Handbuch IT-Outsourcing

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dd) Datenschutz

468

Siehe im 3. Kap.

ee) Vertragliche Konstruktion

469

Generell wird der Kunde einen Cloud-Vertrag mit dem Generalunternehmer der (Private) Cloud schließen. Hierzu wird der Kunde i.d.R. ein gewöhnliches Master Service Agreement (MSA)/Rahmenvertrag zwischen Cloud-Generalunternehmer (GU) und dem Kunden zu schließen. Der größte Unterschied zum normalen Outsourcing-Vertrag, so wie er auch im 4. Kapitel beschrieben ist, liegt i.d.R in der Anlage für die Auftragsdatenverarbeitung (ADV) nach § 11 BDSG. In der ADV, die i.d.R. als Anlage zum MSA/Rahmenvertrag gestaltet wird, wird die Private Cloud datenschutzrechtlich abgebildet (siehe 3. Kap.).

Abb. 28:

Cloud Computing: Master Service Agreement


[Bild vergrößern]

470

Da die Einordnung nach der Kombinationstheorie gerade bei neuen IT-Konzepten wie Cloud Computing schwer ist, ist es wie auch bei anderen IT-Geschäftsmodellen auch beim Cloud Computing unerlässlich, durch die vertragliche Vereinbarung von Service-Levels ein einheitliches Gewährleistungsrecht zu schaffen.[465]

2 › I › 10. Crowd Sourcing

10. Crowd Sourcing

471

Cisco, Nokia, SAP und viele andere Unternehmen wagen unter dem Begriff der Open Innovation (Kurzform OI) die Öffnung ihrer Research- und Development- (R&D) Aktivitäten. Im Zusammenhang mit solchen OI-Aktivitäten wird gerne von einem sog. Crowdsourcing (auch als Schwarmauslagerung bezeichnet) gesprochen, bei dem die Intelligenz und die Arbeitskraft an eine große Gruppe von externen Mitarbeitern verlagert wird. Ähnlich wie beim Open-Source-Gedanken versprechen sich Unternehmen davon eine günstigere Lösung eigener (IT-) Themenstellungen, sowie den Zugang zu einem breiteren Spektrum von Innovationen. Für die Vermittlung wurden von Dritten Plattformen geschaffen, die zwischen den Parteien vermitteln.

472

Im Rahmen von OI-Aktivitäten und Crowdsourcing treten eine Reihe von rechtlichen Fragen auf. Insbesondere bei der Frage, wem die urheberrechtlichen Nutzungsrechte zustehen oder auch bei der Haftung treten in der Praxis immer wieder komplexe Fragestellungen auf. Bei OI-Aktivitäten bzw. Crowdsourcing werden Kunden oder auch gänzlich fremde Dritte aufgefordert, bei der Lösung hauseigener (IT-) Themenstellungen mitzuwirken. Open Innovation ist somit die Öffnung des Innovationsprozesses von Unternehmen und damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur Vergrößerung des Innovationspotenzials.[466]

473

Im Rahmen von OI-Aktivitäten wird sogar nicht genutztes Know-how offen von Unternehmen zur Weiterentwicklung angeboten. Darüber hinaus fordern einzelne Unternehmen im Rahmen von OI-Aktivitäten gezielt ihre Kunden auf, an eigenen Prozessen mitzuwirken, um diese im Sinne der Bedürfnisse der Kunden zu verbessern. Ziel ist es, durch eine frühzeitige Einbindung von Kunden und Partner diese von Anfang an in die Produktentwicklung sowie die Nutzbarkeit von nicht verwendeten Innovationspotenzialen einzubinden.

474

Grundsätzlich können OI-Aktivitäten in drei Kernprozesse zerlegt werden:[467]


Outside-In-Prozess: die Integration externen Wissens in den Innovationsprozess. Das Wissen der Lieferanten, Kunden und Partner soll genutzt werden, um die Qualität und Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu erhöhen.
Inside-Out-Prozess: die Verbreitung von internem Wissen. Unternehmen nutzen diesen Prozess zum Beispiel, um Lizenzgebühren für Patente bzw. Innovationen einzunehmen, die sie nicht für die operative Geschäftstätigkeit nutzen.
Coupled-Prozess: eine Mischform aus dem Outside-In-Prozess und dem Inside-Out-Prozess. Die Welt außerhalb des eigenen Unternehmens soll aktiv bei der Entwicklung von Innovationen integriert werden und durch die gleichzeitige Externalisierung dieser Innovation soll sich ein Markt um die Innovation herum aufbauen (z.B. die Freigabe des Solaris-Quellcodes von Sun Microsystems).

