Handbuch IT-Outsourcing

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Eine wesentliche Frage für den Verwender eines HHL ist die sog. Sachmängelhaftung, und zwar inwieweit der Verwender für fehlerhafte übergebene Unterlagen haften muss. Grundsätzlich ist gem. § 309 Nr. 8 lit. b BGB der generelle Ausschluss der Mängelhaftung bei Kauf- oder Werkleistung unzulässig.[153] Bei den durch den Verwender des HHL übergebenen Unterlagen handelt es sich weder um Kauf- noch um Werkleistungen, so dass der § 309 Nr. 8 lit. b BGB grundsätzlich ins Leere läuft.[154] Somit ergibt sich der AGB-rechtliche Rahmen für eine Schenkung nach § 307 Abs. 2 i.V.m. §§ 516 ff. BGB. Danach ist eine Klausel in AGB unwirksam, wenn sie gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Im § 524 BGB hat der Gesetzgeber die Regelung zur Schenkung kodifiziert. Verschweigt gem. § 524 Abs. 1 BGB der Schenker arglistig einen Fehler der verschenkten Sache, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Würde danach der Verwender eines HHL wissen, dass die übergebenen Informationen falsch sind und könnte der Dritte dies nachweisen, so müsste der Verwender für diesen Schaden nach den Regelungen der §§ 249 ff. BGB haften. Die Regelung des § 524 Abs. 1 BGB ist dabei weder individualrechtlich und somit auch nicht AGB-rechtlich abdingbar.[155] Dies bedeutet für einen HHL, dass der Berufsträger auch bei der kostenlosen Weitergabe von Informationen für arglistig falsche Informationen haftet. Der Umfang der Haftung ergibt sich dabei aus den Regelungen der Sachmängelhaftung gem. §§ 434 ff. BGB. Ausgenommen sind hierbei die Regelungen der Beschaffenheitsgarantie nach § 444 BGB, es seit denn, sie sind explizit vereinbart worden.[156]

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Gemäß § 524 Abs. 2 Hs. 2 BGB haftet der Schenker, wenn die geleistete Sache fehlerhaft ist und der Mangel dem Schenker bei dem Erwerb der Sache bekannt gewesen oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Der Beschenkte kann gem. § 524 Abs. 2 Hs. 3 BGB dann verlangen, dass ihm anstelle der fehlerhaften Sache eine fehlerfreie Sache geliefert wird. Fraglich ist, ob durch die Verwendung zumindest die grobe Fahrlässigkeit abbedungen werden kann. Grundsätzlich kann die Sachmängelhaftung (formbedürftig nach § 518 BGB) beschränkt werden, dabei ist es auch hier nicht möglich, die Haftung für Vorsatz auszuschließen.[157] Da, wie oben dargestellt, die Anwendung des § 309 Nr. 8 lit. b BGB auf Schenkung ausgeschlossen ist,[158] kann zur AGB-rechtlichen Beurteilung nur der wesentliche Grundgedanke des § 524 BGB herangezogen werden. Im Konkreten stellt sich somit die Frage, ob die Haftung für die fahrlässige Sachmängelhaftung bei einer Schenkung AGB-rechtlich ausgeschlossen werden kann. Hierbei muss eine Abwägung zwischen der Tatsache erfolgen, dass eine geschenkte Sache immer nur so angenommen werden kann, wie sie verschenkt wird, und der Tatsache, dass auch eine geschenkte Sache immer einen gewissen Anspruch an Qualität haben sollte, sonst würde der Beschenkte sie gar nicht erst annehmen.

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Grundsätzlich ist dem Schenker wegen seiner Uneigennützigkeit nur eine beschränkte Haftung zuzubilligen.[159] Hierbei könnte durchaus vertreten werden, dass eine solche Beschränkung sich nicht nur auf Vorsatz erstreckt, sondern auch auf grobe wie leichte Fahrlässigkeit, da eine Sache nur immer so verschenkt werden kann, wie sie beschaffen ist. Der Dritte ist durch den Nicht-Ausschluss der arglistigen Haftung vor absichtlicher Schädigung geschützt, jede weitere Haftung würde zu weit gehen, da es sich um eine Schenkung handelt. Ferner wird in den meisten HHL immer wieder eindeutig darauf hingewiesen, dass die überlassenen Unterlagen weder vollständig noch eindeutig sind, um damit bestimmte Ziele zu erreichen. Es wird i.d.R. deutlich darauf hingewiesen, dass der Dritte auch eigene Recherche betreiben soll (was gar nicht immer möglich ist), um das verfolgte Ziel zu erreichen.

