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Francisco Pizarro

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XX

Solange der Inka lebte, ohne dessen Befehl in Peru nichts geschah, war das Land im wesentlichen in Ruhe und Tatenlosigkeit verblieben. Erst jetzt, wo das Herz des Volkes aufgehört hatte zu schlagen, wagten etliche tüchtige, ehrgeizige und ihr Vaterland liebende Männer, selbständig aufzutreten. Um die Einheit des Reiches war es geschehen. Der Inka-Adel war durch Atahuallpas Sieg und durch Pizarros Handstreich vom 15. November zusammengeschmolzen. Die Armee war auseinandergelaufen; einzelne Teile standen unter dem Befehle von Generälen in Quito und in Kuzko. Das Volk begann wieder in Stämme zu zerfallen. Jahrhunderte an spartanische Ordnung und Zucht gewöhnt, erwachten im Einzelnen bisher unbekannte Laster und Lüste. Man sah, welchen Wert die Weißen dem Gold und Silber beilegten. Man lernte den Begriff des Geldes kennen. Man beobachtete die Zügellosigkeit der Spanier dem weiblichen Geschlechte gegenüber. Man erkannte, daß die bisher angebeteten Götterbilder in den Staub sanken, ohne daß des Himmels Rache auf die Tempelräuber und Gottesschänder herabfuhr. Kurzum, die Untertänigkeit, der Glaube, die Moral der Eingeborenen war ins Wanken gekommen.

In Quito eignete sich alsbald der Inka-General Ruminjahuai die oberste Gewalt an, derselbe, der bei dem Überfall am 15. November 1532 die im Warmbad zurückgebliebenen Truppen befehligt hatte. Den Heeresrest in Kuzko befehligte der General Kiskiz, dem der Tod des Königs durch eine heimliche Botschaft des Generals Tschalkutschima, den die Spanier in Kaxamalka zurückhielten, mitgeteilt wurde.

Pizarro hatte die grenzenlose Macht, die ein Inkakönig bei seinem Volke, von den Generalen, Oberpriestern und Ministern bis hinab in die breiteste Masse, seit Jahrhunderten genoß, wohl erkannt. Daß diese Tradition zu wanken begann, konnte er noch nicht wissen. Durchaus richtig entschloß er sich, sofort einen Nachfolger auf Atahuallpas Thron zu setzen. Dieser Schattenkönig war natürlich von vornherein nichts als ein Werkzeug des Eroberers von Peru.

Rechtmäßiger Erbe der Herrschaft war ein zweiter Sohn des Königs Huayna Kapak, Manko, damals noch keine dreißig Jahre alt, ein kluger kühner edler Idealist, der seine hohen und schweren Pflichten als Führer seines Landes über alles andere zu setzen bereit war. Er stammte von derselben Mutter wie Huaskar, gehörte also der Partei Atahuallpas nicht an. Pizarro wußte damals nicht viel von diesem Prinzen, hatte auch keinerlei Verbindung mit ihm. Dagegen befand sich der älteste Sohn des hingerichteten Herrschers in seiner Gewalt, ein etwa siebzehnjähriger junger Mann, der Prinz Topak Huallpa. Diesen ließ der Statthalter krönen. Unter peruanischem Zeremoniell schmückte er ihn eigenhändig mit der roten Troddel, dem Königssymbol, und ließ die Krönung im Lande verkünden, soweit dies den Spaniern möglich war. Die in Kaxamalka befindlichen Indianer erkannten den jungen Fürsten gern an, waren sie doch ausnahmslos Anhänger der Partei Atahuallpas. Inka Topak Huallpa sah sehr bald, daß er in Wahrheit der Sklave des fremden Statthalters war. Er wurde schwermütig und ging ein wie ein edles gefangenes Tier.

Nunmehr galt es, das Reich weiterzuerobern und sich vor allem endlich der Hauptstadt zu bemächtigen. Pizarro durfte aus politischen und militärischen Gründen nicht zögern, und alle Andern waren der nämlichen Meinung – aus Goldgier. Man wußte, daß die Tempel, zumal der von Kuzko, von goldnem Gerät strotzten. Verzögerte sich der Vormarsch noch länger, so brachten die Priester immer mehr kostbare Stücke in Sicherheit.

Wer nicht felddienstfähig war, auch der größere Teil des Beamten- und Schreibervolks, das sich in Kaxamalka eingenistet hatte, ward nach San Miguel zurückgeschickt. Etliche, die genug Beute eingeheimst zu haben vermeinten und kein Verlangen nach neuer Kriegsgefahr verspürten, schlössen sich ihnen an. Man lud das Gold und Silber auf Lamas. In vier Schiffen gelangten diese Vorsichtigen von Nombre de Dios nach Sevilla.

