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Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas

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Wie ich schon oben bemerkte, bilden die Schluchten die Mittel zur Kommunikation in diesem durchbrochenen Terrain, und wir folgten daher einer solchen nach, in der wir die schwachen Spuren von Wagenrädern entdeckten. Ein schmaler Bach, der aber viel lehmiges Wasser mit bedeutender Schnelligkeit den beiden Seen zuführte, bildete gleichsam unseren Wegweiser, und wir zogen an diesem aufwärts, wobei wir nach einem geeigneten Weideplatz ausschauten, um dort die Nacht zuzubringen. Doch das Frühlingsgrün ruhte noch verborgen in feuchter Erde, und das alte Gras war von den Herden der Navajos dicht auf dem Boden abgenagt worden, so daß uns kaum noch eine Wahl übrigblieb.

Nach einem Marsch von achtzehn Meilen hielten wir an, errichteten unser Zelt unmittelbar auf dem Ufer des Bachs und teilten unsere Lebensmittel so ein, daß uns für den folgenden Tag noch zwei Mahlzeiten übrigblieben, mit denen wir Fort Defiance zu erreichen hofften. Unser Lager füllte sich bald mit Eingeborenen, die auf flüchtigen Pferden herbeigesprengt kamen und wenn auch nicht mit großer Besorgnis, so doch mit unruhiger Neugierde nach dem Zweck unserer Reise forschten. Die Leute schienen kein gutes Gewissen zu haben und brachten die unvermutete Ankunft einer amerikanischen, bewaffneten Macht augenscheinlich mit einigen ihrer zuletzt verübten Räubereien in Zusammenhang, um so mehr, weil wir aus einer Richtung kamen, die seit langer Zeit nicht von den Amerikanern bereist war. Wir beruhigten sie indessen sehr bald und suchten ihnen dann einige ihrer flinken, dauerhaften Pferde abzuhandeln; natürlich für Geld und Gut, was wir auf dem Fort zu beziehen hofften. Wir fanden sie indessen wenig geneigt, sich von guten Pferden zu trennen, und schlechte konnten uns auf der Büffeljagd in den Prärien, zu welchem Zweck wir Rennpferde wünschten, von keinem Vorteil sein. So begnügten wir uns denn mit der Unterhaltung, welche uns die einsilbige, wilde Gesellschaft bot, sorgten aber dafür, daß vor Einbruch der Dämmerung sich der letzte Indianer mit seinem Pferd aus unserer Nachbarschaft entfernte.

Wir setzten am 14. Mai die Reise in der Schlucht fort, deren Charakter im allgemeinen beständig derselbe blieb. Nur dadurch, daß unser Weg langsam anstieg, das Plateau sich aber in geringem Grad gegen Norden senkte, rückten wir der zedernbewaldeten, höchsten Gesteinslage näher, und vielfach erblickten wir die verschiedenartigsten Gruppen von Eingeborenen, die träge auf den Felsabhängen umherkauerten oder -lagen und mit einem gewissen Gleichmut auf uns niederschauten. Die Nachricht von unserer Ankunft hatte sich übrigens schon weit verbreitet, denn bei jeder Biegung der sich erweiternden Schlucht beobachteten wir berittene Indianer, die emsig bemüht waren, die Pferde und Maultiere, die zu Tausenden das Tal belebten, von der Straße abwärts zu treiben, um sie nicht mit unserer Herde in Berührung kommen zu lassen.

Auch zwischen kultivierten Feldern führte unser Weg hindurch; diese waren künstlich bewässert, und Mais und Weizen waren mittels Hacken in den Boden gebracht worden, doch sah man der Arbeit an, daß sie auf träge Weise und mit einem gewissen Widerwillen verrichtet war.

