Hunting Prey

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Hunting Prey
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Arik Steen

Hunting Prey

Die Frauenjagd Deluxe

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Folge 01

Folge 02

Folge 03

Folge 04

Folge 05

Folge 06

Folge 07

Folge 08

Folge 09

Folge 10

Folge 11

Folge 12

Impressum neobooks

Folge 01

Golden Beach

Irgendein dämlicher Vogel zwitscherte aus dem Wald heraus. Die ganze Zeit schon. Und Mariá hasste es. Sie hatte mitgezählt. Er machte immer vier Mal die eigenartigen Laute und verstummte dann für einige Sekunden. Sie hatte das Gefühl, er lachte sie aus - sie die nackte, schutzlose junge Frau an diesem gottverlassenen weißen Strand.

Wie lange war sie nun schon hier? Eine Stunde? Zwei Stunden? Oder länger?

Es war noch mitten am Tag, aber irgendwann würde es Abend werden. Und Mariá wusste nicht wohin. Sie hatte keine Vorstellung davon wo sie war. Irgendwo auf einer Insel, das war die einzige sichere Erkenntnis. So oft hatte man von «der Insel» gesprochen.

Aber wie groß war die Insel?

In welchem Meer?

Wie weit war das Festland entfernt?

Was war auf dieser Insel und vor allem wer noch außer ihr?

Es gab so viele Fragen ...

Und der verdammte Vogel gab keine Ruhe. Immer wieder ertönte sein vierfacher Ruf aus dem Wald heraus. Ein paar Mal hatte sie schon überlegt ob sie nicht zurückschreien sollte. Sie konnte ihn nicht einmal sehen. Nur hören ...

Wieder ertönte sein unerschütterliches Vogelgezwitscher.

Sie nahm eine Handvoll Sand und warf sie wütend Richtung Wald: «Verschwinde, verdammt!»

Aber der Sand flog nicht allzu weit. Er ging in einer losen Wolke aus Steinkristallen auf und verpuffte irgendwo nutzlos in der Luft.

Mariá hatte sich die Schuhe ausgezogen und ging durch die warme, trockene Masse von leicht schimmernden Sandkörnern. Die Schritte durch den weißen Sand waren angenehm an den Füßen. Es war eine Trauminsel und ein wunderbarer Strand, das musste sie zugeben.

Sie musste einen klaren Kopf bekommen. Und zwar bevor die Sonne unterging. Sie musste mehrere Entscheidungen treffen. Wo gab es Frischwasser, wo etwas zu essen? Wo sollte sie schlafen?

Der jungen Südamerikanerin war längst klar, dass sie nicht einfach aufwachen würde und plötzlich alles vorbei war. Sie war hier gefangen. Irgendwo auf einer gottverdammten, wenn auch unglaublich schönen, Insel.

Mariá schaute hinauf aufs Meer. Unter anderen Umständen hätte sie diesen Blick wirklich geliebt. Diese Sehnsucht, diese unendliche Weite ... aber unter den aktuellen Umständen war das nicht möglich. Diese wahnsinnige Weite, die sich vor ihren Augen aufmachte, war dass was ihr Ort hier zu einem Gefängnis machte - zu ihrem Gefängnis.

Die junge Frau aus Chile setzte sich in den warmen, weißen Sand. Das Meer rauschte und kleine Wellen brachen vom Ozean her immer wieder auf die Insel. Für einen Augenblick starrte sie die Wellen an und beobachtete ihr tänzelndes Spiel. In fast regelmäßigen Abständen, aber immer mit einer anderen Wucht, spülte das Wasser den Sandstrand hinauf und zog sich schließlich wieder zurück. Es war das einzige Geräusch, das sie seit Stunden hörte. Das und natürlich der unbarmherzige Vogel, dessen Gezwitscher jedoch immer mehr unter dem Klang der brechenden Wellen unterging, umso näher sie wieder zurück ans Wasser gegangen war. In der Zwischenzeit saß sie gut zwei Meter von der Stelle entfernt, wo das Wasser maximal hinkam. Und sie mochte das beruhigende Geräusch der Wellen, die kurz vor dem Ufer brachen und schließlich auf dem Sand ausliefen. Und vor allem diesen gottverdammten Vogel übertönte.

Dann fing sie an zu weinen. Die Emotionen überwältigten die Chilenin.

Sie war gefangen ...

