Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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III. Der Bereicherungsanspruch

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Ein Bereicherungsanspruch aus Eingriffskondition ist anerkannt für eine persönlichkeitsrechtsverletzende Verwendung eines Bildnisses oder eines Namens oder sonstiger Persönlichkeitsrechtsmerkmale zu Zwecken der Werbung.[548] Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Vermögen des Betroffenen in irgendeiner Weise durch die persönlichkeitsrechtsverletzende Ausnutzung zu Werbezwecken gemindert ist, etwa dass er – hypothetisch – für die Anfertigung des Bildnisses hätte Zeit aufwenden müssen oder das betroffene Persönlichkeitsrecht überhaupt hätte wirtschaftlich nutzen können, auch nicht auf der Bereitschaft des Betroffenen, über das betroffene Persönlichkeitsgut gegen Entgelt zu Werbezwecken überhaupt zu verfügen.[549] Kein solcher Anspruch kann hingegen bestehen, wenn die Presse über ein die Öffentlichkeit interessierendes Ereignis berichtet und schon gar nicht ersichtlich ist, dass kommerzielle Interessen des Betroffenen bestanden haben.[550]

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Der Bereicherungsanspruch kann neben einem Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.[551]

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Der Höhe nach ist dem Verletzten zumindest die Lizenzgebühr zu zahlen, die bei ordnungsgemäßem Rechtserwerb aufzuwenden gewesen wäre.[552] Bei der Bemessung des angemessenen Honorars sind alle Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, wie etwa Auflagenstärke, Verbreitung, Art (z.B. Blickfang oder sogar Testimonial) und Gestaltung sowie die Werbewirkung (z.B. Bekanntheitsgrad, Sympathiewert).[553] Die Lizenzhöhe ist dem Sachverständigenbeweis zugänglich,[554] kann aber auch gem. § 287 ZPO vom Gericht in freier Beweiswürdigung ermittelt werden.[555] Dies ist jedenfalls solange von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wie die Schätzung nicht mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig „in der Luft hing“.[556]

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Der Bereicherungsanspruch endet mit dem Tod des Verletzten.[557] Besteht der Bereicherungsanspruch dem Grunde nach, steht dem Verletzten als Hilfsanspruch ein Auskunftsanspruch zur Verfügung.[558]

IV. Schadensersatz

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Das Verschulden ist in der Regel durch die rechtswidrige Verletzung des haftungsbegründenden Tatbestandes indiziert. Bei offenen Tatbeständen wie dem Persönlichkeitsrecht ist dagegen die positive Feststellung der Rechtswidrigkeit notwendig.

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Die – praktisch sehr relevante – Kausalität wird auf der Grundlage der Adäquanztheorie ermittelt.[559] Der Ersatz von Schäden, die nicht wegen, sondern nur gelegentlich einer rechtswidrigen Berichterstattung entstanden sind, können unter Umständen verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn wegen der Beeinträchtigung des Mutes zur Kommunikation die Pressefreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt würde.[560] Verletzen mehrere Medien durch gleiche oder ähnliche Darstellung das in Frage stehende Recht des Verletzten, sollen sie als getrennt Schäden Verursachende auch getrennt haften.[561]

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Die Berechnung des Schadens folgt der Differenzlehre. Beim Eingriff in das Unternehmensrecht kann auch auf entgangenen Gewinn nach § 252 BGB geklagt werden. Es ist zu ermitteln, wie sich der Umsatz ohne die Veröffentlichung entwickelt hätte. Anhand des Umsatzes ist der hypothetische Gewinn zu berechnen, dessen Differenz zum tatsächlich erzielten dann den Schadensbetrag wiedergibt. Das Gericht kann zur Berechnung nach § 287 ZPO vorgehen. Als Schadensersatz kommt auch der Ersatz schadensmindernder Aufwendungen in Betracht,[562] sofern diese erforderlich sind[563] (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB).

Aktiv- und Passivlegitimation entspricht dem zum Unterlassungsanspruch Gesagten.

Für Schadensersatzansprüche steht lediglich das Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitwert.