Der Boden der Täler und Schluchten lag endlich nur noch wenige Fuß niedriger als die abgesonderten Flächen des Plateaus, doch nah und fern ragten über diese hinaus höher gelegene Steinschichten und Gebirgsmassen. Ein weiterer Überblick war uns nunmehr vergönnt; und es überraschte mich die Unzahl von Pferden, Kühen, Ochsen und Schafen, welche die Ebenen bedeckten und auf einen verhältnismäßig großen Reichtum der Bewohner deuteten. Die Hütten der Eingeborenen, die ich mehrfach zu beobachten Gelegenheit hatte, standen dagegen in gar keinem Verhältnis zu dem reichen Viehstand und zeugten mehr als alles übrige von der Trägheit und von den eigentümlichen Neigungen dieses wilden Volksstammes. Die Wohnungen bestanden einfach aus großen Lauben von Zedernzweigen, deren Wölbung auf starken Pfählen ruhte und von außen teilweise mit Erde, Lehm und Steinen bedeckt war. Trotz der schön gestreiften wollenen Röcke, mit denen die Weiber bekleidet waren, und trotz der ebenso grellfarbigen Decken, welche Männer, Weiber und Kinder in malerischen Faltenwürfen um die Schultern trugen, zeichnete sich doch die ganze Gesellschaft durch eine so ekelerregende Unsauberkeit aus, daß es mir jetzt fast unerklärlich erscheint, wie ich mir damals für einige Schuß Pulver einen Schafskäse kaufen und denselben auch mit dem größten Appetit verzehren konnte. Der Hunger tut aber weh, und wenn sich auch noch keine peinigende Not bei uns eingestellt hatte, gegen die wir uns durch ein geschlachtetes Maultier oder durch Schafe der Indianer leicht hätten schützen können, so fehlte es uns doch an Lebensmitteln, die durch ihre Nahrhaftigkeit der beständigen Bewegung im Freien entsprechend gewesen wären.

Um die Mittagszeit erreichten wir nach einem Marsch von zehn Meilen eine grasreiche Wiese, die zum Militärposten gehörte und zur Heuwerbung für die Besatzungspferde bestimmt war. Eine klare Quelle sprudelte am Rande derselben aus felsigem Boden, und da auf den nächsten Anhöhen verdorrte Zedern zwischen den noch grünenden umherstanden und es also bei der rauhen Temperatur nicht an dem nötigen Brennholz fehlte, so beschlossen wir, hierzubleiben und unsere Herde so lange auf der Heuwiese grasen zu lassen, bis uns vom Fort aus eine geeignetere Stelle angewiesen werden würde.

Wir waren nur sechs Meilen von Fort Defiance entfernt, und Lieutenant Tipton unternahm es daher, nach dem Posten zu reiten, um den kommandierenden Offizier noch an demselben Tag von unserer Ankunft in Kenntnis zu setzen und zugleich den Verbrecher abzuliefern. Ich freute mich, als ich den auf ein Maultier festgeschnürten Mexikaner unter Bewachung von zwei Soldaten das Lager verlassen sah, denn wenn ich mich auch stets von diesem entfernt gehalten hatte, so konnte ich doch nicht verhüten, daß zuweilen, gerade wenn ich es am wenigsten wünschte, meine Blicke auf die unglückliche Gestalt fielen, was dann immer auf längere Zeit meine Stimmung umdüsterte.

Peacock sowohl als ich hatten uns zur nächtlichen Ruhe in unsere Decken gewickelt, als wir plötzlich Pferdegetrappel vor den Zelten vernahmen und gleich darauf auch die Stimme des zurückkehrenden Tipton erkannten. Er war nicht allein, sondern ein junger Dragoneroffizier von der Besatzung hatte ihn begleitet, um die Nacht bei uns zuzubringen und uns am folgenden Morgen eine andere Lagerstelle anzuweisen. Welker hieß der junge Mann, der unsere Gastfreundschaft beanspruchte und sich auf liebenswürdige Weise mit einem Stoß Zeitungen und einer Flasche vom besten Arrak bei uns einführte. Schnell rollten wir daher zwischen unseren Decken hervor, und während unsere Diener die drei Betten in vier umwandelten, fachten wir das niedergebrannte Feuer zu hellen Flammen an, schlürften aufs gemütlichste unseren Grog und lasen uns gegenseitig einzelne Artikel aus den alten Journalen vor.