Mariá schaute auf das einzige Bekleidungsstück, dass man ihr mitgegeben hatte, aber nicht anhatte. Ein paar Mokassins für die Füße. Ansonsten war sie nackt und fühlte sich deshalb umso schutzloser.

Beobachtete sie jemand?

Sie wusste es nicht. Es war ein Spiel, das war ihr längst klar. Sie war entführt und dann zu diesem Casting gebracht worden. Vielleicht war das Wort Casting falsch, aber dieser schreckliche Manson hatte oft davon gesprochen. Dieser grobe Typ, der aussah wie ein brutaler Metzger.

Aber was war es dann gewesen?

Eine irrwitzige Vorführung ihrer Person vor laufenden Kameras. Mariá wusste bis heute nicht welche «Kunden» dort hinter den Bildschirmen gewesen waren und sie schließlich ausgewählt hatten. Perverse, notgeile Idioten ohne Gewissen. Und sie wusste auch nicht welche weiteren Frauen mit ihr das gleiche Schicksal teilten.

Waren wirklich alle unfreiwillig hier?

Oder war sie die einzige die entführt und verschleppt worden war?

Tränen tropften in den warmen Sand. Sie schienen innerhalb von kürzester Zeit zu verdampfen. Einige solcher warmer Tränen hatte sie am heutigen Tag schon vergossen. Viel zu Viele.

Wo waren die anderen Frauen?

Auf der langen Reise hier her, hatte sie die eine oder andere Frau gehört. Man hatte sie mit einem Flugzeug transportiert und schließlich auf ein Schiff «verladen».

War dass das richtige Wort?

Ja - das war es. Wie eine Ware hatte man sie transportiert.

Oder wie eine Gefangene, eine Geisel, ein entführtes Opfer ....

Es war mühsam sich darüber Gedanken zu machen. Sie war nun hier. Das war das Resultat einer langen Reise. Dennoch interessierte sie sich dafür wo die anderen waren. Sie hatte Stimmen auf der Fahrt hierhergehört. Sie war sich ganz sicher. Einmal hatte sogar jemand geweint ...

Es war unglaublich warm am Strand und die späte Mittagssonne brannte auf Mariás Haut. Ihr schlanker Körper war ohnehin braun gebrannt und die Sonnenstrahlen machten ihr kaum etwas aus. Obwohl sie eigentlich keine typische Chilenin war. Sie war in dem kleinen Bergdorf schon immer aufgefallen, da ihre Mutter Finnin war. Eine intelligente Journalistin aus Nordeuropa, die das südamerikanische Land bereist und irgendwie ihren Vater kennengelernt hatte. Und vor allem lieben. Sie kannte die Geschichte nicht ganz, es gab viele Gerüchte. Vor allem, weil viele aus dem kleinen Bergdorf dieses «aufkeimende Glück» belächelt hatten. Aber sie, Mariá war das Resultat. Und sie sah anders aus. Die anderen Bewohner im Dorf hatten sie immer für ihre blonden Haare und die blauen Augen bewundert. Eine Chilenin mit blonden Haaren und blauen Augen - das war etwas Besonderes. Rein aus dem logischen Verstand heraus, war es das natürlich nicht. Aber das spielte keine Rolle.

Auch die Wärme hier auf der Insel störte sie kaum, obwohl das Klima in dem kleinen Bergdorf in Chile durchaus wechselhafter und nicht so tropisch warm wie hier war.

Bitte, lieber Gott, hol mich hier weg ... bitte rette mich ...

Die junge Frau merkte, dass sie Hunger bekam. Sie hatte kaum Fettreserven an ihrem äußerst schlanken Körper. Von Natur aus war sie sehr sportlich gebaut. Wäre sie in einer Großstadt und unter anderen familiären Verhältnissen aufgewachsen, sie hätte sicherlich eine tolle Sportlerin abgegeben. Das hatte sie auch immer schon bewiesen. Sei es im Spiel mit anderen Kindern. Sie war schneller, sprang höher und konnte besser werfen.

Doch der geringe Körperfettanteil hatte natürlich den Nachteil, dass der Körper kaum Reserven hatte. Die Kohlenhydratspeicher in ihrer Leber und in ihren Muskeln waren leer und ihr wurde ein wenig schwindelig. Das Denken fiel ihr deutlich schwerer. Ihr Gehirn brauchte unbedingt Glukose. Sie musste dringend etwas essen.

Aber wo gab es etwas zu essen?