Unter ihnen war Pizarros Sekretär, Francisco de Xeres, ein Sevillaner, der hierüber folgende Angaben gemacht hat:

»Am 5. Dezember 1533 lief das erste dieser Schiffe im Hafen von Sevilla ein. Auf ihm befand sich der Hauptmann Christoval de Mena, der 8000 Pesos Gold und 950 Mark Silber als sein Eigentum mitbrachte, ebenso Juan de Losa, ein Geistlicher aus Sevilla, der 6000 Pesos Gold und 80 Mark Silber besaß. Von den andern Zurückkehrenden waren insgesamt 38946 Pesos Gold an Bord.

»Am 9. Januar 1534 lief die zweite Karavelle namens Santa Maria del Campo in den Strom von Sevilla ein. Mit ihr kam der Hauptmann Hernando Pizarro, des Statthalters und Generalkapitäns Bruder, an. Auf dem Schiffe befanden sich für S. M. den Kaiser 153000 Pesos Gold und 5048 Mark Silber. Außer dem kaiserlichen Anteil trug das Schiff an Privatgut noch 310000 Pesos Gold und 13500 Mark Silber, alles in Barren in große Kisten verpackt. Für S. M. waren ferner an Bord: 38 goldene und 48 silberne Gegenstände, darunter ein Adler aus Silber, dessen Leib zwei Eimer Wasser faßte, und ein Götzenbild aus Gold, groß wie ein vierjähriges Kind.

»Am 3. Juni 1534 liefen die dritte und die vierte Karavelle ein. Francisco Rodriguez führte die eine, Francisco Pabon die andre. An Bord waren an Privatgut: 146518 Pesos Gold und 30511 Mark Silber.

»Die genannten und einige andre Gegenstände nicht mitgerechnet, brachten alle vier Schiffe insgesamt: 708580 Pesos Gold, i Pesos (= i Castellano) gilt gewöhnlich 450 Maravedi; somit hatte die nach Spanien gebrachte Beute einen Wert von 320 Millionen Maravedi. Das gesamte Silber belief sich auf 49008 Mark. Nimmt man auf die Mark acht Unzen und rechnet sie zu 2210 Maravedi, so hatte das Silber den Wert von 108½ Millionen Maravedi.«

XXI

Mit 500 Mann (einschließlich etwa 150 Indianern) brach Francisco Pizarro an einem der ersten Tage des Septembers 1533 auf, mit ihm der junge Inka Topak Huallpa sowie der General Tschalkutschima. Die beiden ließen sich nach peruanischer Art in offenen Prunksänften tragen, umgeben von ihrem zahlreichen Hofstaate.

Der Marsch erfolgte auf der großen peruanischen Heeresstraße, die keine Schwierigkeiten bot, solange sie durch die Ebene oder durch hügeliges Gelände führte. In der Sierra hingegen überwand sie zuweilen starke Steigungen durch breite Treppen, die für Fußgänger, Sänften und beladene Lamas gangbar waren, Reitern, Pferden und Fahrzeugen aber große Mühe verursachten. Auch die Hängebrücken waren für Reiterei und Fuhrwerk unverwendbar. Maultiere, die in der spanischen Heimat unentbehrlich sind, hatte man damals in Peru noch nicht.

Über Huamachuko und Huanuco (1800 m hoch) erreichte man das fruchtbare schöne Tal von Xauxa, ohne auf irgendwelche Feindseligkeiten der Eingeborenen zu stoßen. Überall hatte man in den Tambos genügende Vorräte gefunden. Wohl erfuhr Pizarro durch seine Patrouillen, daß der Zug der Spanier von peruanischen Streiftrupps zur Seite begleitet wurde, aber diese wichen stets aus und mieden die Begegnung. Erst dicht vor der Stadt Xauxa, in der Pizarro einige Tage zu rasten gedachte, stellte er fest, daß ihm feindliche Truppen in der Stärke von etwa l000 Mann den letzten Flußübergang verwehrten. Die Brücke war abgebrochen, der Fluß von schmelzendem Schnee im Hochgebirge angeschwollen.

Der Generalkapitän ließ die Reiterei unter Sotos Führung durch das Wasser vorgehen. Trotz eines Hagels von Pfeilen, Wurfspießen und Steinen gelang der Versuch. Alsbald verließen die Indianer ihre Stellung und suchten das Weite.

