Business-Analyse

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1.2 Leistungspotenziale





„Wenn ich eine Stunde Zeit hätte die Welt zu retten, würde ich 55 Minuten davon nutzen, um das Problem zu klären.“

Albert Einstein








Abb. 1.04: Schritt Leistungspotenziale in der Business-Case-Erstellung



1.2.1 Überblick



Der erste Schritt der Business-Case-Erstellung fokussiert auf den Ist-Zustand. Das Gesamtbild zu verstehen und Zusammenhänge aufzuzeigen, bietet eine fundierte Ausgangslage für die weiteren Schritte.



Die Analyse der Leistungspotenziale im Ist zeigt auf, welche Leistungspotenziale fehlen und welche bestehenden Leistungspotenziale genutzt bzw. erhalten werden sollten.



Leistungspotenziale sind die von einem Unternehmen ausgeübten Aktivitäten, das vorhandene Wissen im Unternehmen, die von einem Unternehmen angebotenen Produkte und Dienstleistungen, die von ihm unterstützten bzw. ausgeübten Arbeitsweisen sowie seine Methoden, um zu Entscheidungen zu kommen.



Die Analogie zur Medizin verdeutlicht diese Sachverhalte. Ein guter Arzt untersucht hinsichtlich der Probleme, Symptome und Ursachen einer Erkrankung. Dazu führt er eine Anamnese und Diagnose durch. Die Therapie, die eine oder mehrere Behandlungsmaßnahmen umfasst, erscheint dann erfolgversprechend, wenn sie nicht die Symptome behandelt, sondern die Ursachen bekämpft. Gerade bei komplexen Situationen ist eine umfassende Untersuchung sinnvoll. Ansonsten werden u.U. Symptome oder Auswirkungen des Problems mit den tatsächlichen Ursachen verwechselt.



Gleichzeitig sollte jegliche ergriffene Therapie mit ihren Behandlungsmaßnahmen so schonend wie möglich sein und die Gesundheit (auch einer Organisation) so wenig wie möglich beeinträchtigen.



Ein Problem stellt einen unbefriedigenden Zustand dar. Die Chance einer Verbesserung kann „nachweislich“ bestehen (z.B. festgestellt durch ein Benchmarking bei anderen Unternehmen) oder auch nur angenommen sein (z.B. durch plausible Überlegungen und Planungen).



Ein Problem stellt also eine Abweichung eines bestehenden Ist-Zustands von einem angestrebten Soll dar. Das Soll kann von innen vorgegeben sein (beispielsweise durch strategische Ziele) oder von außen (z.B. durch Kunden, Wettbewerb oder gesetzliche Auflagen).



Abweichungen haben häufig subjektiven Charakter. Hinweise, z.B. aus Benchmarking, Qualitätsmanagement, betrieblichem Vorschlagswesen, Normen, Standards, Kundenbefragungen, Mitarbeiteräußerungen oder Beschwerdemanagement liefern Anhaltspunkte dafür, dass Probleme bestehen.



Auslöser für den Business Case bei den TREND Möbelhäusern waren die seit einigen Jahren (wenn auch langsam) sinkenden Umsätze, Hinweise der Mitarbeiter („Unsere Kunden werden anscheinend immer älter.“), Klagen der Kundenbetreuer („Ich würde dem Kunden gerne mal ein Produkt am Bildschirm zeigen, auch wenn wir es nicht in der Ausstellung haben.“) und nicht zuletzt Hinweise der Kunden selbst („Warum kann man bei Ihnen im Internet nicht nach Artikeln suchen und sich diese anschauen?“).



Business-Analysten untersuchen den Ist-Zustand darauf hin, welche Probleme bestehen und welche Ursachen es für diese auftretenden Probleme gibt. Probleme und Ursachen sind deutliche Hinweise auf neu zu erstellende oder zu verbessernde Leistungspotenziale.