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Gegen diese Auffassung spricht, dass der Gesetzgeber eindeutig in § 524 Abs. 2 Hs. 2 BGB auch die grobe Fahrlässigkeit erfasst hat. Ein AGB-rechtlicher Ausschluss der Haftung der groben Fahrlässigkeit bei der Sachmängelhaftung einer Schenkung nach §§ 516 ff. BGB würde gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 524 BGB nicht übereinstimmen. Zudem kann der Dritte erwarten, dass die übergebenen Informationen einen hohen Grad an Qualität und Richtigkeit haben, da sie von einem hoch ausgebildeten Berufsträger erstellt worden sind, der im Grunde die gleichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellt wie für seinen Mandanten. Auch würde der Dritte falsche Unterlagen gar nicht erst annehmen, da sie für ihn keinen Wert hätten. Der Hinweis bzgl. eigener Recherche und Überprüfung der Unterlagen greift mangels Prinzip der überraschenden Klauseln[160] gem. § 305c Abs. 1 BGB ins Leere.

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Im Ergebnis wird man dem Berufsträger wegen der Uneigennützigkeit seiner Schenkung nur eine beschränkte Haftung für Sachmängel zubilligen müssen. Dies ist allein deshalb schon zu bejahen, weil eine generelle Begrenzung der Sachmängelhaftung gem. § 309 Nr. 8 lit. b BGB nur bei Kauf- oder Werkleistung unzulässig ist. Hierbei ist sicherlich der Vorsatz von der Haftungsbeschränkung auszuschließen. Ein AGB-rechtlicher Ausschluss für grobe Fahrlässigkeit ist wegen des Rechtsgedankens des § 524 Abs. 2 Hs. 2 BGB auszuschließen, auch wenn ein Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit in Individualverträgen möglich ist. Aus diesen Gründen ist eine summenmäßige Haftung für Sachmängel angebracht und auch als interessengerecht anzusehen. Denn auch die gesetzliche Regelung für Abschlussprüfer in § 323 Abs. 2 HGB differenziert nicht zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit und sieht nur generell für Fahrlässigkeit eine summenmäßige Begrenzung vor. Darüber hinaus spricht hierfür auch die Regelung in § 9 der Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschafen, wonach eine Haftung gem. § 54a Abs. 1 Nr. 2 WPO summenmäßig beschränkt wird und diese Haftungsbeschränkung auch dann gilt, wenn eine Haftung gegenüber einer anderen Person (Dritter) als dem Auftraggeber begründet wird.

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Die Höhe der Haftungsbeschränkung sollte grundsätzlich im Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung und der möglichen Schäden gesehen werden. Im Bereich der Steuerberatung[161] und Wirtschaftsprüfung[162] wird in HHL gerne auf die summenmäßige Haftung der Auftragsbedingungen hingewiesen. Da diese anerkanntermaßen für das Verhältnis Berufsträger und Mandant, in dem ein Leistungs- und Gegenleistungs-Verhältnis besteht, verwendet werden, sollten sie auch für das Verhältnis Berufsträger und Dritten mehr als ausreichend sein. Insbesondere da der Dritte hierfür dem Berufsträger keine Vergütung zahlt. Die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (1.1.2002) begrenzen die Haftung in Ziffer 9 gem. § 54a Abs. 1. Nr. 2 WPO auf 4 Mio. EUR, im Falle gleicher oder gleichartiger Fehlerquellen auf 5 Mio. EUR, während die gesetzliche Regelung in § 323 Abs. 2 HGB für Fahrlässigkeit die Haftung auf 1. Mio. EUR pro Prüfung beschränkt.