V. Der Geldentschädigungsanspruch

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Der BGH hat erstmals in der Herrenreiter-Entscheidung[564] einen Schmerzensgeldanspruch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen bejaht. Heute ist der Geldentschädigungsanspruch dogmatisch auf der Grundlage von § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 Abs. 1 GG gesichert. Maßgeblich ausgestaltet wurde dieser Anspruch dann in den Caroline von Monaco-Entscheidungen des BGH.[565] Beim Anspruch auf Geldentschädigung stünde der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Daneben diene der Rechtsbehelf auch der Prävention. Darin ist jedoch ausdrücklich kein Gewinnabschöpfungsanspruch zu sehen.[566]

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Der Geldentschädigungsanspruch hat jedoch, soll er mit Art. 5 GG vereinbar sein, nur subsidiären Charakter[567] und darf überdies nur bei erheblicher Beeinträchtigung der Persönlichkeitssphäre und schwerem Verschulden zuerkannt werden.[568] Nach alledem bedingt ein Anspruch auf Geldentschädigung


eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung;
schuldhaftes Handeln des Verletzers;
ein Fehlen der Möglichkeit, die verursachte Beeinträchtigung auf andere Weise befriedigend auszugleichen;
die Folgerung, dass die Umstände des Einzelfalls eine Geldentschädigung erforderlich machen.

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Ob eine hinreichend schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, ist nur anhand der Gesamtumstände des Einzelfalls zu ermitteln.[569] Beispiele können die Verletzung der Intimsphäre,[570] erfundene Interviews[571] oder Korruptionsverdacht ohne Anhaltspunkte[572] sein. Bei Bildveröffentlichungen kommt ein Anspruch ferner dann in Betracht, wenn mehrere gleichartige Verletzungen vorliegen, die für sich genommen nicht schwerwiegend sind, die jedoch in ihrer Gesamtheit als hartnäckige Verletzungen zu werten sind.[573] Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Anspruchsteller.[574]

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Auch an einem Mitverschulden des Betroffenen kann der Anspruch scheitern.[575]

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Der Anspruch hat lediglich subsidiären Charakter. Kann die Verletzung auf andere Weise ausgeglichen werden, entfällt er.[576] Der Betroffene ist grds. gehalten, sich um einen solchen anderweitigen Ausgleich zu bemühen.[577] Wird z.B. ein Widerruf oder eine Richtigstellung auf Verlangen umgehend abgedruckt oder gesendet, so kann ein Anspruch entfallen.[578] Versäumt er, andere Ausgleichsmaßnahmen geltend zu machen oder werden überzogene Zahlungsansprüche gefordert, ist der Anspruch im Zweifel nicht gegeben.[579]

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Schließlich muss für die Geldentschädigung ein unabwendbares Bedürfnis bestehen.[580] Zu berücksichtigen sind Art und Schwere der Beeinträchtigung, ihr Anlass, Kontext und Beweggrund, Grad des Verschuldens sowie Präventionszweck.[581]

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Anspruchsberechtigt sind nur natürliche lebende Personen. Juristische Personen oder Personengesellschaften können kein Genugtuungsbedürfnis haben.[582] Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht gewährt keinen Geldentschädigungsanspruch.[583] Der Anspruch ist nicht übertragbar und nicht vererblich.[584] Mehrere Medien, die parallel verletzt haben, sollen einzeln haften.[585]

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Die Höhe der Geldentschädigung hängt von den Umständen des Falles ab. Zu berücksichtigen sind die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Teile, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung, Anlass und Beweggrund des Mediums oder Schwere des Verschuldens. Zu berücksichtigen kann auch die Eingriffsintensität durch Verbreitungsauflage oder Verbreitungsgebiet sein. Formelhafte Berechnungen, etwa solche, die sich an Umsatzerlösen orientieren, verbieten sich. Die Höhe kann bei Klagen in das Ermessen des Gerichts gestellt werden. Der Kläger ist jedoch verpflichtet ist, die ungefähre Höhe des geltend gemachten Anspruchs anzugeben.[586]

VI. Der Gegendarstellungsanspruch

1. Funktion und anwendbares Recht

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Der Gegendarstellungsanspruch hat seine Wurzel im allgemeinen Persönlichkeitsrecht und soll dem Betroffenen die Möglichkeit gewähren, zeitnah, an gleicher Stelle und mit entspr. Publizitätsgrad seine Sicht der Dinge zu einem mitgeteilten tatbestandlichen Sachverhalt im Wege der Selbstverteidigung einbringen zu können.[587]

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Das Gegendarstellungsrecht ist eine zersplitterte Rechtsmaterie. Jedes der 16 Bundesländer besitzt ein eigenes Landespressegesetz und ein eigenes Landesrundfunk- oder Landesmediengesetz mit jeweils unterschiedlichen Vorschriften. Hinzu kommen verschiedenste Regelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, je nach Rundfunkanstalt, sowie der Mediendienste-Staatsvertrag. Es ist deshalb für den Praktiker zwingend geboten, sich der jeweilig anwendbaren Regelung zu vergewissern. Da verfahrensrechtlich die Vorschriften über die einstweilige Verfügung entsprechend anwendbar sind, findet auch keine Revision zum BGH statt,[588] die der Rechtsvereinheitlichung dienen könnte.

