Handbuch IT-Outsourcing

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7. Offshore-/Cross border Outsourcing

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Bei ihren Bemühungen, mit einem knappen Budget auszukommen und ihre Kosten zu senken, denken immer mehr Unternehmen und Konzerne über Offshore-Outsourcing/Cross border Outsourcing nach. Hierbei werden Leistungen, bei denen es möglich ist, über die Landesgrenzen hinaus (Cross border) an Provider vergeben. Die ausgelagerten IT-Aufgaben beschränken sich meist auf einzelne Anwendungen wie Software-Design, -Entwicklung und -Wartung (Remote). Inzwischen sei es aber Trend, auch andere Bereiche Dienstleistern aus Billiglohnländern zu überantworten. Dazu gehören in einigen Fällen das Business Process Outsourcing (BPO) oder auch die Verwaltung der IT-Infrastruktur.[311] Hauptgrund für das gestiegene Interesse ist meist das Potenzial, die IT-Kosten durch billigere Arbeitskräfte deutlich zu senken. Ein weiterer Grund liegt darin, dass die IT-Entscheider aber auch auf eine weit größere Auswahl von qualifizierten Kräften zugreifen können, wenn sie die eigenen Landesgrenzen überschreiten.[312]

a) Entwicklung

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Zwischen 1990 bis 2001[313] stieg mit dem Boom in der IT-Industrie die Nachfrage nach IT-Fachkräften so stark an, dass das Angebot mit dieser rasanten Entwicklung nicht Schritt halten konnte. Gerade in den USA und Großbritannien führte dies zu einer verstärkten internationalen Arbeitsteilung. Arbeitsintensive, einfachere Teile des Software-Developments, wie bspw. das Coding wurden zunehmend in Länder wie Kanada und Mexiko verlagert.[314] Darüber hinaus gewannen Offshore-Destinationen wie Irland, Israel und Indien an Bedeutung, in denen eine hohe Zahl an Englisch sprechenden Fachkräften zu günstigen Preisen verfügbar war. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit Indien profitierten die USA und Großbritannien auch von ihrer Immigrationspolitik. Durch die zahlreichen indischen Fachkräfte, die bereits in beiden Ländern tätig waren, wurde sowohl die Suche nach geeigneten Offshore-Partnern als auch die Zusammenarbeit selbst erleichtert.[315] Diese Entwicklung war durchaus erstaunlich, denn in den späten 1980er Jahren galt zum Beispiel Indien nicht als High-Tech-Land und es existierte auch noch keine nennenswerte Softwareindustrie. Heute beschäftigt die indische IT-Industrie mehr als 450.000 Mitarbeiter mit Wachstumsraten in Bezug auf Umsatz und Beschäftigung von 30 bis 40 %. Auch Länder wie Irland oder Israel weisen beachtliche Wachstumsraten im IT-Bereich auf. Irland hat sich zu einem Zentrum entwickelt, von dem aus viele internationale Großunternehmen den europäischen Markt bearbeiten. Der Erfolg dieser Länder hat vielfältige Ursachen. Gemeinsame Faktoren sind das Schaffen geeigneter Rahmenbedingungen durch staatliche Stellen, Investitionen in den Auf- und Ausbau der Infrastruktur und vor allem in die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften.[316]

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Auch für deutsche Unternehmen zählten in den 1990er Jahren ihre IT-Leistungen zu den Differenzierungsmerkmalen gegenüber dem Wettbewerb und damit zu ihren Kernkompetenzen. Der damalige IT-Fachkräftemangel galt in Deutschland als ein gesamtwirtschaftliches Innovationshemmnis,[317] das angesichts des globalen Marktes für IT-Produkte und -Dienstleistungen letztlich eine Beschränkung der Wachstums- und Beschäftigungspotenziale darstellte.[318] Dem Fachkräftemangel sollte in Deutschland durch die Einführung der Greencard begegnet werden. Offshoring wurde zwar genutzt, spielte allerdings eher eine untergeordnete Rolle.

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Mit der Standardisierung der IT-Prozesse hat sich deren Bedeutung relativiert. IT-Kompetenz ist inzwischen oft kein Differenzierungskriterium gegenüber dem Wettbewerb mehr und rechnet deshalb vielfach nicht mehr zu den Kernkompetenzen. Das zeigt auch eine Kurzumfrage der Computerwoche vom 27.10.2003, nach der rund 60 % der Teilnehmer die IT nicht mehr als einen wichtigen Wettbewerbsvorteil ihres Unternehmens bewerten. Innerhalb der IT-Industrie selbst erfolgte eine höhere Spezialisierung.