bb) Gründung eines Joint Ventures

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Nach der Due Diligence stellt sich die Frage, ob der Provider im Rahmen eines Share Deal das Spin-off eines Konzern ganz übernimmt (sog. „Direktübernahme“) oder ob der Provider mit Kunden ein Joint Venture bzw. beim Outsourcing in der öffentlichen Verwaltung ein Public Private Partnership (PPP) gründet (. Die Übernahmen der letzten Zeiten, z.B. die Übernahme der Triaton der IT Service-Gesellschaft (des ThyssenKrupp Konzerns durch HP[163] oder die Übernahme RAG Informatik[164] durch Siemens IT Solution und Services (heute Atos) zeigen, dass die Attraktivität in der Praxis, ein Joint Venture zu gründen, ein wenig verloren hat. Dennoch werden weiterhin Joint Ventures im Rahmen von Outsourcing-Projekten gegründet wie das Beispiel der Wivertis oder die Gedas Operational Services zeigen:



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Die Gründung eines Joint Ventures hat vor allem den Vorteil, dass zu einem der IST-Betrieb relativ reibungslos vom Joint Venture übernommen werden kann und der Kunde hat darüber hinaus die Möglichkeit, durch den Gesellschaftsvertrag Einblick in die Aufgaben des Joint Ventures zu bekommen und ggf. so besser die Serviceerbringung aus der Sicht des Kunden zu steuern. Ein anderer wichtiger Aspekt kann auch in der Tatsache gesehen werden, dass bei einem Scheitern des strategischen Outsourcings mit einem Joint Venture ein Ressourcing bzw. ein Insourcing sich einfacher gestaltet, da der Kunde lediglich einen Unternehmensteile wieder insourct. Der Zeitraum, in dem ein Joint Venture besteht, bevor es vom Provider ganz übernommen wird, kann quasi auch als eine „Probezeit“ für den Provider gesehen werden, in dem der Kunde überprüft, wie zuverlässig der Provider ist. Ferner kann die Gründung eines Joint Ventures ggf. auch steuerliche Vorteile beinhalten.

 

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Weitere Vorteile, die in der Gründung eines Joint Ventures/einer Public Private Partnership (PPP) gesehen werden können, sind:[167]


Zugriff auf Prozess- und IT Know-how
Langfristige Partnerschaft
Minimierung gegenläufiger Ziele

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Die Nachteile, die die Gründung eines Joint Ventures/einer Public Private Partnership (PPP) nachziehen können, sind:


Konflikte aufgrund verschiedener Kulturen
aufwendiges Management
Skaleneffekte werden nicht ausgeschöpft
Engagement außerhalb des Kunden

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Nach der Übernahme der IT-Service-Gesellschaft des Kunden bzw. des entsprechenden Betriebsteils ist es dem Provider möglich, so recht zeitnah den IST-Betrieb des Kunden zu betreiben. Aus steuerlichen und organisatorischen Gründen übernimmt der Provider das Spin-off des Kunden nicht zu 100 %, vielmehr wird die IT-Service-Gesellschaft in ein Joint Venture zwischen dem Kunden und dem Provider eingebracht. Unter einem Joint Venture[168] wird im Allgemeinen die Zusammenarbeit von nicht gebietsansässigen Unternehmen mit einem Partner aus dem Gastland verstanden, d.h. alle Formen der Zusammenarbeit, einschl. Lizenzvergabe, Vertragsmanagement, Vertragsfertigung und Gemeinschaftsunternehmen.[169] Beim „totalen/strategischen Outsourcing“ spielen die Fragen wie Gebietsansässigkeit eher eine untergeordnete Rolle, vielmehr geht es den Outsourcing-Partnern um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Zum Teil wird die Gründung eines Joint Ventures aus steuerlichen Gründen betrieben. Aber zum größeren Teil geht die Motivation zur Gründung eines Joint Ventures in Outsourcing-Projekten vom Kunden aus. Der Kunde, der vielleicht nicht einmal die unternehmerische Führung im Joint Venture haben muss, hat aber dennoch durch seine Beteiligung unmittelbaren Einfluss auf die Handlungen des Joint Ventures und kann somit nicht nur über den Outsourcing-Vertrag den Provider direkt steuern. Ein Joint Venture zwischen der öffentlichen Hand und einem privatwirtschaftlichen Unternehmen wird dabei als Public Private Partnership (PPP) bezeichnet.[170]