Unter Trompetengeschmetter zogen die Spanier in die schmucke und saubere Stadt ein und machten es sich in den verlassenen Palästen bequem. Pater Valverde durchstöberte die Tempel, stürzte die Sonnenbilder und hängte an ihrer Stelle Madonnen auf. Gold und Silber fand sich wenig. Die Peruaner hatten alles Wertvolle in sichere Verstecke gebracht.

Während der Rasttage in Xauxa erhielt Soto den Auftrag, mit 60 Reitern einen größeren Erkundungsritt in der Richtung auf Kuzko zu unternehmen.

Soto hatte unterwegs ein Scharmützel mit Indianern zu bestehen, die ihm einen Gebirgspaß verlegen wollten. Zwei oder drei seiner Reiter fielen. Er überschritt den Mantaro und den Apurimac und zog entlang der Sierra de Vilcaconga. Als er unweit Kuzko in die Berge abbog, traf er abermals auf peruanische Streifscharen. Unter Verlust etlicher Reiter und Pferde erzwang Soto den Durchmarsch.

Er hatte einen Meldereiter zurück nach Xauxa gesandt und um Nachschub gebeten. Dieser traf unter Führung Almagros zu guter Stunde ein. Als er die Sierra de Vilcaconga betrat, vernahm er die Trompetensignale, die Soto fortgesetzt ertönen ließ, und erreichte im Eilmarsch den Schauplatz des bereits tagelangen Gefechts. Mit vereinten Kräften gewannen Soto und Almagro den oberen Ausgang des Passes, wo sie eine feste Stellung bezogen, um Pizarros Truppen zu erwarten. Die Eingeborenen zogen sich in die Berge zurück und verschwanden.

Als der Generalkapitän Meldung hierüber empfangen hatte, hielt er Feldgottesdienst ab. Es mag ihm wohl ein schwerer Stein vom Herzen gefallen sein, als er die Gewißheit erhielt, daß reguläre Truppen, vom General Kiskiz oder sonstwem geführt, auf dem Wege nach Kuzko offenbar nirgends standen und auch die irregulären Banden nicht weiter zu befürchten waren. Gleichwohl benutzte er den von Soto unterdrückten Guerillakrieg, um dem General Tschalkutschima, der ihm längst lästig war, den Prozeß zu machen.

Er warf ihm vor, in Verbindung mit den »aufständischen« Truppen der Peruaner zu stehen. Der General wies den Vorwurf würdevoll ab. Trotzdem ließ ihn Pizarro in Ketten legen.

Dazu kam der unerwartete Tod des Inka Topak Huallpa. Auch für dieses zufällige Ereignis machte man den Peruaner verantwortlich. Man verdächtigte ihn des Giftmordes am jungen Fürsten.

Es mochte Ende Februar 1534 sein, als Pizarro endlich von Xauxa aufbrach. Er ließ daselbst eine Besatzung von vierzig Mann zurück, auch sein Privateigentum. Offenbar hatte er schon damals die Absicht, aus der Stadt eine spanische Ansiedlung zu machen.

 

Kaxamalka war unterdessen in die Hände der Peruaner gefallen. Ein Bruder des hingerichteten Königs, Titu Atauschi, setzte sich dort fest.

Nach der Vereinigung mit Sotos und Almagros Truppen drang Pizarro in das Tal von Xaquixahuana. Eine Tagereise von Kuzko entfernt, barg es in köstlicher Landschaft zahlreiche Landhäuser und Schlösser von vornehmen Bewohnern der Hauptstadt. Hier rasteten die Spanier mehrere Tage, auf das Üppigste verpflegt. Und hier fand das Kriegsgericht über Tschalkutschima statt, eine Wiederholung der Tragikomödie, die dem Inka Atahuallpa das Leben gekostet hatte. Der peruanische General ward ebenfalls zum Feuertode verurteilt. Diesmal hatte Valverde keinen Erfolg. Als er dem Verurteilten versprach, seine Todesart werde sich mildern, wenn er sich taufen lasse, entgegnete der tapfere Offizier mit militärischer Kürze, das Christentum sei ihm unverständlich. Würdevoll bestieg er den Scheiterhaufen und starb in den Flammen, ein Lied an den Sonnengott auf den Lippen.

