30 Minuten Markenführung

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Erst Kontinuität gibt Orientierung

Entscheidendes Charakteristikum einer Marke ist, dass sie in einer scheinbar unüberschaubaren Welt Kontinuität verspricht. Eine Marke ist das Gegenteil von Wandel, sonst ist sie nicht(s): Daher besitzt eine Marke die Pflicht zur Kontinuität, um als Marke überhaupt erkennbar zu sein, d. h., sie muss immer und überall typisch auftreten. Nur auf diese Weise kann sie Orientierung schaffen und erfüllt die Ankerfunktion für ihre Kundschaft: Das positive Vorurteil muss ständig und an jedem Kontaktpunkt zur Marke Bestätigung erfahren; dies geschieht in starkem Maße über Wiederholung.

Wiederholung ist nicht Stillstand

Wiederholung gilt heutzutage als Synonym für Stagnation und Erstarrung. All dies sind Begrifflichkeiten, welche direkt mit langweilig, altmodisch, unzeitgemäß assoziiert werden und daher im Geschäftsleben umgehend ins verbale Aus führen. Dahinter steckt ein großes Missverständnis: Wiederholung bedeutet für eine Marke in keiner Weise Stillstand – auch die innovativste Technikmarke braucht Wiederholung: Egal welche Erfindung den Markt erobert oder vom Unternehmen selbst vorgestellt wird, es ist die Pflicht der Marke, jede Neuerung markentypisch zu integrieren. Oder, wenn sie nicht ins Markenportfolio passt, sie möglichst früh auszusortieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe, der sich jede Firma tagtäglich stellen muss, wenn sie ein positives Vorurteil etablieren möchte. Bei jeder Neuheit gilt es abzuwägen, ob und wie diese integriert werden kann. Das funktioniert am effizientesten, wenn zuvor definiert wurde, welche konkreten Erfolgsfaktoren konstituierend für die Marke sind.

Der höchste Lohn: das Vertrauen der Kundschaft

Als Dank für die konstante Wiederholung und typische Interpretation von Leistung erhält das Unternehmen die nachhaltigste Belohnung überhaupt: das Vertrauen der Kundschaft und die entscheidende Auswirkung davon – einen quasi automatisierten Einkaufsvorgang. Der Kunde weiß, er kann sich blind auf „seine“ Marke verlassen, sein Alltag wird an einem Punkt entlastet, er dankt es mit Treue. Solange die Marke ihm alles in gewohnter Qualität und Form zur Verfügung stellt, wird er über kein Konkurrenzangebot nachdenken. Der gern als Angstgespenst konstruierte Kunde, der jeden Tag alle Anbieter vergleicht, um sich minütlich neu für den billigsten zu entscheiden, ist ein Hirngespinst: Ein durchschnittlicher deutscher Haushalt kauft pro Jahr 466 verschiedene Artikel – 80 Prozent davon befanden sich bereits im Vorjahr im Einkaufswagen. Der Mensch ist immer ein Gewohnheitstier gewesen und wird es immer sein – Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, aber von Ausnahmen kann keine Firma leben. Das mag der aufgeklärte Einzelne bedauern, aber es ist der Grund, warum eine Marke funktioniert und existiert. Und es ist ein Grund, warum die Marke in erster Linie ein soziologisches Phänomen ist.


Marke bedeutet Vertrauen in eine Leistung. Dieses Vertrauen kann nur über Konstanz in Handlung und Stil aufgebaut und vertieft werden. Egal wie antiquiert es klingt: Eine Marke benötigt ein hohes Maß an Wiederholung, sonst existiert sie nicht.

1.3Die Marke ist der „Hard fact“

Warum Menschen bereit sind, für qualitativ vergleichbare Produkte völlig unterschiedliche Preise zu bezahlen, ist mit betriebswirtschaftlichen Kennziffern nicht zu erklären. Für eine Jeans bezahlen wir 39 Euro, für eine andere 69 Euro oder 149 Euro, bei gleichwertig ausgestatteten Fahrzeugen werden Tausende Euro mehr bezahlt, damit den Kühler ein spezielles Symbol krönt. Die Preisdifferenz ist Markenkraft. Wenn Sie bei Sixt ein Auto mieten, dürfen Sie mit einem Audi, BMW, Jaguar oder Porsche nicht in die meisten Länder Osteuropas fahren. Mit einem Alfa Romeo, Citroën, Ford oder Opel dagegen schon – die Differenz macht die Markenkraft deutlich und (be-)greifbar. Obwohl in keiner Bilanz gelistet, ist die Zugkraft der Marke oft der größte Unternehmenswert. Warum sonst erlösen einige Unternehmen beim Verkauf das Zigfache ihres Buchwerts?

