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Francisco Pizarro

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XXXIII

Nach Almagros Beseitigung beging Francisco Pizarro den großen Fehler, nicht alles zu tun und zu versuchen, sich mit der Partei des Marschalls zu versöhnen. Dank seiner Diplomatie galt nicht er, sondern Hernando Pizarro als der Mörder Almagros. Allgemein glaubte man an eine unmittelbare Rachetat Hernandos.

Der Marques zerstreute die Chilianer, die dadurch nur um so treuer zusammenhielten. Er stieß ihre Führer vor den Kopf; reizte und beleidigte sie, indem er ihnen seine Verachtung und Furchtlosigkeit bei jeder Gelegenheit durchblicken ließ. Dadurch machte er sich erbitterte Feinde.

In sonderbarem Gegensatz dazu behielt er den nun etwa zwanzigjährigen jungen Almagro nach wie vor in Lima. Allmählich sammelten sich, ungehindert vom Statthalter, eine reichliche Anzahl seiner Freunde und Anhänger in der Stadt. Der junge Mann brannte darauf, die Statthalterschaft von Neu-Toledo anzutreten, die ihm der Vater in seinem Letzten Willen anvertraut hatte. In stiller Hoffnung glaubte er fest daran, daß es seinem väterlichem Freunde Alvarado inzwischen gelungen sei, seine Bestätigung beim Kaiser durchzusetzen.

Er wie seine Anhänger waren arm und ohne Hilfsmittel. Es wird berichtet, zwölf Ritter, die in ein und demselben Hause zu Lima wohnten, hätten nur einen einzigen Mantel besessen, den sie – zu stolz, ihre Armut öffentlich zu verraten – der Reihe nach beim Ausgange trugen.

»Die armen Teufel!« pflegte Pizarro zu sagen, wenn ihn jemand vor den Chilianern zu warnen wagte. Es fiel ihm nicht ein, selbst weite Ritte in die Umgegend anders als allein zu machen. In der Stadt ging er selten mit Begleitern. Er fühlte sich frei und sicher.

Um diese Zeit traf die Nachricht ein, daß die Kaiserliche Regierung einen Richter nach Perú entsendet habe (Vaca de Castro), der sich über die Wirren in der Kolonie unterrichten solle. Pizarro war über die ihm drohende Beaufsichtigung wenig erbaut, aber es lag nicht in seiner Natur, sich Sorgen zu machen. Er war sich gewiß, daß er mit dem ihm aufgehalsten Tintenmanne schon fertig werden würde. In dieser Zuversicht gab er den Befehl, ihn bei seiner Ankunft mit den ihm gebührenden Ehren zu empfangen und ihm jedwede Bequemlichkeit im Quartier und auf seinen Reisen zu bereiten.

Almagros Anhänger setzten große Hoffnungen auf den hohen kaiserlichen Beamten. In der Annahme, daß er in San Miguel landen oder anlegen werde, wählten sie sofort zwei Gesandte, die ihn in Trauertracht begrüßen und ihm ihre Klagen vortragen sollten. Aber der treffliche Lizentiat erschien nicht. Es vergingen Monate, bis schließlich die Kunde einlief, seine Karavelle sei irgendwo im Norden an der Küste gescheitert und niemand wisse das Schicksal der Seeleute und Fahrgäste.

Das war ein harter Schlag für die Chilianer, und der junge Almagro schrieb damals einem Vertrauten, sein und seiner Freunde Elend sei zu groß geworden, um es länger ertragen zu können. Und in einem späteren Schreiben vom 15. Juli 1541 an die Audiencia von Panama sagt er, seine Leiden damals seien hinreichend gewesen, um den Verstand zu verlieren.

Die Feindseligkeit der Chilianer begann sich immer dreister zu zeigen. Man grüßte den Statthalter beim Begegnen auf der Straße schlecht, mitunter gar nicht; und einmal fand man frühmorgens am Galgen vor dem Tore von Lima drei Stricke, an den drei Zettel hingen mit den Namen: Pizarro, Velasquez (das war der Richter), Picado (der Geheimschreiber). Letzterer war besonders verhaßt, da alles durch seine Hände ging, weil der Marques bekanntlich schreibunkundig war. Picado war infolgedessen ein ebenso mächtiger wie hochmütiger Mann, dem man wohl nicht mit Unrecht vorwarf, er beeinflusse den Statthalter zuweilen nicht im Sinne des Gemeinwohls.

