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Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas

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Kapitän Robinson hatte indessen seine Kaltblütigkeit nicht verloren, und nachdem er sich durch einen Blick überzeugt hatte, daß das Boot nicht sogleich sinken würde, versuchte er es nach einer etwa fünfundzwanzig Schritt weit entfernten Sandbank hinüberzusteuern, die in Verbindung mit dem felsigen Ufer stand. Die Maschinerie war indessen in Unordnung geraten, denn als Carrol die zischenden Dampfröhren öffnete, drohte das aus seiner Lage gerissene Rad die ganze Kajüte zu zerschmettern. Dem Dampf wurde daher schleunigst ein Weg ins Freie gebahnt und die ganze Aufmerksamkeit dem Ruderboot zugewandt, in denen auf den Befehl des Kapitäns ein Teil der Bemannung mit Stricken ans Ufer geeilt war, um das Dampfboot in seichteres Wasser und wenn möglich ganz in Sicherheit zu bugsieren.

Langsam folgte die »Explorer« den vereinten Anstrengungen der Leute, und während der Kahn zwischen dem Ufer und dem Dampfer hin und her flog, um die des Schwimmens unkundigen Leute zuerst zu retten, trafen wir auf der Plattform schnell Vorkehrungen, um dem gänzlichen Verlust unserer Sammlungen vorzubeugen. Wir schnürten nämlich Fischleinen mit dem einen Ende an die gefüllten Kisten und versahen das andere Ende mit einem leicht schwimmenden Stückchen Holz, um dadurch Mittel an der Hand zu haben, die etwa versinkenden Gegenstände wiederfinden zu können. Tagebücher und Zeichnungen befestigten wir an unserem Körper, etwas Munition wurde unter den Hut geschoben, und mit der Büchse in der Hand standen wir am Rand der Plattform, um im entscheidenden Augenblick das Weite zu suchen. Doch die »Explorer« hielt sich über Wasser; Zoll für Zoll näherte sie sich dem Ufer, und mit einem gewissen Wonnegefühl hörten wir endlich den Sand unter den eisernen Planken knirschen. Mochte das Boot auch zur ferneren Reise unbrauchbar geworden sein, so hatten wir doch keinen Verlust an Menschenleben oder an unseren Sammlungen erlitten, und noch im Besitz von Lebensmitteln, waren wir imstande, die Ankunft des Trains zu erwarten. Anders würde es für uns ausgesehen haben, wenn das Boot in 16 bis 20 Fuß Wasser gesunken oder der Unfall uns tief in der Schlucht zugestoßen wäre, wo sich schwerlich eine rettende Sandbank zu unserer Aufnahme gezeigt hätte. Für den Augenblick hatten wir nur den Doktor zu beklagen, der mit der Brust auf die Dampfröhre gefallen war und eine innere Verletzung befürchtete. Glücklicherweise bestätigten sich unsere Besorgnisse nicht, und in einigen Tagen hatten wir die Freude, unseren Doktor wieder von den schmerzhaften Folgen des Sturzes befreit zu sehen.

Wir befanden uns also auf der sandigen Fläche, die einen Winkel in den verworrenen Felsmassen des rechten Ufers ausfüllte. Es war ein trostloser Aufenthaltsort, den der Zufall uns angewiesen hatte, denn wo nicht tiefer Sand unsere Schritte hemmte, da lag scharfes, vulkanisches Geröll, und wo festerer Boden das Gehen einigermaßen erleichtert hätte, da wucherten dornige Mesquitebäume. Brennholz fehlte ganz, und von Glück konnten wir sagen, vor der Einfahrt in die Schlucht noch einen Vorrat desselben eingenommen zu haben, der uns jetzt trefflich zustatten kam. Unsere Weiterreise war nunmehr vorläufig abgeschnitten, und so mußten wir denn mit allem so vorliebnehmen, wie es uns geboten wurde, und uns mit der Hoffnung auf bessere Zeiten begnügen.