Zwei, drei Tage darauf machte der rechtmäßige Thronerbe Prinz Manko dem Statthalter seinen Besuch, begleitet von einem großen prunkvollen Gefolge. Pizarro empfing ihn hocherfreut und geradezu herzlich. Es lag ihm unsagbar daran, mit dem jungen Inkafürsten in gutem Einvernehmen zu stehen, d. h. auch ihn zu seinem Werkzeuge zu machen. Den klugen Prinzen seinerseits hatte die Erkenntnis geleitet, daß eine Erhebung wider die fremden Eindringlinge zunächst aussichtslos war. Die dünne Oberschicht der bisher herrschenden Inkas hatte ihren ehedem so starken Einfluß auf die Urbevölkerung verloren. Das alte Heer war auseinandergelaufen; ein neues aufzustellen, hielten ehrliche Berater für unmöglich, und mit regellosen Streiftruppen konnte man die Spanier nicht vernichten.

Am Freitag den 14. November kam Pizarro in die Nähe der Stadt. Er sah ihre Türme und Zinnen im Rot der Abendsonne, verschob aber den Einzug in die Hauptstadt seines Reiches auf den kommenden Morgen.

Gefechtsbereit marschierten die Spanier ein. Vor dem Haupttrupp ritt Francisco Pizarro, das Kaiserliche Banner hinter sich. Prinz Manko folgte ihm in seiner Sänfte. Viel Volk war, vor wie in der Stadt, zusammengeströmt, um die Weißen Männer und ihren Führer zu sehen, von denen sie schon so manches Schreckliche gehört hatten. Wenige wohl ahnten, daß mit der Ankunft der Eroberer in der Hauptstadt die Freiheit, der allgemeine Wohlstand und die hohe Kultur des alten Landes auf Jahrhunderte hinaus dem Niedergange verfallen war.

Auf der Plaza machte der Heereszug Halt. Pizarro nahm Quartier in einem großen burgartigen Palaste, den Inka Huayna Kapak erbaut hatte. Nach dem Großen Platze zu hatte er eine geräumige Halle.

Die Stadt war die größte der Neuen Welt. Die Altstadt soll damals aus drei- bis viertausend Häusern bestanden haben, die Vorstädte aus etwa 20000 Wohnstätten. Darin wohnten insgesamt etwa 160000 Einwohner. In zahlreichen Palästen hauste der Adel. Über der Stadt thronte die Königsburg. Außer dem (bereits beschriebenen) Haupttempel gab es eine Menge kleinerer Kirchen und Kapellen. Auch die Steinhäuser waren mit kunstvollen Strohdächern gedeckt. Die Straßen waren schmal und lang; sie kreuzten sich in rechten Winkern. Von der Plaza gingen vier Hauptstraßen aus, die an den Toren in die vier Hauptheeresstraßen des Landes übergingen. Der Platz war mit schönen Kieselsteinen gepflastert. Mitten durch die Stadt floß ein breiter Kanal mit herrlich klarem Wasser, der auf eine Länge von zwanzig Leguas von Steinmauern umbettet war. In bestimmten Abständen führten steinerne Brücken über ihn. Das Leben und Treiben der Indianer in ihrer bunten Tracht war sehr lebhaft. In einem fort kamen und gingen Scharen aus den Dörfern der Umgegend und der Ferne. Eine gut- organisierte Polizei regelte den starken Verkehr. Es gab Zoll- und Steuerstellen, Gerichtshöfe, große Magazine, Kasernen usw.

Pizarro, der sich gelegentlich gerühmt hat, »auch nicht eine Kornähre« wäre »ohne seine Erlaubnis« abgepflückt worden, verbot in einem Heeresbefehl seinen Spaniern das gewaltsame Betreten der Indianerhäuser. Der Befehl mag wohl im allgemeinen eingehalten worden sein, aber die Paläste, Staatsgebäude und Tempel sind planmäßig geplündert worden. Vor dieser Räuberei waren nicht einmal die schmuckbehangenen Königsmumien in der Korikancha sicher. Übel war auch die ins Sinnlose gehende rohe Vernichtung aller Kunstgegenstände, die irgendwie an den Sonnenkult gemahnten, durch die glaubenswütigen und zumeist ungebildeten spanischen Pfaffen und Mönche. Um angeblich versteckte Tempelschätze, Staatskassen, Privatreichtümer zu ergattern, sparte man die Anwendung der Folter nicht.

Es kam Beute zusammen, an Gold 580000 Pesos, an Silber 215000 Mark. Jeder Reiter erhielt 6000 Pesos Gold, jeder Mann zu Fuß 3000. Einschließlich der 40 Spanier in Xauxa belief sich die Stärke des Heeres damals auf 480 Mann. Es wird berichtet, daß Würfel und Karten unter den Spaniern maßlos im Schwange waren. Ein Reiter namens Mancio Serra de Leguizamo hatte als Beuteanteil eine goldne Sonne erhalten, die nicht in Barren umgeschmolzen worden war, weil es um die feine Arbeit schade gewesen wäre. Diese Sonne verjeute ihr Besitzer gleich in der ersten Nacht, und ein Spottvogel meinte, er habe die Sonne verspielt, ehe sie aufgegangen. Dies ist noch heute in Spanien ein geflügeltes Wort: juega el sol antes que amanezca!

