der Unterlassungsschuldner ggf. auch durch aktives Tun Vorsorge dafür zu treffen hat, dass es nicht zu weiteren Störungen der untersagten Art kommt;[516] z.B. wird er bei Internetveröffentlichungen gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.[517] Die zur Kerntheorie entwickelten Grundsätze sind bei der Frage, ob eine Wiederholung vorliegt, heranzuziehen. Bei der Auslegung sind Tatbestand und Urteilsgründe heranzuziehen. Wird ein Unterlassungstenor von Medien nur aus Referenzgründen wiederholt, liegt darin kein eigenständiger Verstoß gegen das Unterlassungsurteil.[518]

II. Der Berichtigungsanspruch

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Der Berichtigungsanspruch ist von der Rspr. als abgestuftes Instrumentarium ausgestaltet worden. Beim Berichtigungsanspruch handelt es sich um einen aus analoger Anwendung des § 1004 BGB in Verbindung mit einem verwirklichten Deliktstatbestand entwickelten Anspruch,[519] der – soweit er nicht auf einen förmlichen Widerruf gerichtet ist – in seiner Ausgestaltung als vom Deliktsrecht fortentwickelter Folgenbeseitigungsanspruch vom Nachweis des rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Störers befreit ist.[520] Auch aus diesem Grunde sind die verschiedenen Formen des Berichtigungsanspruches, bei denen auch nicht immer eine einheitliche Terminologie gepflegt wird, voneinander abzugrenzen:

1. Abgrenzung

1.1 Widerruf

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Ein Widerrufsanspruch steht dem Betroffenen bei nachgewiesener Unwahrheit einer rechtswidrigen und schuldhaften Behauptung zu, wenn ein solcher Widerruf zur Beseitigung eines fortwirkenden Störungszustandes erforderlich ist.[521] Die Darlegungslast für die Unwahrheit trifft grds. den Anspruchsteller.[522] Ein einfacher Widerruf lautet etwa wie folgt: „Die Behauptung, … , widerrufe ich hiermit als unwahr oder unrichtig.“. Oder: „In der X-Zeitung haben wir am … die Behauptung aufgestellt, … Diese Behauptung widerrufen wir als unwahr.“ U.U. kann ein qualifizierter Widerruf gefordert werden, z.B. wenn die bloße Negation der Behauptung Fragen offen lässt oder irreführen kann. Denkbar ist dann z.B. ein Zusatz oder eine Klarstellung etwa wie folgt: „… Tatsächlich verhält es sich so und so.“

1.2 Richtigstellung, Nichtaufrechterhaltung, berichtigende oder nachträgliche Ergänzung

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Eine Richtigstellung kommt als milderes Mittel dann in Betracht, wenn die strengere Form des Widerrufs auf eine Demütigung des Anspruchsverpflichteten hinauslaufen würde.[523]

179

Eine Richtigstellung kann etwa wie folgt lauten: „In der X-Zeitung hatten wir am … mitgeteilt, dass … Hierzu stellen wir richtig, dass nicht Y dafür verantwortlich war, sondern Z dieses oder jenes tat.“

180

Für die Formulierung und den Ort der Richtigstellung verbietet sich jede schematische Betrachtung. Eine Richtigstellung ist von der Rspr. z.B. für angemessen erachtet worden, wenn eine Äußerung nicht insgesamt unwahr war, sondern nur bezüglich eines Teilaspektes, der klargestellt oder „richtig gestellt“ werden kann,[524] oder wenn ein falscher Anschein entsteht oder wenn die Erstmitteilung missverständlich ist oder zu einer versteckten Behauptung führt[525] oder bei Namensverwechslungen. Der Anspruch auf Richtigstellung kann auch deren Ankündigung im Inhaltsverzeichnis und auf der Titelseite enthalten, sofern dort der interessierte Artikel ebenfalls angekündigt war.[526]

181

Ein Nichtaufrechterhaltungs-Anspruch ist vor allen Dingen für die Fälle gedacht, in denen der Nachweis der Unwahrheit nicht erbracht werden kann, wohl aber eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass ernstliche Anhaltspunkte für die Wahrheit nicht bestehen können.[527] Zweifel gehen grds. zu Lasten des Klägers.[528]

182

Eine berichtigende Ergänzung kommt in Betracht, wenn durch fehlerhafte Auswahl oder Weglassung von Tatsachen ein falsches oder zumindest verzerrtes Bild entstanden ist. Ein solch berichtigender Ergänzungsanspruch kann etwa folgenden Wortlaut haben: „Zum Bericht in der X-Zeitung vom … und der darin getroffenen Aussage, dass …, ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass …“

183

Einen Anspruch auf nachträgliche Ergänzung ist von der Rspr. nur bei der Fallgruppe anerkannt, dass im Anschluss an eine zutreffende Berichterstattung über eine strafgerichtliche Verurteilung (z.B. in erster Instanz) sich ein späterer Freispruch anschließt[529] oder wenn nach einer zulässigen Verdachtsberichterstattung der Verdacht später ausgeräumt ist und die Beeinträchtigung der Ermittlung fortwirkt.[530]

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Ansprüche auf Richtigstellung, Nichtaufrechterhaltung oder Ergänzung erfolgen nicht auf deliktsrechtlicher Grundlage, sondern stellen verschuldensunabhängige Folgenbeseitigungsansprüche dar.

