Das Ende der Anweisung

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Driver’s Seat


Je komplexer die äußeren Anforderungen, desto eher neigen wir dazu, unsere Selbstbestimmung aufzugeben. Statt auf dem Fahrersitz des Lebens Platz zu nehmen, sind wir nur noch passiver Beifahrer oder – schlimmer noch – kauern wie gelähmt im Kofferraum. Wir sehen uns als Opfer der Umstände und werden zu Getriebenen. Im schlimmsten Fall führt dieses Verhalten geradewegs in die Erschöpfungsdepression (»Burn-out«), im Normalfall liefert die Opferhaltung Entschuldigungen und Ausflüchte: »Mit der Deadline hat es nicht geklappt, weil ich einfach zu viel auf dem Schreibtisch hatte«, vulgo: »Ich kann nichts dafür!« Im zweiten Kapitel lesen Sie, wie Sie das Steuer im Berufsalltag fest in der Hand behalten und wie Sie Mitarbeitende dazu bringen, ebenfalls auf dem »Driver’s Seat« Platz zu nehmen.

Realitätsanker


Die Situation kennt vermutlich jeder: Unser Gegenüber müsste sich bewegen, um ein vereinbartes Ziel zu erreichen, eine getroffene Absprache tatsächlich einzuhalten oder seinen Beitrag zum Projekterfolg zu leisten. Doch der andere mauert, vertröstet zum wiederholten Male, findet Ausflüchte. Führungskräfte mit Weisungsbefugnis greifen schließlich zur Hierarchiekeule (»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie …«), Projektkollegen verzweifeln, drohen, schimpfen. Erreicht wird wenig oder nichts, die Beziehung ist belastet und das erschwert die nächste Kooperation. Wirksamer als Interventionen auf der Beziehungsebene ist in so einer Situation der konsequente Hinweis auf unverrückbare Tatsachen (»Bodenpunkte«), beispielsweise durch Aussagen wie: »Die Projektverzögerung kostet unser Unternehmen 500 000 Euro« oder »Wenn wir nicht am 1.10. liefern, droht uns eine Konventionalstrafe von 30 000 Euro«.

Im dritten Kapitel zeige ich Ihnen, wie Sie Ihr Gegenüber durch das Realitätsprinzip dazu veranlassen, die eigene Komfortzone zu verlassen. Damit tritt das Realitätsprinzip an die Stelle des hierarchischen Prinzips. Es ist auch der Schlüssel zum wirksamen Change. Die zentrale Frage lautet dabei: Wie wird ein Changeprojekt so strukturiert, dass Mitarbeiter aktiv mitgehen und zuverlässig ins Tun kommen, weil sie von dessen sachlicher Notwendigkeit selbst überzeugt sind? Als Berater und Begleiter von Changeprozessen antworten wir bei CEVEY-CONSULTING darauf mit dem Realitätsanker: Hat man im Vorfeld eines Changeprojektes die realen Gegebenheiten, deren Bedeutung und die daraus abzuleitenden Maßnahmen mit den Betroffenen ausführlich verhandelt, beugt dies offenem oder verstecktem Widerstand gegen das Projekt weitgehend vor. Kooperativ erarbeitete und damit verbindlich installierte Bodenpunkte sind wirksame Treiber des Geschehens. Sie verhindern, dass nach Projektstart viel Energie investiert werden muss, um nachträglich Beteiligte doch noch mit ins Boot zu holen.

Zielprojektion


Der Mensch ist das einzige Wesen, das sich langfristige Ziele setzen kann und durch positive Zielbilder in seinem Tun beflügelt wird. Viele erfolgreiche Sportler beispielsweise werden durch die Visualisierung ihres Sieges durch kräftezehrende Trainingsphasen getragen. Die Zielprojektion nutzt diese Fähigkeit und sorgt für die nachhaltige Bindung an ein Ziel. Klassische Zielvereinbarungen dagegen erzeugen häufig nur oberflächliche Zustimmung. Der Grund: Nur selbst kreierte Ziele sind langfristig wirksam. Zielprojektion ist ein wichtiges Leadership-Tool, das echtes Ziel-Commitment bewirkt und gleichzeitig die Handlungsplanung erleichtert. Wesentlich ist dabei das Erreichen von Erfolgszuversicht. Wie Sie Ihr Gegenüber zu aktiver innerer Beteiligung an einer Zielformulierung veranlassen, erfahren Sie im vierten Kapitel.