Die Marke ist der entscheidende – neudeutsch – „Hard fact“ im Unternehmen; sie entscheidet über das wirtschaftliche Wohl und Wehe – egal ob Hose, Hotel oder Poké Bowl. Speziell in Krisenzeiten ist sie der letzte Rettungsanker: Wenn alles an Personal und Service durch externe Berater teuer „gesundgeschrumpft“ wurde, die Absatzzahlen als Folge davon im Keller sind, dann erinnern sich Firmen daran, wofür sie einst standen, und leiten die Radikalkur ein: was nichts anderes als eine radikale Besinnung auf die eigenen Kernwerte bedeutet. Ab jetzt geht es um die Dinge und Fragen, die relevant sind – endlich: Der Blick wendet sich zwangsläufig nach innen und es wird erstmals(!) ernsthaft über eigene Leistungen argumentiert. Ärgerlich, dass es in der Praxis vielerorts eine existenzielle Krise braucht, damit ein „normales“ Vorgehen in Bezug auf das Thema „Marke“ möglich ist. Zuvor gilt eine solche Auseinandersetzung vielen Verantwortlichen als nettes Workshop-Extra, wenn zu viel Zeit und Geld da sind. Dabei sorgt erst die gut geführte Marke dafür, dass stets genug Geld für die netten Workshops reinkommt.

Eine Marke ist kein Marketing-Luftschloss

Die Erfolgsbausteine einer Marke sind keine schmissigen Begriffe vom letzten Abteilungs-Brainstorming, sie liegen im Unternehmen und sind faktisch belegbar. Ihre Hebung erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Leistungen und der eigenen Geschichte – das ist anstrengend und kostet Zeit, die im Tagesgeschäft fehlt. Es kommt noch schlimmer: Eine Marke verspricht keinen „saspo“ messbaren Return on Investment und ist daher nur in inhabergeführten Firmen oder dort, wo das Management nicht alle zwei Jahre wechselt, seriös darstellbar. Jeder Verantwortliche, der sich entschließt, aus seinem Produkt eine Marke zu machen, wird betriebswirtschaftlich davon profitieren – nicht heute, nicht morgen, aber in jedem Fall auf lange Sicht! Eine Marke ist das Ergebnis jahrelanger, manchmal jahrhundertelanger Arbeit und darf nicht mit kurzfristigen Maßstäben gemessen werden: Die Bank of Scotland wirbt mit „Vertrauen seit 1695“ – das soll ihr mal eine andere Bank „schnell nachmachen“!

Eine Marke lebt von Fakten

Wer einmal auf der Suche nach einer neuen Waschmaschine von einem echten Fachverkäufer beraten wurde, der weiß, dass der Verkaufsexperte den Kunden mit Fakten von einem Produkt zu überzeugen weiß. Ob die Marke Bosch in ihrer Werbung emotionalere Motive zeigt als Miele, interessiert den Kunden bei der Kaufentscheidung nicht – für ihn zählt einzig und allein, welche Waschmaschine ihm mehr persönliche Vorteile bietet. Das Geld soll gut investiert sein, zudem muss die Entscheidung am Abend vor der Familie sinnvoll begründet werden. Der Satz „Die Frau in der Werbung war wunderschön“ reicht meist nicht oder wirkt kontraproduktiv für den Familienfrieden.

Jede Marke basiert auf Fakten: spezifische Leistungen, die bei Menschen auf Resonanz stoßen. Egal ob Ihre Marke Miele, Bosch oder PC-Klinik heißt, egal ob sie Heftklammern herstellt oder Senf produziert – Aufgabe ist es, innerhalb der eigenen Leistungsgeschichte nach Besonderheiten und Erzählstoff Ausschau zu halten. Jedes Unternehmen, auch wenn es erst kurz am Markt besteht, hat (s)eine eigene einmalige Entwicklungsgeschichte – diese gilt es, erzählenswert aufzubereiten und einprägsam darzustellen. Selbst der mit erheblichem Markenprestige ausgestattete Ferrari-Händler kann sich nicht einfach vor einen potenziellen Kunden stellen und ihm sagen: „Geiles Auto, kaufen Sie!“


Die Marke ist die Erfolgsgrundlage jedes auf Langfristigkeit ausgelegten Unternehmens. Der Markenaufbau muss daher Ziel jeder Unternehmensleistung sein. Dafür ist es erforderlich, die eigenen Leistungen herauszuarbeiten und so konkret wie möglich darzustellen. Es gilt, die zweckmäßigste bzw. eingängigste Besprechungsart und -form zu wählen. Vor- und Nachteile sollten gegeneinander abgewogen werden.

2.Prinzipien der Markenführung

Eine Marke verkörpert das Besondere. Immer. Das ist die vitale Bedingung für ihren Erfolg, denn der Mensch kann nur das Besondere lieben. Nur das Besondere, das Einmalige verhaftet sich im Denken und führt dazu, dass wir uns etwas merken, im Optimalfall sogar dafür begeistern können. No-Name-Produkte, weiße Marken, entfalten keine eigenen Anziehungskräfte, sie müssen über den günstigen Preis Käufer suchen, denn sie erzählen keine Geschichte. Die starke Marke mit individueller Anziehungskraft muss sich nie anbiedern, im Gegenteil, sie wird nachgefragt. Für die „guten Erdnussflips“ wird gerne ein Euro mehr bezahlt und die Packung für Gäste gut sichtbar platziert: Einmaligkeit hat (und nimmt) ihren Preis.