2. Voraussetzungen des Berichtigungsanspruchs

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Der Anspruch zielt auf die Beseitigung einer fortwährenden Rufbeeinträchtigung. Gegenüber Unterlassungsansprüchen stellt der Widerruf damit sowohl ein Mehr als auch ein „Aliud“ dar. Ein Berichtigungsanspruch gleich welcher Abstufung besteht nur bei Tatsachenbehauptungen.[531]

186

Es ist höchst strittig, ob Berichtigungsansprüche – unterhalb der Ebene des Rechtswidrigkeit voraussetzenden Widerrufs – auch dann in Frage kommen, wenn eine rechtmäßig aufgestellte Behauptung nicht aus der Welt geschafft wird, obwohl sie sich inzwischen als unwahr herausgestellt hat und die Beeinträchtigung fortwirken kann. Der BGH[532] und das BVerfG[533] haben dies in Einzelfällen als möglich angesehen.

187

Ein Berichtigungsanspruch gleich welcher Form besteht jedoch nur, wenn er zur Beseitigung der fortdauernden Rufbeeinträchtigung des Betroffenen notwendig ist.[534] Er ist deshalb von einer Abwägung im Einzelfall zwischen dem Interesse des Betroffenen einerseits und dem Interesse des Mitteilenden andererseits, seine einmal geäußerte Behauptung nicht zurücknehmen zu müssen,[535] abhängig. Diese kann z.B. zu Lasten des Anspruchs verlaufen, wenn eine bloße Übertreibung vorliegt, der Kern der Behauptung jedoch zutrifft, wenn es dem Betroffenen nur darum geht, sich rechtliche Vorteile in Bezug auf andere rechtliche Beziehungen oder innerhalb einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu verschaffen,[536] wenn der Störer seinerseits provoziert wurde[537] oder wenn die Wirkung der Äußerung durch Zeitablauf verblasst wird und damit keine fortwirkende Quelle gegenwärtiger Rufbeeinträchtigung mehr ist. Allerdings hat in einem Einzelfall der BGH sogar nach mehr als 2 Jahren einen Anspruch bejaht.[538]

188

Der Anspruch kann auch entfallen, wenn das Medium die Darstellung bereits von sich aus berichtigt oder widerrufen hat. Ob diese freiwillige Berichtigung ausreicht, hängt vom Einzelfall ab.[539] Sie muss eindeutig sein. Die Mitteilung zusätzlicher Fakten ist unschädlich, wenn sie die Wirkung der Berichtigung nicht relativiert,[540] sondern lediglich den Sachverhalt ergänzt. Außerdem muss die „Waffengleichheit“ insofern gewahrt sein, als die freiwillige Berichtigung in vergleichbarer Form und an vergleichbarer Stelle veröffentlicht wird wie die Erstmitteilung. Eine gleichsam „weggedrückte“ Berichtigung reicht nicht aus.[541] Auch muss der gleiche Adressatenkreis durch die Art und Weise der Verbreitung der Berichtigung erreicht werden.[542] Der Anspruch wird auch nicht durch eine erwirkte Gegendarstellung ausgeschlossen.[543]

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Auch bei Bildnissen kommen Berichtigungsansprüche in Betracht, z.B. bei Fotomontagen oder Retuschen, die zu einer Rechtsverletzung führen. Der Anspruch besteht dann in der Regel in der Wiedergabe des richtigen Bildnisses zusammen mit einem erläuternden Berichtigungstext. Ein Anspruch kann auch dann bestehen, wenn die Rechtsverletzung gerade aus der Kombination von Bild und Text entsteht in der Form, dass eine Neuveröffentlichung des Bildes zusammen mit verbaler Berichtigung erfolgt.

3. Anspruchsberechtigte und -verpflichtete

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Für die Aktivlegitimation gilt grds. das Gleiche wie beim Unterlassungsanspruch.[544] Bei mehreren Betroffenen hat aber nicht unbedingt jeder Einzelne Ansprüche. Grds. muss der Berichtigungsanspruch dann nur einmal erfüllt werden. Allerdings ist für öffentlich-rechtliche Körperschaften der Anspruch auf Fälle zu beschränken, in denen die fortwirkende Rufbeeinträchtigung ein erhebliches Gewicht hat.[545]

4. Probleme der Durchsetzung des Berichtigungsanspruchs

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Die Berichtigung darf keine Irreführung enthalten. Der Kläger muss die Berichtigung vorformulieren.

192

Eine Berichtigung kann grds. nur im Hauptsacheverfahren verlangt werden.[546] Die Durchsetzbarkeit ist grds. vom Eintritt der Rechtskraft unabhängig. Ausnahmen sind im Falle des § 712 ZPO möglich,[547] mithin, wenn die Vollziehung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Zudem ist der Schuldner durch den Ersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO geschützt.