XXII

Zu Beginn des Jahres 1534 inszenierte Pizarro die Krönung des Prinzen Manko zum Inka. Die Feier fand auf dem Großen Platze zu Kuzko statt, in Gegenwart des gesamten spanischen Heeres, vieler peruanischer Edelleute und Würdenträger, der aufgestellten Königsmumien und einer zahlreichen Volksmenge. Pater Valverde, jetzt Bischof von Kuzko (in der Folge bestätigt vom Papst Paul III.) las die Messe. Pizarro band dem Fürsten eigenhändig die rote Troddel an die Kopfbinde. Darauf leisteten die höchsten eingeborenen Beamten in der landesüblichen Form den Treueid. Dann las der kaiserliche Notar eine Urkunde vor, in der die Oberhoheit der spanischen Krone anerkannt ward. Unter dem flatternden Banner Kastiliens erfolgte die allgemeine Huldigung. Der junge Inka trank dem Statthalter mit einem goldnen Pokale zu. Pizarro umarmte den neuen Scheinkönig, und Trompetenrufe verkündeten den Schluß des Schauspiels. Am 24. März desselben Jahres veröffentlichte Pizarro, abermals mit feierlichem Gepränge, die neue Verfassung der Stadt Kuzko. Es wurden zwei Alkaden (Richter) und acht Regidores (Räte) ernannt; unter letzteren Juan und Gonzalo Pizarro, die jüngeren Brüder des Eroberers. Gleichzeitig erfolgte die Verteilung von Häusern und Ländereien an die Spanier, die sich zu Ansiedlern der Stadt erklärten. Es wird berichtet, seit diesem Tage habe sich Pizarro nicht mehr »Generalkapitän« wie bisher, sondern »Statthalter« titulieren lassen. Gegen Ende seines Lebens ward er wohl zumeist »Marques« angeredet.

Der neubackene Bischof machte sich alsbald an die Bekehrung der Indianer zum Christentum. Wo es ihm nicht durch Versprechungen und Konzessionen gelang, erreichte er es durch Gewalt. Auch richtete er Schulen für die Kinder der Eingeborenen ein, in denen natürlich der Religionsunterricht die Hauptrolle spielte. Es sei hier vorauserzählt, daß die Indianer ein paar Jahre später dem Dominikaner bei passender Gelegenheit wohlverdientermaßen den Garaus gemacht haben.

Folgerichtig begann Pizarro nunmehr die spanische Herrschaft auf die einzelnen Gaue des Reiches auszudehnen. Zu diesem Zwecke sandte er Expeditionen aus. Zunächst galt es, Kiskiz, den letzten peruanischen General, zu beseitigen. Den Auftrag erfüllte Almagro an der Spitze einer Reiterschar, der sich Inka Manko anschloß. Kiskiz fiel auf der Flucht nach einem ihm unglücklichen Gefechte von der Hand eines Indianers.

XXIII

Wie schon erwähnt, war Hernando Pizarro mit dem kaiserlichen Benteanteil am 9. Januar 1534 im Hafen von Sevilla gelandet. Der Kaiser hielt sich damals in Calatayud auf, wo er die Cortes von Aragonien versammelt hatte. Hernando ward zum Vortrag befohlen. Er erzählte in höfischer ritterlicher Art von den Abenteuern, die sein Bruder Franz und seine kleine Schar bestanden hatten, von der Gründung von San Miguel, vom mühevollen Vormarsch durch die gewaltige Sierra, von der kühnen Gefangennahme des Inka, von der Zahlung des großen Lösegeldes, sowie von der Absicht des weiteren Zuges wider die feindliche Hauptstadt. Von der Hinrichtung des Inka Atahuallpa wußte Hernando noch nichts, da sie ja erst nach seiner Abreise erfolgt war. Er berichtete von dem Goldreichtum und der Fruchtbarkeit des Landes, von seiner merkwürdigen Kultur und seinen Einrichtungen. Als Beweise zeigte er goldenes Gerät, Kunstgegenstände, Stoffe und andres mehr vor.