 

2. Voraussetzungen des Gegendarstellungsanspruchs

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Eine Gegendarstellung ist nur gegenüber Tatsachenbehauptungen möglich. Bei mehrdeutigen Tatsachenbehauptungen ist eine Gegendarstellung nur zulässig, wenn sich die gegendargestellte Aussage der Erstmitteilung als unabweisliche Schlussfolgerung aufdrängen muss, nicht schon, wenn der Erstmitteilung eine nicht fern liegende Deutung unterstellt wird oder sie einen nicht fern liegenden Eindruck vermittelt.[589] Bei Verdachtsberichterstattung dürfte sich die Gegendarstellung wohl nicht gegen den geäußerten Verdacht als solches richten, da in ihm ein Sachverhalt noch nicht als feststehend dargestellt wurde und insoweit noch keine Tatsachenbehauptung vorliegt; allerdings kann sich die Gegendarstellung gegen einzelne im Zusammenhang mit dem Verdacht geäußerte Tatsachenbehauptungen richten oder dagegen, ob ein Verdacht überhaupt erhoben wurde.[590] Auch aus einer Fotomontage können sich grundsätzlich gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptungen ergeben; allein in der Zusammensetzung mehrerer Einzelfotos liegt aber noch keine solche Behauptung.[591]

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Auch auf Zitate, also auf mitgeteilte Äußerungen Dritter, kann entgegnet werden.[592] Dabei ist auch die Entgegnung möglich, der Zitierte habe eine solche Äußerung gar nicht getan.[593] Allerdings ist bei der Wiedergabe der Ausgangsmitteilung und der Entgegnung stets notwendig darzustellen, dass die Gegendarstellung sich gegen die Äußerung eines Dritten wendet und nicht gegen eine selbst von dem Druckwerk oder der Sendeanstalt aufgestellte Behauptung.[594]

3. Anspruchsberechtigte und -verpflichtete

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Anspruchsberechtigt ist die betroffene Person oder Stelle. Der Begriff ist weit zu verstehen. Darunter fallen natürliche Personen ebenso wie juristische, Handelsgesellschaften, nicht rechtsfähige Vereine, aber auch Organe von Gesellschaften oder auch Behörden. Der Anspruch ist höchst persönlich. Er steht Verstorbenen nicht zu und ist nicht vererbungsfähig, selbst wenn er vor dem Tod des Betroffenen tituliert war.[595] Erforderlich ist eine individuelle, unmittelbare[596] Betroffenheit. Das Betroffensein eines Angehörigen reicht nicht aus. Individuell betroffen kann auch nur sein, wer durch die Darstellung erkennbar ist.[597] Bei einer Mehrzahl von Betroffenen ist zwar grds. jeder berechtigt, mit einer eigenen Darstellung zu Wort zu kommen, jedoch gilt dies dann nicht, wenn bei gleicher Interessenwahrung inhaltsgleich Gegendarstellungen verlangt werden, ohne dass ein persönlich individuelles Interesse vorliegt.[598]

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Anspruchsverpflichtet bei einem Druckwerk ist der im Impressum genannte verantwortliche Redakteur und der Verleger, mithin das Verlagsunternehmen, das das Erscheinen des Druckwerkes bewirkt.[599]

4. Form der Gegendarstellung

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Gegendarstellungen müssen schriftlich erfolgen. Die Gegendarstellung muss unterzeichnet sein. Wer zu unterzeichnen hat, kann je nach LPG unterschiedlich sein. Unterzeichnet der Betroffene,[600] so hat dies handschriftlich zu erfolgen. Maschinelle Unterzeichnung genügt nicht. Die Unterzeichnung mit dem Familiennamen reicht in der Regel aus, es sei denn, der Betroffene ist nur zusammen mit seinem Vornamen identifizierbar. Ist der Betroffene eine Personengesellschaft oder eine juristische Person, muss deutlich werden, dass die Unterzeichnung durch eine natürliche Person nicht in ihrem Namen selbst, sondern im Namen der Gesellschaft erfolgt.[601] Bei Zweifeln an der Echtheit der Unterschrift darf der Anspruchsverpflichtete eine Beglaubigung verlangen.[602] Die Unterschrift ist an den Schluss der Gegendarstellung zu setzen. Eine Angabe von Ort und Datum ist üblich, aber entbehrlich. In welcher Sprache die Gegendarstellung gegen eine fremdsprachige Erstmitteilung erfolgen kann, ist strittig.[603]

