Wir brauchen andere Trainings!

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Den Change leben

Wir brauchen in Zukunft Menschen, die befähigt sind, außerhalb ihrer eigenen kleinen Welt und Komfortzone Lösungen zu finden. Dieses Umdenken muss auch in der Wirtschaft stattfinden – und das funktioniert nur über die Änderung von Werten, eine neue Haltung, ein neues Bewusstsein.

Doch sind viele Unternehmen und / oder Organisationen bereits erkrankt oder akut gefährdet, zu erkranken. Die Gründe dafür spricht die Managementberaterin Stephanie Borgert an: »Kontrollzwang, Überbürokratisierung oder mangelnde Flexibilität sind weit verbreitet. Schwerfällig sind Unternehmen bei der Entscheidung zur Transformation vor allem, wenn sie wirtschaftlich gute Ergebnisse erarbeiten, denn dann lässt sich alles mit dem Argument ›Wieso, es geht uns doch gut‹ vom Tisch wischen.«25

Wie sieht die Zukunft aus?

Unsere Wirtschaft orientiert sich am monetären Wachstum, nicht am ethischen Wachstum, geschweige denn, dass sich die Big Player mit den UN-Zielen zur Nachhaltigkeit tiefer auseinandersetzen. In dieser Agenda formulierten die Vereinten Nationen 17 nachhaltige Ziele zur Lösung der globalen Herausforderungen. Sie umfassen unter anderem das Beenden von Armut, Hunger und Kriegen, den Schutz des Klimas und des Lebens zu Wasser und an Land sowie die Förderung nachhaltiger Industrialisierung und menschenwürdiger Arbeit, der Geschlechtergerechtigkeit und von Partnerschaften zur Erreichung dieser Ziele.26 Der Zugang zu hochwertiger Bildung steht an vierter Stelle!

Die Zukunft ist nicht kalkulierbar – wenngleich es gewisse deutlich erkennbare Tendenzen gibt. Die Wirtschaft wird sich mehr und mehr hin zu einer sogenannten Gig Economy27 wandeln, die unsere bisherige Arbeitswelt durcheinanderbringen wird. Der hohe Bedarf an Fachkräften für die komplexen Aufgaben der Zukunft – und der entsprechende Mangel – werden dazu führen, dass hochqualifizierte Talente nur für bestimmte Projekte in ein Unternehmen kommen und nach dessen Abschluss weiterziehen. Das ist das freiwillige Giggen. Die Menschen, deren Qualifikation für hochmoderne Unternehmensprozesse nicht ausreicht, müssen unter Umständen zunehmend mehrere kleine (weil geringer bezahlte) Gelegenheitsjobs parallel ausüben – das sind die unfreiwilligen Giggers. »In den USA werden 2020 rund 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung als Zeitarbeiter oder Freelancer arbeiten.«28 Auch wenn das soziale System in Deutschland (noch) ein ganz anderes ist, gibt es auch hierzulande immer mehr Menschen mit Zweit- oder gar Drittjobs. Und der Fachkräftemangel macht sich ohnehin bereits heute bemerkbar.

Wir müssen umdenken. Mahner und Mahnerinnen finden sich überall und gute Beispiele ebenso. Doch wir müssen lernen – es braucht neue Überzeugungen, neues Verhalten, neue Visionen. Dazu brauchen wir stimmige Impulse, die auch aus dem Coaching und der Bildung kommen. Unter anderem deshalb ist das Modell der lernenden Unternehmen und Organisationen die Zukunft. Eine neue Lernkultur ist ein wichtiger Trägerstoff für Kollaboration, Mitbestimmung, Verantwortungsübernahme und ähnlich wichtige Aspekte in den neuen Arbeitswelten.

Je flexibler die Lernkonzepte in den Unternehmen sind, desto höher ist die Selbstverantwortung der Mitarbeitenden – Fluch und Segen zugleich, je nachdem, wie man den Hebel der inneren Haltung einstellt.