Im Juni 1541 beschlossen die Anhänger Almagros, zur entscheidenden Tat zu schreiten: Francisco Pizarro zu ermorden. Es sollte am Sonntag den 26. Juni 1541 geschehen. Von den Verschwörern, deren Seele der heißblütige junge Diego de Almagro war, sollten zwanzig auf dem Großen Platze im Hause Almagros zusammenkommen und den Statthalter, der Sonntags die Messe besuchte, beim Heraustreten aus der Stiftskirche überfallen. Zu gleicher Zeit sollte an einem bestimmten Fenster eines Hauses an der Plaza eine weiße Fahne herausgesteckt werden, als Zeichen für die übrigen Eingeweihten.

Die Chronisten leugnen zum Teil, daß Diego de Almagro um diesen Plan gewußt habe. Gleichwohl ist es im höchsten Grade wahrscheinlich. Sein Hauptberater war ein Ritter namens Juan de Rada, der von der Pike an gedient und dem Marschall Almagro seine Laufbahn zu verdanken hatte. Es war sein leidenschaftlicher Wunsch, den Sohn seines verehrten Generals zum Herrn von Peru zu erheben.

Es hat selten in der Weltgeschichte eine Verschwörung gegeben, die nicht auch ihren Verräter gehabt hätte. Auch hier fühlte sich einer der Geheimbündler veranlaßt, seinem Beichtvater das Geheimnis anzuvertrauen. Selbiger eilte schleunigst zu Picado, und so erfuhr Pizarro die dunkle Geschichte.

Der Marques lachte aber und meinte: »Das Pfäfflein hat Sehnsucht nach dem Bischofshute!«

Sodann ließ er sich Velasquez, den Richter von Lima, holen und bat ihn, nach eignem Gutdünken das Nötige zu veranlassen. Velasquez teilte die Unbekümmertheit seines Herrn und Meisters und versicherte ihm, es werde ihm kein Ungemach geschehen. Statt die Rädelsführer ohne Verzug in sicheren Gewahrsam zu bringen, begnügte er sich mit der Absicht, die Verdächtigen im Auge zu behalten.

Als der Sonntag herangekommen war, unterließ Francisco Pizarro den gewohnten Besuch der Frühmesse, indem er seiner Dienerschaft sagte, er fühle sich nicht wohl. Inzwischen hatten sich Rada und seine Genossen in der Halle von Almagros Haus versammelt und warteten auf den Kirchgang des Statthalters. Als der aufgestellte Beobachter meldete, Pizarro sei nicht zur Messe gegangen und angeblich krank in seinem Quartier, gerieten die Verschwörer in Aufregung und Bestürzung. Sie argwöhnten, ihr Vorhaben wäre entdeckt.

Man beriet. Die einen meinten, da ihr Leben verwirkt sei, müsse man rasch noch alles wagen. Andre schlugen vor, auseinanderzugehen und sich harmlos zu benehmen. Angesichts dieses Schwankens riß der Ritter de Rada die Haustüre auf und stürzte nach der Statthalterei mit den Worten: »Mir nach! Sonst melde ich dem Marques unsern Plan!«

Wohl oder übel folgten ihm alle andern mit dem Rufe: »Heil dem Kaiser! Nieder mit dem Tyrannen!«

Es war mittags 12 Uhr, damals die Tischzeit in den spanischen Kolonien. Für gewöhnlich war um diese Zeit der Große Platz menschenleer. Die Wenigen, die aus ihren Häusern kamen, weil sie den Tumult hörten, kümmerten sich nicht um die Bedeutung der sonderbaren Mittagsstörung.

Der Palast des Statthalters lag auf der andern Seite, dem Hause Almagros gegenüber. Der Vorhof war durch ein festes Tor verschlossen. Es stand offen.

Im Hofe traf der laute Trupp der Verschwörer auf zwei Diener. Einer rannte ins Haus; den andern stach man nieder. Der Fliehende rief: »Hilfe! Hilfe! Die Chilianer kommen, den Marques zu morden!«

Pizarro saß noch bei Tisch. Das Mittagsmahl war eben zu Ende. Drei, vier Ritter und Offiziere waren bei ihm, die sich nach seinem Befinden erkundigt hatten, dazu der Richter Velasquez und der jüngst ernannte Bischof von Quito, der sich eben beim Statthalter abmelden wollte. Auch Martine de Alcantára, Pizarros Halbbruder, sein Hausmarschall, war im Saale.

Als man den Lärm im Hofe vernahm, begaben sich fast alle anwesenden Herren in den Vorsaal und die breite Treppe hinab, um die Ursache festzustellen. Als sie die bewaffnete, wilderregte Schar in die Halle stürzen sahen, zogen sie sich zurück, um alsbald über einen Altan in den Garten zu springen und das Weite zu suchen. Velasquez befand sich unter diesen Feiglingen.

