Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

I. Einleitung

1

Telemedien sind ein fester Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft. Die signifikante Bedeutung, die sie für viele Bereiche des Alltags haben, wird in den kommenden Jahren bedingt durch den rasanten technischen Fortschritt nur zunehmen. Bereits die Herausgeber von Printmedien mussten mit ansehen, wie ihre Kernkompetenzen durch die neu hinzugekommenen Informationsangebote aufgegriffen und erweitert wurden. Dabei bringen die Telemedien mit der höheren Aktualität ein Gewicht in den Wettbewerb zu den Printmedien mit ein, das während der Dot.Com-Blase zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht wenige zu der Annahme verleitete, dass die Ära der Zeitungen und Zeitschriften endgültig vorbei sei. So schnell, wie ursprünglich erwartet, hat sich diese These noch nicht bewahrheitet. Vielmehr sind herkömmliche Printmedien dazu übergegangen, die Telemedien für erweiterte Informationsangebote zu nutzen, hatten sie doch bereits einen entsprechenden Redaktionsstamm in ihren Reihen, der nun auch die Nachfrage nach elektronischen Angeboten bedienen konnte. In jüngster Zeit hat der Trend „Weg vom traditionellen Print-Journalismus“ und hin zu Telemedienangeboten allerdings wieder zugenommen. So stellte beispielsweise der Axel Springer-Verlag durch die spektakuläre Veräußerung eines großen Teils seiner Traditionsblätter die Weichen für eine weitgehende Online-, also Telemedienzukunft eines traditionsreichen Verlagshauses. Angebots- und Nutzungsverhalten bei Telemedien sind insbesondere in Bezug auf die Verbreitung und den Empfang von Bewegtbildern einem raschen Wandel unterworfen.

2

Auch die traditionelle Fernsehnutzung ist durch die und zugunsten der Telemedien zwar bisher nicht obsolet geworden, mit geänderten Übertragungswegen über gemanagte Netzwerke (IPTV) oder Internet (OTT – Over-The-Top-Content) haben sich aber neue, hybride Angebots- und Nutzungsformen entwickelt. Fernsehveranstalter, Netzbetreiber oder Plattformanbieter bieten die Programme in einer Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten an, bei denen der traditionelle „lineare“ Empfang nur eine unter vielen ist. Stichworte hier sind Catch-Up-TV, Personal-Video-Recorder, Timeshift oder Start-Up TV, die Einbindung von EPGs (Electronic Program Guides) und die Personalisierung der Programmnutzung durch Einrichtung von Multi-User-Profilen. Nicht zuletzt sei hier auch der zunehmende Konsum von audiovisuellen Inhalten auf Videoplattformen (das bekannteste Beispiel ist YouTube) in der relevanten Zielgruppe der 14-29-Jährigen zu erwähnen, der nicht zum ersten Mal die Frage aufgeworfen hat, ob die Stellung des Fernsehens als Leitmedium überholt ist. Der Empfang erfolgt ferner auch nicht mehr nur unbedingt am heimischen, mittlerweile zumeist internetfähigen Fernseher, sondern theoretisch auf einer Vielzahl von Empfangsgeräten, vom Heimcomputer über Tablet-PCs, Videospielkonsolen bis hin zu Smartphones, ob zu Hause oder unterwegs. Dies macht die Abgrenzung zwischen Rundfunk und Telemediendiensten mitunter viel schwieriger, als die vermeintlich klare Unterteilung in lineare und nicht-lineare Dienste suggeriert. Unter Umständen muss in einem gemischten Telemedienangebot für jeden dieser Dienste geprüft werden, ob hier zulassungsbedürftiger Rundfunk oder ein zulassungsfreier Telemediendienst vorliegt.