Nach einem Glas Grog schläft man gewöhnlich sehr gut, trinkt man aber vor dem Niederlegen deren zwei oder mehrere, so schläft man um soviel besser. So lautet ein altes Sprichwort unter den Steppenreisenden, und es verging uns denn auch in der Tat die Nacht so ruhig, wie wir es nur erwarten konnten. In aller Frühe waren wir indessen am folgenden Tag, dem 15.Mai marschfertig, und geführt von Lieutenant Welker folgten wir der Straße noch drei Meilen nach, worauf wir der westlichen nahen Bergkette zulenkten, wo wir nach einem Ritt von fünfzehn Minuten eine wasserhaltige Sackschlucht erreichten, die sich vortrefflich zu unseren Zwecken eignete. Da wir darauf rechneten, wenigstens acht Tage an jener Stelle verweilen zu müssen, so waren wir sorglicher bei der Errichtung der Zelte und berücksichtigten nicht nur die Bequemlichkeit, sondern auch das Anmutige der Umgebung, die, als wir aus der grauen Ebene in den grünenden Winkel eintraten, uns gleichsam entgegenlächelte.

An jenen Winkel knüpfen sich angenehme und schöne Erinnerungen; angenehm durch den geselligen Verkehr mit den Offizieren der Garnison, schön, weil die Natur hier aufs freigebigste so vieles geschaffen und zusammengefügt hatte, was ein empfängliches Gemüt mit inniger Freude erfüllen mußte; und ich beschreibe daher auch jenen Punkt mit einer ganz besondern Vorliebe.

Zwei etwa fünfundzwanzig Schritt voneinander entfernt stehende Felswände, die auf einer kurzen Strecke parallel miteinander hinliefen, waren die nächste Umgebung unseres abgeschlossenen Lagers; die Wände waren nicht hoch, doch bildeten sie die Basis baumreicher Hügel, die sich wieder an den nahen felsigen Gebirgszug anschlossen. In der Entfernung von hundert Schritt öffnete sich diese Schlucht in ein reizendes Tälchen, das teils von schroffen Abhängen, teils von massiven, hohen Felsmauern eingefaßt war. Das Westende der kleinen Fläche lief wieder in eine felsige Schlucht aus, die sich mehr und mehr verengte und bis hoch ins Gebirge hinaufreichte.

Was nun jenen Punkt am meisten auszeichnete, das war eine natürliche Brücke, die gleich hinter dem Eingang in das verborgene Tal die beiden Felsenufer miteinander vereinigte. Diese bestand aus einer einzigen kolossalen Platte von Konglomerat, die, fünfundzwanzig Schritt lang, zwölf Fuß breit und zwischen einem und zwei Fuß stark, in der Höhe von zehn Fuß horizontal auf den Uferwänden ruhte. Eine kristallklare Quelle rauschte aus dem Gebirge nieder, und ungestüm durch das Tälchen sprudelnd, polterte sie als kleiner Bach unter der Brücke durch, suchte sich um glattgewaschene Felsblöcke herum ihren Weg hinaus ins Freie, wo sie nach kurzem Lauf in dem porösen Boden versank.

Hohe Tannen und Zedern mit geborstener Rinde schmückten die nahen Abhänge und standen vereinzelt in der Schlucht und in dem Tal selbst, und da der Frühling in dem geschützten Winkel schon eingekehrt war, so gesellte sich zu der dunklen Farbe harziger Nadeln von Koniferen in den anmutigsten Schattierungen das lichtgrüne Laub von Zwergeichen, Cottonwood- und Weidenschößlingen, während an den losen Felsblöcken und Wänden sich wilde Stachelbeerstauden und junge Hopfenranken anschmiegten. Wo nun nacktes Gestein nicht die Oberfläche des Bodens bildete, da schimmerten lieblich kleine Grasplätze, als wenn sie mit künstlerischer Hand angelegt und sorgsam gepflegt worden wären.