Der Marques erkannte die Gefahr. Er rief dem Ritter Francisco de Chaves, einem Offiziere seines Stabes, zu, er solle die Türe nach dem Vorsaale zu schließen. Der Befehl war im ruhigsten Tone ausgesprochen, aber die Panik war bereits eingetreten. Statt die Türe zu verrammeln, öffnete Chaves einen Flügel, um hinauszuschauen. Im selben Augenblicke stießen ihn die schon draußen Stehenden nieder und Rada und seine Genossen drangen mit blanken Waffen in den Saal, rufend und schreiend: »Wo ist der Marques? Nieder mit dem Tyrannen!«

Pizarro war mit seinem Bruder Martino in das Nebenzimmer gegangen, um den Panzer anzulegen und sich den Helm aufzusetzen. Er war noch nicht fertig. Alcantára und Pizarros beide Edelknaben stürzten mit gezogenen Degen zurück in den Saal, damit der Marques Zeit gewänne. Auch der noch anwesende Offizier vom Dienst versuchte mutigen Widerstand. Es begann ein Kampf. Zwei Verschworene fielen; Alcantára und die Pagen bluteten. Der Offizier ward überwältigt.

Da erschien Francisco Pizarro. Er hatte den Panzer fortgeworfen. Den rechten Arm mit dem Mantel umwickelt, eilte er mit dem Degen dem Bruder zu Hilfe. Es war zu spät. Martino und die Pagen sanken zu Boden.

Abermals fielen zwei der Verschworenen, vom ergrimmten Marques hingestreckt. Einen Augenblick wichen alle andern zurück; dann stürzten sie im Rudel auf ihr Opfer.

Rada packte einen seiner Genossen und warf ihn Pizarro entgegen. Der spießte ihn mit dem Degen auf. Im selben Moment erhielt er einen starken Säbelhieb am Halse. Taumelnd sank er in die Knie, von den Schwertern Radas und den andern vielfach durchbohrt.

»Jesus, sei mir gnädig!« rief er; da traf ihn der Todesstoß.

XXXIV

Sowie die Verschwörer ihre Mordtat begangen hatten, eilten sie auf die Plaza und riefen den jungen Almagro zum Statthalter und General aus. Alle seine Parteigänger waren rasch zur Stelle. Der Ritter de Rada hatte alsbald 300 Bewaffnete unter seiner Fahne.

Pizarros nächste Freunde und höhere Offiziere wurden verhaftet; sein Haus sowie das seines Sekretärs Picado geplündert. Im übrigen nahm man den bisherigen Machthabern nur Waffen, Pferde und Munition. Viele erklärten sich für die neue Regierung, u. a. der Schatzmeister Riquelme, ein ängstlicher Schelm.

 

Wer es nicht tat, war seines Amtes verlustig. Schlimm erging es dem Geheimschreiber. Man ergriff ihn – er hatte sich in das Haus Riquelmes geflüchtet, der ihn verriet, um sich den Chilianern gefällig zu erweisen —, und er wurde ins Gefängnis geworfen, das er nur zum Gange zu Folter und Schafott wieder verlassen sollte.

Erst jetzt geriet die Einwohnerschaft in Erregung. Um die Parteien zu beschwichtigen, zogen die Mönche vom Orden der barmherzigen Brüder mit vorangetragenem Kruzifix durch die menschenvollen Straßen. Zumeist erkannte man als Gewalthaber den jungen Diego de Almagro an, der, von aufgeputzten Rittern und bezechten Landsknechten umgeben, stolz auf gestohlenem Gaul unter Trompetenschall und Paukenschlag mit Triumphatormiene seinen Umzug durch die Stadt machte. Das ist in allen Jahrhunderten die nämliche Groteske!

Die Leichen Pizarros und seiner fünf Getreuen blieben in ihrem Blute liegen, wo sie lagen. Fanatiker verlangten, man solle den toten Löwen köpfen und den Kopf am Galgen ausstellen, aber Freunde des Toten bewogen Almagro, ein stilles Begräbnis an angemessenem Orte zu gestatten. Ein treuer Diener, dessen Frau und drei Mohren, die zu Pizarros Haushalt gehörten, wickelten ihren gemordeten Herrn in ein großes Tuch und trugen ihn bei Anbruch der Nacht nach der Stiftskirche. In einem Winkel war eiligst ein Grab gegraben worden. Der Hausgeistliche sprach ein kurzes Gebet, und beim Schimmer von ein paar armseligen Wachskerzen fand der bisher so Gewaltige ohne Prunk und Pracht seine letzte Ruhestätte.