3

Allerdings beschränken sich die Erscheinungsformen von Telemedien nicht auf aktuelle Informationsdienste und die Bereitstellung von Bewegtbildern. Amazon ist prägend für das Konsumverhalten, kein terrestrischer Shop kann noch ohne Online-Shop auskommen. Vom Einkauf bis hin zur Informationsbeschaffung in Online-Foren, Meinungsportalen und Blogs spielt sich ein erheblicher Teil des modernen Lebens und der Wirtschaft im Internet ab. Bei dieser Vielfalt der Angebote und der schnellen Entwicklung der Materie muss der Gesetzgeber mit dem Dilemma leben, zum einen aktiv werden zu müssen, um einen erforderlichen Rechtsrahmen für die Telemedien zu gewährleisten, andererseits aber schon faktisch nicht in der Lage zu sein, jederzeit auf der Höhe der Zeit zu sein, um jegliche neue Entwicklung mit berücksichtigen zu können. Daher ist es erforderlich, neue Dienste technologieneutral zu erfassen, aber gleichzeitig genug Bestimmtheit vorzuweisen, um die Telemedien von den bereits bekannten Diensten mit einem anderen Regelungsregime abgrenzen zu können. Gerade Letzteres stellt die Anwender immer wieder vor Probleme, die durch die Konvergenz der Medien nicht verkleinert werden.

1. Historische Entwicklung

4

Telemedien sind ein fester Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft. Die signifikante Bedeutung, die sie für viele Bereiche des Alltags haben, wird in den kommenden Jahren bedingt durch den rasanten technischen Fortschritt nur zunehmen. Bereits Ihre Anfänge gehen zwar schon zurück auf die Entstehung des Internets und auch der Bildschirmtext der Deutschen Bundespost in den 1980er Jahren kann in ihre Nähe gerückt werden, wirkliche Verbreitung fanden sie jedoch erst nach der Erfindung des World Wide Web im CERN in Genf Anfang der 1990er Jahre. Sind die Telemedien auch nicht auf Dienste des Internets beschränkt, so findet sich dort doch ihre hauptsächliche Verbreitung und der Siegeszug des Internets in der globalen Kommunikation ebnet den Weg für die Telemedien als Leitmedium der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.

5

Die Regelung der Telemediendienste in Deutschland geht zurück auf die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundes „Multimedia“ im Jahr 1995. Deren Findungen wurden Grundlage für die Arbeiten am IuKDG (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz). Das IuKDG war ein Artikelgesetz, dessen wichtigster Teil die Einführung des TDG und des dazugehörigen TDDSG (Teledienstedatenschutzgesetz) war, das aber auch weitere Gesetzeswerke enthielt, die den wirtschaftlichen Aspekten der Telemediendienste einen Rahmen geben sollten. Gleichzeitig erarbeiteten die Länder den MDStV (Mediendienstestaatsvertrag). Die Trennung zwischen Telediensten im TDG und Mediendiensten im MDStV bereitete aber in der Praxis vom ersten Moment an erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen beiden Dienstearten, die durch die zusätzlich notwendige Abgrenzung zur Telekommunikation und dem Rundfunk noch verschärft wurden. Dennoch wurden diese beiden Kategorien beibehalten, als TDG und MDStV im Jahr 2001 eine grundlegende Überarbeitung erfuhren. Diese war zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie notwendig geworden. Das Prinzip der wesentlichen Inhaltsgleichheit hielten Bund und Länder bei der Überarbeitung aufrecht.

6

Eine erstmalige Vereinheitlichung der Begriffe Teledienst und Mediendienst zu Telemedien bzw. zu Telemediendiensten fand im Rahmen der Novellierung des Jugendschutzrechtes im Jahr 2003 statt. Damals einigten sich die Länder darauf, die Jugendschutzvorschriften für Rundfunk, Teledienste und Mediendienste im Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) einheitlich zu regeln. Zu diesem Zweck wurde der Anwendungsbereich des JMStV auf alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (Rundfunk und Telemedien) festgelegt, § 2 Abs. 1 JMStV. Gleichzeitig wurde in § 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV i.d.F. von 2003 erstmals der Begriff der Telemedien legal definiert als „Teledienste i.S.d. TDG und Mediendienste i.S.d. MDStV, soweit sie nicht Rundfunk i.S.d. RStV sind“. Die Definition ist zwischenzeitlich durch „Angebote (Rundfunksendung oder Inhalte von Telemedien)“ ersetzt worden.