Um den Blick nicht nur auf „das Negative“ zu richten, ist es wichtig, dass Business-Analysten untersuchen, welche Leistungspotenziale gut funktionieren und daher erhalten werden sollten bzw. durch Veränderungen nicht abgeschwächt oder verschlechtert werden sollen. Bekannte Stärken erlauben auch abzuwägen, ob zur Beseitigung von Problemen neue Leistungspotenziale geschaffen werden sollten, oder ob es sinnvoller ist, bestehende Leistungspotenziale auszubauen und besser zu nutzen. Diese Erkenntnisse liefern Input für die spätere Erarbeitung von Lösungsansätzen (vgl.

Kapitel 1.4

). Daraus lässt sich ableiten, ob es sinnvoller ist, einen Ist-Zustand zu verbessern (evolutionäres Vorgehen) oder etwas radikal Neues zu schaffen (revolutionärer bzw. Grüne-Wiese-Ansatz).



Eine Arbeitsgruppe der TREND Möbelhäuser hat folgende allgemeine Leistungspotenziale identifiziert: Organisationsstruktur und -kultur, Geschäftsprozesse, Technologie und Infrastruktur, Policies und Regelungen, Unternehmensarchitektur, Mitarbeiterqualifikationen, Wissen und Fähigkeiten, Weiterbildung, Daten und Informationen, Produkte und Dienstleistungen, Vertriebswege. Diese Leistungspotenziale sollen darauf hin untersucht werden, ob sie erhalten werden können oder ob Verbesserungen notwendig sind, um den Hinweisen der Kunden und Mitarbeiter zu begegnen (s.o.).



Zur Untersuchung des Ist-Zustands bieten sich Techniken an, die auf eine Problemanalyse bzw. Ursachenanalyse fokussieren. Die meisten Techniken erlauben es Business-Analysten, neben der Analyse negativer Aspekte auch positive Aspekte aufzuführen, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten.



Drei Kategorien von Techniken zur Analyse der Leistungspotenziale bieten sich an:





 Problembeschreibung bzw. Ist-Beschreibung in einer tabellarischen Darstellung der Ist-Situation



 Linear-kausale Ursachenanalyse für eine Untersuchung, die von einem Problem ausgeht und dessen eine Ursache oder mehrere Ursachen erforscht



 Komplexe Ursachenanalyse für eine Analyse mehrerer Probleme und mehrerer Ursachen, die in Wechselbeziehung zueinander stehen.





Eine Problembeschreibung ist eine strukturierte Benennung des Problems oder der Probleme und eine Beschreibung ihres Auftretens und ihrer Auswirkungen.



Eine Ursachenanalyse ist eine planmäßige Untersuchung einer Situation, um die Ursachen (und bei Bedarf Auswirkungen) eines oder mehrerer Probleme zu ermitteln.



Die

Abbildung 1.05

 ordnet die Techniken, die im Folgenden näher erörtert werden, den drei Kategorien zu.








            Problembeschreibung





            Linear-kausale Ursachenanalyse





            Komplexe Ursachenanalyse














            Verbale BewertungSWOT-Analyse, ggf. verbunden mit World CaféKompakte ProblembeschreibungAusführliche Problembeschreibung










            5W-Technik (5 Why)Vorgelagerte UrsachenIshikawa-Diagramm










            Ursache-Wirkungs-DiagrammPapiercomputerPortfolio-AnalyseSchwachstellenanalyse








Abb. 1.05: Techniken der Problembeschreibung und Ursachenanalyse



Die Techniken können grundsätzlich eigenständig angewandt werden. Auch ist es möglich, mehrerer Techniken zu kombinieren bzw. eine Technik durch eine andere zu erweitern oder zu detaillieren.



Die Business-Analysten der TREND Möbelhäuser haben weitere Informationen zusammengetragen, die in die Problembeschreibung und Ursachenanalyse einfließen können.



Im Laufe der Jahre haben sich parallele EDV-Anwendungen etabliert: ein eigenes Kassensystem, ein Warenwirtschaftssystem, eine Anwendung, mit der der Internetauftritt verwaltet wird, Grafiksoftware des Marketings, ein Buchhaltungssystem, eine E-Mail-Software; dazu kommen die normalen Büroanwendungen (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Terminplaner).