Sie schaute sich um. Man hatte sie mit einem Schnellboot direkt am Strand abgesetzt. Alleine. Man hatte ihr nicht die Augen verbunden, sondern direkt von dieser Jacht in dieses Motorboot gesetzt. Und dann war man losgefahren. Vorbei an hohen Felsen, durch eine Meerenge zwischen zwei Inseln hindurch und entlang an einem wunderschönen tropischen Strand. Zwei düstere Männer hatten sie transportiert. Kräftige Männer, die sie angestarrt hatten, während sie nackt und voller Angst im Boot gesessen hatte. Dann hatte man sie am Strand ausgesetzt.

«Keine Angst, du bist nicht alleine!», hatte einer der Männer gesagt. Er wirkte ernst.

Der Andere der beiden hatte angefangen zu lachen.

Meinte er die anderen Frauen?

Aber wo waren die Anderen?

Mariá schaute zu der kleinen Hütte, die gut fünfzig Meter von ihr entfernt war. Sie entschied sich dort hinzugehen.

 

Vielleicht gab es dort etwas zu essen ...

Hotel Resort

Die Agusta Westland drosselte ihre ursprüngliche Geschwindigkeit und das war für die Insassen deutlich spürbar. Florian schaute aus dem Fenster des Helikopters, konnte jedoch nur den Ozean sehen. Erst als der fast fünf Tonnen schwere Hubschrauber seine Geschwindigkeit noch einmal reduzierte und leicht eindrehte, konnte er einen Blick auf Insel werfen.

Dort war sie ...

«Schnallen Sie sich bitte an!», konnte Florian die Stimme des Piloten durch den Kopfhörer hören. Ein ehemaliger Soldat oder Söldner. Als Florian ihn am Flugplatz gesehen hatte, waren Zweifel aufgekommen. Es waren definitiv keine Zweifel an den Flugkünsten des Piloten. Vielmehr jedoch machte er sich Gedanken über die Machenschaften von Richard Pope, seinem Gastgeber. Wer zwielichtige Gestalten beschäftigt, die so wirken, als hätten sie mehr Blut an den Händen, als durch ihren eigenen Körper floss, der hatte immer auch irgendwie eine kriminelle Ader. Aber vielleicht waren seine Vorurteile unberechtigt. Vielleicht musste er sein Schubladendenken abstellen.

Die männlich, markante Stimme des Piloten erschallte erneut durch den Kopfhörer: «Wir haben Pope Island erreicht und werden nun zur Landung ansetzen.»

Florian gehorchte. Er nahm den Gurt in die Hand, legte ihn dann um den Bauch. Er befestigte ihn schließlich in die dafür vorgesehene Halterung. Die silberne Schlosszunge rastete hörbar ein.

Sein Blick traf für einen kurzen Moment den Mann, der ihm gegenübersaß. Er war vielleicht siebzig Jahre alt. Er war hager und wirkte recht gebrechlich. Schweiß hatte sich auf seiner fleckigen Stirn gebildet und sein weißes, vermutlich sehr teures Hemd, war ebenfalls durchtränkt von Schweiß. Mühevoll quälte er sich mit dem Gurt. Seine feingliedrigen Finger, die Florian an die Krallen einer Krähe erinnerten, mühten sich ab.

Für einen Moment überlegte sich Florian, ober er sich nicht wieder ausschnallen sollte um zu helfen. Aber dann gelang es dem alten Mann schließlich doch. Mister Krähe. Unwillkürlich kam Florian dieser Spitzname und brannte sich in seinem Gehirn ein. Er musste grinsen.

Florian lehnte sich zurück. Vermutlich war das Anschnallen ohnehin nur eine Sicherheitsmaßnahme, die man sich auch hätte sparen können. Das war ein Helikopter und kein Flugzeug und die Landung entsprechend «sanft». In seiner Zeit beim Militär war er oft mit dem Hubschrauber geflogen und hatte sich selten gesichert.

«Alle angeschnallt?», tönte es aus dem Kopfhörer, den jeder der Passagiere auf dem Kopf hatte. Für einen Moment lang überlegte sich Florian, ob man die Muscheln dieser Kopfhörer nach jedem Flug reinigte. Es war einfach abartig daran zu denken wie viel Angstschweiß sich auf der ledernen Umrundung, die das Ohr umgaben, ansammelte. Zumindest bei einigen Fluggästen.

Keiner der insgesamt sechs Passagiere antwortete.