7

Das zum 1.3.2007 in Kraft getretene TMG und der gleichzeitig in Kraft getretene 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV) übernahmen diese Vereinheitlichung der Begriffe der Teledienste und Mediendienste zu Telemedien bzw. Telemediendiensten. Die Länder einigten sich darauf, die zuvor inhaltsgleichen Regelungen von TDG und MDStV einheitlich im TMG zu regeln, soweit sie wirtschaftsbezogen sind. Die inhaltsbezogenen Regelungen finden sich seitdem in Abschn. VI des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag, RStV). Daher spricht nun auch das TMG für den Anwendungsbereich des Gesetzes von „elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten“, die Telemedien sind, soweit sie nicht der Telekommunikation oder dem Rundfunk zuzuordnen sind, § 1 Abs. 1 TMG. Dabei sollte die Qualifizierung einzelner Dienste ausdrücklich auch weiterhin an den Inhalten und nicht an ihrer Verbreitungstechnik oder -art festgemacht werden.[2]

2. EU-rechtlicher Rahmen

8

Der deutsche Rechtsrahmen für Telemedien unterliegt in weiten Teilen der europäischen Regulierung. Das Telemediengesetz (TMG) vom 26.2.2007[3] – sedes materiae des hiesigen Befassungsgegenstandes – ist in seinem Inhalt zwingende Umsetzung der sog. E-Commerce-Richtlinie (ECRL), der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“).[4] Diese nimmt wiederum für die Bestimmung ihres sachlichen Anwendungsbereichs auf die „Dienste der Informationsgesellschaft“ Rückgriff auf die Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.6.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften[5] in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.7.1998 zur Änderung der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften.[6]

 

9

Von Bedeutung ist zudem die sog. AVMD-Richtlinie 2010/13/EU[7] (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), die die ursprüngliche Richtlinie 2007/65/EG über audiovisuelle Mediendienste neu kodifiziert hat. Die Richtlinie gilt für klassisches Fernsehen (lineare Dienste) und nicht-lineare Abrufdienste, bei denen Diensteanbieter „Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit“ unter eigener redaktionellen Verantwortung bereitstellen. Sie sieht für lineare Dienste grds. ein strengeres Regelungsregime als für nicht-lineare Dienste vor. Zwischen der AVMD-Richtlinie und der E-Commerce-Richtlinie gibt es thematische Überschneidungen, die Art. 4 Abs. 8 AVMD dahingehend auflöst, dass grds. beide Richtlinien Anwendung finden, bei einer Kollision aber regelmäßig die Regelungen der AVMD-Richtlinie vorgehen.[8]

10

Am 25.5.2016 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für die Novellierung der AVMD-Richtlinie[9] veröffentlicht. Mit der Richtlinie soll u.a. das Herkunftslandprinzip gestärkt werden. Weiterer Schwerpunkt ist der Jugendschutz durch eine Angleichung der Standards für Fernsehübertragungs- und Abrufdienste vorgesehen, wobei sich hieraus für das deutsche Recht keine Änderungen ergeben sollten. Als neue Kategorie der Abrufdienste sollen Videoplattformdienste[10] in den Anwendungsbereich der AVMD-Richtlinie einbezogen werden. Hierbei handelt es sich um Dienste wie YouTube, die die öffentliche Zugänglichmachung und den Abruf von Inhalten Dritter ermöglichen, ohne selbst redaktionelle Aufgaben wahrzunehmen. Um die Unterwerfung unter die Regulierung sicherzustellen, sollen Videoplattformanbieter in dem Mitgliedstaat als niedergelassen gelten, in dem ein verbundenes Unternehmen niedergelassen ist, selbst wenn das die Plattform betreibende Unternehmen selbst nicht in der EU niedergelassen ist.[11] Diese sollen aus Gründen des Minderjährigenschutzes und der Bekämpfung von Hassreden teilweise in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen werden. Die Einführung einer allgemeinen Überwachungspflicht für Videoplattformanbieter ist damit aber nicht verbunden.[12]Die Regelungen sollen ausdrücklich kompatibel mit den Haftungsausnahmen für Anbieter eines Hostingdienstes nach Art. 14 ECLR bleiben.[13] Zu weiteren möglichen Neuerungen wird an anderer Stelle Bezug genommen.