Überzeugungssog


Druck erzeugt Gegendruck, Überredungskünste bewirken allenfalls halbherzige Zustimmung. Um ein Gegenüber wirklich verlässlich ins Handeln zu bringen, muss es sich aktiv selbst auf die entsprechende Position zubewegen und aus eigenem Antrieb Ja sagen. Das gelingt, indem man so argumentiert, dass der Verhandlungspartner die Lösung, die (auch) den eigenen Interessen dient, als beste akzeptiert und »kauft«. Erreicht wird das durch wertschätzende Gesprächsführung, zwingende Argumentation und durchdachte Einwandbehandlung. Das kostet etwas Zeit – Zeit, die sich durch die Verhinderung späterer Reibungsverluste vielfach auszahlt. »Sog statt Druck« ist ein Fundamentalprinzip der Überzeugung, das im fünften Kapitel eingeführt wird.

Gesprächs-Masterplan


Wer einem bewährten Plan folgt, erhöht seine Erfolgschancen beträchtlich. Das gilt auch für wichtige und/oder herausfordernde Gespräche. Das letzte Kapitel vermittelt eine übersichtliche, einfach zu handhabende Gesprächsstruktur und zeigt, wie die fünf Leadership-Tools vom Positiven Loop bis zum Überzeugungssog dabei zum Einsatz kommen. Die fünf Gesprächsschritte, die einen Gesprächspartner mit hoher Wahrscheinlichkeit konstruktiv ins Handeln bringen, sind:

1. Situationsdefinition

2. Kommunikation der Realität

3. Einwandbehandlung

4. Herausarbeiten des Ziels, Vereinbarung

5. Abschluss

Der Masterplan setzt der Improvisation und den bloßen Zufallserfolgen in schwierigen Gesprächen ein Ende und sorgt für eine souveräne, ergebnisorientierte Gesprächsführung. Er garantiert einen echten Dialog und damit die Aktivierung des Gegenübers.

Das Erfolgs-Mindset: Aktivieren statt Anweisen

Lippenbekenntnisse zu »kooperativer« Führung bewirken gar nichts, solange Führungskräfte insgeheim hoffen, dass ihre Mitarbeiter im Ernstfall (also da, wo Interessen aufeinanderprallen) doch bitte schön »vernünftig sind« und sich den Vorstellungen ihres Vorgesetzten rasch beugen. Auch im Umgang mit Kollegen, Kunden oder Dienstleistern verpuffen Kooperationsangebote, wenn es beim ersten Anzeichen von Widerstand zu einem Rückfall in das bekannte autoritäre Verhaltensrepertoire kommt: Überredungsversuche, Unterstellungen, Drohungen, Anweisungen.

Wer es dagegen ernst meint mit der Kooperation, wer echte Zustimmung erreichen und seine Ziele nachhaltig umsetzen will, muss sich auf einen Dialog einlassen. Er sollte in der Lage sein, konstruktiv mit Widerstand umzugehen, die Interessenlage seines Gegenübers einzuschätzen und Zielstrebigkeit mit Wertschätzung und Geduld zu verbinden. Kurz: Er braucht das passende Mindset.

Gute Lösungen sind dann erfolgreich und nachhaltig, wenn die Verantwortlichen mit Offenheit, Augenmaß und Durchsetzungskraft agieren. Dafür ist die innere Haltung entscheidend, man sollte sich also fragen:

• Wie viel Respekt bringe ich meinem Gegenüber entgegen?

• Gestehe ich ihm eine eigene Meinung und Persönlichkeit zu, ohne dies negativ zu werten?

• Gehe ich grundsätzlich davon aus, dass der andere im Rahmen seiner Situationseinschätzung und Handlungsmöglichkeiten ebenfalls das Beste will?

• Behandele ich mein Gegenüber als eigenverantwortlichen Erwachsenen, dem Klartext und sachgerechte Forderungen zumutbar sind?

• Sehe ich mich selbst als jemandem, der sich nicht zum »Getriebenen der Umstände« machen lässt, sondern selbstverantwortlich die Dinge in die Hand nimmt?

• Bin ich in der Lage, widerstreitende Interessen zu erkennen und aus einer Art Vogelperspektive heraus nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen?

• Ist mir bewusst, dass ich andere Menschen zwar nicht ändern oder »erziehen« kann (am wenigsten durch Zwang und Anweisungen), dass ich sie aber zu einem anderen Verhalten veranlassen (»aktivieren«) kann, wenn ich selbst mein Verhalten verändere?