Der Kaiser belohnte die Taten Pizarros und seiner Offiziere huldvollst. Die Grenzen der Statthalterschaft des Generalkapitäns wurden um 70 Leguas nach Süden ausgedehnt, wodurch sie vom Rio San Juan bis etwa zum 13. südlichen Breitegrad reichte. Die Stadt Kuzko lag im Grenzgebiet, ein Umstand, der sehr bald der Anlaß zu schweren Streitigkeiten zwischen dem Statthalter von Neu-Kastilien (Peru) und dem des südlich angrenzenden Landes Chili (Neu-Toledo) werden sollte. Dieses neue Kolonialgebiet ward auf eine Küstenlänge von 200 Leguas dem diesmal nicht leer ausgehenden Diego de Almagro zugeteilt. Selbstverständlich hatte er sich sein Reich, ganz wie ehedem Francisco Pizarro, erst zu erobern, Almagro hatte nicht versäumt, einen eigenen Geschäftsträger an den spanischen Hof zu entsenden.

Hernando Pizarro ward zum Ritter des San-Jago-Ordens ernannt und erhielt die Genehmigung, eine Flotte auszurüsten und zu befehligen, um neue Verstärkungen nach der Kolonie seines Bruders zu bringen. Die Kunde vom fabelhaften Goldreichtum Perus tat Wunder. In kurzer Zeit hatte er eine vorzüglich ausgerüstete Expedition auf den Beinen. Im Spätherbst des Jahres 1534 liefen seine Karavellen aus und erreichten glücklich den Hafen von Nombre de Dios, wohl gegen Ende des Januars 1535.

XXIV

Je mehr die Kunde vom Goldlande Peru die Welt in Verwunderung und Abenteuerlust versetzte, um so größer ward der Zuzug neuer Beutegieriger. Der durch seine tapfere Teilnahme an den Feldzügen des Cortes in Mexiko berühmte Ritter Pedro de Alvarado war seit 1521 Statthalter des durch ihn eroberten Landes Guatemala. Obgleich er ein schwerreicher und mächtiger Mann war, drängte es ihn immer wieder zu neuen Taten. Kaum hörte er von Pizarros Erfolgen, da übernahm der »Sohn der Sonne« (wie die Mexikaner den schöngestalteten kühnen Mann genannt hatten) auch schon auf eigne Kosten mit 500 bestens ausgerüsteten Kriegsleuten, darunter 250 Reiter, einen Zug, um Quito, der ehemaligen Residenz Atahuallpas, einen Besuch abzustatten. Er sagte sich, daß dort unbedingt noch viel zu holen sei. Durch seine vorzüglichen Verbindungen mit der Heimat und dem Hofe glückte es ihm, die Erlaubnis des Kaisers zu erlangen, mit der einen Bedingung, daß er Pizarros Gebiet unberührt zu lassen habe. Ehe diese Genehmigung in San Salvadore eintraf, hatte er auf eigne Faust zwei Karavellen, geführt von dem uns gleichfalls aus den berühmten Berichten des Ferdinand Cortes berühmten Schiffshauptmann Garcia Holguin, an die peruanische Küste ausgeschickt. Hierdurch gelangte Alvarado zu genaueren Nachrichten über die Ereignisse in Peru, vor allem von dem gewaltigen Lösegelde des gefangenen Inka. Er erfuhr auch, daß in Nikaragua Nachschub für Francisco Pizarro angeworben worden war und marschbereit stand.

Rasch entschlossen segelte der Kondottiere mit den zwei Karavellen nach Nikaragua und nahm diese Truppen samt ihren drei Schiffen, deren Eigentümer er gut bezahlte, in seine eigenen Dienste. Mit diesen fünf Karavellen landete er im März 1534 im Hafen von Puerto Viejo, schiffte seine Mannschaft aus und trat unverzüglich den Vormarsch auf Quito an. Zweifellos wußte er sehr wohl, daß die Provinz Quito zur Statthalterschaft Pizarros gehörte, wenngleich dieser sie vorläufig beiseite gelassen hatte, um sich erst im eigentlichen Peru gründlich festzusetzen. Wie dem auch gewesen sein mag: Alvarado schützte Unwissenheit vor und zog los. Nur passierte ihm am Rio de Diable das Malheur, daß ihm sein angeworbener indianischer Führer bei Nacht und Nebel entwischte. Die Folge war, daß sich die Expedition in den Tälern und Schluchten der Sierra verirrte. Man kam in eine Gegend von Eis und Schnee, aus der man sich nicht wieder herausfand. Gegen Kälte war das an das warme Klima von Guatemala gewöhnte kleine Heer nicht ausgerüstet. Viele, zumal von den Berittenen und ganz besonders von den unabgehärteten Indianern, deren man an die 3000 mit hatte, kamen um. Dazu trat Mangel an Nahrungsmitteln sein. Man verzehrte die erfrorenen Pferde. Man hatte Frauen mit, die bald nicht mehr fortkonnten. Um das Unglück vollzumachen, begann der zwölf Leguas von Quito entfernt liegende Vulkan Kotopaxi Asche zu regnen.