Die jeweiligen Systeme werden von allen Filialen benutzt. Der Datenaustausch zwischen den Systemen läuft allerdings über die zentrale IT-Abteilung. Die technische Ausstattung ist sehr unterschiedlich, da jeder Filialleiter für seinen Bereich selbst entscheiden kann, welche Hardware genutzt wird. Etwa ein Drittel der Mitarbeiter nutzt Rechner, die mehr als vier Jahre alt sind und nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Auch bei den Peripheriegeräten (z.B. Drucker, Scanner) hat sich ein buntes Gemisch unterschiedlichster Technik entwickelt. Immerhin wird ein gemeinsames Netzwerk für alle Filialen und die Hauptverwaltung genutzt und von der zentralen IT-Abteilung administriert.



1.2.2 Problembeschreibung



Die Techniken der

Problembeschreibung

 stellen in strukturierter Form den Ist-Zustand dar und bieten damit die Möglichkeit, ein gemeinsames Bild über die Ist-Situation zu erzielen.



Für kleinere und mittlere Veränderungen bieten sich mit verbaler Bewertung oder kompakter Problembeschreibung die „schlankeren“ Techniken an. Für größere Veränderungen ist eine SWOT-Analyse, World Café oder ausführliche Problembeschreibung sinnvoll.



Dabei kann eine SWOT-Analyse die Ergebnisse einer verbalen Bewertung erweitern. Analog kann eine ausführliche Problembeschreibung auf die Inhalte einer kompakten Problembeschreibung aufsetzen.



1.2.2.1 Verbale Bewertung



Die verbale Bewertung listet die bestehenden und fehlenden

Leistungspotenziale

 auf. Sie ist einfach und lässt sich schnell erstellen. Nachteilig ist aber, dass keine weitere Strukturierung, Kategorisierung oder Gewichtung der Leistungspotenziale erfolgt. Die verbale Bewertung eignet sich daher am ehesten für kleine Veränderungen oder als Ausgangspunkt für eine oder mehrere der weiteren, hier vorgestellten Ursachenanalysen.

 








            Bestehende Leistungspotenziale





            Fehlende Leistungspotenziale














            Vorhandenes FilialnetzPersönliche Beratung in den FilialenKundenfreundlichkeitGuter Ruf, gutes ImageZentrale Software-VerwaltungZentrallager plus FiliallagerSehr gute Kenntnisse in der Möbelbranche Treue Stammkunden










            Sinkende UmsätzeNicht-standardisierte IT-HardwareVeraltete IT-HardwareÄlter werdender Kundenstamm, wenige junge KundenVeralteter InternetauftrittFehlende Visualisierung des Sortiments in den Filialen








Abb. 1.06: Verbale Bewertung



1.2.2.2 SWOT-Analyse



SWOT steht als Akronym für Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats.



Für den Ist-Zustand werden Stärken und Schwächen gesammelt (Strengths und Weaknesses). Sie fokussieren auf interne Faktoren.



Mit Blick in die Zukunft werden (mögliche) Chancen und Gefahren zusammengetragen (Opportunities und Threats). Dabei sollten insbesondere externe Faktoren berücksichtigt werden.



Die Stärken und Schwächen entsprechen inhaltlich den bestehenden und fehlenden Leistungspotenzialen der verbalen Bewertung. Daher kann eine SWOT-Analyse eine verbale Bewertung erweitern bzw. ergänzen.



Die Business-Analysten der TREND Möbelhäuser nutzen folgende Fragestellungen, um zusammen mit weiteren Beteiligten die vier Kategorien der SWOT-Analyse zu füllen.



Stärken (Strengths)





 In welchen Bereichen, Geschäftsprozessen, Produkten und Dienstleistungen sind wir besonders gut?



 Über welche Erfahrungen und welches Know-how verfügen wir?



 Was sind unsere Kernkompetenzen?





Schwächen (Weaknesses)





 Wo erkennen wir Verbesserungspotenzial?



 Welche Schwachpunkte sollten wir künftig vermeiden?



 Welche Bereiche, Geschäftsprozesse, Produkte und Dienstleistungen sind eher schwach ausgeprägt?



 Wo haben wir unnötige Aufwände oder geben unnötig Geld aus?





Chancen (Opportunities)





 Was könnten neue Bedürfnisse unserer Kunden sein?



 In welche Richtung entwickelt sich die Nachfrage?