 

All dies befand sich also auf dem beschränkten Raum; wenn ich aber schildern sollte, in welchem unnachahmlichen, schönen Einklang und doch malerischen, wilden Durcheinander die grauen Felsen, der sprudelnde Bach und die mannigfaltige Vegetation wie durch Zufall hingeworfen erschienen, so würde das meine Kräfte übersteigen; ich kann nur sagen, daß der Anblick der winzigen Landschaft mich überraschte und daß ich glaubte, in einen der verborgenen Gärten zu treten, auf welche die Natur in ihrem stillen, unerklärlichen Walten ihre ganze Sorgfalt verwendete, wie um dem einsamen Wanderer eine unvermutete Freude zu bereiten.

Im Eingang der Schlucht befand sich unser Lager, heller Sonnenschein erwärmte die Atmosphäre, hoch oben in den Kronen der Tannen sang der Wind in seiner eigentümlichen Weise, und im Schatten der Bäume und überhängenden Felswände dehnten sich träge die bestaubten, bärtigen Gestalten unserer Expedition. Da mich keine Geschäfte nach dem Fort hinaufriefen wie Peacock und Lieutenant Tipton, die beide für Lebensmittel zu sorgen hatten, so zog ich vor, im Lager zurückzubleiben und die nächste Umgebung zu durchforschen. Wie mich auf der Ebene vor der Schlucht das muntere Treiben der Präriehunde und Erdeulen ergötzte, deren reich bevölkerte Dorfschaften sich über Quadratmeilen ausdehnten, so erfreute mich in der Schlucht selbst, vorzugsweise aber in dem Tälchen, die kleine Vogelwelt, die sich gleich mir von der Umgebung angezogen fühlte. Singvögel mancher Art belebten das niedere Strauchwerk; an den Felswänden kroch hüpfend umher der zierliche Zaunschlüpfer und an den alten Stämmen der kleine Baumläufer. Von den bewaldeten Abhängen schrien mit heiserer Stimme die Häher und Spechte. Von den Gipfeln der hohen Bäume herab ließ die Turteltaube ihre melancholische Stimme vernehmen, während Schwalben den Tag über mit fröhlichem Gezwitscher die Lüfte durchschnitten und der die Dämmerung liebende Ziegenmelker mit unhörbarem Flügelschlag die Lagerfeuer umkreiste oder aus finsterem Winkel seinen klagenden Ruf zu uns herübersandte.

So fand ich zu jeder Zeit des Tages und nach jeder Richtung hin etwas zu beobachten; selbst der Bach, der dicht an meinem Zelt vorüberrieselte, fiel mir durch sein merkwürdiges Wesen auf, denn als ob die Arbeit des Tages ihn ermüdet hätte, so stellte er gegen Abend seinen Lauf ein und zeigte nur in den Felsvertiefungen noch kleine Wasserpfützen. Am folgenden Morgen dagegen rauschte er wieder mit neuen Kräften dahin, und erst gegen Mittag machte sich die Verringerung des Wassers von neuem bemerkbar.

Da die Quelle auf dem größten Teil des Weges durch die Schlucht über zusammenhängende Gesteinslagen rieselte, diese aber durch die Sonnenstrahlen bedeutend erhitzt wurden, so trat in der zweiten Hälfte des Tages eine außerordentlich schnelle Verdunstung ein, der die nächtliche Kühle erst wieder entgegenwirkte.