Kaum lag die »Explorer« an dem sandigen Ufer und kaum hatte sich die erste Aufregung etwas gelegt, als auch wieder rüstig ans Werk geschritten wurde, vorläufig den eigentlichen Umfang des Unglücks kennenzulernen. Kapitän Robinson ließ vor allen Dingen die ganze Fracht sowie alle losen Gegenstände aus dem Dampfboot entfernen und es stellte sich dann nach einer genauen Untersuchung heraus, daß einige Fugen sich allerdings dem Wasser geöffnet hatten, daß aber unbegreiflicherweise der Rumpf nicht so beschädigt war, daß er nicht hätte mit Leichtigkeit ausgebessert werden können.

Anders verhielt es sich mit der Maschine, denn es bedurfte bei dieser Carrols ganzer Geschicklichkeit, um sie wieder in brauchbaren Zustand zu versetzen.

Weitere Arbeiten wurden an diesem Tage nicht mehr vorgenommen, und nur mit viel Mühe gelang es uns, bei dem heftig wehenden Wind die Zelte auf dem sandigen Boden zum Stehen zu bringen. Der Abend rückte heran, und deutlich trat bei der ganzen Expedition eine Verstimmung zutage, die wohl hauptsächlich aus dem krankhaften Befinden der meisten entsprang und durch den Gedanken, längere Zeit in dem abgeschlossenen Winkel ausharren zu müssen, bedeutend gesteigert wurde.

Am folgenden Tag aber, dem 7. März, war dieser Gedanke schon wieder zur Gewohnheit geworden; das milde Wetter mochte dazu beitragen, vielleicht mehr aber noch eine angemessene Beschäftigung, der diejenigen, die es nicht vorzogen, den ganzen Tag über ruhig auf dem erwärmten Sand liegenzubleiben, sich ganz nach Wohlgefallen hingeben konnten. Dr. Newberry und ich, die wir reichlich mit Fischgerätschaften versehen waren, teilten nämlich Angeln und Schnüre an die Leute aus, und in der Tat erblickten wir auch bald nachher vielfach Gestalten, die wie versteinert auf dem Ufer standen oder saßen und unermüdlich ihre Blicke auf die Angelschnur gerichtet hielten. Leider erfreuten sich die Fischer nur eines geringen Erfolgs, was nach einigen Tagen ein teilweises Einschlafen der künstlich hervorgerufenen Leidenschaft bewirkte.

Die Wachsamkeit, zu der unsere Indianer beständig mahnten, wurde übrigens keinen Augenblick vernachlässigt, im Gegenteil noch gesteigert, denn wenn wir wirklich an jenem Punkt von den Mormonen und den von ihnen geführten Eingeborenen angegriffen wurden, so steckten wir in einer äußerst bedenklichen Lage, indem wir als einzige Deckung nur die umherliegenden Felsblöcke und die eisernen Wände des Dampfbootes sowie der Maschine besaßen, während unsere Feinde imstande gewesen wären, mit wenigen guten Büchsenschützen die Zacken und Klüfte der nahen Felsen in Festungen umzuwandeln und von dort aus mit Sicherheit auf uns zu schießen. Wir stellten daher unsere Haubitze an geeigneter Stelle auf, legten einige Dutzend Kartätschenpatronen in deren Nähe, und auf diese Weise mit der ganzen uns zu Gebote stehenden Macht gerüstet, blickten wir, auf unser gutes Glück bauend, furchtlos in die Zukunft.

Lieutenant Ives’ nächster Plan war, die Schlucht vor uns, die den Namen »Black Cañon« erhielt, mittels des Ruderbootes untersuchen zu lassen. Wenn wir auch wirklich das Ende der Schiffbarkeit des Colorado schon erreicht hatten, woran niemand mehr zweifelte, so war ein solches Unternehmen von um so größerer Wichtigkeit für unsere Expedition. Da nun Lieutenant Ives sich selbst an der Fahrt zu beteiligen beabsichtigte und stündlich auf Nachricht von Peacock und dem Train hoffte, so wurde die Ausführung dieses Plans noch einige Tage verschoben.