Wir müssen lernen, größer zu denken: »Wir müssen dafür sorgen, dass alle Kulturen dieser Welt in ihrer Substanz bestehen bleiben und in eine alles überwölbende Weltkultur hineingenommen werden.«29 Aus diesem Grund gehören unsere Talente nicht nur einem Unternehmen, sondern der ganzen Welt, wie der Lernberater Kimo Kippen fordert. Seiner Meinung nach sollten Talente in Zukunft so gefördert werden, dass sie global betrachtet einen Nutzen bringen, also über die eigene Firma hinaus – ein deutlicher Paradigmenwechsel in puncto Personalentwicklung. Auf diese Entwicklung wie auch auf den digitalen Wandel müssen Führungskräfte und Trainer vorbereitet sein, mahnt Kippen. Jeder muss sich bewusst machen, dass seine eigene Entwicklung niemals abgeschlossen sein wird. Lebenslanges Lernen wird somit selbstverständlich.30

Lernen neu erfinden

Das bedeutet auch, dass wir anders lernen müssen. Wir müssen lernen, uns immer wieder neu zu erfinden, Altbewährtes loszulassen und auf das Ungewisse zu vertrauen. Resilienz und Disruption lauten die Schlagworte, die das aufgreifen. Auch eine große, tief greifende geistige Flexibilität gehört dazu. Meist geht sie einher mit großer emotionaler Belastbarkeit – denn Ambiguität zu leben, braucht eine persönliche Beteiligung. Sonst wird es kaum gelingen, die eigenen Glaubenssätze, Schlussfolgerungen und Werte aufzugeben und durch neue zu ersetzen.

Doch genau das kann in hochwertigen Trainings und Face-to-Face-Coachings geschehen. Deshalb brauchen wir Trainerinnen, die geistig flexibel sind, die den Change leben, über den sie sprechen, und die selbst eine gewisse Transformation hinter sich haben.

Der Weiterbildungsmarkt ist fragmentiert und die Schnittmenge des zu lernenden Wissens muss in den Unternehmen gemeinsam bestimmt werden. Weil ein jung gebliebener reifer Mensch andere Qualitäten hat als ein junger Mensch mit Reife, muss in den Unternehmen die ältere Generation der Wissenden in den Diskurs mit den jungen Menschen, den Expertinnen für »Modernes«, gehen. Beide gemeinsam müssen den Kurs bestimmen – mit den Impulsen von außen: den bisherigen Trainern und zukünftigen Lern- oder Entwicklungsbegleiterinnen, denn diese sind schlicht und einfach nicht betriebsblind. Daraus entsteht eine kostbare Schnittmenge. Diese Impulse von außen können auch exotischer Natur sein:

Umgang mit dem Planeten, Nachhaltigkeit, Ökologie, Achtsamkeit, etc.: z. B. indigene Völker

Veränderungskompetenz: gereifte Transgender-Persönlichkeiten, Menschen mit Flüchtlingshintergrund

Burn-out: Extremsportlerinnen und Abenteurerinnen

Die Babyboomer, die Nachkriegskinder, sind völlig anders geprägt als die jungen Generationen. Aber alle zusammen teilen sich Arbeitsplätze, die täglichem Wandel und steter Veränderung unterworfen sind. Alle gemeinsam – mit dem gleichen Ansatz – weiterbilden zu wollen, ist eine Farce und ein niemals zu realisierender Wunsch. Statt das Gießkannenprinzip anzuwenden, profitieren Unternehmen viel mehr von bedürfnisorientierten Konzepten, die jeder Generation gerecht werden. Alle brauchen letztendlich eine stimmige Ansprache beim Lernen, Alte wie Junge wünschen sich positive Lernerlebnisse und ein freudvolles und sinnvolles Lernen, das sie befähigt, auf den allgegenwärtigen Change zu reagieren.

Lernen neu leben

Wer weiter spüren und den Dingen auf den Grund gehen möchte, ändert nicht nur die Arbeitskultur, sondern im gleichen Atemzug auch die Lernkultur. Das Ressort »Interne Weiterbildung« muss mit allem verbunden sein, als isolierte Einheit im Organigramm ergibt es keinen Sinn. Wer sein Unternehmen weiterentwickeln möchte, muss die einzelnen Wechselwirkungen und Prozesse zusammen betrachten.

Das Lernen in der neuen Arbeitswelt bzw. der Arbeitswelt 4.0 besteht zu großen Teilen aus Austausch – in der Gruppe, im Team und im Netzwerk sowie mit ausgewählten Experten. Neue Konzepte wie WOL – Working Out Loud sind der Beweis, dass sich die Arbeitswelt wandeln lässt; die Ergebnisse überzeugen.