Wer war dieser Pope? Ein Mehrfacher Millionär oder gar Milliardär. Florian wusste nicht allzu viel von ihm. Er war in der Pornobranche gewesen. Irgendwann im letzten Jahrhundert hatte er mit schmutzigen kleinen Filmchen angefangen und seine erste Million gemacht. Florian war damals vermutlich noch nicht einmal auf der Welt gewesen. Ganz sicher sogar.

Die Filme waren immer professioneller und irgendwann dann exklusiver geworden. Pope hatte mit seinen Pornofilmen bestimmte Fetische befriedigt. Er hatte nicht einfach drauf los gefilmt, sondern sich immer eine klare Zielgruppe festgelegt. «Pornomarketing vom Feinsten», so hatte das eine amerikanische Zeitung betitelt. Das hatte Florian gelesen. Dank dem mächtigen Suchwerkzeug Google, dass unter dem Namen «Pope» nicht nur eine Auflistung zahlungspflichtiger Pornofilme zeigte, sondern eben auch ein paar interessante Artikel. Mehr wusste Florian trotzdem nicht.

Der Pilot pfiff irgendeine Hymne. Für einen Moment überlegte Florian, zu welchem Land sie gehörte. Kanada? Australien? Ach, verdammt. Er hatte es irgendwo in seinem Gedächtnis gespeichert. Er erkannte die Melodie als Nationalhymne, aber konnte sie keinem Land zuordnen. Im Grunde war es auch egal ...

Florian war relativ entspannt. Er war bereits häufig mit Hubschraubern mitgeflogen und es war für ihn nichts Besonderes mehr. Aber bei manchen der Passagiere machte sich eine erneute Unsicherheit breit. Die Landung. Faszination, Respekt und eine gewisse Angst bildeten einen amüsanten Cocktail von Gefühlen, der sich in den Gesichtern der anderen Passagiere widerspiegelte. Einige schlossen die Augen, andere schauten nur zu Boden. Der siebzigjährige alte Mann schien völlig abwesend, wenn nicht sogar apathisch zu sein.

Die italienische Agusta Westland setzte zur Landung an. Der Rumpf kippte leicht zur Seite und schließlich spürte man wie die Kufen auf dem Boden aufsetzen. Einer der Passagiere klatschte und Andere stimmten in den Beifall mit ein. Es war keineswegs eine Sympathiebekundung für den Piloten oder als Dankeschön gedacht. Vielmehr diente es dazu die Anspannung zu lösen. Jeder einzelne «Klatscher» hätte sich auch schütteln können.

Florian schnallte sich als Erstes ab, während die Anderen darauf warteten, dass sie dazu die Erlaubnis bekamen. Die Rotorengeräusche wurden immer leiser. Der leistungsstarke Motor war bereits ausgestellt, aber das Rotorblatt drehte sich noch immer, wurde aber von Sekunde zu Sekunde langsamer. Ein wenig hörte es sich an, als würde ein lauter Bumerang an Kraft verlieren.

«Willkommen auf Pope Island!», sagte der Pilot, nachdem er die große, schwere Türe geöffnet hatte: «Das Hotelpersonal kümmert sich um ihr Gepäck. Sie finden es spätestens in einer halben Stunde in ihrem Hotelzimmer. Ansonsten viel Spaß im Hotel Resort von Mr. Pope! Unser Job ist hiermit erledigt.»

Euer Job?

Ein etwa dreißigjähriger, leicht untersetzter Russe und seine äußerst attraktive blonde Begleiterin gleichen Alters, stiegen als Erste aus. Florian musste unweigerlich auf den wohlgeformten Po starren, der sich in dem knappen Minirock recht gut machte. Er hatte während des Fluges vermieden die Russin anzustarren. So wie er auch darauf geachtet hatte alle anderen Passagiere nicht allzu auffällig anzusehen. Jetzt wo sie dabei war auszusteigen, schaute er jedoch genauer hin. Doch auch wenn ihre Proportionen stimmten und sie durchaus attraktiv war, fehlte ihr irgendetwas. Vielleicht in gewisser Weise das «rarmachen». Von ihrem gesamten Auftreten hatte sie in keiner Weise irgendetwas Zurückhaltendes. Obwohl sie top gekleidet war und jedes Teil an ihrem Körper vermutlich mehr kostete als dass was Florian im Koffer hatte, wirkte sie billig. In irgendeiner Weise leicht zu haben. Und trotzdem durchaus hübsch und attraktiv.