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Erfolgt – soweit zulässig – eine Unterzeichnung durch Vertreter, ist zu fragen, ob stets der gesetzliche Vertreter unterzeichnen muss oder auch ein rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter ausreicht. Eine Reihe von Ländern fordern Unterzeichnung durch den gesetzlichen Vertreter.[604] Dies gilt auch in der Regel für rundfunkrechtliche Gegendarstellungen. Wegen der bestehenden Unsicherheiten ist deshalb stets zu empfehlen, eine Gegendarstellung durch den gesetzlichen Vertreter unterzeichnen zu lassen.[605]

5. Zuleitung der Gegendarstellung und Abdruckverlangen

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Streng zu unterscheiden ist zwischen dem Zugang der Gegendarstellung und dem Abdruckverlangen.

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Strittig ist zunächst, ob die unterschriftlich unterzeichnete Gegendarstellung im Original zugeleitet werden muss.[606] Teilweise sollen Telefaxe genügen.[607] Vorsorglich sollte (auch) immer das handschriftliche Original zugeleitet werden.

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Das Abdruckverlangen stellt keine rechtsgeschäftliche, sondern eine geschäftsähnliche Handlung dar.[608] Es ist nicht formgebunden. In der Zuleitung der Gegendarstellung kann ein schlüssiges Abdruckverlangen gesehen werden. Die Zuleitung kann durch jedermann erfolgen. Das Abdruckverlangen kann vom Betroffenen oder von einem von ihm Beauftragten erfolgen. Wegen der Gefahr der Zurückweisung nach § 174 BGB ist jedoch zu raten, dem Abdruckverlangen eines willkürlichen Stellvertreters die Originalvollmacht beizulegen.[609] Im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Abdruck der Gegendarstellung kann kein wirksames Abdruckverlagen gesehen werden.[610]

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Es reicht aus, wenn Gegendarstellung und Abdruckverlangen in dem Machtbereich des Empfängers gelangt sind; Erhalt seitens Redaktion oder Verlag genügt i.d.R.[611] Da dies jedoch strittig ist,[612] ist zu empfehlen, das Abdruckverlangen und die Zuleitung der Gegendarstellung an den Passivlegitimierten zu bewirken.[613] Die Zuleitung von Gegendarstellung und Zugang des Abdruckverlangens konkretisieren den Gegendarstellungsanspruch (sog. verhaltener Anspruch).[614]

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Grds besteht eine Pflicht zur Bündelung der Gegendarstellung, wenn verschiedene Tatsachenbehauptungen in ein und demselben Artikel enthalten sind, damit nicht Gegendarstellungen gewissermaßen auf „Raten“ gefordert werden.[615] Werden Abdruckverlangen für mehrere Gegendarstellungen zugeleitet, die sich gegen dieselbe Erstmitteilung richten, ist es erforderlich, dass der Anspruchssteller deutlich macht, mit welcher Fassung er sein Begehren als erfüllt erachtet; tut er dies nicht, entsteht hinsichtlich keiner Gegendarstellung ein Anspruch.[616]

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Nach fast allen Regelungen der LPG muss das Abdruckverlangen unverzüglich, spätestens innerhalb von 3 Monaten seit der Veröffentlichung zugegangen sein.[617] Bei der Unverzüglichkeit sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.[618] So kann z.B. ein Zeitraum von 3–4 Wochen noch ausreichend sein, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Erstmitteilung dem Leser noch in Erinnerung geblieben ist.[619] Dabei hat auch Bedeutung, in welchen periodischen Abständen ein Druckwerk erscheint oder welcher Leserkreis das Druckwerk gewöhnlicherweise liest.[620] Wer Risiken vermeiden will, tut gut daran, das Gegendarstellungsbegehren und das Abdruckverlangen spätestens[621] innerhalb von 2 Wochen zuzuleiten. Für den Fristenbeginn ist die tatsächliche Kenntnisnahme ausschlaggebend.

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Wird die Gegendarstellung als nicht gesetzeskonform zurückgewiesen, kann sie überarbeitet und in einer neuen Fassung zugeleitet werden, ggf. mehrere Male. Jede neue Fassung muss unverzüglich nach der Zurückweisung der vorangegangenen zugeleitet werden.[622] Für Bayern gelten auch hier Besonderheiten.[623]

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Wegen des Unverzüglichkeitsgebot sehen die LPG überwiegend[624] eine echte Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Veröffentlichung vor. Die Frist beginnt mit dem Erscheinen, d.h. mit der tatsächlichen Verbreitung des Druckwerkes.