Was aber bedeutet »Working Out Loud« eigentlich? Der Begriff beschreibt eine bestimmte Mentalität der Zusammenarbeit. John Stepper hat diese Methode – die ursprünglich von Bryce Williams in Worte gefasst worden ist – weiterentwickelt. Er »beschreibt WOL als einen Weg, um Beziehungen aufzubauen, die einem helfen ein Ziel zu erreichen, eine Fähigkeit zu entwickeln oder ein neues Thema zu entdecken. Anstatt jedoch zu netzwerken, um etwas zu bekommen, soll in Beziehungen investiert werden. Durch das Einbringen von Beiträgen aus eigener Arbeit und Erfahrungen wird jeder Teilnehmer im Lauf der Zeit besser sichtbar. Die 5 Prinzipien von WOL lauten: Beziehungen (Relationship); Großzügigkeit (Generosity), Sichtbare Arbeit (Visible Work), zielgerichtetes Denken (Growth Mindset).«31

Lernende Organisation

Neben Scrum und Design Thinking gibt es auch das Konzept der lernenden Organisation, das Peter M. Senge bereits in den 1990er-Jahren prägte. Senge gilt als Vordenker des Konzepts, das auf fünf Fertigkeiten beruht:32

Personal Mastery – individuelles Wachstum: Das Konzept von Personal Mastery umfasst die beiden Aspekte Selbstführung und Persönlichkeitsentwicklung. Prägend ist dabei das kontinuierliche Streben nach Erweiterung und Entwicklung, aber auch die wiederkehrende Reflexion der eigenen individuellen Fähigkeiten, was ja nicht ganz einfach ist. Die individuellen Fähigkeiten können wiederum einen Einfluss auf das Wirken des Einzelnen in der Organisation haben. Für Peter M. Senge steht dabei der Mensch im Vordergrund, wohingegen die Leistungssteigerung ein positiver Nebeneffekt für die Organisation ist. Wichtig bei der Personal Mastery: dass jeder selbstbestimmt und aus eigenem Willen heraus die Elemente verinnerlicht und umsetzt. Freiwilligkeit und innere Überzeugung haben also eine große Bedeutung. Personal Mastery in der Organisation wird bestimmt durch den kulturellen Hintergrund, der in ihr verankert ist. Aus meiner Sicht bereitet er sozusagen das Bett für den Prozess der Personal Mastery: Ähnlich wie ein Flussbett dem Wasser den Halt gibt, gibt der kulturelle Hintergrund Halt und Kraft.

 

Mental Models – mentale Modelle: Mentale Modelle beziehen sich auf die kritischen Reflexionen, die unbewusst, unhinterfragt und oftmals stillschweigend vorausgesetzte Grundannahmen beinhalten. Ein recht kritischer Diskurs, bei dem das individuelle Handeln aktiv durch die intendierten mentalen Modelle gesteuert wird. Sie werden zum Denkrahmen. Ihre Funktion besteht darin, die innere Vorstellung vom Wesen der Dinge an die Oberfläche zu bringen, sie sollen sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig bilden mentale Modelle eine unbewusste bzw. versteckte Lebensphilosophie, denn sie bestimmen doch weit mehr den inneren Kurs, als wir oft denken. In Bezug auf die lernende Organisation werden mentale Modelle vorwiegend dazu verwendet, eine stetige Reflexion der Lernprozesse herbeizuführen. Meiner Erfahrung nach ist Selbstreflexion eine wichtige Voraussetzung, um sich weiterzuentwickeln, egal ob als Einzelne oder als Gruppe. Eine wesentliche Grundlage des Lernens ist das Verständnis der eigenen mentalen Modelle.

Shared Visioning – gemeinsame Vision: Die gemeinsame Vision bündelt sich in einem Bild, das es vermag, viele Personen intrinsisch zu motivieren und ihnen ein gemeinsames Ziel klar vor Augen zu führen. Solch eine Vision hat eine starke Kraft und Wirkung, vor allem wenn sie die Loyalität der Gemeinschaft in sich trägt. Durch die verschiedenen persönlichen Visionen können Synergieeffekte auftreten, die am Ende ein Gesamtbild ergeben, das von allen Mitgliedern einer Organisation voll und ganz getragen wird. Ein hohes Maß an Empowerment geht damit einher.

Team Learning – Lernen im Team: Beim Team Learning kann das Phänomen des »Ausrichtens« beobachtet werden. Darunter versteht man den Zusammenschluss von Individuen zu einer Gruppe oder Organisation. Die Funktion als Einheit wird im Wesentlichen durch die Ausrichtung der unterschiedlichen Kräfte innerhalb der Gruppe bestimmt. Ich spreche in diesem Zusammenhang auch gerne von der Kohäsion einer Gruppe, denn wenn diese Kräfte synergetisch auftreten, kann die Leistungsbereitschaft der Gruppe größer sein als die Summe der einzelnen Teile. Dieser Effekt lässt sich sehr gut nutzen.