3. Verfassungsrechtliche Vorgaben

11

Der verfassungsrechtliche Rahmen für Telemediendienste wird durch verschiedene Faktoren bestimmt: So werden sie grundsätzlich zunächst vom verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG erfasst. Dieser ist technologieneutral und gebietet die Beachtung von Wandlungen in der Medienlandschaft durch technische Neuerungen, die berücksichtigt werden müssen.[14] Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff ist somit weiter als der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff. Dies hat gleichermaßen zur Folge, dass Telemedienanbieter, deren Angebot redaktionell zusammengestellt ist und eine publizistische Relevanz aufweist, an die Allgemeinheit gerichtet ist und mittels elektromagnetischer Schwingungen verbreitet wird (was stets zutreffen dürfte), sich auf die Rundfunkfreiheit und die sich daraus ergebenden Rechte berufen können.[15] Zusätzlich haben die Telemedien aber Implikationen für das Wirtschaftsleben, die ebenfalls verfassungsrechtlich berücksichtigt werden müssen.

3.1 Grundrechtliche Relevanz

12

Der Rechtsrahmen für Telemediendienste soll daher ausdrücklich auch die wirtschaftlichen Bedingungen für die Betätigung und Nutzung der Dienste regeln. Schon daraus ergibt sich, dass die entsprechenden Grundrechte für die Anwender tangiert werden. Insbesondere Art. 12 GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) müssen gewahrt werden. Neben der Rundfunkfreiheit spielen mit der Meinungs- und Pressefreiheit auch die anderen Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG eine erhebliche Rolle. Der Rechtsrahmen hat ebenfalls die Informationsfreiheit der Rezipienten gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG im Auge zu behalten. Nicht zuletzt wird durch die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen von Telemediendiensten auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Nutzer nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG berührt.

3.2 Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern

13

Das Aufkommen der Telemediendienste machte eine schon alte Grundsatzfrage wieder aktuell: Wer hat im föderalen System Deutschlands die Gesetzgebungskompetenz für solche Dienste? Diese seit der Einführung des Rundfunks in den 1920er Jahren immer wieder einmal aufgekommene Diskussion wurde zwar auch mit den ersten Gesetzeswerken für die Regelung von Telemediendiensten, dem TDG (Teledienstegesetz) und dem MDStV (Mediendienstestaatsvertrag), im Jahr 1997 nicht abschließend gelöst, aber zumindest hatten Bund und Länder mit inhaltsgleichem Landes- und Bundesrecht einen modus vivendi gefunden. Bund und Länder verständigten sich im Gesetzgebungsprozess darauf, dass der Bund seine Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Wirtschaft nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG durch das TDG ausübt und die Länder von ihrer allgemeinen Zuständigkeit nach Art. 30, 70 GG durch den MDStV Gebrauch machen.[16] Kernpunkt der Einigung war, dass beide Seiten ihre Regelwerke im Bereich der Überschneidungen wortgleich oder zumindest inhaltsgleich abfassen.[17] Letztlich wurde diese Kompetenzabgrenzung auch bei der Vereinheitlichung der Gesetzeswerke zum TMG aufrechterhalten, nur dass man sich inzwischen geeinigt hat, keine parallelen Gesetzeswerke mehr zu verfassen, sondern insoweit die Regelungen übersichtlicher zu gestalten, als nunmehr die wirtschaftsregulierenden Bestimmungen weitestgehend im TMG zu finden sind und die inhaltsbezogene Regulierung im VI. Abschnitt des RStV.

II. Der Anwendungsbereich des TMG

14

Das TMG ist anwendbar auf die elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die weder Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 Telekommunikationsgesetz (TKG), noch telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 TKG oder Rundfunk nach § 2 RStV sind, vgl. § 1 Abs. 1 TMG und § 2 Abs. 1 S. 2 RStV. Für Inhaltedienste ist damit entweder das TMG, das TMG i.V.m. dem VI. Abschnitt des RStV oder nur der RStV anwendbar. Unerheblich ist hierbei, ob die Dienste kostenlos zur Verfügung stehen oder für sie ein Entgelt erhoben wird.[18] Signaltransportdienste unterliegen dagegen der Regulierung durch das TKG.