 Welche neuen technischen Möglichkeiten könnte es geben?





Risiken (Threats)





 Welche Vorschriften oder gesetzlichen Regelungen könnten sich ändern?



 Welche Wechsel von Technologie oder Wettbewerb bedrohen unsere Produkte, Dienstleistungen oder Kunden?



 Was machen die Wettbewerber und Marktbegleiter?





1.2.2.3 World Café



Ein World Café bindet die Workshop-Teilnehmer aktiv ein. In einem World Café können zum Beispiel die Inhalte für eine SWOT-Analyse zusammen erarbeitet werden.



Für die Erstellung des Business Case planen die Business-Analysten der TREND Möbelhäuser mehrere Workshops. Dabei sollen jeweils unterschiedliche Techniken und möglichst abwechslungsreiche Herangehensweisen eingesetzt werden. Aus diesem Grund wird die SWOT-Analyse nicht wie üblich mit den anderen Workshop-Teilnehmern erarbeitet, indem zum Beispiel Moderationskarten beschrieben oder Ergebnisse in einer Word-Datei festgehalten werden.



Um einen anderen Anreiz zu setzen, entscheiden sich die Business-Analysten für ein World Café.



Die Business-Analysten der TREND Möbelhäuser notieren die vier Kategorien der SWOT-Analyse auf je einem Flipchart. Nach einer kurzen Einleitung bitten sie die anderen Workshop-Teilnehmer, sich in etwa gleichmäßig auf die Flipcharts zu verteilen. Sie sollen ihre Gedanken notieren zu





 Stärken: „Was läuft aktuell oder in letzter Zeit gut?“



 Schwächen: „Wobei brauchen wir Unterstützung?“



 Chancen: „Was könnte sich positiv entwickeln?“



 Gefahren: „Welche Risiken seht Ihr?“





Dabei sollen die bereits auf den Flipcharts dokumentierten Ideen genutzt und weiter verfeinert oder präzisiert werden. Nach einigen Minuten wechseln die Teilnehmer zum nächsten Flipchart. Die Wechsel erfolgen so lange, bis jeder Teilnehmende mindestens einmal an jedem Flipchart war.



Um neben den vier Kategorien der SWOT-Analyse noch weiteren Ideen und Gedanken Raum zu geben, ist ein fünftes Flipchart vorbereitet: „Was ich schon immer sagen wollte zum gegenwärtigen Zustand.“



In einer abschließenden gemeinsamen Runde werden alle Ergebnisse vorgestellt und bei Bedarf korrigiert oder erweitert.



Die Vorgehensweise bei einem Word Café ist gut verständlich und benötigt wenig Erklärung. Die zu erarbeitenden Inhalte können auf mehreren Flipcharts festgehalten werden oder auf Papier, das auf mehreren Tischen ausgelegt wird. Wichtig dabei ist es, die entsprechenden Ergebnisse zu dokumentieren. Die Teilnehmenden lesen bereits notierte Punkte und entwickeln diese weiter, so dass ein besseres und umfassenderes Ergebnis erzielt wird.



1.2.2.4 Kompakte Problembeschreibung



Die kompakte Problembeschreibung stellt stichpunktartig die Ist-Situation dar:





 In der ersten Zeile wird das Problem skizziert. Aspekte, die nicht abschließend analysiert sind, können entsprechend kenntlich gemacht werden.



 „Betrifft“ benennt die Personen bzw. Personengruppen, die vom Problem betroffen sind. Hier kann auf die Ergebnisse der

Stakeholder-Analyse

 zurückgegriffen werden (vgl.

Kapitel 4.2.2

). Zu diesem vergleichsweise frühen Zeitpunkt der Business-Analyse reicht es allerdings normalerweise aus, zu bestimmen, welche der drei Stakeholder-Gruppen Kunden, Management oder Mitarbeiter betroffen sind.Eine ausführlichere Stakeholder-Analyse liefert zwar konkretere Angaben, sie kann allerdings dazu führen, dass Business-Analysten zu früh Details analysieren und dann das Grundprinzip „Vom Groben zum Detail“ verlassen.