Systems Thinking – Denken in Systemen: Durch eine ganzheitliche Betrachtung des Systems werden die Wirkmechanismen und das zu erwartende Verhalten in einer symbolischen, formalen Sprache beschrieben. Auch das setzt die Bereitschaft zur Reflexion voraus; dadurch können typische Verhaltensmuster (Systemarchetypen) erkannt, besprochen und bearbeitet werden.

Das Wissen teilen

Der Diplom-Psychologe und Lernexperte Johannes Moskaliuk empfiehlt, Lernen als Netzwerken zu verstehen: Zu verschiedenen Zeiten kommen verschiedene Menschen und Tools zusammen, sodass am Ende verschiedene Netzwerke verschiedenes Wissen haben, aber keiner alles weiß. Daraus lässt sich ableiten, dass auch die unterschiedlichen Abteilungen in Unternehmen unterschiedliches Wissen besitzen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir unser Wissen teilen müssen. Das gilt übrigens auch im globalen Rahmen, über unsere Staatsgrenzen und Unternehmensgrenzen hinaus. Wissen sollte allen Menschen zur Verfügung stehen und darf nicht ausgewählten Hoheiten gehören, die dieses womöglich einseitig nutzen.

Ausdruck dessen ist für mich die Zunahme von Open Educational ResourcesOER – und der Open-Source-Konzepte, die international zugänglich sind. Darin steckt zugleich die große Chance, für sich selbst die Lernverantwortung zu übernehmen. Dementsprechend stehen auch Unternehmen und Organisationen, Schulen und berufliche Ausbildungsorte in der Pflicht, die bestmöglichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, das Lernen zu lernen.

Und hier kommt wieder die bereits angesprochene Idee von Kimo Kippen ins Spiel. Wir brauchen die Talente der Menschen in der Welt, es reicht nicht, sie nur für die eigene Firma zu entwickeln. Früher konnte man als Fachkraft 30 Jahre an einem Platz oder in einem Unternehmen sein. Auch der Anspruch an persönliche Weiterbildung war geringer – es gab ohnehin nicht viel Neues zu lernen. Doch das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten rasant geändert, und der Wandel wird – ich sage es noch einmal deutlich – nie wieder so langsam sein wie jetzt. Wir brauchen neue Lösungen und Herangehensweisen, somit brauchen wir frisches Wissen, aktuelles Können und zeitgemäße Fähigkeiten. Durch kontinuierliche Veränderungen entwickeln sich Talente auch rapide weiter.

Daraus folgt: Wenn Menschen – also eben diese Talente – punktuell und projektbezogen in Unternehmen kommen, müssen die Onboarding-Prozesse schneller sein. Lange Einarbeitung ist passé – die Menschen bringen Vorwissen mit, wenn sie an einen neuen Arbeitsplatz kommen. Weiterbildung muss sie dort weiterbegleiten und -fördern, wo sie fachlich stehen, und nicht dort, wo das Webinar gerade anfängt.

Lernen lernen

Die Unternehmen wie die Mitarbeitenden müssen – nein, sie dürfen dem Lernen eine völlig neue Bedeutung beimessen und ein ständiges, lebenslanges, autonomes, selbstorganisiertes Lernen lernen. Doch wie funktioniert das?

Wir lernen, wenn die Ereignisse im Seminar uns zutiefst bewegen und eine Bedeutung für uns haben. Wir lernen, wenn wir erfahren, dass es sich lohnt, unsere Einstellung oder unser Verhalten zu ändern. Wir lernen von Menschen, denen wir Glauben schenken, denen wir vertrauen und die genau das verkörpern, was wir auch für uns möchten.

Einen Großteil der eigenen Weiterentwicklung werden Menschen aus der Gig Economy für sich selbst organisieren. Andere wiederum werden primär am Arbeitsplatz weitergebildet. Ein toller Anknüpfungspunkt für gutes Training – off- und online. Insbesondere die Jungen wählen die Wege ihrer persönlichen Weiterentwicklung sehr individuell.

Das gerade gefragte Wissen ist letztendlich überall im Netz vorhanden. Manches Mal finden sich dort schneller gute Inhaltsvideos oder TED-Talk-Beiträge, als sie das unternehmensspezifische webbasierte Training vorhält. Wir benötigen jedoch die Selbstlernkompetenz, daraus auch einen Nutzen zu ziehen. Selbstlernen geht nicht ohne Selbstmanagement. Unternehmen sollten demnach Kurse zu Lernstrategien und Lerntechniken anbieten, dann kann das frei im Netz verfügbare Wissen besser genutzt werden. Und wenn dieses Wissen interessanter und relevanter ist als das, was das Unternehmen anbietet, gibt es noch einen Grund mehr, die E-Learning-Konzepte regelmäßig hinsichtlich Akzeptanz, Relevanz und Qualität zu überprüfen.