Die Tage des Harrens in diesem Lager vergingen in ungestörter Ruhe und unterschieden sich voneinander nur durch kleine Zwischenfälle, von denen einzelne des Hervorhebens wert sind, jedoch die Tagebuchform überflüssig machen. Ich zeichnete, jagte und vergrößerte meine Sammlungen in den Vormittagsstunden und widmete den übrigen Teil des Tages den uns besuchenden Offizieren des Forts. Diese schätzten sich glücklich, ihre vier Wände mit einem Plätzchen vor unserem gemütlichen Lagerfeuer vertauschen zu können, so wie es uns eine nicht weniger angenehme Unterhaltung gewährte, zeitweise unter Dach und Fach auf bequemen Stühlen zu sitzen und aus kristallenen Gläsern statt aus Zinnbechern zu trinken, alte Zeitungen zu lesen, Erkundigungen über das Land und seine Bewohner einzuziehen, zu plaudern, zu singen und zu musizieren. Die Indianer besuchten uns nur selten, und auch dann nur zu zweien oder dreien; doch wurden wir gleich am zweiten Tag auf äußerst empfindliche Weise daran gemahnt, gegen diese räuberische Horde auf der Hut zu sein. Unter dem Gepäck befanden sich nämlich auch vier leichte lederne Koffer, in denen Lieutenant Ives seine Journale und Notizen aufbewahrte. Als wir uns am Colorado Chiquito voneinander trennten, übergab er diese Peacocks besonderer Obhut, der nicht ermangelte, allabendlich die Koffer der Sicherheit wegen neben unserem gemeinschaftlichen Zelt unter der Felswand übereinander hinstellen zu lassen, und die Schildwachen erhielten strenge Anweisung, während der Nacht ständig umherzugehen und ihre Aufmerksamkeit zwischen der Herde, dem Gepäck, den Zelten und den lose umherliegenden Gegenständen zu teilen.

Es geschah alles wie angeordnet, doch als wir am frühen Morgen des zweiten Tages ins Freie traten, bemerkte Peacock augenblicklich, daß einer der Koffer fehlte. Nach einigem Umherspähen entdeckten wir, daß ein frecher indianischer Räuber unter dem Schutz der Finsternis an der Felswand heruntergeklettert war, die jedesmalige Abwesenheit der umherwandernden Schildwachen dazu benutzt hatte, den Koffer einige Fuß weiter nach dem Abhang hinaufzuschaffen und dann mit seiner Last über die Berge davongegangen war. Peacock begab sich sogleich mit drei Mexikanern auf den Weg, um dem Räuber nachzuspüren, und es gelang ihm auch, trotz des ungünstigen steinigen Bodens, die Fußtapfen des Indianers auf einer Strecke von vier Meilen zu verfolgen; dort aber war der schlaue Dieb in einen vielbetretenen Pfad eingelenkt, wo einige ihm zufällig begegnende Eingeborene seine ohnehin schon leichten Spuren vollständig verwischt hatten.

Es blieb nun noch als einziges und letztes Mittel, den Kommandanten des Postens von dem Vorfall in Kenntnis zu setzen, da er es vielleicht vermochte, durch Drohungen oder auch durch Verhaftung einiger Häuptlinge den Dieb zur Herausgabe seines Raubes zu bewegen, der überdies für einen Indianer nur sehr wenig vorteilbringend war, indem er aus beschriebenen und unbeschriebenen Büchern und Papieren bestand und also höchstens bloß zu Zigarrenhülsen verwendet werden konnte. Ganz gegen unser Erwarten bot der Kommandant eine bedeutende Summe Geldes und volle Straflosigkeit demjenigen, der die Papiere, wenn auch ohne Koffer, zurückbringen würde; der Dieb aber, wie es vorauszusehen war, eine Falle hinter solchen Anerbietungen vermutend, ließ nichts von sich hören oder sehen. Erst einen Tag vor unserer Abreise brachte ein Indianer einen Teil der Gegenstände, die er wahrscheinlich dem ersten Dieb entwendet hatte, um den versprochenen Lohn dafür in Empfang zu nehmen, doch fürchte ich, daß viele der astronomischen Beobachtungen, die Lieutenant Ives an der Mündung des Colorado anstellte, verlorengegangen sind.