Obgleich warmes Wetter uns begünstigte und wir vielfach kleine Ausflüge in die nahen Felsregionen unternahmen, so schlich uns die Zeit doch über alle Beschreibung träge dahin. Solange die Schatten der über achthundert Fuß hohen Felsen die Sandbank bedeckten, herrschte auf dieser eine empfindliche Kälte; wenn dann in den Mittagsstunden die Sonne mit voller Kraft in unseren abgeschlossenen Winkel hineinstrahlte und ringsum das Gestein erwärmte, dann wurde die Hitze drückend, und zwar so, daß wir zuweilen Bücher und Zeichenmappen zur Seite legten und nach kühlen, schattigen Höhlen zwischen dem zerklüfteten Gestein suchten. Gleich am ersten Tag hatte ich unter einer überhängenden Felswand eine derartige Stelle entdeckt und zugleich auch gefunden, daß diese von den dortigen Eingeborenen benutzt worden war. Die ganze Einrichtung bestand aus dünnen Weidenzweigen, die lagenweise den Boden bedeckten und bei weitem nicht soviel Sorgfalt verrieten, wie ein wildes Tier beim Bau seines Lagers verwendet. Ich war sehr gespannt darauf, einige Exemplare dieser von Grassamen und Wurzeln lebenden Menschen kennenzulernen, doch wurde mein Wunsch erst später erfüllt, als wir den Colorado schon längst verlassen hatten und uns in der Wildnis zwischen dem großen und dem kleinen Colorado befanden.

Unsere Umgebung, die aus Felsen von dreihundert bis tausend Fuß Höhe bestand, war durchgehend vulkanischer Art. Die senkrechten Wände, die, aus dem Fluß hoch emporragend, das linke Ufer bildeten, zeigten ungeheure Trapp- und Trachytmassen; auf dem rechten Ufer dagegen reihten sich aneinander in mannigfaltigen Schattierungen buntfarbige Porphyrfelsen und grünlich schimmernder Obsidian; über diese hinaus ragten dann wieder die schwarzen, stufenförmig übereinanderliegenden Schichten von lavaartigem Basalt und Trapp. Auch Granit erblickte ich hin und wieder sowie Quarz in geringen Mengen und in den Bruchstücken des auf der Sandbank umherliegenden Trachytgerölls zahlreiche braune, aber nicht durchscheinende Granaten (Melanit).

Nach gewöhnlicher Weise brannten wir des Abends zur bestimmten Stunde die drei Signalraketen ab und spähten zugleich von den Höhen aus nach einer Antwort, doch vergeblich; nichts verriet uns die Nähe der längst erwarteten Hilfe, und etwas beunruhigt über das Geschick derselben, suchten wir die nächtliche Ruhe zwischen unseren mit Sand beschwerten Decken.

8. März. Den Versuch, den ich am frühen Morgen unternahm — zwischen den Felsen und dem Strom tiefer in die Schlucht hineinzuwandern —, mußte ich bald wieder aufgeben. Ich gelangte zwar um den nächsten Vorsprung herum, was ungefähr eine halbe Meile oberhalb des Lagers war, doch erreichte dort die Sandbank, die meinen Weg bildete, ihr Ende, und auf beiden Seiten erhoben sich die Felsen wieder unmittelbar aus dem Wasser, jedes weitere Vordringen auf dem Landweg abschneidend. Aber auch auf dem Wasserweg erblickte ich Schwierigkeiten und Hindernisse, die für die »Explorer« wohl zu mächtig gewesen wären und höchstens nur in einem leichten Ruderboot überwunden werden konnten.

An der letzten Ecke, von wo aus ich die südliche Öffnung des Cañons übersehen konnte, setzte ich mich nieder, um eine Skizze des als »Head of the navigation« (Ende der Schiffbarkeit) so wichtigen Punktes zu entwerfen, und wohl war es ein schönes Bild, das dort vor mir lag.