Vor allen Dingen muss »das große Ganze« mehr in den Blick rücken. Die Unternehmen und Institutionen wissen oft noch zu wenig darüber, dass Lernen inzwischen ganz anders abläuft als noch vor wenigen Jahren. Der von Jane Hart herausgegebene Annual Digital Learning Tools Survey dokumentiert dieses neue Lernverhalten.33 Im Jahr 2018 standen YouTube an erster und Twitter an vierter Stelle der persönlichen und beruflichen Lern-Tools. Vermutlich ist dieses Votum der Befragten den Personalentwicklern und Trainern noch wenig bewusst, zumal PowerPoint in den Kategorien »Lernen am Arbeitsplatz« und »Ausbildung« die Nummer eins ist. Diese Befragung wird allerdings unter den Führungskräften, Trainern und Ausbildern durchgeführt und nicht unter den Teilnehmenden.

Die Studie sagt umso mehr über die Gewohnheiten der Lernenden aus – sie schauen sich Videos an, nicht PowerPoint-Präsentationen (und viele Webinare sind kaum etwas anderes als aneinandergereihte Folien). Wenn sie lebenslang lernen »sollen«, sollten die Unternehmen und die Trainer genau auf diese Gewohnheiten und Vorlieben Bezug nehmen – insbesondere im Hinblick auf die nachrückenden Millennials. Es wird künftig eine individuelle Mischung aus Trainings, webbasierten Kursen, Inhalten, die im Berufsalltag gelernt und angewendet werden, und anderem sein. Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter genau in diesem individuellen Mix unterstützen, sodass diese wirklich »lebenslang Lernende« werden. Letztlich profitieren das Unternehmen und die Mitarbeitenden davon. Beide sind Garanten für einen gelingenden Kulturwandel.

Ein weiterer Trend im Bereich Lernen: das Modell des Ökosystems zur Digitalisierung der Unternehmen. Für viele Menschen hat die neue smarte Technik große Vorteile; sie macht ihren Alltag leichter, sicherer und bequemer. Solche smarten Lösungen und Ideen erwarten sie auch von Dienstleistern und Verkäufern. Ein digitales Ökosystem umfasst dann alle digitalen Systeme und alle Personen, die damit verbunden sind (Unternehmensmitarbeiter einschl. Management, Kunden, Interessenten, Dienstleistern, Zulieferern etc.) – wobei der Kunde der entscheidende Akteur ist. Genau an dieser Stelle liegt für viele Unternehmen eine der aktuellen Herausforderungen: Viele ihrer Mitarbeitenden sind diesem Prozess (noch) nicht gewachsen, interne Prozesse sind noch nicht vollständig digitalisiert und ändern sich manchmal schneller, als man sie implementieren kann. So wurden die bis vor Kurzem viel gelobten Apps längst wieder von Bots abgelöst, weil viele Kunden keine Formulare mehr ausfüllen wollen, seit Alexa und Co. alles über eine Spracherkennung erledigen und herbeischaffen.

Einen wichtigen Aspekt kann ich an dieser Stelle nur andeuten: Wissenschaftler wie Manfred Spitzer warnen bereits vor den negativen Auswirkungen der Digitalisierung: Durch den fast ununterbrochenen Aufenthalt in der digitalen Welt kann es zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Die Sache ist wie so oft zweischneidig. Einerseits können durch Anwendungen der virtuellen Realität Phobien behandelt werden, andererseits können sie auch Traumata auslösen.34 Es braucht also bezogen auf Chancen und Risiken der Digitalisierung ein hohes Bewusstsein und entsprechende Achtsamkeit, was der eigenen Gesundheit (noch) zuträglich ist, und bewusste Auszeiten von allem Digitalen und Schnellen.

Darüber hinaus bleibt noch die Frage, ob wir wirklich wollen, dass die künstlichen Intelligenzen (KI) einen Teil unseres Denkens übernehmen. Unsere Gedanken, unser Wissen und all die abgespeicherten Eindrücke, die wir im Kopf haben, machen uns als Menschen aus. Wir sind einzigartig durch sie und sollten uns das nicht nehmen lassen.

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