475

Betrachtet man den sehr wesentlichen Bereich der Allokation von OI-Aktivitäten, so haben sich in der Praxis aus rechtlicher Sicht zwei Modelle herauskristallisiert: das sog. Ownership-Modell und das Open-Source-Modell. An diesen beiden Allokationsmodellen sind mindestens drei Parteien beteiligt:


die Partei, die eine Lösung sucht, der sog. Seeker,
die Partei, die eine Lösung anbietet, der sog. Solver und

476

Von manchen Seekern wird auch eine eigne Online-Plattform als Corporate-Open-Innovation-Modell verwendet, was aber eher die Ausnahme zu sein scheint.

477

Beim Ownership-Modell sucht der Solver eine Lösung für seine Aufgabenstellung (sog. Challenge) auf der rechtlichen Basis seines eigenen Vertragsmodells (AGB), während beim Open-Source-Modell Vertragswerke wie z.B. die GNU General Public License zum Tragen kommen.

a) Ownership-Modell

478

Das Ownership-Modell gliedert sich in drei relevante Schritte auf, welche im Folgenden rechtlich betrachtet werden.

aa) Vorbereitung der Challenge

479

Zunächst erstellt ein Seeker eine Beschreibung der Aufgabe (sog. challenge overview), welche er von einem oder auch mehreren Solver gelöst haben möchte. Dieses Challenge Overview wird dann auf einer Online-Plattform veröffentlicht. Bereits bei der Erstellung des Challenge Overview ist eine Reihe von rechtlichen Punkten zu beachten, welche in den AGB der Online-Plattform zu berücksichtigen sind. So sollte in den AGB geregelt sein, dass wenn der Inhalt des Challenge Overview die Schöpfungshöhe, vgl. § 2 UrhG (Ideen allein sind nicht schutzfähig) erreicht, sämtliche Nutzungsrechte zunächst beim Seeker verbleiben. Lediglich im Rahmen der Lösungserstellung sollte auf den einzelnen Solver einfache Nutzungsrechte i.S.v. § 31 UrhG übertragen werden.

480

Eine Veröffentlichung der Challenge Overview inkl. der üblichen Preisindikation könnte sehr schnell mit einer Auslobung i.S.v. § 657 BGB verwechselt werden. Denn „Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat, vgl. § 657 BGB. Bei gleichzeitiger Vornahme wäre die Belohnung aufzuteilen, vgl. § 659 Abs. 2 BGB. Sinnvoll wäre daher die Aufnahme eines Hinweises (engl. Disclaimer), dass es sich bei der Veröffentlichung der Challenge Overview um keine Auslobung i.S.v. § 657 BGB handelt. Auch ist im Allokationsmodell i.d.R. nicht vorgesehen, dass die Veröffentlichung des Challenge Overview ein rechtsverbindliches Angebot darstellt. Nach deutschem Zivilrecht sollte das Challenge Overview als invitatio ad offerendum angesehen werden, da der Vertrag zwischen Seeker und Solver erst mit der Annahme der Leistung durch den Seeker zustande kommt, i.d.R. nach Kaufrecht i.S.v. § 433 BGB, ggf. auch über § 651 BGB. Diese Vorgehensweise sollte deutlich in den AGB des Betreibers der OI-Plattform beschrieben werden, um Missverständnisse oder Ansprüche aus vorvertraglichen Pflichtverletzungen nach §§ 280, 311, 311a BGB vorzubeugen.