Das milde Verfahren des Kommandanten diente gewiß nicht dazu, die Eingeborenen vor ähnlichen Räubereien zurückzuschrecken, und es blieb uns also nur übrig, die Wachsamkeit der Leute zu verschärfen und bekanntmachen zu lassen, daß jeder, der sich zur Nachtzeit verstohlen dem Lager näherte, von den Schildwachen erschossen werden würde. Die Drohung schien gefruchtet zu haben, denn die Diebe hielten sich fern von uns, und nichts ging uns mehr verloren während der ganzen Dauer unseres Aufenthalts bei Fort Defiance.

Unter 35° 40‘ n. Br. und 109° 14‘ 30“ westlich von Greenwich und in der Erhebung von 8300 Fuß über dem Meeresspiegel liegt in einem unregelmäßig begrenzten Tal Fort Defiance. Die nächste Umgebung bilden Berge und Reste eines höher gelegenen Plateaus, in denen die Sandsteinformation (new red sandstone) überall vorherrschend ist. Nur in der Entfernung von acht Meilen von dem Fort, in östlicher Richtung, erhebt sich auf kahler Ebene eine lange Reihe phantastisch geformter vulkanischer Felsen. Sowohl die schwarze Farbe des Gesteins, seine äußeren Formen, als auch der Umstand, daß die ganze Kette wie plötzlich aus der Ebene aufgetaucht erscheint, läßt kaum einen Zweifel über ihren Ursprung, und man ist beim bloßen Hinblick auf diese schon geneigt, sie als Produkt des alten Vulkans Mount Taylor zu betrachten, dessen Lavaströme nicht nur die östlichen Abhänge der Rocky Mountains vielfach bedecken, sondern auch ihren Weg auf der Westseite bis über Zuñi hinaus gefunden haben.

Der Kontrast zwischen den roten Sandsteinfelsen, die an den Abhängen der grasigen, mit Zedern geschmückten Berge hervortreten oder als mächtige Wälle sich kulissenähnlich hintereinander schieben, einerseits und den abgesonderten, schwarzen, dreihundert Fuß hohen Türmen und Kuppen andererseits ist über alle Beschreibung lebhaft und bei der Klarheit der Atmosphäre selbst in der Ferne scharf ins Auge fallend, und die ganze Landschaft erhält dadurch einen eigentümlich wild-romantischen Charakter.

Die Lage des Forts mit seinen zahlreichen Baulichkeiten ist kaum schön zu nennen, indem man aus allen Richtungen in der Entfernung von einer Meile kaum etwas anderes als den Flaggenstock wahrzunehmen vermag. Ersteigt man aber jeden beliebigen nahen Berg und schaut dann niederwärts, so kann man nicht umhin, sich über die Art zu freuen, in der die grauen Baracken, Ställe und Häuserreihen jedesmal das wie ein Teppich ausgebreitete Bild vervollständigen. Zur Wahl jener Stelle hat ein nie versiegender Bach Veranlassung gegeben, der aus einer nahen Schlucht, dem Cañon Bonito, schönes, klares Wasser dem Fort mit seinen Menschen, Tieren, Gärten und Feldern zuträgt. Es ist fast zu bedauern, daß die Militärstation aus strategischen Rücksichten nicht näher an der ebengenannten Schlucht gegründet werden konnte, in welchem Fall eine anmutigere Lage wohl kaum denkbar gewesen wäre; denn ich kann wohl sagen, daß, während meiner Reise in den Navajo-Territorien, ich keinen einzigen Punkt gefunden habe, wo sich auf verhältnismäßig geringem Raum imposantere und malerischere Formationen zusammengedrängt hätten, als im Cañon Bonito.