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Beim Joint Venture muss grundsätzlich zwischen Contractual Joint Venture und Equity Joint Venture unterschieden werden. Contractual Joint Ventures bestehen aus rein schuldrechtlichen Absprachen zwischen den beteiligten Unternehmen, ohne dass es zu einer organisatorischen Verselbstständigung der beabsichtigten Zusammenarbeit in Form einer Projektgesellschaft kommt. Equity Joint Ventures sind dagegen durch das Vorhandensein einer Gesellschaft gekennzeichnet, sei es in Form einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft.[171]

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In der Regel gründen die Outsourcing-Partner ein Equity Joint Venture. Hierzu wird vom Kunden die bereits bestehende Spin-off in das Joint Venture eingebracht. Zu Beginn einer Ausgliederung in Zusammenspiel mit einem Dritten steht in der Regel ein Kooperationsvertrag, der die Ziele und den Gegenstand der Ausgliederung sowie die von den Beteiligten dazu zu leistenden Beiträge beschreibt. Zu diesem Zeitpunkt des Outsourcing-Projekts muss Einigung bestehen über:


Kapitalausstattung
Abstimmung über Geschäftsordnung für die Geschäftsführung
Besetzung der Geschäftsführung
Bildung von Beiräten
Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages

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Bei der Planung und Durchführung eines Joint Ventures ergeben sich regelmäßig bestimmte Schlüsselprobleme, die zu beachten sind, insbesondere im Zusammenhang mit einer internationalen Unternehmung, bei der Vermögensgegenstände und/oder Parteien aus verschiedenen Rechtsordnungen involviert sind. Bei der Ausgestaltung eines Joint Ventures sind daher folgende Aspekte zu berücksichtigen:

(1) Leitung und Entscheidungskompetenzen

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Die Leitung des Joint Ventures und die Verteilung der Entscheidungskompetenzen (Corporate Governance[173]) muss klar geregelt werden. Beim Contractual Joint Venture bietet es sich regelmäßig an, eine Kontrollinstanz zu schaffen, an die Zweifels- und Streitfragen herangetragen werden können. Beim Equity Joint Venture wird der Frage der Besetzung des Managements und seiner Kompetenzen zentrale Bedeutung zukommen.

(2) Steuerliche Belastung

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Die Einschätzung der steuerlichen Belastungen, die durch eine bestimmte Gestaltung entstehen, ist von grundlegender Bedeutung. In vielen Fällen kann durch die Errichtung eine größere steuerliche Effizienz erreicht werden. Aufgrund ihrer steuerlichen Transparenz können die anfänglichen Ausgaben unmittelbar den Joint Venture Partnern zugerechnet und gegen ihre Gewinne aufgerechnet werden. Dies kann insbesondere dann von Wert sein, wenn in den Anfangsjahren des Joint Ventures Verluste erwartet werden.

(3) Bilanztechnische Behandlung

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Die Behandlung der Unternehmung in den Bilanzen der Muttergesellschaften kann von Belang sein und wird u.a. je nach Größe und Einfluss der Beteiligung der jeweiligen Muttergesellschaft (Provider) an der Unternehmung unterschiedlich ausfallen. Daher stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob es erforderlich – oder wünschenswert – ist, dass die Ergebnisse mit deren Bilanz als „Tochterunternehmen“ konsolidiert werden.

(4) Gründungsformalitäten

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Hinsichtlich der Gründungsformalitäten ist festzustellen, dass eine Personengesellschaft oder eine einfache vertragliche Vereinbarung im Allgemeinen für ein Joint Venture eine Struktur bietet, die schnell und ohne überflüssige Formalitäten oder Kosten für die Registrierung insbesondere im Falle der Beteiligung mehrerer Gesellschafter eingerichtet werden kann. Dies kann insbesondere hinsichtlich der Zeitplanung von Vorteil sein. Im Vergleich hierzu sind bei der Errichtung „einer Kapitalgesellschaft mehr Formalitäten, Gründungsanforderungen und Registrierungserfordernisse zu erfüllen.“

(5) Haftung

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Erwirbt der Provider an dem Spin-off des Kunden Gesellschaftsanteile, so wird aus der Service-Gesellschaft des Kunden ein Gemeinschaftsunternehmen i.S. eines Joint Ventures. Die Joint Venture Partner werden im Regelfall daran interessiert sein, ihre Haftung zu beschränken. Eine Haftungsbegrenzung kann bei einem Equity Joint Venture durch die Wahl einer entsprechenden Gesellschaftsform erreicht werden; in Deutschland etwa durch die Errichtung einer GmbH oder GmbH & Co KG,[174] was bei Joint Venture der Regelfall sein dürfte. Auch die Haftung im Innenverhältnis zwischen den Joint Venture Partnern sollte geregelt werden.[175]