Obwohl er als Erstes ausgeschnallt gewesen war, wartete Florian bis alle Passagiere ausgestiegen waren. Der Letzte vor ihm war der siebzigjährige Mann, der ihm gegenübergesessen hatte. Zweifelsohne ein millionenschwerer ehemaliger Geschäftsmann aus der Industrie. Hier auf Pope Island war Anonymität besonders wichtig. Das hatte Florian längst verstanden. Schon vor dem Abflug. Vermutlich wussten die Wenigsten mit was das Gegenüber sein großes Geld gemacht hatte. Dennoch konnte kaum jemand verbergen aus welcher Branche er kam. Die Haltung, die Kleidung, das Auftreten. Vor allem nicht vor Florian.

Er stieg aus ...

Das war sie also. Die geheimnisvolle Insel von Mr. Pope.

Florian schaute sich um. Der Hubschrauberlandeplatz war auf einem Bergplateau im Süden der Insel. In etwa 300 Meter Entfernung konnte man das Hotel sehen. Auch der Hotelkomplex stand auf dem Berg, wenn auch einige Höhenmeter unterhalb des Landeplatzes. Einige Meeresvögel flogen aufgeregt an den Felsen entlang. Zeternd, protestierend. Vermutlich hatte sie der Helikopter aufgeschreckt.

Er schaute den Berg hinunter und sah eine größere Bucht. Von hier oben konnte er zwei Häuser sehen und einen weißen Sandstrand. In der Bucht lagen zudem eine Jacht und ein paar Motorboote.

«Kommen Sie?», fragte einer der Angestellten.

Florian wurde aus seinen Gedanken gerissen und schaute den jungen Mann an. Recht verwundert starrte er auf dessen Outfit.

War das ein Hotelangestellter oder ein Callboy?

Schwarze, enganliegende lederne Hosen, dazu ein fast durchsichtiges Oberteil. Irritiert schaute Florian erst weg und antwortete nach kurzer Denkpause: «Ja. Ich komme!»

Bleib mir nur vom Leib ...

Es war ein wenig windig hier oben auf dem Berg. Aber das war durchaus angenehm. Die Sonne schien erbarmungslos auf den blauen Planeten und die leicht salzig schmeckende Meeresbrise schaffte zumindest ein wenig Abkühlung und machte das Klima ein wenig angenehmer.

Florian folgte dem «Callboy», oder was auch immer er war, Richtung Hotel. So richtig einschätzen konnte der 39jährige Hamburger nicht, was ihn hier erwartete. Die anderen Gäste hingegen schienen durchaus zu wissen was auf sie zukam. Sie alle hatten diese Reise hier hin vermutlich gebucht, während er selbst eingeladen worden war. Warum, das war ihm nicht ganz so klar.

Golden Beach

Zur gleichen Zeit saß die junge, hübsche Mariá am Golden Beach. Sie saß im Schneidersitz und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Langsam wurde es echt warm. Vermutlich war es besser Schatten aufzusuchen ...

Aber vor allem brauchte sie etwas zum Essen ...

Das Hungergefühl kann eine höchst unangenehme körperliche Empfindung sein, wenn es zu stark wird. Im Grunde ist Hunger ein körperliches Warnzeichen und soll den Körper daran erinnern, sich ausreichend mit Energie und Nährstoffen zu versorgen.

Mariás Hypothalamus produzierte Bodenstoffe die das Hungergefühl antrieben. Sie musste unbedingt etwas Essen. Eine Weile hatte die junge Chilenin gebraucht bis sie die Entscheidung getroffen hatte zur Hütte zu gehen.

Die junge Frau wischte sich den Sand vom Körper und ging dann mit langsamen Schritten zu dem kleinen Strandhaus. In der Hand hielt sie ihre Mokassins. Ohne viel zu zögern öffnete sie die Türe und trat ein.

Sie schaute sich im Inneren der Hütte um. Links und rechts stand jeweils ein Bett. Im hinteren Bereich war eine Theke. Sie ging hin und öffnete einen Schrank. Mariá fand zahlreiche Wasserflaschen, Fleischkonserven, Brotkonserven und vieles mehr. Schnell riss sie eine der Brotdosen auf. Viel zu hastig stopfte sie sich das Brot in den Mund und aß. Ihr Magen antwortete mit einem leisen Grummeln. Das tat verdammt gut ...