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Beide Faktoren, Standardisierung einerseits und geringere strategische Bedeutung andererseits, führen dazu, dass IT-Dienstleistungen zunehmend ausgelagert werden. Durch Outsourcing können Losgrößen- und Lernkurveneffekte erzielt und damit Kostenvorteile realisiert werden. Offshoring wird durch die weltweite Verfügbarkeit von Telekommunikationsleitungen zu wettbewerbsfähigen Preisen in hohem Maße vereinfacht. Diese Entwicklung kann mit der Optimierung der Fertigungstiefe in den 1990er Jahren in der Automobilindustrie verglichen werden.[319] Dort wurde durch Lean Production, Teilebereinigung und Modularisierung eine Basis für systematische „make or buy“-Entscheidungen geschaffen, was das Outsourcen von ganzen Bereichen der Wertschöpfungskette ermöglichte. Die Liberalisierung des internationalen Handels aufgrund der Erfolge von GATT und WTO, denen immer mehr Länder beitreten, sinkende Transport- und Kommunikationskosten sowie ein erhöhter Wettbewerbsdruck auf den Märkten verstärkten die internationale Marktbearbeitung. Produktionsverlagerungen und Sourcingstrategien folgten dabei insbesondere den Absatzmärkten. Diese Absatzorientierung findet in der IT-Industrie allerdings nicht statt. Hier steht das Kostenmotiv im Vordergrund.

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Die Tatsache, dass IT-Offshoring schon in der Vergangenheit in den USA eine größere Rolle gespielt hat als in Deutschland oder Japan und gleichzeitig auch von der Anbieterseite eine Konzentration auf den US-Markt festzustellen ist, werten US-amerikanische Autoren wie Arora und Gambardella als einen Wettbewerbsvorteil: „U.S. firms are gaining important advantages over European and Japanese competitors in terms of lower costs, greater flexibility, and shorter product development cycles.“[320] Allerdings werden heute nach der Marktbereinigung im IT-Sektor und den damit einhergehenden, rückläufigen Wachstumsraten in den USA von den Offshore-Anbietern auch europäische Märkte in höherem Maße aktiv bearbeitet. Von der Seite der deutschen Nachfrager rücken neben den klassischen Offshore-Ländern wie z.B. Indien, zunehmend geografisch wie kulturell näher gelegene Zielländer in Osteuropa, die neuen EU-Staaten mit Rumänien und Bulgarien, daneben auch Russland, Ukraine und Weißrussland in den Blickpunkt, die ebenfalls über einen interessanten Pool an qualifizierten Fachkräften verfügen.

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Ein weiterer festzustellender Trend ist das Multisourcing, bei dem mit verschiedenen Offshoring- Partnern für unterschiedliche Aufgabenstellungen zusammengearbeitet wird. „Users are increasingly doing business with multiple service providers in different countries, depending on where they can find the best skills for the best price.“ Hierzu bemerkt Johnson allerdings: „It‘s a complex and risky business, this global juggling of IT projects“, denn hierbei steigt die Komplexität des Arbeitsumfeldes und die Mitarbeiter in den IT-Abteilungen müssen sich auf verschiedene Kommunikationsstile und Arbeitskulturen einstellen.

b) Definition

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Grundsätzlich geht es um die Auslagerung von IT-Tätigkeiten und Geschäftsprozessen in andere Länder und Volkswirtschaften, um einen signifikanten Wettbewerbsvorteil zu realisieren. Je nach Entfernung und Lage der die Tätigkeiten übernehmenden Länder spricht man von „nearshore“ oder „offshore“:[321]


„Nearshore“ bezieht sich, von Mitteleuropa aus betrachtet, auf europäische Nachbarländer, insbesondere Irland, Osteuropa und Russland. Von den Vereinigten Staaten aus wäre „nearshore“ zum Beispiel Kanada und Mexiko.
Unter „offshore“ versteht man in der Regel Indien, China und andere, weiter entfernte Standorte wie zum Beispiel die Philippinen.