 

Gleichwohl setzte Alvarado den Marsch fort, überwand die Schneepässe und erreichte das Tafelland in der Gegend von Riobamba mit etwa 360 Spaniern und nur noch 1000 Indianern. An Pferden waren keine 50 mehr gebrauchsfähig.

Es muß hier nachgeholt werden, daß Pizarro beim Abmarsch von Kaxamalka zum Befehlshaber von San Miguel, seinem einzigen Stützpunkt im Rücken, einen seiner zuverlässigsten Offiziere, den Ritter Sebastian Benalcazar, ernannt hatte. Das war im Herbst des Jahres 1533. Dieser Benalcazar langweilte sich nicht lange beim Kartoffelbau in der friedsamen Ansiedlung, sondern kam ganz wie Pedro de Alvarado auf den Gedanken, sich Quito näher zu besehen. Mit 140 Mann, darunter 60 Reiter, und einer gutausgesuchten indianischen Hilfstruppe machte er sich im Februar 1534 auf den Marsch nach der Hochebene von Quito. Er hatte den gangbarsten Weg vorher erkunden lassen, sodaß er mehr Glück hatte als sein Nebenbuhler aus Guatemala, von dessen Zug er natürlich keine Ahnung hatte.

In der Gegend von Riobamba stieß er auf die ihm entgegengeschickten Truppen des peruanischen Generals Ruminjahuai, der sich, wie erwähnt, nach dem Tode des Inka Atahuallpa eigenmächtig zum Herrn des Landes Quito gemacht hatte. Es kam zu mehreren Gefechten zwischen ihm und den Spaniern aus San Miguel. Benalcazar siegte und pflanzte die Fahne Kastiliens auf die Zinnen der alten Inkastadt. Zu Ehren seines Generals – oder aus Gerissenheit und schlechtem Gewissen – taufte er die Stadt um in San Francisco del Quito. Zu seinem Ärger entdeckte er nach dem Einzuge, daß ihn die Einwohner um die Beute geprellt hatten: es fanden sich keine nennenswerten Schätze. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß die Spanier alles anwandten, um hinter die Verstecke zu kommen, aber die Unglücklichen, die auf die Folterbank geschleppt wurden, kannten diese Orte selber nicht.

Inzwischen hatte Alvarado zu seiner nicht geringen Verwunderung die unverkennbaren Spuren abendländischer Kulturtätigkeit wahrgenommen: verunreinigte Landstraßen, niedergebrannte Dörfer, vergewaltigte und totgeschlagene Weiber, aufgewühlte Gräber, gestürzte Sonnenbilder und dergleichen.

Die Lage ward noch kurioser. Almagro, der (wie berichtet) beauftragt war, den General Kiskiz zur Strecke zu bringen, war auf der Verfolgung dieses gefährlichen Gegners gleichfalls an die Hochebene von Quito gekommen. Als er die Nachricht von der Ermordung des Generals erhielt, marschierte er trotzdem weiter. Er hatte in San Miguel, wo er sich Verstärkungen zu holen gedachte, erfahren, daß der Hauptmann Benalcazar eigenmächtigen Eroberungen nachging. Unter Mord und Brand kam er nach Riobamba.

In der Nähe dieses Ortes hatte er alsbald eine Unterredung mit Benalcazar. Beide Offiziere trafen sich, wohlgewappnet und beschützt, und so einigten sie sich, statt Krieg wider einander zu führen, indem sie gegenseitig ihre harmlosen Absichten im Sinne des Großen-Ganzen versicherten. Almagro wußte noch immer nicht, daß er inzwischen Statthalter von Chili geworden war.

Nunmehr erwarteten Almagro und Benalcazar den ihnen gemeldeten Anmarsch Alvarados in einer befestigten Stellung südlich oder südöstlich von Riobamba. Schon standen die kleinen Heere zur heimlichen Freude der Eingeborenen einander gefechtsbereit gegenüber, da sandte Almagro einen seiner Offiziere zur Unterhandlung zu Alvarado. Almagros gesunder Menschenverstand gebot ihm einzulenken.