 „Hat Auswirkungen auf“ beschreibt entweder allgemein oder speziell für die betroffenen Stakeholder-Gruppen, welche Konsequenzen sich aus dem Problem für sie ergeben.



 „Eine gelungene Lösung bewirkt“ benennt erwünschte Wirkungen, die eine Veränderung erbringen soll. Dieser Abschnitt der Kompakten Problembeschreibung erlaubt einen Ausblick auf die noch konkreter zu formulierenden Ziele (vgl.

Kapitel 1.3

).










            Kompakte Problembeschreibung










Das Problem

 (Beschreibung des Problems)  Sinkende Umsätze, vermutlich zurückgehender Marktanteil










Betrifft

 (Die vom Problem betroffenen Stakeholder-Gruppen: z.B. Kunden, Management, Mitarbeiter)  Management und Mitarbeiter










Hat Auswirkungen auf

 (Auswirkung des Problems für die jeweilige Stakeholder-Gruppe)  Sinkender Unternehmensgewinn und damit Gefährdung der Arbeitsplätze










Eine gelungene Lösung bewirkt

 (Beschreibung einiger wesentlicher Vorteile einer gelungenen Lösung)  Gesicherte Marktposition, stabilisierte oder steigende Gewinne








Abb.1.07: Kompakte Problembeschreibung



Während die kompakte Problembeschreibung durch ihre wenigen Inhalte zunächst nicht besonders hilfreich erscheint, zeigt die Praxis, dass in den Köpfen der Beteiligten häufig „unterschiedliche Bilder“ bestehen oder der Ist-Zustand unklar ist. Dies bewusst zu machen und zusammenzuführen, bietet einen wesentlichen Mehrwert.



Die kompakte Problembeschreibung eignet sich insbesondere für kleinere Veränderungen. Für mittlere oder größere Veränderungen bietet sich die nächste Technik an.



1.2.2.5 Ausführliche Problembeschreibung



Während die kompakte Problembeschreibung auf die wichtigsten Punkte fokussiert, erweitert die ausführliche Problembeschreibung die Inhalte insbesondere durch die Abgrenzung, woraus das Problem nicht besteht. Ein Vergleich der betroffenen und der nicht betroffenen Aspekte erleichtert die spätere Ursachenanalyse. Dabei sollte auch untersucht werden, warum Einheiten oder Aspekte nicht betroffen sind, die wegen ihrer Ähnlichkeit oder wegen Gemeinsamkeiten ebenfalls hätten betroffen sein können.









Was

 ist das Problem?










Was

 ist betroffen (Produkt, Prozess, Service)?






Was

 nicht?










Was

 passiert?






Was

 passiert nicht?










Wo

 tritt das Problem auf?






Wo

 nicht?










Wann

 tritt das Problem auf?






Wann

 nicht?










Wer

 löst das Problem aus?






Wer

 nicht?










Welche

 Stakeholder-Gruppen sind betroffen?






Welche

 nicht?








Abb.1.08: Ausführliche Problembeschreibung





 Die erste Zeile der ausführlichen Problembeschreibung entspricht der ersten Zeile der kompakten Problembeschreibung.



 Die zweite Zeile grenzt ab, welche Aspekte des Ist-Zustands betroffen sind und welche nicht. Zu den betroffenen Aspekten können z.B. Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsprozesse, Services, IT-Systeme, Regelungen oder Daten gehören.



 „Was passiert?“ beschreibt konkreter, welche Auswirkungen das Problem nach sich zieht, und ähnelt damit der dritten Zeile der kompakten Problembeschreibung. Im Unterschied zu dieser grenzt die Frage „Was passiert nicht?“ ab, welche Konsequenzen sich nicht aus dem Problem ergeben.



 Die Frage nach dem „Wo“ bzw. „Wo nicht?“ lässt sich je nach Kontext räumlich (im Hinblick auf Standorte), technisch (bezüglich IT-Systeme) oder organisatorisch (in Hinsicht auf Organisationseinheiten) beantworten.



 „Wann?“ und „Wann nicht?“ fragen nach der Häufigkeit des Problems, nach Zeitpunkten oder Intervallen, zu denen das Problem auftritt bzw. nicht auftritt.