15

Die Auswirkungen der Einordnung eines Dienstes unter die verschiedenen Regelungswerke können beträchtlich sein. Kernprinzip der Rechtsordnung für diese Telemediendienste ist, dass sie zulassungsfrei sind (§ 4 TMG, § 54 RStV). Auch eine Meldepflicht wie gem. § 6 TKG für Anbieter gewerblicher, öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste besteht nicht. Folglich kann jeder Betreiber einer Webseite grds. Telemediendienste anbieten, ohne hierfür eine ordnungsbehördliche Genehmigung einholen zu müssen. Diese Genehmigungsfreiheit endet grundsätzlich dort, wo die angebotenen Informations- und Kommunikationsdienste dem Rundfunk zuzuordnen sind (§ 20 Abs. 2 RStV) und kein Web-Radio vorliegt (§ 20b RStV).

16

Im Bereich der Telemediendienste ist die Regelungsdichte weiter abgestuft. Während das TMG der Wahrung der wirtschaftsbezogenen Rahmenbedingungen für Online-Angebote dient, bringt schon die zusätzliche Anwendbarkeit des VI. Abschnitts des RStV deutlich höhere Anforderungen für die Gestaltung eines entsprechenden Angebots mit sich. Zwar ist ein Telemediendienst mit journalistisch-redaktioneller Gestaltung immer noch zulassungsfrei, vgl. § 4 TMG, § 54 Abs. 1 RStV, jedoch stellen die §§ 54 Abs. 2, 3, 55, 56 und 58 RStV Anforderungen auf, die die Landesgesetzgeber u.a. zur Wahrung der Meinungsvielfalt für erforderlich erachten. Für den Bereich des Datenschutzes im Rahmen von Inhaltsdiensten privater Rundfunkveranstalter gelten ausschließlich die Bestimmungen des TMG, vgl. § 47 Abs. 1 RStV.

17

Dies macht eine Abgrenzung zwischen den jeweiligen Diensten erforderlich. Dazu ist eine Negativabgrenzung vorzunehmen, bei der zu prüfen ist, ob ein elektronischer Informations- und Kommunikationsdienst entweder § 3 Nr. 24, 25 TKG oder dem Rundfunk unterfällt. Die Abgrenzung erfolgt dabei nicht bezogen auf den Anbieter, sondern auf den jeweiligen Dienst. Je nach Qualifikation der Dienste sind die unterschiedlichen Regelungswerke anzuwenden. Bei Mischangeboten ist der Anwendungsbereich des TMG eröffnet, soweit (auch) Inhalte bereitgestellt werden. Da die Abgrenzung der Telemedien von Rundfunk und Telekommunikation nur in negativer Hinsicht erfolgen kann, ist es notwendig, von den Definitionen der Dienste auszugehen, die nicht Telemedien darstellen. Sollte man danach zu dem Schluss kommen, dass der Dienst ein Telemediendienst ist, muss noch beurteilt werden, ob er mit oder ohne journalistisch-redaktionellem Inhalt ist.

1. Abgrenzung zum Rundfunk

18

Die Abgrenzung der Telemedien zum Rundfunk stellte die Diensteanbieter praktisch vor die größten und gleichzeitig grundlegendsten Probleme. Im Gegensatz zu Telekommunikationsdiensten, die nur die technische Übertragung von Signalen betreffen, handelt es sich beim Rundfunk, genau wie bei den Telemedien, um einen Inhaltedienst. Der Rundfunk ist aber wegen seiner größeren Breitenwirkung und der höheren Relevanz für die Meinungsbildung der Gesellschaft strengeren Anforderungen unterworfen als die Telemediendienste. Für einen Anbieter von Inhalten ist es daher von großer Wichtigkeit, ob er sich dem Regelungsregime des RStV unterwerfen muss, oder ob es sich bei seinen Angeboten lediglich um einen Telemediendienst handelt. Die Abgrenzung kann deshalb im Einzelfall so schwierig sein, weil die Anbieter von audiovisuellen Inhalten oft klassischen Rundfunkveranstaltern nicht mehr vergleichbar sind, die Verbreitungswege keine Zuordnung erlauben und auch die Empfangsmöglichkeiten sowohl diversifiziert als auch weitgehend austauschbar geworden sind.