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Häufig wird der Begriff Offshore-Outsourcing auch gerne als Modebegriff verwendet. Tatsächlich werden Bereiche nicht i.S. e. Outsourcings in Offshore-Region ausgelagert, sondern i.d.R. das Entwicklungsgeschäft wie z.B. die Softwareprogrammierung.[322] Dabei werden in der Regel von Kunden nur Bereiche offshore ausgelagert, welche remote aus dem Land des Offshore-Providers erbracht werden können. Denn die Entsendung von Mitarbeitern aus Offshore-Regionen in Gebiete wie Westeuropa oder den USA lohnt aufgrund von hohen Reisekosten (Hotel, Flug, etc.) meist nicht für den Dauereinsatz. Kaum vorstellbar wäre z.B. ein Second Level Support, bei dem ein PC des Anwenders vor Ort entstört werden muss oder ein Wartungsvertrag für Inhouse-Verkabelungen bei Local Area Networks.

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Bei der Auslagerung der IT-Infrastruktur stellt sich die Frage, inwieweit Leistungen „remote“ aus Offshore-Regionen erbracht werden können. Eine praktische Frage wäre z.B., wie stabil eine WAN-Leitung zu einem Rechenzentrum in eine Offshore-Region ist. Denkbar wäre hier auch eine redundante Auslegung der WAN-Leitung. Solche und weitere auf den technischen Einzelfall abgestimmte Fragen muss sich der Kunde stellen, bevor er an ein Outsourcing in eine Offshore-Region denkt.

c) Offshore-Regionen

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Die bevorzugte Region für Offshore-Outsourcing ist nach wie vor Indien,[323] obwohl der Subkontinent den Status eines Niedriglohnlands längst hinter sich gelassen hat. Während die US-Dienstleister ihren indischen Konkurrenten das Geschäft mit billigen Commodity-Dienstleistungen streitig zu machen versuchen und sie dabei teilweise sogar im Preis unterbieten, verlegen sich die indischen Unternehmen auf zunehmend höher in der Wertschöpfungskette angesiedelte Services aus Softwarearchitektur, -Design, -Entwicklung und -Technologiestrategie.

 

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Daher kommen auch für Kunden Anbieter in Tschechien, Ungarn oder auf den Philippinen in Frage.[324]

aa) China

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China gilt inzwischen ebenfalls als wichtige Offshore-Region – vor allem für japanische und koreanische Anbieter. Auch Beratungshäuser wie Bearing Point (ehemals KPMG Consulting) haben ein chinesisches Entwicklungszentrum eröffnet, um ihre US-Kunden kostengünstiger betreuen zu können. Diese Strategie kann allerdings sehr riskant sein. Angesichts der fehlenden Sprachkenntnisse und Urheberrechtsrichtlinien sowie der grundsätzlich völlig anderen Gesetzeslandschaft sei der chinesische Markt für nordamerikanische und europäische Unternehmen noch nicht reif. Während vereinzelte Studien China als das nächste Indien im IT-Offshore-Outsourcing sehen, gibt es doch einigen Grund, dieser Einschätzung skeptisch gegenüber zu stehen. Zwar eröffneten bereits vereinzelt westliche Konzerne Software-Entwicklungszentren in China. Und auch indische Firmen verlagern Einheiten, um von den geringeren Kosten der niedriger qualifizierten IT-basierten Tätigkeiten, wie Dateneingabe, in China zu profitieren. Dennoch bremsen die vergleichsweise schwach entwickelte IT-Infrastruktur, die nicht hinreichend verbreiteten Englischkenntnisse sowie die noch geringe Zahl (erfahrener) IT-Spezialisten den Aufholprozess. Chinas Stärken liegen eher bei Embedded Services und im Hardwarebereich. Chancen sind außerdem darin zu sehen, für andere asiatische Länder Back-Office-Aktivitäten für Finanzdienstleister, Telekom- und Handelsunternehmen bereitzustellen.[325]

bb) Irland

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Demografisch gesehen sind 40 % der irischen Bevölkerung jünger als 25. Über zwanzig Universitäten Irlands produzieren eine ausreichende Zahl von IT-Fachkräften, um das irische nearshore-Business wachsen zu lassen. Gute Bindungen zwischen Universitäten und den Hardware-/Softwareherstellern gewährleisten, dass die Absolventen auf die Arbeit gut vorbereitet sind, nachdem sie ihr Studium beendet haben. Als Ergebnis gibt es inzwischen über 600 Unternehmen, die Irland als Standort entdeckt haben. Insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen hat sich Dublin als ein europäisches Zentrum etabliert. US-amerikanische Unternehmen bevorzugen Dublin als ihren Verteiler in Europa, denn Irland bietet