 „Wer?“ und „Wer nicht?“ impliziert häufig eine Schuldfrage. Die ausführliche Problembeschreibung stellt zwar auf die Personen oder Personengruppen ab, die das Problem auslösen, aber ohne diese damit automatisch als „schuldig“ anzusehen. Wichtiger ist es, sich über den beteiligten Personenkreis klar zu werden, um durch die Lösungsansätze (vgl.

Kapitel 1.4

) sinnvolle Wege für eine Verbesserung zu finden.



 „Welche Stakeholder-Gruppen sind betroffen?“ entspricht der zweiten Zeile der kompakten Problembeschreibung. Hier gelten die Ausführungen hinsichtlich Stakeholder-Analyse und Fokussierung auf die drei Stakeholder-Gruppen Kunden, Management und Mitarbeiter, die dort getroffen wurden.





Die ausführliche Problembeschreibung grenzt zusätzlich ab, welche Stakeholder-Gruppen nicht betroffen sind.



1.2.3 Linear-kausale Ursachenanalyse



„Echtes Wissen ist die Ursachen kennen.“

Sir Francis von Verulam Bacon



Die Techniken der linear-kausalen Ursachenanalyse eignen sich für Untersuchungen, wenn eine oder mehrere Ursachen eines Problems erforscht werden sollen. Im Unterschied zur kompakten Problembeschreibung und zur ausführlichen Problembeschreibung liegt der Fokus darauf, die Gründe für das Problem zu ermitteln.

 



Im Gegensatz zu den Techniken der komplexen Ursachenanalyse bieten sie per se keine Priorisierung der Ursachen, noch stellen sie Wechselwirkungen zwischen diesen dar. Die linear-kausale Ursachenanalyse bietet Business-Analysten auch nur begrenzt die Möglichkeit, Ursachen von Symptomen des Problems zu unterscheiden. Auch eine Betrachtung mehrerer Probleme gleichzeitig ist mit diesen Techniken nur bedingt möglich.



Sie zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass sie vergleichsweise leicht zu verstehen sind bzw. Beteiligten in einem Workshop schnell erklärt werden können und übersichtliche Ergebnistypen bereitstellen.



Die folgenden

Abbildungen 1.09

 und

1.10

 verdeutlichen die unterschiedlichen Arten der linear-kausalen Ursachenanalyse.



Bei einem einfachen Problem gibt es genau eine Ursache, die das Problem beeinflusst.










Abb. 1.09: Einfaches Problem mit einer Ursache



In vielen Fällen handelt es sich allerdings nicht um ein einfaches Problem bzw. die Annahme eines einfachen Problems verkürzt die Realität unzulässig. Bei diesen komplizierten Problemen gibt es mehr als eine Ursache, die das Problem beeinflussen.










Abb. 1.10: Kompliziertes Problem mit mehreren Ursachen



1.2.3.1 5W-Technik (5 Why)



Die 5W-Technik stellt ausgehend von einem zu untersuchenden Problem fünf Mal die Frage „Warum?“ (englisch „Why?“). Mit der Technik wird versucht, über die Zwischenstufen der Symptome zu den tatsächlichen Ursachen vorzudringen. Während Symptome nur Anzeichen sind, gilt es deren Ursachen zu ergründen und später Lösungen zu finden, um die Ursachen zu beseitigen. Der englische Begriff „root cause“ und die deutsche Redewendung „Wurzel des Übels“ bilden dies bildhaft in Sprache ab.








            Problem?





            Kunden bleiben aus











1. Warum?







            Zu unattraktive Produkte











2. Warum?







            Zu hoher Preis











3. Warum?







            Mangelnde Einkaufsstärke











4. Warum?







            Filialen bestellen eigenständig ihre Produkte











5. Warum?







            Kein zentraler Einkauf, der Bestellungen bündelt








Abb. 1.11: 5W-Technik



Die Technik besticht durch ihre einfache Anwendung. Allerdings eignet sie sich nur bedingt im Rahmen eines Interviews. Der Interviewte, der möglicherweise mit 5 Why nicht vertraut ist, mag sich komisch vorkommen, mehrmals hintereinander „Warum?“ gefragt zu werden. Business-Analysten können diese Hürde umgehen, indem sie alternative Frageworte nutzen: „Weshalb?“, „Wieso?“, „Aus welchem Grund?“.