bb) Bereitstellung der Challenge auf der OI-Plattform

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Bei der Bereitstellung des Challenge Overview auf der Online-Plattform sollte darauf geachtet werden, dass keine personenbezogenen Daten (sanktioniert durch §§ 43, 44 BDSG) oder auch unternehmenswichtigen Daten (sanktioniert § 17 UWG) veröffentlicht werden. Gemäß den gesetzlichen Regelungen der §§ 28 Abs. 1 bzw. 29 Abs. 1 BDSG ist (geschäftsmäßiges) Erheben, Speichern oder Verändern personenbezogener Daten zum Zweck der Übermittlung zulässig, wenn der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat. Eine Veröffentlichung von personenbezogenen Daten auf einer OI-Plattform scheint selten damit einherzugehen. Voraussetzung für die Erfüllung des objektiven Tatbestands des § 17 UWG ist der Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und die nach dem bekundeten oder noch erkennbaren Willen des Betriebsinhabers, der auf einem ausreichenden wirtschaftlichen Interesse beruht, geheim gehalten werden soll.[469] Das Tatbestandsmerkmal des Geschäftsgeheimnisses erfasst dabei Tatsachen des kaufmännischen Geschäftsverkehrs (z.B. Kundenanschriften).[470] Während das Tatbestandsmerkmal des Betriebsgeheimnisses die Tatsachen des technischen Betriebsablaufs erst erfasst.[471] Dabei liegen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse bereits vor, wenn eine Tatsache lediglich dem Stand der Technik entspricht.[472] Aus der Sicht des Betreibers der OI-Plattform sollte dieser darauf achten, dass er nicht für die Inhalte der Challenge Overview gem. § 7 Abs. 2 TMG haftet. Hierbei sollte der Anforderungskatalog nach § 8 Abs. 1 TMG entsprechend berücksichtigt werden: Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie

 

1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.

482

Des Weiteren sollte der Betreiber der OI-Plattform darauf achten, dass der Vertragsabschluss immer zwischen Seeker und Solver direkt zustande kommt. Ansonsten könnte der Betreiber ggf. in Mithaftung genommen werden. Häufig können Solver zu einer bestimmten Challenge auch einen eigenen Konversationsraum (engl. Chatroom oder bei der Fa. SAP auch Living Lab) auf der Online-Plattform eröffnen. In einem solchen Chatroom können mehrere Solver (eine Community) sich auch dazu verabreden, dass sie gemeinsam eine Lösung für den Seeker erstellen wollen. Nach deutschem Recht könnte durch eine solche Verabredung schnell eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Abk.: GbR) entstehen, was zu den Rechten und Pflichten nach § 705 BGB führen würde und entsprechend Berücksichtigung finden müsste.

cc) Annahme der Solution

483

Entschließt sich ein Seeker, die Lösung (engl. solution) eines oder mehrerer Solver anzunehmen, so wird dies i.d.R. durch einen Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB geschehen, ggf. auch über § 651 BGB. Die Ausgestaltung der Erwerbung der Lösung wird durch die AGB des Seekers erfolgen. Eine Anwendung von Dienst-Serviceverträgen i.S.v. § 611 BGB wird der Solver gegenüber dem Seeker i.d.R. nicht durchsetzen können.

484

Bei der Ownership-Variante wird der Seeker darauf bedacht sein, dass er vom Solver alle ausschließlichen Nutzungsrechte i.S.v. § 31 Abs. 1 S. 2 Var. 2 UrhG an der Entwicklung (sog. Arbeitsergebnisse) erhält. In Fällen der Wirtschaftsförderung ist die Übertragung von ausschließlichen Nutzungsrechten sogar zwingend notwendig, wenn z.B. Fördergelder von der EU, BMBF, KfW und z.B. der SAB beantragt wurden.

485

Die Durchsetzung der AGB des Seekers und die Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte auf den Seeker ist mit der Marktmacht des Seekers gegenüber dem Solver zu erklären. Möchte der Solver sich mit den Regeln der AGB des Seekers nicht einverstanden geben, so besteht die wenig aussichtsreiche Möglichkeit, die AGB zu verhandeln. Alternativ können die AGB des Seekers später einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterzogen werden und einzelne Regelungen in den AGB durch ein Gericht für unwirksam erklärt werden. Erscheint dem Solver die vereinbarte Vergütung nicht angemessen zu sein, so kann er als Urheber gem. § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG vom Seeker die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Solver die angemessene Vergütung gewährt wird. Auch hat der Solver gem. § 32c Abs. 1 UrhG einen Anspruch auf eine gesonderte, angemessene Vergütung, wenn der Vertragspartner eine neue Art der Werknutzung nach § 31a UrhG aufnimmt, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar vereinbart aber noch unbekannt war. Die Rechte des Seekers bei Mängeln der Leistung des Solvers ergibt sich wie bei allen Kaufgeschäften aus § 437 BGB und die Verjährung üblicherweise aus § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (2 Jahre). Ggf. wird diese Verjährung durch die AGB des Seekers noch erweitert.