 

2.1Jede Marke ist einmalig

Eine Marke unterbreitet Menschen ein individuelles Angebot. Auch wenn es Tausende Anbieter von Wasser gibt, so ist Evian nicht Vittel und erst recht nicht Apollinaris. Alle diese Marken besitzen ihre Existenzberechtigung, denn es gibt Kunden, die ihr Produkt gern trinken. Jedes Wasser besitzt – nicht allein im übertragenen Sinne – seine ureigene Quelle: Ob es 15 Jahre durch Alpengestein fließt oder in der Vulkaneifel seinen Ursprung hat – jedes ist einmalig. Für die Markensoziologie, die sich mit der sozialen Bindungskraft von Marken auseinandersetzt, ist daher essenziell, dass sich der erste strategische Blick nach innen wendet. Kein Betrieb ist mit einem anderen Betrieb identisch, selbst wenn die Leistung noch so ähnlich ist – die einzig relevante Frage lautet: Warum entscheiden sich Menschen für (m)ein Angebot?

Dem Antwortspektrum ist naturgemäß keine Grenze gesetzt: Der günstige Preis, der hohe Preis, das Prestige, das Nicht-Prestige, ein Produktvorteil, die Herkunft, der Service, die Optik … In jedem Fall handelt es sich um konkrete Eigenschaften, die ihren Ursprung im Unternehmen haben. Diese müssen herausgearbeitet werden. Grundsätzlich geht es um die Fragen:

Was ist typisch für uns?

Was machen wir besonders?

Was machen wir anders?

Die Antworten können gleich nebenan in der Werkshalle liegen – exakt dort muss angesetzt werden.

Einmalige Markenführung beginnt im Unternehmen

Anstatt an der Oberfläche mit vagen Beschreibungen zu jonglieren, geht es bei ernsthafter Markenarbeit darum, Eigenschaften (be-)greifbar zu machen. Statt pausenlos nach außen zum Wettbewerber zu schauen, um ununterbrochen Panikattacken zu bekommen, richtet sich der Blick nach innen. Dieses Vorgehen ist deutlich anspruchsvoller, als 24 Stunden täglich die Konkurrenz zu observieren; deswegen wird es so selten gemacht. Folgende Leitfragen geben Ihnen entscheidende Hinweise:

Welche Leistungen sind ursächlich für den Erfolg des Unternehmens?

Welche Leistungen und Handlungen wiederholen sich innerhalb der Geschichte des Unternehmens bis heute?

Welche Leistungen sind einmalig (z. B. Patente, Services, Auszeichnungen)?

Welche Leistungen besitzen/besaßen besonders hohe Resonanz in der Kundschaft?

Welche Leistungen/Produkte generieren den höchsten Anteil am Gewinn (historisch/aktuell)?

Die Auskünfte führen Sie zu den Ursachen Ihres Erfolgs. Es beginnt die Arbeit mit Realien, nicht mit feschen Anglizismen, die dementsprechend auf der „Image-Ebene“ haften bleiben: Denn leider kann anhand von Images keine Firma gelenkt werden, weil es sich dabei um abstrakte Bilder und gefühlte Wahrnehmungen handelt – von außen(!).

Nur Ursachen lassen sich managen

Ob IT-Anbieter oder Playmobil-Figuren – hinter jedem Markenerfolg stehen Ursachen. Um eine Marke erfolgreich zu führen, muss der Verantwortliche um die faktischen Erfolgsursachen „seiner“ Marke wissen. Häufig ist das Gegenteil der Fall: Das Marketing beschäftigt sich intensiv mit den Wirkungen der Marke. Wirkungen bezeichnen hierbei alle Wahrnehmungen der Marke in der Öffentlichkeit, die große Firmen mittels umfangreicher Marktforschung („Mafo“) abtesten lassen. Es läuft im Ergebnis meist auf Begrifflichkeiten wie „kundenorientiert“, „servicefreundlich“, „qualitativ hochwertig“, „innovativ“, „kompetent“ hinaus. Das Problem mit derlei Wirkungen ist ihre vollkommene Austauschbarkeit: Wenige Marken würden behaupten, nicht kundenorientiert zu arbeiten und zudem inkompetent zu sein. Viele Marken behaupten wiederum, innovativ zu sein und Qualität zu produzieren. Nur was genau bedeutet das? Qualität im Hähnchenimbiss wird anders definiert als im Sterne-Restaurant oder in einer Schraubenfabrik. Auch der Begriff „Qualität“ wird in jedem Land anders verstanden. Ergo: Mit den Begrifflichkeiten kann nicht gearbeitet werden, zudem liegen sie außerhalb des Unternehmens. Hüten Sie sich vor solchen Worthülsen!

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