Englisch als Landessprache
nach wie vor erhebliche Subventionen beim Aufbau neuer Niederlassungen
eine gute technische Infrastruktur
eine geringe Entfernung zu Kontinentaleuropa

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Allerdings hat sich Irland auch rasch entwickelt und die Bevölkerung ist mit ca. 4 Millionen nicht sehr groß. Steigende Lohnkosten und eine erhöhte Wechselbereitschaft der Mitarbeiter setzen diesem Trend inzwischen aber auch Grenzen.

cc) Osteuropa

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Für zahlreiche Länder in Osteuropa sprechen oftmals geringe Unterschiede in „Mentalität und Kultur“, kein bzw. geringster Zeitunterschied und die örtliche Nähe zu Deutschland verbunden mit sehr oft brauchbaren deutschen Sprachkenntnissen, ferner eine oftmals ausgeprägte „unternehmerische Orientierung bei der Bevölkerung“, eine wissenschaftlich gut ausgebildete Schicht sowie sehr niedrige Kostenstrukturen. Allerdings gibt es auch in Osteuropa nur begrenzte Ressourcen in Form der Bevölkerung mit entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnissen. Zudem ist auf Grund der Osterweiterung der EU schon heute eine Steigerung des Lohnniveaus spürbar, so dass die zu realisierenden Kostenvorteile nicht dauerhaft sein werden.[326]

dd) Indien

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Indien gehört zu den häufigsten Offshore-Regionen – nicht zuletzt deshalb, da es einige starke Argumente für Indien als Standort gibt.[327] Je nach Quelle wird Indiens Anteil am globalen Offshore-Outsourcing-Geschäft auf 70 bis 90 % geschätzt. Die Schwerpunkte der indischen Angebotspalette liegen in der Applikationsentwicklung, der Übernahme eines gesamten IT-Unternehmens oder vereinzelter unterstützender Geschäftsprozesse (BPO) und bei Call-Center-Diensten. Als wichtigster Handelspartner zeichnet Nordamerika mit zwei Dritteln für den Löwenanteil der Software und IT-basierten Dienstleistungsexporte Indiens verantwortlich. Bemerkenswert ist speziell die hohe Qualität der indischen Software- und BPO-Branche: 2002 wurden in Indien die meisten CMM Level 5 zertifizierten Unternehmen weltweit gezählt. Level 5 ist die höchste Stufe des Reifegrades der Entwicklungsprozesse eines Softwarelieferanten in diesem Referenzmodell. Die Anfänge des indischen IT-Export-Booms reichen bis in die Mitte der 1980er Jahre zurück. Texas Instruments eröffnete damals eine Niederlassung in Bangalore mit Schwerpunkt Entwicklung, ein Jahr später folgte Motorola. Bis Mitte der 1990er Jahre zogen besonders amerikanische und westeuropäische, multinationale Konzerne aus der Elektronikindustrie nach. Erst ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre jedoch eröffneten die großen Softwarehäuser wie Microsoft, SAP oder Adobe Entwicklungszentren in Indien. Parallel wuchs die Zahl der indischen Unternehmen, die auf Basis von Verträgen insbesondere für US-amerikanische Auftraggeber Programmieraufträge übernahmen, auf inzwischen über 3.000. Mittlerweile belaufen sich die indischen Software- und Dienstleistungsexporte auf rund USD 12 Mrd. Wenn die Dynamik der letzten Jahre anhält, werden sie bis 2008 auf knapp USD 38 Mrd. ansteigen. Begünstigt wurde diese Entwicklung zum einen dadurch, dass sich Indien seit 1991 ausländischen Investitionen und Kooperationen verstärkt öffnete. Zum zweiten förderte das Engagement des nationalen Branchenverbands NASSCOM seine Mitglieder erfolgreich. Indien hat den Status eines reinen Discountanbieters im IT-Bereich längst abgelegt. Seine größten Player spielen in einer eigenen Liga. Über die Qualität ihrer Leistungen haben sie international sehr viel Reputation aufgebaut. Sie verlagern inzwischen ihrerseits Aufgaben in noch günstigere Länder wie China oder die Philippinen. Außerdem expandieren sie auch nach Westeuropa, wo sie kleinere lokale Firmen aufkaufen.[328]

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Zusammenfassend sprechen folgende Punkte für ein Offshoring-Projekt nach Indien:


Verfügbarkeit der Ressourcen
Arbeitskosten
technische Kompetenz
hohes Bildungsniveau
Erfahrung mit komplizierten Projekten
ein hoch entwickeltes, fundiertes Qualitätsmanagement

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Indien teilt mit Irland die meisten Vorteile, nur sind die Lohnsätze bedeutend niedriger. Die indische Regierung hilft bei der Entwicklung des Offshore-Wirtschaftsbereiches, der zurzeit mehr als 10 % aller indischen Exporte ausmacht. Die Indische Nationale Gesellschaft für Software- und Servicefirmen (NASSCOM, The Indian National Association of Software and Service Companies) ist eine der stärksten Berufsorganisationen weltweit. Indien verfügt über ein ausgefeiltes Kooperationssystem zwischen Universitäten und Industrieunternehmen. Im Laufe des Jahres ist die Zahl der „quality certified“ Softwarefirmen aus Indien auf über 200 gestiegen. Die Motivation für indische IT-Software- und Servicefirmen SEI CMM Level 5 zu erlangen, geht auf das Jahr 1995 zurück, als Motorolas Geschäftseinheit in Indien als erstes indisches Unternehmen diese Zertifizierung erhalten hat. Aber auch in zahlreichen prozessorientierten Dienstleistungen hat sich Indien inzwischen etabliert.[329] Natürlich vorrangig für Kunden aus den USA und Großbritannien – nicht zuletzt auf Grund der Sprache. Als einer der wesentlichen Unsicherheitsfaktoren muss bei Indien allerdings der dauerhafte politische Konflikt mit Pakistan genannt werden. Diese Spannung führt nicht nur regelmäßig zu militärischen Spannungen im Grenzgebiet um Kashmir, sondern auch zu inneren Spannungen und terroristischen Anschlägen innerhalb des Landes.[330]

ee) Philippinen

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Die philippinischen Stärken liegen bei Call-Centern, im BPO von Bilanzierung, Buchhaltung und Human Resources, Abschriften und Dateneingabe sowie bei Animationslösungen. Englisch als Amtssprache – die Philippinen sind das drittgrößte englischsprachige Land, aber auch Spanischkenntnisse sind weit verbreitet –, die große, junge Bevölkerung und die kulturelle Nähe zum Westen vereinfachen die Zusammenarbeit ganz besonders bei den Call-Centern. Der Export IT-basierter Services sowie Programmierung im großen Stil besitzen zwar Wachstumspotenzial, stecken aber noch in den Kinderschuhen.[331]

d) Risiken

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Neben den generellen Bedenken und Risiken des Outsourcings gibt es bei der Auslagerung an weit entfernte Standorte unter Umständen sogar kombiniert mit fremden Kulturen noch einige zusätzliche sehr ernst zu nehmende Bedenken:[332]


Sprachprobleme und misslungene Kommunikation wegen des Mangels an einheitlicher Sprache zwischen dem Offshore-Team und dem Kunden
erhöhtes Maß an Missverständnissen und Problemen auf Grund der verschiedenen Kulturen
Fehlen der Transparenz der Entwicklungen auf der Offshore-Seite wegen Mangel an formeller und regelmäßiger Kommunikation
ungenügendes Niveau der Kontrolle gegenüber dem Offshore-Entwicklungsteam
unzureichende Abnahmeprüfungen (oder ihr Fehlen), was zu einem falschen Ergebnis führen kann
schwaches IT-Management und entsprechende Infrastruktur auf der Offshore-Seite
Einbußen in der Qualität der beauftragten Dienstleistung

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Insbesondere die indischen Anbieter von IT- und SW-Dienstleistungen haben sich intensiv mit diesen Sorgen ihrer Kunden auseinandergesetzt. Als eine Reaktion darauf haben sich nahezu alle einem strikten Qualitätsmanagement unterzogen und dies auch entsprechend dokumentiert. Dies begann mit den Zertifizierungen entsprechend dem ISO-Standard, wurde aber auch weiterentwickelt. So ist eine CMM Level 5 Zertifizierung (entsprechend dem „Capability Maturity Modell®“ der Carnegie Mellon University), die die meisten indischen Anbieter vorweisen können, ein Standard, den wohl viele europäische Unternehmen nicht erfüllen könnten. Im Allgemeinen kann man sicher davon ausgehen, dass derzeit die etablierten Anbieter von Dienstleistungen in Indien die größten Anstrengungen bezüglich standardisierter Prozesse und eines sehr strikten Projektmanagements unternommen haben.