 

Die majestätischen Felsformationen am Colorado habe ich in diesem Werk schon so vielfach zu schildern versucht, daß ich es kaum noch wage, mich in Darstellungen zu ergehen, die notwendigerweise zuletzt als Wiederholungen erscheinen müssen. Wenn auch in der Wirklichkeit der Eindruck, den einander gleichende, ja sich scheinbar wiederholende Naturszenen auf das Gemüt zurücklassen, stets den Reiz der Frische und der Neuheit behält, so sind doch Worte zu arm, um von diesen auch nur annähernd ähnliche Wirkung erwarten zu dürfen. Und wenn es mir auch gelingt, die bis in den blauen Äther hinaufreichenden kolossalen Felswände, die, sich gleichsam zueinander hinneigend, dem wilden Strom ein enges, aber unerschütterliches Tor öffnen, zu verbildlichen — wie sollte ich wohl auf verständliche Weise die Gefühle beschreiben, die durch einen solchen Anblick geweckt werden? Es ist ja nicht nur das regungslose, aber majestätisch übereinandergetürmte Gestein, das zur Bewunderung hinreißt, sondern auch der sonnige Himmel, der sich darüber wölbt und grell kontrastiert mit den tiefen Schatten der Klüfte und senkrechten Abhänge.

An jenem Morgen, als ich zeichnend auf der Sandbank saß und die Blicke auf die Öffnung des Cañons richtete, wurde die schöne Aussicht auf liebliche Weise durch den Hintergrund vervollständigt, indem der weithin sichtbare Spiegel des Stroms, strahlend im Sonnenglanz und eingefaßt von lichtgrünen Weidenstreifen, sich in das von hohen Felsen umrahmte Bild hineindrängte; in weiter Ferne erhob sich, eingehüllt in duftiges Blau, der »Berg der Toten« mit all seinen Zacken und Türmen, und gerade unter demselben, auf falscher Flut, lag die kleine »Explorer«. Das Dampfboot verschwand gleichsam in seiner Umgebung, und wie ein Pünktchen erschien es gegenüber so gewaltigen Naturwerken.

Als ich meine Arbeit beendet hatte und mich zur Heimkehr ins Lager rüstete, schoß ich meine Büchse ab und erfreute mich an dem Echo, das anfangs den Knall mehrfach wiederholte, dann aber wie ein langgedehnter und allmählich schwindender Donner über dem Wasser hinrollte und den Windungen des Cañons sowie der Nebenschluchten folgte.

Sechs kurz hintereinander abgefeuerte Schüsse des Revolvers verstärkten die Wirkung des Echos auf zauberische Weise, doch als wir im Lager einen Schuß aus der Haubitze in die Schlucht hineinsandten, da schien es, als ob die Felsen in ihren Grundfesten erbebten und über uns hinstürzen wollten; Donner folgte auf Donner, je nachdem der Schall immer neue Schluchten erreichte und an den verschiedenen Felswänden abprallte. Auch mit Musik und Gesang versuchten wir es am Abend dieses Tages, den Widerhall zu wecken, und trotz unserer rauhen Stimmen klang es von der anderen Seite des Colorado nach jeder Strophe wie leiser Geisterruf zu uns herüber. Wir alle freuten uns, und mehrfach wurde die Bemerkung laut: »Wie schön wär’ es hier, wenn wir nicht so hungern müßten!«

Am 9. März brach Lieutenant Ives endlich zu seiner Reise in den Cañon auf; wir alle hätten ihn gern begleitet, doch der Kahn war zu schwach und konnte überdies nur mit zwei Ruderern bemannt werden, weshalb es sich von selbst verstand, daß Lieutenant Ives als Kommandeur der Expedition die Fahrt allein unternahm. Mit etwas Lebensmitteln, Sextanten, Chronometer und Barometer versehen, von Kapitän Robinson und einem Bootsmann begleitet, empfahl sich also Lieutenant Ives. Wir wünschten ihm Glück zur Reise, und bald darauf verschwand das Boot hinter dem nächsten Felsvorsprung.