Der erste Hunger war erst einmal gestillt. Dankbar dafür setze sie sich auf das Bett. Erinnerungen kamen hoch. Erinnerungen an ihre Entführung ...

Dezember 2015, In den Bergen nahe Santiago, (Chile)

Unter lauten Beschimpfungen des gesamten Dorfes zerrten die zwei europäisch aussehenden Männer die junge Frau aus dem Gebäude. Mariá schrie und schlug wild um sich, doch die Männer waren zu kräftig und die Gegenwehr verpuffte im Nichts.

«Lasst sie los! Bitte! Ich flehe euch an. Wir haben euch nichts getan!», jammerte ihr Vater Pedro. Die Mutter stand schluchzend daneben.

Miguel Dominguez war völlig außer sich: «Habt ihr nicht schon genug Leid über mich und meine Familie gebracht? Ihr habt mir meine Tochter genommen!»

«Du stinkst, du erbärmlicher Alkoholiker!», meinte Pope: «Werde nüchtern und bekomme dein Leben wieder in den Griff! Oder willst du, dass deine Tochter dich so sieht?»

Miguel stolperte nach vorne, wurde aber von einem der Handlanger festgehalten: «Sie lebt?» Mittlerweile war es gut drei Monate her seitdem Sofia verschwunden war. Ebenfalls von Richard Pope entführt. Nun waren sie dabei ihre Cousine mitzunehmen.

«Oh, Mann. Ich wundere mich, dass sie sich noch nicht gemeldet hat», sagte Pope und fuhr mit seinem Rollstuhl einen halben Meter nach vorne: «Obwohl. Eigentlich wundert es mich nicht. Schau dich an!»

«Wo ist sie? Wie geht es ihr?»

«Woher soll ich das wissen, verdammt. Sie ist mit meiner Jacht auf und davon. Sie hat mich bestohlen, die Kleine.»

Miguel sank zu Boden: «Oh Gott, sie lebt. Ich dachte, sie ist tot!»

«Wer weiß. Vielleicht ist sie irgendwann über Bord gefallen!», schnauzte ihn Pope an: «Mein Gott, vermutlich lebt sie, ja. Aber wenn sie sich bisher nicht gemeldet hat, dann würde ich sie an deiner Stelle einfach vergessen. Bei deiner Frau ist es dir ja ebenfalls gelungen.»

Miguel schüttelte den Kopf: «Schauen Sie mich doch an. Ich bin ein doppelt gebrochener Mann. Und jetzt wollen Sie wirklich meine Nichte mitnehmen?»

«Ja, das möchte ich und das werde ich!»

 

«Ihre Eltern werden mich lynchen. Das ganze Dorf wird mich lynchen!»

«Und?», fragte Pope: «Hast du das nicht verdient?»

Der Mann neben Miquel drückte ihn zu Boden. Dessen Muskeln erschlafften und er stürzte nach hinten. Der Alkohol schwächte ihn und die Trauer um den Verlust sowie die Angst nun auch seine Nichte zu verlieren lähmten ihn mehr als die Kraft des Mannes.

«Bitte! Ich tu alles, was Sie sagen.»

Mariá wusste nicht wie ihr geschah. Diese Männer, der Mann im Rollstuhl und dann dieses Auto in das sie gezogen wurde. Es war wie ein Albtraum, der sich jedoch mehr als real anführte. Es war noch gar nicht allzu lange her gewesen, da hatten sie ihre Cousine entführt. Wegen irgendwelchen Schulden ihres Onkels. Dieser verdammte Alkoholiker, der so viel Elend über die Familie gebracht hatte.

Auf wen hatte er sich da nur eingelassen?

War der Verlust von ihrer Cousine Sofia nicht schon schlimm genug?

Skrupel- und gnadenlos wurde sie in den dunkeln Wagen gezerrt und festgehalten. Ihr Blick fiel nach hinten.

«Mama!», schrie sie laut: «Hilf mir!»

Doch ihre Mutter hörte sie nicht. Und genauso wenig ihr Vater ...

Wo brachten Sie Mariá hin?

Hotel Resort

Das Hotel Resort Pleasure Beach thronte auf dem Felsen oberhalb der Bucht wie die moderne Umsetzung eines orientalischen Schlosses. Hier hatte man zweifelsohne sehr viel Geld hineingesteckt, das war Florian sofort bewusst.