Erst über zehn Jahre später, als Perú zu Ruhe und Frieden gekommen war, wurden Francisco Pizarros Gebeine wieder ausgegraben, in einen fürstlichen Sarg gelegt und unter einem stattlichen Grabmale in einer der Kapellen der Kirche feierlich beigesetzt. Im Jahre 1607 überführte man den Sarg in die neue Stiftskirche von Lima, wo noch heutigentags das Grabmal des Eroberers an seine Taten erinnert. Gewiß ist man berechtigt, ihm viel Übles und Arges vorzuwerfen. In der Geschichte Spaniens steht Francisco Pizarro in der Reihe der Helden, d. h. der Männer, die für das, um was sie kämpften, allezeit und immer wieder freudig ihr Leben einsetzten; in der Geschichte Perús ist er die Verkörperung des schlimmsten Schicksals; in der Geschichte der Menschheit ist er einer der Träger jener uns dunklen Willenskraft der Schöpfung, die wir den ewigen Kampf nennen.

Pizarro ist 63 Jahre alt geworden. Die Nachwelt hat zwei Bildnisse von ihm. Das eine, auf das die beiden Stiche zurückgehen, die diesem Buche beigegeben sind, ist vermutlich i. J. 1529 in Spanien gemalt. Ein andres, das den Marques in bürgerlicher Tracht (mit der Capa y espada, dem schwarzen Mantel der spanischen Granden) darstellt, etwa a. d. J. 1536, hängt noch heute im ehedem vizeköniglichen Palast zu Lima.

Sein hinterlassenes Vermögen hätte ungleich größer sein können. Große Summen spendete er für die Staatsbauten in seiner geliebten Stadt Lima. Der Kaiser hatte ihm ein Gebiet mit 20000 Untertanen als Privateigentum verliehen, aber er hat niemals seine Rechte hierauf geltend gemacht, ebenso nicht seine Erben.

Er war Junggeselle; in den letzten sieben Jahren teilte sein Hauswesen eine der Töchter des Königs Atahuallpa. Sie hat ihm eine Tochter und einen Sohn geschenkt. Letzterer ist jung gestorben. Die noch junge Mutter heiratete nach Pizarros Tode einen spanischen Ritter namens Ampuero, dem sie nach Spanien folgte. Pizarros Tochter Francesca begleitete sie und verheiratete sich um 1552 mit ihrem siebenundachtzig jährigen Oheim Hernando Pizarro, wahrscheinlich um ihm eine Erbin zu sein. Seine Festungshaft war offenbar nur dem Namen nach ein Gefängnis. Der bereits (S. 206) erwähnte Enkel von Hernando Pizarro, Don Juan Pizarro, Marques de la Conquista, stammt wohl aber nicht aus dieser Ehe. Unmittelbare Nachkommen von diesem leben als Landedelleute unter gleichem Namen noch heute in der Gegend von Truxillo.

XXXV

Alsbald nach dem Staatsstreich sandte Almagro Bevollmächtigte nach allen spanischen Ansiedlungen, unter militärischer Bedeckung, um seine Anerkennung im ganzen Lande zu erzwingen. In Truxillo und in Arequipa leistete man dieser Aufforderung ohne Einspruch Folge. In Kuzko fand man einigen Widerstand, aber Almagros Partei bekam das Übergewicht. Wer sich der Anerkennung verschloß, verlor Amt und Stimme. Ähnliches geschah andernorts. Abgewiesen wurden die Beauftragten in Quito.

Es bildeten sich zwei der alten Regierung getreue Gegenheere: das eine in der Nähe von Kuzko (wahrscheilich in Xauxa) unter dem Hauptmann Alvarez de Holguin; das andre in Quito unter Alonso de Alvarado. (Gonzalo Pizarro war von seinem Zuge nach dem Amazonas noch nicht zurück.) Holguin setzte sich in Besitz von Kuzko, jagte die Chilianer weg und setzte die alten Behörden von neuem ein.

Alvarado setzte sich mit dem inzwischen (im Frühjahre 1541) im Hafen von Buenaventura gelandeten Christoval Vaca de Castro in Verbindung. Zu den 350 km von dort bis Popayán (800 km nördlich von Quito) hatte er ein volles Vierteljahr gebraucht.