Das schöne Wetter, mehr aber noch der Wunsch, frisches Fleisch herbeizuschaffen, hatte bei den meisten unserer Leute die Jagdlust angeregt, doch erhielt wegen der Sicherheit nur ein kleiner Teil die Erlaubnis, sich zu entfernen. Daß dort von der Jagd nicht viel zu erwarten sei, hatten uns Iretéba und Navarupe schon mitgeteilt; sie selbst wanderten freilich auch zuweilen ins Gebirge, doch nur, um Eidechsen und große, fleischige Molche zu fangen, die sie mittels kleiner Stäbchen geschickt aus den Felsenritzen hervorzutreiben wußten. Sie brachten mir jedesmal ihre Beute, und ich zahlte ihnen für das, was mir wertvoll erschien, die beliebten weißen Perlen; die Tiere dagegen, die ich verschmähte, rösteten sie auf Kohlen und verzehrten sie danach als ganz besondere Leckerbissen.

Unsere Indianer befanden sich überhaupt bei der ganzen Expedition am wohlsten, denn während wir alle mehr oder weniger erkrankten, schien ihnen die Lebensweise vortrefflich zu behagen, und diese wich ja auch nicht von ihren eigenen Bräuchen und Gewohnheiten ab. An Vogelwild erbeutete ich an jener Stelle nur eine schöne Tauchente, doch beobachtete ich hin und wieder kleine Flüge von anderen Enten, die mit der Schnelligkeit eines Pfeils dicht über dem Spiegel des Stroms hinflogen, sowie auch rötlich gefärbte Falken, die hoch oben zwischen unzugänglichen Felsenzacken horsteten.

Die Jäger kehrten gegen Abend, wie vorherzusehen war, ohne die geringste Beute zurück, ja sie hatten nicht einmal Spuren von Wild erblickt und wußten nur von einer schrecklichen Felsenwildnis zu erzählen, in der sie während des ganzen Tages umhergeirrt waren. Nur der Schiffszimmermann, der überall nach Gold und Edelsteinen umhersuchte, brachte uns Proben von Gestein mit, die unsere Aufmerksamkeit erregten und die sowohl den Doktor wie mich veranlaßten, einige Tage später in derselben Richtung das Gebirge zu durchstreifen. Es waren dies nämlich Opale, wie sie in trachytischen Trümmern vorkommen, und Quarzkristalle, die bald als strahlenreiche Sterne, bald in Nestform lose an den Abhängen umhergelegen oder noch fest an dem vulkanischen Gestein gehaftet hatten.

10. März. Die Unruhe, die wir darüber empfanden, daß unsere Signale noch immer unbeantwortet blieben, vergrößerte sich mit jedem Tag. Uns allen war es nämlich nicht fremd, daß Lieutenant Tipton, der Kommandeur der Eskorte, trotz seines besten Willens hinsichtlich seiner Erfahrung der Stellung nicht gewachsen war, in der er sich zu jener Zeit befand. Zwar wußten wir den sehr erfahrenen und braven Peacock an seiner Seite, doch war nicht anzunehmen, daß der junge Offizier, der die in der Schule gewonnenen Vorurteile noch nicht abgestreift hatte, sich dem Rat einer ihm in mancher Beziehung weit überlegenen Zivilperson fügen würde. Was wir daher am meisten befürchteten, war ein durch Unvorsichtigkeit herbeigeführter Bruch der Soldaten mit den Eingeborenen, was besonders zu jener Zeit, wo alle Gemüter durch den Mormonenkrieg aufgeregt waren, notwendigerweise den Untergang der ganzen Expedition herbeiführen mußte. Wie nahe ein solcher Bruch mehrmals bevorstand, erfuhren wir später aus zuverlässiger Quelle, und es kann gewiß nicht gutgeheißen werden, daß zum Beispiel mit einer Pistole — glücklicherweise ohne zu treffen — auf mutwillige, ja ich gehe weiter und sage böswillige Indianer geschossen wurde, wo festes und wohlüberlegtes Einschreiten jedem ernsten Zusammenstoß am sichersten vorgebeugt hätte.