Mit dem richtigen Mindset geht aktivierende Kommunikation in Fleisch und Blut über – sie gelingt, weil sie einer inneren Überzeugung folgt. Erfolgreiche Kommunikation erwächst nicht aus rhetorischen Kniffen, sondern aus der Fähigkeit, mit dem Gegenüber in echten Dialog zu treten, »Resonanz« zu erzeugen. Wer dies glaubwürdig (das bedeutet: aus einer inneren Haltung heraus) anstrebt, kann sein Gegenüber auch dann erreichen, wenn nicht jede seiner Formulierungen optimal ist. Dieses Buch wird Sie ermuntern, nicht nur an Ihren Gesprächstechniken zu arbeiten, sondern vor allem Ihre Einstellung zu anderen Menschen bewusst und gezielt zu gestalten – getreu der psychologischen Grundeinsicht, dass es die tieferen Schichten der Persönlichkeit (Charakterzüge und Einstellungen) sind, die unser Verhalten steuern.


Abb. 1: Das Mindset bestimmt das Verhalten.

Eine wesentliche (vielleicht sogar die wichtigste) Erkenntnis in puncto Einflussnahme ist: Ich kann jemand anderen nicht zu etwas bewegen. Ich kann nur die passenden Voraussetzungen schaffen, dass er sich selbst bewegt. Nachhaltiger Einfluss bedeutet immer, dass beim anderen etwas passiert. Alles andere ist nicht mehr als eine kurzfristige Überredung, Überrumpelung oder widerwillig ertragener Zwang.

 

Das Geheimnis der Resonanz

Wirklich überraschend ist das nicht. Wir Menschen beeinflussen uns im Alltag ständig, und das mehr oder weniger bewusst. Wir reagieren unweigerlich darauf, wie unsere Umgebung sich verhält. Das beginnt bei körperlichen Reaktionen: Wenn im Konzertsaal einer anfängt zu husten, setzt sich das bald in einer Hustenarie in allen Saalecken fort. Gähnt Ihr Gegenüber in der Bahn mehrfach, müssen Sie wahrscheinlich auch gähnen. Aber auch Emotionen sind ansteckend, wie ich Anfang 2017 am eigenen Leib erfuhr:

Auf einem Businessflug wurden die Flugbegleiter plötzlich nervös. Ein Steward blätterte hektisch in einem Handbuch, seiner Kollegin strömten bereits die Tränen übers Gesicht, Unruhe machte sich breit. Dann wurden wir vom Kapitän informiert, möglicherweise ließe sich das Fahrwerk nicht ausfahren und wir müssten eine Notlandung durchführen. Der Passagier neben mir drohte zu hyperventilieren. Doch bevor allgemeine Panik ausbrechen konnte, ergriff die Chefstewardess das Mikro und erklärte mit ruhiger Stimme und im schönsten Schwäbisch: »Dees kommt immer mal vor.« Bei diesem Flugzeugtyp würden gelegentlich Fahrwerksprobleme angezeigt, obwohl das Fahrwerk funktioniere. Wie zuvor die Panik der jüngeren Kollegen wirkte jetzt auch die Ruhe der Chefstewardess ansteckend. Weniger, was sie sagte, sondern eher, wie sie es sagte, weckte die Zuversicht, dass es vielleicht doch nicht so schlimm kommen würde. In der Tat verlief die Landung dann reibungslos, und das vorausgegangene Wechselbad heftiger Gefühle hatte eindrucksvoll gezeigt, wie stark Menschen aufeinander reagieren.

Diese gegenseitige Einflussnahme, die auch ganz ohne Worte entstehen kann (nervös waren wir schon vor der Durchsage, einfach durch Beobachtung des Kabinenpersonals), bezeichne ich als »Resonanz« (vgl. Abbildung 2). Dafür gibt es eine neurobiologische Ursache: die Spiegelneuronen (siehe Exkurs). Sie befähigen uns zur Empathie, zur Wahrnehmung, wie es um den anderen bestellt ist, und zur angemessenen Reaktion darauf. Diese Reaktion keimt in uns selbst auf und ist weit mächtiger als jede Anweisung von außen. »Hab Mitleid!« zu fordern ist beispielsweise ähnlich absurd wie die Aufforderung, spontan zu sein. Entweder man fühlt Mitleid – oder man fühlt es nicht.

Abb. 2: Resonanz funktioniert positiv wie negativ.

Dass Einflussnahme anders funktioniert, als wir gemeinhin annehmen, betont auch der US-Psychologe Robert Cialdini. Seit seinem viel beachteten Buch über »Die Psychologie des Überzeugens« Ende der Neunzigerjahre gilt Cialdini als der Experte für Beeinflussung. Heute vertritt er die Auffassung, dass die eigentliche Einflussnahme häufig schon beginnt, bevor wir unser Anliegen überhaupt formulieren, und bezeichnet dies in Abwandlung des englischen »Persuasion« mit dem Kunstwort »Pre-Suasion«.