In Popayán erfuhr er in den ersten Julitagen des Jahres 1541 die Ermordung Pizarros. Sowie er Alvarados Schreiben empfangen hatte, setzte er seine Reise nach Quito fort. Gonzalo Pizarros Stellvertreter, Alvarado, empfing ihn auf das fürsorglichste.

Ein Dritter stellte sich ein: der Ritter Benalcazar, der an der Spitze eines kleinen Korps aus Spanien zurückgekehrt war. Als er sah, daß die Provinz fest in der Hand Alvarados war, verzichtete er auf seine heimlichen eigenen ehrgeizigen Pläne und erklärte sich bereit, gegen Almagro zu kämpfen.

Jetzt hielt es Vaca für angebracht, die kaiserliche Bestallung vorzuweisen, die ihn im Falle von Francisco Pizarros Tod zum Statthalter von Perú ernannte. Alvarado und Benalcazar verbargen ihr Erstaunen, äußerten gewisse Bedenken, gelobten aber dem kaiserlichen Willen ihre Treue.

Inzwischen wuchs Almagros Partei, und sein Heerführer, der Ritter de Rada, war auf das eifrigste bemüht, wohlausgerüstete Truppen aufzustellen. Um das dazu nötige Geld zu haben, beschlagnahmte man alle öffentlichen Kassen und Gelder. Da dies nicht reichte, ward Picado, der im Kerker sitzende Geheimschreiber, vernommen und gefoltert, um zu erfahren, wo der Marques etwa noch verborgene Schätze habe. Er gestand nichts, sei es, daß er es nicht verraten wollte, sei es, daß er die Orte wirklich selber nicht wußte. Wahrscheinlich hatte Pizarro sein Vermögen längst in der Heimat angelegt. In ihrer Wut darüber ließen die Führer der Partei den unglücklichen Sekretär ohne langen Prozeß öffentlich auf der Plaza von Lima köpfen.

Es wird berichtet, der Bischof Valverde habe sich für Picado verwendet. Vermutlich glaubte der graugewordene Sünder, er müsse sich als oberster Seelensorger in Szene setzen. Kurze Zeit darauf baten Valverde und Velasquez (der Richter) um die Erlaubnis, ihre Ämter niederlegen und sich nach Spanien einschiffen zu dürfen. Andre Anhänger Pizarros schlossen sich an.

Valverde hielt sich im November 1541 in Turmbez auf. Sodann besuchte er die Insel Puna. Offenbar wollte er, in der Absicht, seine Erlebnisse in Peru zu beschreiben, noch einmal alle die Orte sehen, an denen sich ehedem wichtige Ereignisse abgespielt hatten. In Puna erreichte ihn sein Schicksal. Er fiel in die Hände der Indianer, die ihn samt seinen Begleitern totschlugen.

Verdienste um die Eingeborenen, deren Schutzherr er hätte sein sollen, kann man ihm mit dem besten Willen nicht nachweisen. Im Gegenteil, er gehörte zu jenen heimtückischen Fanatikern, die Christi Namen mit Blut besudelt haben, wo sie nur konnten.

Während man sich noch rüstete, erhielt Almagro die Nachricht, daß Holguin mit seinem Heere in der Stärke von 300 Mann von Kuzko aufgebrochen war, um Alvarado entgegenzumarschieren. Diese Vereinigung mußte verhindert werden. Almagro hatte nur Aussicht auf den Enderfolg, wenn er erst Holguins, dann Alvarados Truppen einzeln vernichtete.

Es wäre falsch, anzunehmen, Almagro habe ein selbständiges Reich Perú errichten wollen. Das wäre offener Abfall vom Mutterlande gewesen. Daran war aus hundert Gründen gar nicht zu denken. Almagro wollte vor allem das Erbe seines Vaters antreten, d. h. als Statthalter von Neu-Toledo anerkannt werden. Zweifellos aber trachtete er danach, Pizarros Gebiet an sich zu reißen und, falls dies ihm gelänge, die Provinz Quito dazu. Über eines war er sich wohl nicht genügend klar: daß die Kaiserliche Regierung ihm ein so großes Reich nur anvertrauen werde, wenn er es ohne Bürgerkrieg fest in den Händen hatte. Wie die Dinge lagen, hätte er sich von vornherein auf Chili beschränken sollen. Und wie töricht, verblendet und schlecht beraten muß er gewesen sein, wenn er geglaubt hat, daß man die Ermordung Pizarros ohne weiteres hingehen lasse.