486

Ein sehr großes rechtliches OI-Thema ist die Haftung des Solvers für Schutzrechtsverletzungen. Kann ein Dritter Verletzung von Schutzrechten geltend machen, so stehen diesem Dritten weitreichende Rechte auch gegenüber dem Seeker zu. Insbesondere die Ansprüche aus § 97 UrhG auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz können sehr schmerzhaft für den Seeker sein. Natürlich kann der Seeker vom Solver hierfür Schadensersatz verlangen. Dafür müsste der Solver aber über eine ausreichende Solvenz und Bonität verfügen, was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte, wenn der Seeker die Lösungen des Solvers im größeren Maße umsetzt. Außerhalb einer jur. Vorgehensweise scheinen an dieser Stelle technische Lösungen zu sein, die den Quellcode von Softwareentwickelungen darauf hin untersuchen, ob dieser bereits bei anderen Softentwicklungen schon einmal verwendet wurde.[473]

487

Ein möglicher Dritter, der Ansprüche gem. § 97 UrhG gegenüber dem Seeker geltend machen könnte, wäre ggf. der Arbeitgeber des Solvers. Handelt sich bei der Leistung des Solvers nämlich um eine Arbeitnehmererfindung, steht diese grundsätzlich dem Arbeitgeber zu. Arbeitnehmererfindungen sind alle Erfindungen eines Arbeitnehmers, und zwar gleichgültig, wie, wo, auf welchem Gebiet und aus welchen Gründen bzw. Motiven die Erfindung entwickelt bzw. gemacht worden ist, vgl. § 4 ArbnErfG. Demzufolge unterliegen alle während der Dauer eines Arbeitsverhältnisses fertiggestellten Erfindungen dem Anwendungsbereich des ArbnErfG. Gem § 4 Abs. 1 ArbnErfG wird zwischen


Diensterfindungen und
freien Erfindungen

unterschieden. Freie Erfindungen unterliegen nicht dem Inanspruchnahmerecht, sondern sind lediglich mitteilungspflichtig, § 18 ArbnErfG.[474] Eine Anbietungspflicht besteht nach § 19 ArbnErfG nur dann, wenn der Arbeitnehmer die freie Erfindung während der Dauer des Arbeitsverhältnisses anderweitig verwerten will und der Erfindungsgegenstand in den vorhandenen oder vorbereiteten Arbeitsbereich des Arbeitgebers fällt.

b) Open-Source-Modell

488

Das Open-Source-Modell unterscheidet sich zum Ownership Modell dahingehend, dass nicht die AGB des Seekers für die Übertragung der Nutzungsrechte verwendet werden, sondern Open-Source-Lizenzbedingungen. Hier könnte z.B. die der GNU General Public License (GPL) zur Anwendung kommen oder alternativ auch die LGPL, AGPL und GFDL.

aa) Vorbereitung des Offerings

489

Durch die Anwendung der GPL und dem in Ziffer 1 und Ziffer 2 der GPL enthaltenen Grundsatz des Copy Left Effekt besteht die Pflicht, die Nutzungsrechte nur unentgeltlich und zu den Bedingungen der GPL weiterzugeben. Dieses Recht besteht inkl. des Rechts zur Veränderung der Nutzungsrechte. Somit dürfte anders als beim Ownership Modell das Challenge Overview bereits allgemein nutzbar sein.

bb) Bereitstellung der Challenge auf der OI-Plattform

490

Bei der Bereitstellung der Challenge auf der OI-Online Plattform gelten ebenfalls ähnliche rechtliche Anforderungen wie im Ownership Modell. Sinnvoller als ein Kaufgeschäft nach § 433 BGB wäre aus der Sicht des Solvers die Ausschreibung einer Dienstleistung nach § 611 BGB, da dies besser zum Open-Source-Geschäft und zur Idee des Copy Left Effekt passt. Dann müsste sich aber der Seeker im Wege der Auftragsvergabe bereits vorher für einen Solver entscheiden, bevor dieser eine Solution entwickelt hat.

cc) Schritt: Annahme der Solution

491

Nimmt der Seeker die Solution eines Solvers unter der Prämisse der GPL an, so muss ihm bewusst sein, dass er gem. dem Copyleft-Effekt diese Solution Dritten zur Verfügung stellen muss, was mit den üblichen Risiken einer Open-Source-Lösung in Zusammenhang gesehen werden muss (völlige Transparenz der Lösung, keine exklusive Rechte, etc.).