Ein besonders eindrückliches Beispiel Cialdinis handelt von einem extrem erfolgreichen Verkäufer von Brandschutzanlagen für Privathäuser. Jim macht nicht nur etwas mehr Umsatz, sondern ist all seinen Kollegen um Längen voraus. Cialdini begleitete den Ausnahmeverkäufer und beobachtete, dass Jim zu Beginn jedes Gesprächs einen einfachen Trick anwandte: Als Erstes sollten die Kunden (meist Ehepaare) einen Fragebogen zu ihrer Immobilie ausfüllen. Während sie damit begannen, schlug Jim sich an die Stirn: »Oh, ich habe wirklich wichtige Infos im Auto gelassen.« Ob es okay sei, wenn er kurz rausgehe und sie hole? Er wolle den Test nicht unterbrechen. Fast alle Kunden stimmten zu, viele gaben ihm sogar ihren Hausschlüssel, damit er wieder hereinkam. Auf die Frage Cialdinis, warum er so vorging, antwortete Jim: »Wen lässt du ohne Aufsicht in deinem Haus ein- und ausgehen?« und: »Ich möchte in den Köpfen der Familienmitglieder mit ›Vertrauen‹ verbunden werden.« 5

Spiegelneuronen – Warum wir spüren, wie es anderen geht

Gähnen oder Lachen sind ansteckend, wir weinen im Kino und frösteln, wenn wir von grausamen Erlebnissen anderer lesen. Seit Mitte der Neunzigerjahre machen Neurowissenschaftler dafür »Spiegelneuronen« verantwortlich: Nervenzellen, die auch dann aktiv werden, wenn wir etwas nur beobachten. Als Entdecker der Spiegelneuronen gilt Giacomo Rizzolatti, der 1996 in einem Experiment zur Handlungsplanung bei Affen zufällig entdeckte, dass im Affengehirn bestimmte Regionen auch dann »ansprangen«, wenn der Affe nicht selbst handelte (nach einer Nuss griff), sondern lediglich den Versuchsleiter beim Handeln (dem Greifen nach der Nuss) beobachtete. Forscher sahen in den Spiegelneuronen alsbald die Quelle von Empathie, ja sogar von Verstehen generell. Inzwischen ist der Hype abgeebbt, und es herrscht weitgehend Konsens, dass zum Verständnis des komplexen Empathiesystems im Gehirn noch viel Forschung nötig ist.

Sicher ist jedoch: Die meisten Menschen sind intuitiv in der Lage, zu spüren, wie es einem anderen geht und welche Emotionen ihn umtreiben, und für diese Fähigkeit gibt es ein neurologisches Korrelat im Gehirn. Beeinträchtigt wird dieses Resonanzsystem durch starke eigene Emotionen – wer wütend oder nervös ist, bekommt weniger vom anderen mit. Auch durch rationale Überlegungen können wir uns abschotten – wer der Meinung ist, Gefühle täten in der aktuellen Situation nichts zur Sache, bremst die Spiegelneuronen aus. Wenn Sie demnächst also ein Gesprächsklima als »unterkühlt« empfinden, den diffusen Eindruck haben, einen Mitarbeiter bedrückt etwas, oder wenn Sie sich von der guten Laune anderer »anstecken« lassen, haben Sie das Ihren Spiegelneuronen zu verdanken.4

Die Resonanzerfahrung, zu der uns Spiegelneuronen befähigen, erfolgt meist unwillkürlich. Doch wer sich dieses Mechanismus bewusst ist, kann damit das Gesprächsklima und die Kooperationsbereitschaft des Gegenübers auch aktiv steuern. Wer sich beispielsweise darauf »polt«, sich auf die positiven Absichten des anderen zu fokussieren, auch wenn dieser in der Sache anderer Meinung ist, schafft einen Rahmen, in dem der andere ebenfalls eher konstruktiv reagiert. Dies ist das Geheimnis des »Positiven Loops«, der im nächsten Kapitel ausführlich Thema ist. Wer selbst ausstrahlt: »Ich gehe davon aus, dass du das Beste willst«, deeskaliert und aktiviert bei seinem Gegenüber Kooperationsbereitschaft.

Der Verkäufer schuf ein Setting, in dem er wie ein guter Bekannter oder Freund wahrgenommen wurde. Wie sein Verhalten ethisch zu beurteilen ist, steht auf einem anderen Blatt. Deutlich wird jedoch, dass eine positive emotionale Einordnung (positive Resonanz) ein positives Gesprächsergebnis offenbar massiv fördert. Neurobiologisch lässt sich dies als Aktivierung entsprechender neuronaler Netzwerke beim Gegenüber beschreiben. Oder alltagssprachlich formuliert: Ich beeinflusse, wie der andere sich fühlt und in welche Richtung er denkt, indem ich Signale sende, auf die er sich empathisch (qua Spiegelneuronen) einschwingt.