Vaca war ein sehr bedächtiger und umsichtiger, aber zielbewußter und zäher Mann, hart und unerbittlich, berechnend und weitblickend, klug und verschlagen. Er sandte Alvarado mit dem Heere (etwa 500 Mann) vor, vermutlich auf dem Wasserwege, so daß wir ihn im Spätherbst 1541 im Hafen an der Mündung des Huaura stehen sehen, 600 km nördlich von Lima. Vaca für seine Person besuchte alle Niederlassungen, die auf seinem Wege lagen, von Quito bis Truxillo, ohne sich zu übereilen. Man erkannte ihn überall an, denn er machte den besten Eindruck auf die Ansiedler, die nichts mehr ersehnten als gründlichen Frieden im Lande und eine ordentliche und gerechte Regierung.

Almagro gedachte Holguin bei Xauxa zu fassen. Da ereignete sich auf dem Marsche dahin ein folgenschweres Ereignis: sein Feldherr, der Ritter de Rada, starb plötzlich. Er war Sechziger, hatte in seinem Soldatenleben viel erlebt und sich insbesondere seit dem Staatsstreiche allzuviel zugemutet. Er war der Organisator und die Seele des Unternehmens. Er starb an einem Fieberanfall.

Bisher hatte Diego de Almagro sich in allem auf Rada, den treuen, erfahrenen und uneigennützigen Vasallen, verlassen. Von Stund an nahm er die Zügel in die eigene Hand. Keinen seiner Offiziere konnte er zum selbständigen General machen, schon nicht, weil sie untereinander (als echte Hispanier!) maßlos eifersüchtig waren. Seine beiden besten Unterführer waren Christoval de Sotelo und Garcia de Alvarado. Es dauerte nicht lange, da erschlug Garcia den Sotelo bei einem Wortwechsel. Der Überlebende betrug sich dann derart anmaßend, daß Almagro ihn beseitigen mußte. Er drang mit einem Dutzend Landsknechten nachts in sein Quartier und ließ ihn erschlagen.

Sein strategisch richtiger Plan, Holguin vor seiner Vereinigung mit Alonso de Alvarado anzugreifen, mißglückte. Als er in die Gegend von Xauxa kam, war der Gegner bereits durchmarschiert und im Passe des Sierra verschwunden. Ihm zu folgen, hätte in jenem Gelände keinen Zweck gehabt. So begab er sich nunmehr nach Kuzko, um sein Heer mit allen Kräften schlagfertig zu machen.

Der schon öfters genannte Ritter Pedro de Candia, ein Grieche von Geburt, verstand sich auf den Geschützbau und die Anfertigung von Waffen und Rüstzeug aller Art (Büchsen, Lanzen, Panzerhemden, Helme usw.). Durch seine Geschicklichkeit gelangten die Chilianer in den Besitz von sechszehn Kanonen verschiedenen Kalibers, gegossen aus einer Legierung von Kupfer und Silber. An letzterem Metall war durch die inzwischen entdeckten Gruben von Potosi kein Mangel. Ebenso verfügte man zur Bereitung von Schießpulver reichlich über Salpeter aus einem Bergwerke bei Kuzko.

Eine unerwartete Verstärkung brachte das plötzliche Wiedererscheinen des Inka Manko, der ihm nicht nur seine etwa 1000 Mann für den Fall der Gefahr feierlich versprach, sondern ihm auch eine Menge Schwerter und Rüstungsstücke aus früher gemachter Beute auslieferte. Wahrscheinlich sah er im jungen Almagro, dem Mestizen, den kommenden Befreier des Landes.

Trotz seiner tüchtigen Kriegsbereitschaft versuchte Almagro in durchaus verständlicher und verständiger Weise den Weg friedlicher Auseinandersetzung. Er schickte im Frühjahr 1542 ein ausführliches Schreiben an Vaca de Castro, der unterdessen sein Hauptquartier nach Lima verlegt hatte. In diesem ehrerbietigen und gemessenen Briefe erklärte er, daß er im Grunde nicht die Absicht habe, dem Vertreter Seiner Majestät mit Waffen entgegenzutreten. Er wolle nichts, als sich Neu-Toledo sichern, das seinem Vater zugewiesen und ihm vererbt worden sei. Das Gebiet Francisco Pizarros mache er dessen Nachfolger nicht streitig. Er schloß mit dem Vorschlage, die Entscheidung der heimatlichen Kaiserlichen Regierung zu übergeben und sich bis dahin jeder auf sein Gebiet zu beschränken.