Er fühlte sich deplatziert, als er die lang gestreckte Allee aus Palmen entlangging und dem Personal folgte. Noch immer hatte er nicht ganz verstanden warum man ihn hier her eingeladen hatte. Ein derartiges Luxushotel hatte er definitiv noch nie gesehen oder gar darin als Gast genächtigt.

«Wenn Sie mir bitte folgen würden!», meinte der Bedienstete und ging durch die große automatische Glastür.

Florian zögerte einen Moment und ließ den anderen Gästen den vortritt. Dann ging er ebenfalls hinein.

Florian schaute sich um. Die Eingangshalle war überwältigend. Sofort fiel ihm auf, dass die gesamte Hotellobby so aufgebaut war, dass kaum etwas irgendwelche Kanten oder Ecken hatte. Die gesamte Halle hatte eine ovale Form. In ihrem Zentrum war ein rundes Aquarium, das bis zur Decke reichte. Es hatte sicherlich einen Durchmesser von gut vier Metern und war bestimmt an die zehn Meter hoch. Exotische Fische in unterschiedlichsten Farben und Formen schwammen in dem klaren Wasser und zogen einzeln oder in kleinen Schwärmen ihre Runden. Die einen schnell und wieselflink, die anderen eher gemächlich. Ein prächtiges Farbenspiel lebender Tiere.

«Willkommen im Hotel!», meinte eine Stimme von der Rezeption.

Florian schaute vom Aquarium hinüber zur Empfangstheke die ebenfalls keine Kanten aufwies und wie eine Welle aus Marmor aussah.

Die Stimme gehörte einer vielleicht fünfundzwanzigjährigen schwarzhaarigen Frau, die vor der Rezeption stand. Sie trug lediglich einen ledernen Minirock, High Heels und ein schwarzes Halsband. Ihre üppigen Brüste waren nackt und streckten sich den Gästen aufreizend entgegen. Sie senkte den Kopf ein wenig und meinte: «Ich bin Dienerin Anja. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Aufenthalt! Für Fragen stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung!»

Die einzige Frau unter den Gästen ging näher an die junge Frau heran. Sie grinste und schaute sich die schwarzhaarige Bedienstete an. Dann wand sie sich an ihren Mann, den Russen: «Wäre sie nicht was für dich?»

«In jedem Fall ein netter Empfang!», grinste dieser, ging zu seiner Frau und schaute der jungen Lady auffallend direkt auf die Brüste: «Wo kann man hier was trinken?»

«Auf ihrem Zimmer, Sir, finden Sie in der Minibar Getränke. Ansonsten natürlich in der Hotelbar und an der Strandbar!»

«Bist DU im Preis inbegriffen?», grinste die Russin.

«Tut mir leid, Mylady!», erwiderte die Hotelangestellte: «Ich bin lediglich für den Empfang zuständig!»

«Was für eine Verschwendung!», lachte der Russe und haute seiner eigenen Frau auf den Po. Die schaute ihn empört an, aber es wirkte bewusst künstlich und aufgesetzt.

«Willkommen im Hotel Resort Pleasure Beach!», sagte eine männliche Stimme.

Florian schaute sich um und erblickte einen älteren Mann im Rollstuhl. Das musste Richard Pope sein. Der milliardenschwere ehemalige Pornoproduzent, dem dieses Hotel gehörte.

«Mr. Pope!», sagte der Russe: «Ich habe gerade ihre Angestellte bewundert! Wunderbar!»

«Sie kennen die Regel!», grinste Pope. Die Altersflecke auf seinem Kopf erinnerten Florian ein wenig an eine Mondlandschaft aus weiter Ferne betrachtet. Pope wirkte nicht nur müde, sondern sogar kränklich: «Wann welche Frau angefasst werden darf ist genau festgelegt. Von mir persönlich!»

«Ich weiß schon!», seufzte der Russe: «Ihr Spiel, ihre Regeln!»

«Sie müssen Dimitri sein?», fragte Pope: «Aus Moskau?»

«Das ist richtig!», meinte der untersetzte Russe und gab dem alten Mann die Hand: «Und diese hübsche Dame ist meine Frau Natascha!»

«Es freut mich!», meinte Pope: «Sie müssen verzeihen, Natascha, dass ich so unhöflich bin und nicht aufstehe!»

Der Russe lachte auf und es klang fehlplatziert. Auch wenn jeder wusste, dass Pope einen Witz gemacht hatte.