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Erwirbt der Provider Gesellschaftsanteile an einer solchen GmbH, haftet der Gesellschaft mit dem Veräußerer gesamtschuldnerisch[176] für die rückständigen Einlagen (§ 16 Abs. 2 GmbHG). Hierbei haftet der Provider aber nicht für unzulässige Rückzahlungen an den Veräußerer, auch wenn ihm gem. § 22 Abs. 3 GmbHG eine subsidiäre Haftung wie alle anderen Gesellschafter trifft. Besteht das Spin-off/Joint Venture aus einer AG haftet der Erwerber grundsätzlich für rückständige Einlagen gem. § 54 Abs. 2 AktG. Hiervon ausgenommen sind aber Rückzahlungen an den Veräußerer.[177] Einlagen gelten dann als rückständig, wenn auf sie zwar eine Einzahlung geleistet worden ist, diese aber nach den Grundsätzen der verdecken Sacheinlage oder wegen Nichtbeachtungsvorschriften die Einlageschuld nicht zum Erlöschen gebracht hat.[178] Der Erwerber kann sich durch eine Anfechtung des Erwerbs von der Haftung für rückständige Einlagen regelmäßig nicht befreien.[179]

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Der Erwerber von Gesellschaftsanteilen an einer OHG oder von Komplementäranteilen an einer KG tritt ohne weiteres in die gesamtschuldnerische Haftung im Außenverhältnis ein (§§ 128, 130, 161 BGB). Er haftet im Innenverhältnis auf Erbringung einer etwa noch offenstehenden Einlageschuld (§ 105 HGB, § 705 BGB).[180] Wer hingegen in eine BGB-Gesellschaft eintritt, haftet für die vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeit der Gesellschaft nur kraft besonderer Abrede.[181]

158

Grundsätzlich haftet der Kunde als Veräußerer seiner Gesellschaftsanteile unbeschränkt für die im Zeitpunkt der Veräußerung begründeten Verbindlichkeiten fort (vgl. §§ 414, 415 BGB), es sein denn, es ist vertraglich etwas anderes vereinbart. Der Kunde kann sich durch einen Verkauf seines Unternehmens oder seiner Beteiligung nicht den ihm gegenüber seinen Gläubigern obliegenden Verbindlichkeiten entziehen.[182] Jedoch hat das Gesetz zur zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung von Gesellschaftern (NachhBG) vom 18.3.1994 für den Veräußerer eines Handelsgeschäfts und den aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafter gewisse Haftungserleichterungen gebracht.[183] Gemäß § 26 HGB wird der Veräußerer eines Handelsgeschäfts privilegiert, wenn der Erwerber aufgrund der Fortführung der Firma für einen sonstigen Haftungstatbestand der früheren Geschäftsverbindlichkeiten haftet, vgl. § 25 Abs. 1, 3 HGB. Die Privilegierung besteht darin, dass sich die Haftung des Veräußerers auf solche Verbindlichkeiten beschränkt, die vor Ablauf von fünf Jahren fällig geworden und gegen ihn geltend gemacht worden sind.[184] Ist der Erwerber des Handelsgeschäfts auf Grund der Fortführung der Firma oder auf Grund der in § 25 Abs. 3 HGB bezeichneten Kundmachung für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten haftbar, so haftet der frühere Geschäftsinhaber gem. § 26 HGB für diese Verbindlichkeiten nur, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren fällig und daraus Ansprüche gegen ihn in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB bezeichneten Art festgestellt sind oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird; bei öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten genügt der Erlass eines Verwaltungsakts. Die Frist beginnt im Falle des § 25 Abs. 1 HGB mit dem Ende des Tages, an dem der neue Inhaber der Firma in das Handelsregister des Gerichts der Hauptniederlassung eingetragen wird, im Falle des § 25 Abs. 3 HGB mit dem Ende des Tages, an dem die Übernahme kundgemacht wird. Die für die Verjährung geltenden §§ 204, 206, 210, 211 und 212 Abs. 2 und 3 des BGB sind entsprechend anzuwenden.