 

Der hochmütige Vaca gab keine Antwort. Nunmehr entschloß sich Almagro zum Äußersten und trat in der zweiten Hälfte des August 1542 den Vormarsch an. Unter dem weißen Banner der Chilianer hatten sich 500 Mann geschart (200 Reiter, 200 Pikeniere, 100 Büchsenschützen). Die Artillerie (16 Geschütze, davon 8 leichte und 8 schwere) führte Pedro de Candia.

Vaca hatte mit der nämlichen Schwierigkeit zu tun wie jüngst Almagro. Als er von Truxillo in Huaura eintraf, fand er seine beiden Obristen Alonso Alvarado und Alvarez de Holguin in zwei scharf getrennten Lagern vor. Er kam just zurecht, um einen Zweikampf zwischen den beiden Offizieren zu verhindern. Die Herausforderung war bereits erfolgt, aber es gelang dem gewandten Statthalter, die Eifersüchtigen zu versöhnen, indem er erklärte, er werde, wenngleich nicht Soldat von Beruf, den Oberbefehl über sein Heer selbst führen und beide bei jedweder Beratung hören. Sodann war er mit einer kleinen Abteilung bis Lima vorgerückt, während er die Hauptmasse nach Xauxa vorschob.

Auf die Meldung von Almagros Anmarsch eilte er mit seinen Truppen, die sich inzwischen aus San Miguel, Truxillo, Arequipa usw. verstärkt hatten, nach Xauxa.

Er hatte 700 Mann vereint, darunter 300 Reiter, die aber an Tüchtigkeit den gegnerischen nachstanden, auch schlechter beritten waren. An Artillerie besaß er nur vier Falkonette.

In Xauxa erhielt Vaca ein Schreiben von Gonzalo Pizarro, der, wie bereits erzählt, Ende Juni 1542 wieder in Quito eingetroffen war und jetzt dem Statthalter seine Dienste anbot. Vaca dankte ihm auf das verbindlichste, lehnte sein Angebot aber ab und bat ihn unter Ausdrücken der Bewunderung, er solle sich zunächst gründlich von den großen Strapazen seiner Expedition nach dem Zimtlande erholen.

Vaca hatte schon alle Mühe, mit Alvarado, Holguin und anderen fertig zu werden. Den unbotmäßigen Benalcazar hatte er bereits kurzerhand nach Popayán (sozusagen in die Etappe) zurückgeschickt. Noch einen ewig tatenlustigen Kondottiere in seinem Stabe bändigen zu sollen, dazu verspürte er zumal zu so entscheidender Zeit keine Neigung. Gonzalo nahm ihm die Abweisung natürlich schwer übel.

Die Geländeerkundung ergab, daß eine Stellungnahme bei Huamanga (170 km südlicher) besser sei als eine solche bei Xauxa. Darauf rückte Vaca bis dahin vor, während Almagro bei Bilkas (60 km entfernt) stehen blieb. Abermals sandte er dem Statthalter einen Vergleichsvorschlag.

Vaca ging auf eine Unterhandlung ein, lediglich um Zeit zu gewinnen, den Krieg zunächst moralisch zu führen. Er machte heimliche Anknüpfungsversuche mit Almagros bedeutendsten Offizieren. Einer seiner Agenten, den der offizielle Unterhändler als Indianer verkleidet mit sich nahm, ward entlarvt. Auf der Folter gestand er alles und wurde als Spion gehenkt.

Vaca stellte folgende Bedingungen:

1. Auslieferung aller Personen, die an Pizarros Ermordung unmittelbar beteiligt waren,

2. Auflösung von Almagros Heer.

Dafür sicherte er ihm und allen seinen andern Anhängern die kaiserliche Amnestie zu.

Almagro beriet sich mit seinen Hauptleuten. Allgemein war man der Meinung, daß die Bedingungen unannehmbar seien, da man sich gegenseitig feierlichst unverbrüchliche Treue gelobt habe. Auch war die Episode mit dem ertappten Agenten nicht angetan, das Vertrauen zum Statthalter zu stärken. Kurzum: die Würfel sollten fallen.

Während der Verhandlung und Beratung hatte Vaca seine Stellung verändert. Jetzt stand er in der Ebene von Chupas, die günstiger für den Reiterkampf war. Das Wetter war scheußlich. Regen, Hagel, Schnee und Stürme jagten sich. Es war hundekalt. Die durchnäßten und durchfrorenen Truppen gerieten in Mißstimmung. Alles drängte zur Entscheidung.