Die Schlucht bildet gleichsam ein mächtiges Felsentor, das durch einen Gebirgszug führt, so daß man vom Fort aus, auf ebenem Weg, zwischen Feldern, Gärten und reich bewässerten Wiesen hindurch, auf eine jenseits des Bergjochs befindliche Prärie gelangen kann, die von bewaldeten Hügeln lieblich umsäumt ist. Die Länge der Schlucht beträgt kaum eine Meile, die Breite vierhundert bis fünfhundert Fuß, und wie keine Unebenheit den in Felder und Wiesen abgeteilten Boden in derselben stört, so erheben sich auch über tausend Fuß hoch die dunkelroten, senkrechten Wände, ohne durch Spalten oder Vorsprünge unterbrochen zu werden. Einzelne Kakteen und verkrüppelte Zedern haben in kleinen Rissen oder auf Anhäufungen von Geröll am Fuß der Wände Wurzel geschlagen, doch außer diesen belebt nichts die drohend emporragenden felsigen Flächen.

Das Fort — oder die Militärstation, wie man es wegen des Mangels an Befestigungen richtiger bezeichnet — ist im gewöhnlichen mexikanischen Stil aufgeführt, das heißt, die einzelnen Gebäude erheben sich in Würfelform, und ein flaches Dach ruht auf den dicken Adobe- oder Lehmmauern. Die Kasernen und Wohnungen der Offiziere bilden ein großes, längliches Viereck, in dessen Mitte sich ein Brunnen befindet. Militärische Ordnung und Reinlichkeit zieren die Gebäude, und sogar der frische, grüne, von regelmäßigen Pfaden durchkreuzte Rasen schien zur Zeit meiner Anwesenheit militärisch zugestutzt zu sein. Um die Baracken herum liegen weniger schön geordnet die Pferdeställe, Werkstätten, Kaufhäuser und Beamtenwohnungen, und an diese schließen sich die zum nächtlichen Aufenthalt der Herden bestimmten Einfriedungen und die Gärten an. Und so macht denn das ganze Etablissement den Eindruck einer blühenden, jungen Stadt, deren äußerer Erscheinung weiter nichts fehlt als Obst- und Zierbäume, die wir ja gewohnt sind, in der kleinsten Ansiedlung zivilisierter Gegenden zu finden. Doch auch diese werden nicht lange auf sich warten lassen, denn obgleich erst acht oder neun Jahre seit der Gründung der Station verflossen sind, so erblickt man in den Gärten doch schon zahlreiche, kräftige Schößlinge, die versprechen, einst ebenso kräftige Bäume zu werden.

Die Besatzung von Fort Defiance besteht gewöhnlich aus zwei Schwadronen Dragoner, einer Schwadron reitender Jäger, zwei Kompanien Infanterie und einer Batterie von vier sechspfündigen Kanonen. Die Stärke der Besatzung ist übrigens von der Stimmung abhängig, in der sich die Navajos befinden, und die Übergriffe dieser Wilden, die mit Bequemlichkeit eine Streitmacht von dreitausend Kriegern zu stellen vermögen, haben schon mehrfach eine Verstärkung der Garnison veranlaßt, die in solchen Fällen neue Truppen von Albuquerque und Santa Fé an sich zog. Die Indianer, die sich noch immer als die Herren ihres angestammten Landes betrachten, begnügen sich übrigens damit, durch Räubereien, ja durch Drohungen die Amerikaner herauszufordern und in dem Augenblick, wenn diese im Begriff sind, zu Repressalien zu schreiten, sich wieder fügsam zu zeigen.