Ergänzend können Fragen eingestreut werden, die auch bei der ausführlichen Problembeschreibung eingesetzt werden, zum Beispiel „Wer?“, „Wann?“ und „Wo?“. Sie sollten allerdings nicht im Mittelpunkt stehen, sondern die Ursachenanalyse lediglich unterstützen.



1.2.3.2 Vorgelagerte Ursachen



Die Technik „Vorgelagerte Ursachen“ nutzt die Form einer Tabelle. In dieser Tabelle werden Probleme, deren Ursachen und diesen wiederum vorgelagerte Ursachen aufgelistet.



Gibt es mehr als eine Ursache oder mehr als eine vorgelagerte Ursache, können diese in derselben Zeile notiert werden, wenn sie inhaltlich zusammengehören. Eigenständige Ursachen sollten in einer neue Zeile notiert werden (siehe dazu das folgende Beispiel in

Abb. 1.12

).








            Problem





            Ursachen





            Vorgelagerte Ursachen





            Vorgelagerte Ursachen









            Niedrige Gewinne





            Niedrige Umsätze










            Kein InternetverkaufZunehmende Konkurrenz










            Keine Investition in moderne TechnikKeine eigene Wettbewerbsstrategie














            Hohe Kosten










            Unterschiedliche Hardware-Ausstattung in den Filialen










            Selbständige Entscheidungen der Filialen hinsichtlich technischer Ausstattung








Abb. 1.12: Vorgelagerte Ursachen



Weitere Spalten für vorgelagerte Ursachen sind möglich, um analog zur 5W-Technik ein viertes oder fünftes Mal „Warum?“ zu fragen. Damit wird eine Tabelle allerdings schnell unübersichtlich.



Im Gegensatz zu 5 Why lassen sich in der Tabelle der vorgelagerten Ursachen leichter mehrere Ursachen für ein Problem darstellen, die gleichberechtigt oder unabhängig nebeneinander stehen.



Alternativ bietet sich eine grafische Übersicht wie das Ishikawa-Diagramm an, das im Folgenden behandelt wird.



1.2.3.3 Ishikawa-Diagramm



Für eine linear-kausale Ursachenanalyse eignet sich das Ishikawa-Diagramm. Wegen seines Aussehens wird es auch Fischgräten-Diagramm oder Fishbone Diagram genannt.



Kaoru Ishikawa entwickelte ursprünglich dieses Ursache-Wirkungs-Diagramm als ein Werkzeug für Qualitätskontrollen.



Ein Ishikawa-Diagramm ist eine Darstellungstechnik in der Ursache-Wirkungs-Analyse zur Dokumentation von tiefer liegenden Problemursachen und der Kategorisierung dieser.








Abb. 1.13: Ishikawa-Diagramm



Ein Ishikawa-Diagramm kann grundsätzlich Top-Down oder Bottom-Up erstellt werden, wie in

Abb. 1.14

 beschrieben.








            Top-Down-Vorgehen





            Bottom-Up-Vorgehen














            Zu untersuchendes Problem rechts notieren (am „Kopf des Fisches“)Kategorien möglicher Ursachen zusammentragen und an den „Hauptgräten“ notierenTieferliegende Ursachen sammeln und an den „kleinen Gräten“ notieren, jeweils der geeigneten Kategorie zugeordnet










            Zu untersuchendes Problem rechts notierenUrsachen (ungeordnet) zusammentragenKategorien für Ursachen bilden und benennen








Abb. 1.14: Vorgehensweisen Top-Down oder Bottom-Up zur Erstellung eines Ishikawa-Diagramms



Als Kategorien, um Ursachen zu gliedern, haben sich „8 M“ bewährt, die als Best Practice ein weites Feld möglicher Ursachen abdecken:





 Machine (Ausstattung an Werkzeugen, IT)



 Man (z.B. Motivation oder Wissen der Beteiligten)



 Management (Steuerung und Führung)



 Material (z.B. Ausstattung an Arbeitsmitteln)



 Measurement (fehler