Wenn es mir gelingt, diesen Empathie-Mechanismus des Gesprächspartners zu aktivieren, erzeuge ich beim anderen genau die emotionale Verfassung, die letztlich den Überzeugungsprozess und die gute Zusammenarbeit begünstigt:

• Beim Positiven Loop ist das Vertrauen,

• beim Driver’s Seat die Selbstbestimmung,

• beim Realitätsanker die Offenheit für Fakten,

• bei der Zielprojektion die Bereitschaft, sich auf positive Zukunftsszenarien einzuschwingen, und

• beim Überzeugungssog strahle ich aus, dass ich mir ein ehrliches Ja von meinem Gegenüber wünsche und dass dies die Grundlage meiner Beziehung zu der anderen Person ist. Kommt dies beim anderen an (wirkt die Resonanz), spürt der andere unwillkürlich, dass wir dialogisch die Lösung erarbeiten, und bringt sich dann konstruktiv ein.

Überzeugung durch Resonanz – ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag

Nehmen wir an, eine engagierte Mitarbeiterin bittet Sie per Mail, ihr ein gerade frei gewordenes Einzelbüro auf der Etage zu überlassen. Sie wollen der Bitte nicht nachkommen, weil Sie befürchten, dass sich das Klima im Team durch diese »Bevorzugung« verschlechtern würde. Andererseits möchten Sie Ihre Leistungsträgerin nicht demotivieren. Statt per Mail bedauernd, aber knapp abzulehnen, könnten Sie die Mitarbeiterin ansprechen und sie in Ihr Büro bitten: »Ich würde das gerne persönlich mit Ihnen besprechen.« Dort erklären Sie die Situation: »Ihre Mail bringt mich in ein Dilemma.« (Selbsteröffnung, vgl. Kapitel 1) Anschließend nehmen Sie sich Zeit für einen Austausch, bis Sie den Eindruck haben, die Mitarbeiterin kann Ihre Entscheidung tatsächlich nachvollziehen. Ihr eigenes Mindset (»Ich gehe davon aus, dass du offen bist«, »Ich möchte mich mit dir so lange auseinandersetzen, bis du die Hintergründe nachvollziehen kannst«, »Deine Initiative ist okay – wir besprechen das in aller Ruhe«) löst beim anderen neben der Sachinformation über das Resonanzphänomen eine Einstellung aus, die Ihrer konstruktiven Einstellung gleicht und das Finden einer gemeinsamen guten Lösung begünstigt: »Ich bin offen für Argumente«, »Ich bin interessiert, deinen Standpunkt zu hören«, »Wichtig ist es, eine abgestimmte Lösung zu erzielen«.

In diesem Resonanzrahmen wird Ihr Gegenüber sich eher bewegen und Ihre Position schließlich teilen können. Eine kurze Mailabsage dagegen würde schon qua Medium und Kürze von Ihrer Seite aus eine andere Stimmungslage transportieren: »Deine Forderung ist völlig unangemessen«, »Du möchtest dir offensichtlich Vorteile verschaffen«. Dies würde eine negative emotionale Resonanz (Unmut) beim Gesprächspartner erzeugen: »Wie konnte ich überhaupt das Thema ansprechen?«, »Es war doch klar, dass das nicht positiv ankommt«. Diese negative Grundstimmung verhindert dann die Akzeptanz von Argumenten und sachlichen Informationen.

Ohne diese »emotionale« Bereitschaft (Aktivierung der relevanten neuronalen Netzwerke) greifen die Argumente und die kommunizierten Informationen nur bedingt. Die Einstellung zu sich und anderen kann jeder von sich aus gestalten – indem er die Leadership-Tools anwendet und lebt.

Die Leadership-Tools in diesem Buch gehen daher von der Einsicht aus, dass die wirksamste Einflussnahme indirekt erfolgt und durch eine entsprechende Resonanzerfahrung beim anderen entscheidend begünstigt wird. Sie ersetzen das »Tue A« oder »Tue B« einer Anweisung durch Instrumente, die es dem anderen nahelegen, sich auf Ihre Position zuzubewegen, weil sie die Klärung von Sachfragen in eine positive Beziehung einbetten. Dazu müssen Sie nicht zu manipulativen Tricks greifen wie Cialdinis Verkäufer, wie das Beispiel auf der vorherigen Seite zeigt.