Während die Feldherren verhandelten, verbrüderten sich auch schon die Abenteurer beider Parteien. Alvarados Leute, denen der mühevolle Zug nach Quito wenig Spaß machte, hörten von den Schätzen in Kuzko. Sofort war die Mehrzahl geneigt, zu Francisco Pizarro, dem rechtmäßigen Oberbefehlshaber, überzugehen.

So kam man überein, daß der Statthalter von Peru 10000 Pesos Gold an Pedro de Alvarado zu zahlen habe, wofür ihm dieser seine Schiffe, Truppen, Vorräte und Munition übergeben sollte. Es waren – abgesehen von Alvarados eigener Karavelle – insgesamt 12 Schiffe verschiedenster Größe. Die Summe war hoch, aber auch die Kosten waren beträchtlich gewesen, und selbstverständlich forderte jeder einzelne Teilnehmer seinen Anteil. Alvarado sagte sich wohl, daß er im Grunde gar kein Recht habe, in der Kolonie Pizarros Eroberungszüge zu veranstalten. So unterzeichnete er in ehrlicher Resignation den Vertrag und betrachtete sich von Stund an als schaulustigen Peru-Reisenden. Als solcher ließ er bei Pizarro durch einen Eilboten anfragen, ob er ihm seinen Besuch machen dürfe. Pizarro antwortete in einem herzlich gehaltenen Schreiben.

Pizarro befand sich auf dem Marsche von Kuzko nach dem Norden seines Reiches. Er war sich klar, daß sein persönliches Erscheinen unerläßlich war. In Kuzko hatte er seinen Bruder den Ritter Juan Pizarro mit 90 Mann zurückgelassen und ihm ans Herz gelegt, die neue Ansiedelung mit allen Mitteln des Friedens zu fördern und zu vergrößern. Es galt, die Zuneigung der Eingeborenen zu erwecken, großzuziehen und nützlich zu machen. Juan Pizarro war seiner Natur nach dieser Aufgabe gewachsen. Er war den Indianern wirklich ein Freund.

Inka Manko begleitete den Statthalter. Unterwegs, in Xauxa, veranstaltete er dem spanischen General zu Ehren eine große Hofjagd in peruanischer Form. Das Jagdrecht im alten Peru hatte allein der König. Keinem Untertanen war es erlaubt, sich an einem Stück Wild zu vergreifen. Das ganze Land war in große wohlverwaltete Jagdbezirke eingeteilt. Alljährlich fanden vier große Treibjagden in jedem Revier statt. Zur größten erschien der Inka persönlich. Eine solche Jagd war ein großes Ereignis für das Volk. In ungeheurem Kreise werden zehn, zwanzig, ja fünfzig Tausend Treiber angestellt, mit Piken und Spießen bewaffnet. Alle Raubtiere und alles Wild ward aufgescheucht. Man tötete die Raubtiere (Jaguare, Wildkatzen, Pumas, Nasenbären, Tapire usw.) und trieb die Hirsche und die wollreichen Huanacos in das engere Jagdrevier. Die Treiber bekamen reichliche Jagdanteile, so daß diese Jagden wahre Volksfeste waren. Die Herren, die daran teilnahmen, erlegten Hunderte von Tieren.

In Pachakamak, am Meere, fand die denkwürdige Zusammenkunft Pizarros mit Alvarado statt. Es war im Herbst 1534. Beide standen in der Mitte der Fünfziger; beide waren weltberühmte Generale; beide kühne Eroberer. Sie verstanden sich auf den ersten Augenblick und verlebten zusammen ein paar heitere üppige Tage in wechselseitiger Hochschätzung und Anerkennung. Pizarro veranstaltete glänzende Festmähler, Zechgelage, Turniere, Auffuhrungen. Beim goldnen Sherry rollte der Würfelbecher, und schöne Inkajungfrauen verkürzten, mehr oder minder freiwillig, den spanischen Offizieren die heißen Nächte.

Herzlich verabschiedet verließ Pedro de Alvarado den Hafen von Pachakamak, um wieder nach Guatemala za segeln. Wenige Jahre später verunglückte er auf einem Zuge in Neu-Galizien, als er zu Pferd einen allzusteilen Hang erklimmen wollte; das Tier fiel auf ihn und erdrückte ihn. Ein Bruder Pedros war Diego de Alvarado, ein Ritter, dessen edle Eigenschaften zu rühmen sind. Er hatte am Zuge nach Quito teilgenommen und war dann im Heere Pizarros verblieben. Ein Vetter von beiden war der Hauptmann Alonso de Alvarado, fortan gleichfalls im Heere Pizarros.