Da wir nicht lange in jener Lage bleiben durften, vor der Ankunft des Trains aber kein Entschluß gefaßt werden konnte, so sandten wir unseren dienstfertigen Iretéba zurück nach den Mohave-Dörfern im Cottonwood-Tal, um dort die neuesten Tagesereignisse für uns kennenzulernen.

Bei der Schnelligkeit, mit der nämlich Nachrichten, sogar unter verstreut lebenden Eingeborenen, teils durch Läufer,Der Brauch, wichtige Nachrichten durch Läufer zu befördern, hat sich bei den eingeborenen Stämmen von Nordamerika sowohl als von Südamerika aus dem grauesten Altertum bis auf den heutigen Tag erhalten. Je nach der Stufe der Kultur, aber auch der Bodengestaltung, finden wir die Art der Beförderung von Nachrichten bei den verschiedenen Völkern ausgebildet und organisiert. Während vor Jahrhunderten der erschöpfte peruanische Läufer auf der Kunststraße des Inkas dem an der Station harrenden Weiterbeförderer schon aus der Ferne die betreffenden Nachrichten zurief, wandert jetzt der Bewohner des Coloradotals mühsam auf gefährlichen Pfaden über zackige Gebirge oder benutzt, ähnlich den schwimmenden Postboten des unteren Rio de Guancabambo in Südamerika, den Strom als seine Straße. Bündel leicht schwimmender Binsen unterstützen den Coloradoboten, wie der leichte Holzblock den südamerikanischen Schwimmer. teils durch Signalfeuer verbreitet werden, glaubten wir jedenfalls erfahren zu können, ob und wann unser Train das südliche Tal der Mohave-Indianer erreicht habe. Iretéba, ein tüchtiger Fußgänger, legte die Reise zu den nördlichsten Dörfern in achtzehn Stunden zurück und überbrachte uns die Nachricht, daß unsere Gefährten noch nicht eingetroffen seien und daß man dies so genau wisse, weil am vorhergehenden Tag ein Läufer von Kairooks Dorf angelangt sei, der weder von Soldaten noch von langohrigen Pferden (Maultieren) etwas gewußt habe. Keine Nachricht war in diesem Fall auch eine Nachricht, und zwar eine solche, die etwas niederschlagend auf uns wirkte. Daß der Train wirklich Fort Yuma verlassen hatte, wußten wir schon seit geraumer Zeit, sogar der Tag der Abreise war uns durch Lieutenant Tipton in einem Brief von der Monumentbergkette aus bekanntgemacht worden; um so unerklärlicher mußte es uns also erscheinen, daß weder Train noch Nachrichten von diesem eintrafen.

Zugleich mit Iretéba langten noch vier andere Mohaves bei uns an; sie führten Fischergerätschaften mit sich und waren dieselben Leute, welche uns schon bei einer früheren Gelegenheit im Cottonwood-Tal mit Fischen versorgt und später nachzufolgen versprochen hatten. Da mir Lieutenant Ives zum Tauschhandel mit den Eingeborenen die von dem Gouvernement zu solchen Zwecken bestimmten Artikel zur Verfügung gestellt hatte, so wurde es mir nicht schwer, durch einige Streifen von weißem Baumwollzeug die Indianer zu immer erneuten Anstrengungen aufzumuntern, und es herrschte infolgedessen auf einige Tage ein Überfluß an Fischen in unserem Lager. Ich bemerkte indessen stets nur die beiden Spezies, die ich schon früher erwähnte, und erhielt ein Exemplar von solcher Größe, daß dieses allein schon reichte, unsere ganze Mannschaft mit einer Mahlzeit zu versorgen.

Diese Abwechslung auf unserem Tisch war besonders dem menschenfreundlichen Doktor willkommen, der seine antiskorbutischen Mittel fast ganz erschöpft hatte und daher jede Gelegenheit, die sich zu einer Veränderung in unserer Lebensweise bot, begrüßte.