2 › I › 11. Contract Manufacturing

11. Contract Manufacturing

492

Beim Contract Manufacturing wird die gesamte Produktion auf ein anderes Unternehmen, vorzugsweise in ein Billiglohnland, ausgelagert. So produzieren viele Unternehmen heute hochwertige Produkte nicht mehr selbst, sondern bedienen sich sog. Auftragshersteller (engl. Contract-manufacturer oder Original-Equipment-Manufacturer, Kurzform OEM).[475]

a) Geschäftsmodell

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Ein Konzern, wie z.B. Apple, produziert ein Produkt wie das iPhone, iPod oder das iPad nicht mehr selbst, sondern übergibt die Produktion an Auftragshersteller wie Foxconn[476] oder ASUSTeK Computer Inc.[477] in China und Taiwan. Aber auch für die Herstellung anderer beliebter Produkte ist Foxconn verantwortlich. So fabrizieren die Taiwanesen den mobilen E-Book-Reader Kindle im Auftrag von Amazon, Smartphones für Nokia, Samsung und Motorola, Laptops für HP, Flachbildfernseher für Sony sowie Video-Spielkonsolen des japanischen Konzerns Nintendo. Auch Endverbraucher hat Taiwans größtes privat geführtes Unternehmen stark im Visier. Foxconn produziert PC-Bauteile wie Motherboards, Barebones, Netzteile, Kühler und Grafikkarten. Die Herstellung der meisten Laptops dagegen erfolgt durch den weltgrößten Laptop-Fabrikanten Quanta Computers. Das taiwanesische Unternehmen zählt Computerfirmen wie Dell und HP zu seinen Auftraggebern. Der ebenfalls in Taiwan angesiedelte Elektronikkonzern Compal Electronics hat seinem direkten Konkurrenten Quanta den Kunden Acer bereits streitig gemacht – die Nummer zwei fertigt allerdings noch einige andere Elektronikgeräte für Große. Das chinesische Unternehmen ZTE versorgt laut eigenen Angaben über 500 Netzbetreiber in 140 Ländern mit Telekommunikationstechnik für mobile und feste Netzwerke – in Deutschland nutzen vor allem Kunden von T-Mobile, Vodafone und O2 ZTE-Handys. Flextronics EMS (Electronics Manufacturing Service) produziert unter anderem die xbox und den Multimedia-Player Zune für Microsoft, darüber hinaus Digicams und Selbstbedienungskiosks für den Ausdruck von Bildern für Kodak, Tintenstrahldrucker und Speichergeräte für HP sowie die Business-Smartphones Blackberry für den kanadischen Hersteller RIM (Research in Motion).[478] Der Markt akzeptiert somit durchaus Produkte aus China (China als Fabrik der Welt) oder vergleichbaren Produktionsstandorten wie Taiwan, Brasilien, Südkorea etc., wenn diese namhaften Marken tragen und qualitativ hochwertig produziert wurden.[479] Natürlich wäre es für Apple, HP, Dell etc. grundsätzlich möglich, die Produktion auch an andere OEMs zu vergeben.

494

Aber die Fremdvergabe der Produktion findet sich nicht nur in der IT/TK-Industrie, sondern auch bei der pharmazeutischen Industrie, der Kosmetikindustrie, Textilindustrie, auf dem Gebiet der Lebensmittelproduktion (Handelsmarken) oder der Automobilbranche (z.B. produziert Porsche das Modell Boxter z.T. bei Valmet Automotive in Finnland oder seit 2010 Aston Martin das Modell Rapide bei Magna Steyr).[480]

 

495

Namhafte Unternehmen wie Apple, HP, Porsche, Aston Martin könnten ihre Produkte auch bei anderen OEMs in gleicher Qualität bauen lassen, ohne dass die Akzeptanz ihrer Marken oder der Börsenwert darunter leiden würden. Daraus lässt sich folgern, dass die Herstellung eines Produktes nicht die Kernkompetenz und den eigentlichen Wert eines Unternehmens ausmacht, sondern vielmehr die Entwicklung und die Vermarktung eines Produktes. Dies erscheint auch mehr als schlüssig, da in der Vermarktung die interessanten Gewinnspannen liegen und nicht in der Produktion in China, Taiwan oder Vietnam.