19

Regelmäßig enthalten Internetauftritte von Rundfunkveranstaltern oder sonstiger Medienanbieter audiovisuelle Elemente in Form von Nachrichtenclips, die möglicherweise sogar nach einem bestimmten Programmschema eingebunden werden. Audiovisuelle Inhalte werden aber nicht nur in klassischen Nachrichtendiensten bereitgehalten. Unternehmen, Verbände oder Sportvereine nutzen ebenfalls audiovisuelle Inhalte für ihren Internetauftritt. Gerade Unternehmen nutzen dabei intensiv auch Videoplattformen wie YouTube oder Social Media-Dienste zur Zugänglichmachung von audiovisuellen Inhalten. Dies gilt im Übrigen auch für Anbieter audiovisueller Inhalte, die vom Typus her eher mit „klassischen Rundfunkveranstaltern“ vergleichbar sind.[19] Videoplattformdienste erlauben es diesen Inhalteanbietern, ihre Angebote ohne proprietäre Plattformtechnik über das Internet zur Verfügung zu stellen. Mit Hilfe der Playlistfunktionen lassen sich dabei sogar Sendepläne simulieren, was die Grenzen zwischen Abrufdiensten und Rundfunk weiter verschwimmen lässt.

20

Zudem werden audiovisuelle Inhalte nicht mehr lediglich entweder am PC (über Internet) oder Fernseher (Signalzuführung über Kabel, Terrestrik oder Satellit) abgerufen oder empfangen. Eine Kombination aus klassischem Rundfunk mit der Möglichkeit der Nutzung des Internets auf einem Gerät (Smart-TV bzw. Hybrid- oder Connected-TV), ist ein gängiges Angebot vieler Fernsehhersteller geworden. Dabei besteht hier mittlerweile eine extrem fragmentierte Anbieterseite für die entsprechenden Plattformen. Audiovisuelle Angebote können heute Endnutzern überdies sowohl im als auch außerhalb des Haushalts über verschiedene Endgeräte angeboten werden, vom Tablet-PC, der Videospielkonsole, dem Smart-Phone über den klassischen PC oder Notebook bis hin zum Fernsehgerät (Multiscreen-Nutzung). Auf das Empfangsgerät oder die Technik der Signalzuführung kommt es dabei für die zu nutzenden Dienste immer weniger an. So können auf verschiedenen Empfangsgeräten gleichermaßen lineare wie nicht-lineare Inhalte abgerufen und empfangen werden.

21

Die Bewertung dieser multimedialen Angebote macht in der Praxis oft erhebliche Probleme. Die Abgrenzung zum Rundfunk erfolgt auf einfachgesetzlicher Ebene unter weitgehender Übernahme der Abgrenzung zwischen linearen und nicht-linearen audiovisuellen Diensten aus der AVMD-Richtlinie im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vornehmlich über den technischen Begriff der „Linearität“. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 RStV ist Rundfunk „ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst“. Linearität bedeutet, dass der Dienst zum zeitgleichen Empfang entlang eines Sendeplans bestimmt ist. Weiter muss der Dienst zur Veranstaltung und Verbreitung von Bewegtbild und Ton bestimmt sein, an die Allgemeinheit gerichtet sein und unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen verbreitet werden. Der einfachgesetzliche Rundfunkbegriff ist damit insoweit weiter als der Anwendungsbereich der AVMD-RL, da § 2 Abs. 1 S. 1 RStV auch Radio erfasst. § 2 Abs. 3 RStV beinhaltet einen Negativkatalog von Diensten, die aufgrund geringer Breitenwirkung und damit fehlender Meinungsbildungsrelevanz, fehlender journalistisch-redaktioneller Gestaltung oder sonstiger Ähnlichkeit zu Abrufdiensten (Sendungen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden) vom Rundfunkbegriff ausgenommen sind. Eine generelle Abgrenzung nach Anbieter oder Angebot lässt sich nicht vornehmen. Letztlich muss die Prüfung anhand des einzelnen konkreten Dienstes vorgenommen werden, sodass grds. auch für einzelne Rundfunkelemente in einem Gesamtangebot eine Zulassung eingeholt werden muss (vgl. § 20 Abs. 2 S. 1 RStV „wenn und soweit“), soweit diese sinnvoll abgrenzbar sind.