 

Seit langen Jahren waren die Navajos eine wahre Geißel aller benachbarten Länder und Völker, und in dem Bewußtsein ihrer Kraft, und gefürchtet wie sie waren, dehnten sie ihre Raubzüge bis unter die Mauern von Santa Fé aus, wo sie sich mit grenzenloser Frechheit der Herden der Einwohner bemächtigten und dann eilig ihren Schluchten und Bergen zuzogen. Da sie stets unvermutet erschienen, so kam die zu ihrer Verfolgung aufgebrachte Mannschaft immer zu spät, und von den Bergen herab verlachten sie ihre Feinde, während die Beute in den labyrinthischen Schluchten in Sicherheit gebracht wurde. Doch ebenso, wie sie die spanische Bevölkerung Neu-Mexikos heimsuchten, so übten sie und üben sie auch noch heute auf die friedlichen Stämme der benachbarten Zuñis und Moquis einen Druck aus, der den Viehstand, besonders aber die Pferdezucht dieser Städte bauenden Indianer nie zu einem rechten Emporblühen kommen läßt. Die Gründung einer Militärstation im Herzen ihres Landes, wo in jedem Augenblick Repressalien an ihren zahlreichen Herden genommen werden können, hat freilich dem großen Raubsystem der Navajos gegen die Weißen etwas Abbruch getan, doch seufzen die Moquis und Zuñis noch immer unter dem Joch der ihnen an Zahl so weit überlegenen Nachbarn, gegen die sie selbst vor den Amerikanern, die ihnen Schutz gewähren sollen, keine Gerechtigkeit finden.

Es ist eine Tatsache, die sich nicht ableugnen läßt, daß die Navajos den Offizieren von Fort Defiance täglich Klagen über die Räubereien der Zuñis und der Moquis vorbringen, und nie stärker, als wenn sie selbst einen glücklichen Raub an jenen vollbracht haben; Tatsache ist es ferner, daß ihren Klagen Glauben beigemessen wird, während doch augenscheinlich die Herden der Pueblo-Indianer nie zunehmen, die der Navajos sich dagegen bis ins Unglaubliche vermehren.

Welchen Grund ich solch ungerechtem Verfahren von Seiten der ihr Gouvernement vertretenden amerikanischen Offiziere zuschreiben soll, weiß ich nicht. Ist es nun der Umstand, daß die Moquis und Zuñis bei Vorbringung ihrer Klagen auf dem Fort keine willigen Ohren fanden und auf ihrer Heimreise durch das Gebiet der Navajos noch Spott und Hohn von diesen ernteten und sich infolgedessen ebenfalls durch Diebstahl schadlos zu halten suchten, oder ist es der Wunsch der kommandierenden Offiziere, Blutvergießen zu vermeiden, in Frieden mit der mächtigen Nation zu leben und es den Eingeborenen zu überlassen, ihre Zwistigkeiten unter sich zu beseitigen? Was es auch immer sei, ich selbst muß solches Verfahren für ungerecht erklären, weil in meinen Augen der Pueblo-Indianer, der in moralischer Beziehung den größten Teil der übrigen Bevölkerung von Neu-Mexiko so weit überragt, ganz dieselben Rücksichten verdient wie jeder andere Mensch, mag nun eine Haut so weiß wie Elfenbein oder so schwarz wie Ebenholz seine Seele decken.

So sehen wir hier wiederum, wie das Vorurteil gegen eine dunkler gefärbte Haut Ungerechtigkeiten und Verderben veranlaßt. Doch leider gibt es in den Augen eines großen Teils der amerikanischen Bevölkerung nur eine weiße und eine farbige Rasse, und während sich zwischen den Lästerern der Farbigen und ihren Opfern geschlechtliche Verbindungen bilden; während die Sprößlinge der verbrecherischen Leidenschaften Weißer und der unterdrückten, verkrüppelten Erziehung Farbiger den großen Kontinent überschwemmen, eifern Sklavenzüchter und Indianerfeinde gegen alles, was nicht ihre Hautfarbe teilt, und in diesen Fällen leider nur zu oft gegen ihr eigenes Fleisch und Blut.