6. Abdruck der Gegendarstellung

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Die Gegendarstellung ist in der nach dem Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer in dem gleichen Teil des Druckwerkes mit gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen oder Weglassungen abzudrucken.[625] Werden Schriftgröße, Ort oder Verbot der Glossierung[626] nicht beachtet oder nur mit Einschaltungen oder Weglassungen veröffentlicht oder die Bündelung aufgelöst, ist der Anspruch nicht erfüllt und der Abdruck kann erneut gefordert werden.[627] Statt eines Druckwerkes kann auch eine App, dort ggf. ein Teaser als „Überschrift“, Ort einer Gegendarstellung sein.[628]

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Der Begriff des gleichen Teils ist eng auszulegen. Im Einzelfall ist dies nicht nur die Seite, sondern auch die konkrete Rubrik.[629] Erscheint die Rubrik oder die Seite z.B. nicht täglich, kann der nächste Erscheinungstermin abgewartet werden. Eine Rubrik ist nicht extra einzurichten. Erscheint sie z.B. nicht mehr, muss der ähnlichste Teil des Druckwerkes gewählt werden. Ansonsten muss eine gleichwertige Stelle gesucht werden, aber kein „mehr.“[630]

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Der Grundsatz des gleichwertigen Teiles ist für die Titelseite eingeschränkt. Denn die Pressefreiheit gebietet, dass die Titelseite ihre Funktion nicht verlieren darf, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen.[631] Deshalb kann die Veröffentlichung auf der Titelseite geboten sein; jedoch ist eine Reduzierung der Größe insoweit hinzunehmen, als die Funktionalität der Titelseite gewährleistet bleiben muss.[632] Wird der Beitrag auf der Titelseite angekündigt und findet sich die gegendarstellungsfähige Behauptung dann im Textteil in der Ausgabe, kommt im Einzelfall ein Hinweis auf der Titelseite auf die Gegendarstellung im Heft in Betracht.[633]

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Unter dem Abdruck mit gleicher Schrift ist insbesondere Größe und Klarheit zu verstehen. Ausnahmen bestehen beim Titelblatt.[634] Die Unterschrift ist mit abzudrucken.

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Zulässig ist es, die Gegendarstellung mit einem so genannten Redaktionsschwanz zu versehen, sofern dieser vom Text der Gegendarstellung deutlich getrennt als redaktionelle Anmerkung gekennzeichnet ist. Der Redaktionsschwanz verstößt nur dann nicht gegen das Glossierungsverbot, wenn er sich auf tatsächliche Angaben beschränkt[635] oder in der Kommentierung, die Gegendarstellung sei unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt abzudrucken.[636] Denkbar ist auch ein zustimmender Redaktionsschwanz („Herr Müller hat Recht“). Bei Gegendarstellung in einem Telemedium kann das Gericht dem Anbieter des Mediums verbieten, eine Erwiderung auf die Gegendarstellung mit dieser zu verknüpfen.[637]

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Anwaltskosten sind nur dann zu erstatten, wenn die Darstellung eine schuldhaft unerlaubte Handlung ist mit der Folge, dass der Betroffene die Anwaltskosten als Schadensersatz erlangen kann oder unter den Voraussetzungen des Verzugs.[638] Wird gegen mehrere Antragsgegner vorgegangen und ist ein Vorgehen in einem einheitlichen gerichtlichen Verfahren möglich, kann die Erstattung von Kosten rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein einheitlicher Lebenssachverhalt in mehrere Prozessmandate aufgespalten wurde.[639]

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Grds. gilt das „Alles oder Nichts-Prinzip“, d.h. wenn nur einer von mehreren Gegendarstellungspunkten unzulässig ist, erfasst dieser Mangel die gesamte Gegendarstellung und macht sie nicht abdruckfähig.[640] Dieses grds. Prinzip wurde und wird in den letzten Jahren von einzelnen OLG, z.B. für aus voneinander unabhängigen Punkten bestehenden Gegendarstellungen immer mehr aufgeweicht.[641] Insbesondere existiert eine sehr differenzierte Rspr. zu der Frage, ob, inwieweit und wann man noch im gerichtlichen Verfahren das Gegendarstellungsbegehren ändern kann.[642] Hier ist auf die Besonderheiten der Rspr. im jeweiligen OLG-Bezirk zu achten.[643]

 

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Strittig ist auch, ob der Passivlegitimierte die Zurückweisung der Gegendarstellung begründen muss.[644] In der Praxis empfiehlt sich für den Verlag, wenigstens beispielhaft ein oder zwei Gründe in abstrahierter Form („Gegendarstellung ist irreführend“) („Es fehlt das berechtigte Interesse“) zu nennen. Eine Pflicht, auf formale Mängel bei der Ablehnung hinzuweisen, besteht nicht.[645]