Am Spätnachmittag des 16. September 1542 stießen beide Heere aufeinander. Vaca de Castro hatte sein Zentrum (die Pikeniere und Bogenschützen) selber führen wollen. Auf einem prächtigen Rappen, eine leuchtende Feldbinde über dem Panzer, im Schmucke des Sankt-Jago-Kreuzes, ritt er die Fronten der zum Gefecht aufmarschierten Truppen ab und hielt die übliche Ansprache, in der er darauf hinwies, daß der Kaiser den Bürgerkrieg verabscheue und jeden ehren werde, der ihn für immerdar beende. Auch verfehlte er nicht, das sämtliche Hab und Gut der »Rebellen« zur freien Beute zu erklären.

Wie klug dieses Versprechen war, geht aus einer Bemerkung in einem Berichte des Capitano Carbajal (1543) hervor, wo es heißt, des Statthalters Rede habe die Landsknechte dermaßen ergriffen, daß man »wie zu einem Ball ins Gefecht« gegangen wäre.

Dem hier zum ersten Male erwähnten Francisco de Carbajal (1474 – 1548) gebühren einige Worte als einem Prachtexemplare des Raubtieres Mensch, wie es in den Tagen der Renaissance brillierte. Er hatte bei Ravenna, Pavia (1525), beim Sturm auf Rom ruhmvoll mitgekämpft; später war er nach Mexiko gegangen, und 1536, als Pizarro Beistand gegen die aufständischen Indianer erbat, hatte ihn Ferdinand Cortes nach Perú entsandt. Der Marques hatte ihn mit einem Landgute bei Kuzko belohnt. Als Reitersmann, der er als hoher Siebziger noch war, hatte er die Gegend um Kuzko Tag für Tag durchstreift. Er kannte jeden Paß, jede Höhe, jedes Tal, jeden Pfad, jeden Bach. Ehe Vaca in Lima ankam, hatte er seine Besitzung verkauft und war gerade im Begriffe, sich nach Alt- Kastilien einzuschiffen, um dort seine letzten Tage in aller Behaglichkeit zu verleben; aber die Heimfahrt war unmöglich, weil Vaca de Casto alle Schiffe beschlagnahmt hatte. So verfiel Carbajal von neuem dem Dämon des Kriegs. Er stammte aus Arévalo (gelegen in der Mitte zwischen Valladolid und Madrid) und soll niederer Herkunft gewesen sein.

Almagros Artillerie versagte im Auftakt der Schlacht. Pedro de Candia (einer der dreizehn Getreuen von anno 1527!) war insgeheim von Vaca zurückgewonnen worden. Als Almagro wahrnahm, daß Pedro über den Feind hinwegschießen ließ, ritt er nach dessen Beobachtungsstand, stellte ihn ergrimmt zur Rede und stach ihn mit dem Degen nieder. Alsbald wirkte das Artilleriefeuer verheerend. Alonso de Alvarado, der die Reiterei des rechten Flügels führte, erlitt große Verluste und kam nicht an den Gegner heran.

Da entsandte Vaca – der auf Alvarados dringende Bitte Abstand genommen hatte, vordere Truppen im Gefecht zu führen, und sich nun begnügte, die noch nicht eingesetzten 40 Reiter der Reserve zu befehligen – den Obristen Carbajal mit einer Abteilung Büchsenschützen, die auf einem verschmitzten Umwege dem Feinde in den Rücken fiel. Carbajals Geländekenntnis brachte hier reiche Frucht.

Als es endlich zum Nahkampf kam, hatte Holguin schweren Stand gegen die dicken Indianerschwärme auf dem rechten feindlichen Flügel unter dem Inka Manko. Er selbst fiel zu Beginn des Gefechts. Im Mittelpunkt der Schlacht, zwischen den Pikenieren beider Parteien, ging es heiß her. Es biß mancher ins Gras, und Zarate berichtet sogar, daß beim Füllen der entstehenden Lücken Offiziere hinter der Front mit dem Degen nachhalfen. Auch das Reitergefecht, das sich entspann, war über die Maßen heftig, denn jeder Chilianer war sich darüber klar, was ihm nach einer Niederlage drohte.

Lange blieb es zweifelhaft, ob den weißen oder den roten Bannern das Kriegsglück zufallen solle. Es dunkelte bereits stark, als Vaca erkannte, daß der entscheidende Punkt auf seinem rechten Flügel lag, wo Alvarados Reiter auf das leidenschaftlichste mit denen Almagros kämpften. Jetzt ritt er mit seinen vierzig frischen Reitern an. Die bereits matten Leute Alvarados legten sich von neuen ins Zeug und unterstützten ihrerseits den Angriff des Statthalters. Dreizehn von den vierzig fielen, aber die Schlacht war gewonnen. Almagros Reiter wichen.