«Bleiben Sie ruhig ...!», fing Natascha an, korrigierte aber dann ihren Gedankengang recht schnell: «Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Pope!»

Florian musste schmunzeln. Das ganze Szenario kam ihm ein wenig wie in einem billigen B-Movie vor. Alles wirkte so unreal und der Small Talk irgendwie aufgesetzt. Er erwartete in jedem Moment ein lautes «Cut!» und dass dann ein wildgewordener Regisseur auf sie zukam. Unzufrieden über die Leistung der Schauspieler.

Aber es war real!

«Nun, wir haben insgesamt vier Kategorien von Frauen und Männern. Die Freien, zu denen sie als Gäste gehören, die Dienerinnen und Diener, zu denen mein Personal gehört wie auch die hübsche Anja ...», Pope nickte seiner Angestellten zu: «Dann die Sklavinnen und Sklaven die sie vor allem in den Shows bewundern dürfen und das Freiwild!»

«Das Freiwild?», fragte Florian interessiert. Jeder schien ihn anzustarren. Er hatte mit zwei Worten die komplette Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.

Pope drehte seinen Rollstuhl in die Richtung des Fragenden: «Und Sie sind?»

«Florian!», erwiderte dieser: «Aus Hamburg!»

«Ah ja!», grinste Pope: «Sie kommen aus einer interessanten Branche. Wir sollten uns vielleicht baldmöglichst unterhalten.»

«Nun, vielleicht ist da ein Missverständnis aufgekommen. Ich komme nicht aus einer Branche wie die Anderen, ich ...!», wehrte Florian ab, wurde aber unterbrochen.

Pope nickte: «Oh, ich weiß schon. Glauben Sie mir, Florian. Ich habe mich eingehend über alle unsere Gäste informiert. Das gehört zu meinem Geschäft!»

«Das denke ich mir!», sagte Florian. Dennoch wusste er noch immer nicht, was er hier eigentlich tat. Er war in Hamburg angesprochen worden. Man hatte ihn eingeladen. Ihn, den mehr oder weniger guten Erotikautor. So richtig kapiert hatte er damals nicht, warum Pope ihn eingeladen hatte.

Um eine Story zu schreiben?

«Um auf ihre Frage zurückzukommen. Auch wenn wir mit unserem Hotel, unseren Shows und dem ganzen Angebot zahlreiche Highlights haben, so ist unsere Jagd, die wir ja schon einmal veranstaltet haben, immer noch unser zentrales Thema. Freiwild, das sind diejenigen, die irgendwo da draußen auf der Insel sind. Bereit gejagt zu werden.»

Dimitri, der untersetzte Russe, grinste: «Ich habe die Frauenjagd geliebt und jeden Tag am Bildschirm genossen. Jetzt einen Steinwurf davon entfernt zu sein, das ist noch mal ein ganz anderes Ding! Wer ist der Jäger?»

«Oh, es wird mehrere Jäger geben!», sagte Pope: «Lassen Sie sich überraschen. Und falls es ihre Frau interessiert, wir denken auch darüber nach, Männer als Freiwild einzusetzen.»

Natascha, die russische Frau, grinste: «Das hört sich gut an!»

«Moment!», meinte Florian. Vor ihm lief alles ab wie ein Film: «Habe ich das richtig verstanden? Sie jagen Menschen?»

«Nicht so wie sie denken!», grinste Pope: «Aber das werden Sie noch früh genug erfahren. Nun müssen Sie mich entschuldigen. Es sind noch einige Sachen zu erledigen. In jedem Fall herzlich willkommen auf meiner Insel!»

Golden Beach

Mariá hatte Angst davor, was mit ihr passieren würde. Würde sie wirklich jemand jagen und dann ...? Sie wollte es sich gar nicht vorstellen.

Aber noch war sie frei.

Sie stand auf und ging aus der Hütte. Wo sollte sie die Nacht verbringen? Es war klar, dass man sie hier in dem kleinen Verschlag wohl am ehesten vermutete.

Also in den Wald?

Alleine der Gedanke daran, machte ihr Angst. Hier am Strand fühlte sie sich sicher. Sie hatte keine Ahnung wohin es dort in den Wald ging.

Warum schwieg eigentlich der Vogel plötzlich?

Die junge Chilenin schaute an ihrem nackten Körper herunter. Man hatte ihr die Pussy rasiert. Vor laufender Kamera ...