Antibiotika in der Zahnmedizin

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Systemische Antibiotikagabe zur Therapie der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis
Amira Begić, Karina Obreja, Frank Schwarz
Einleitung

Periimplantäre Infektionen stellen mit einer Prävalenz von 43 % (periimplantäre Mukositis) und 22 % (Periimplantitis) häufige biologische Komplikationen in der dentalen Implantologie dar1 und können sehr früh und nach einem kurzen implantatprothetischen Follow-up auftreten. Der Schlüsselfaktor in der Ätiologie periimplantärer Infektionen ist der bakterielle Biofilm. Die daraus resultierende essenzielle therapeutische Konsequenz ist die Beseitigung des Biofilms aus dem periimplantären Sulkus. Die Problematik sowohl in den nichtchirurgischen als auch in den chirurgischen Therapieverfahren liegt in der häufig nicht ausreichenden mechanischen Dekontamination der vom Biofilm besiedelten Implantatoberfläche. Systemische Antibiotikagabe als eine mögliche adjuvante Maßnahme zum mechanischen Debridement ist in der Therapie der periimplantären Infektionen beschrieben worden. Dahingegen ist keine Studie bekannt, die systemische Antibiotikagabe als Monotherapie in diesem Zusammenhang untersucht. Analog zur Parodontitis wird die antibiotische Gabe zur Therapie der periimplantären Infektionen gegen eine mikrobielle Mischflora gerichtet. Die Herausforderung hierbei stellt die „Festung“ Biofilm dar, die die Entfaltung der antibiotischen Wirkung am Wirkungsort per se beeinflussen und verhindern kann. Die derzeit verfügbare Datenlage liefert keinen Goldstandard in der Therapie periimplantärer Infektionen.

Definition der periimplantären Mukositis und Periimplantitis

Periimplantäre Infektionen stellen biologische Komplikationen an osseointegrierten Implantaten dar und werden in zwei Phänotypen klassifiziert: die periimplantäre Mukositis und die Periimplantitis. Beiden pathologischen Prozessen liegt eine plaqueinduzierte Entzündungsreaktion im suprakrestalen periimplantären Bindegewebe zugrunde2. Das an vaskulären Elementen, Plasmazellen und Lymphozyten reiche entzündliche Infiltrat beschränkt sich bei der periimplantären Mukositis auf das suprakrestale Weichgewebe, wohingegen dieses bei der Periimplantitis auf den krestalen Knochen übergreift und zum progressiven nichtlinearen periimplantären Knochenverlust führt2–4.

Ätiologie und Risikofaktoren

Der bakterielle Biofilm konnte in präklinischen und klinischen Studien als der ätiologische Faktor für die Entstehung der periimplantären Mukositis bewiesen werden5–9 (Abb. 1).

Abb. 1a und b a) Plaqueakkumulation an den Implantaten im Unterkiefer links; b) periimplantärer Knochenabbau.

Die periimplantäre Mukositis wird, vergleichbar mit der Konversion der Gingivitis zur Parodontitis, als Vorstufe bei der Entstehung der Periimplantitis angesehen9. Ist die Periimplantitis einmal induziert, verläuft ihre Progression nach einem nicht linearen und beschleunigten Muster2.

Die Akkumulation bakterieller Biofilme und die Entstehung periimplantärer Infektionen kann durch verschiedene lokale und systemische Faktoren begünstigt werden11. Parodontale Vorerkrankungen, unzureichende Plaquekontrolle und fehlende konsequente Implantatnachsorge werden evident als besonders hoch bei der Risikoeinschätzung zur Entstehung der Periimplantitis eingestuft. Die Evidenzlage zu Diabetes und Rauchen als mögliche systemische Risikofaktoren für die Periimplantitis ist unschlüssig. Ob und inwieweit kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose oder andere systemische Erkrankungen eine Rolle bei der Periimplantitis spielen, ist nicht geklärt. Zu den lokalen Risikofaktoren, die in Verbindung mit der Entstehung und Progression der Periimplantitis diskutiert werden, wie die fehlende periimplantäre keratinisierte Mukosa, aber auch iatrogene Faktoren, wie submuköse Zementreste, Implantatfehlpositionierung und Art der Suprakonstruktion mit erschwerter Hygienisierbarkeit, liegt keine Evidenz vor2. Dennoch kann das Fehlen oder eine unzureichende Breite an keratinisierter Mukosa (< 2 mm) zu erschwerter oder mangelnder häuslicher Mundhygiene führen und das Risiko für die Entstehung periimplantärer Infektionen begünstigen12.

Implantate mit keratinisierter Mukosa < 2 mm scheinen häufiger mit periimplantären Infektionen assoziiert zu sein, unabhängig davon, ob sie einer regelmäßigen Implantatnachsorge unterzogen werden13,14. Demgegenüber wurde in einer anderen Studie kein Einfluss der fehlenden oder unzureichend breiten keratinisierten Mukosa auf die periimplantäre Gesundheit bei Patienten beschrieben, die in ein regelmäßiges Implantatnachsorgeprogramm eingebunden sind15.

Klinische und radiologische Befunde und Diagnostik

Das gesunde periimplantäre Gewebe stellt sich klinisch in Farbe und Textur wie das gesunde parodontale Gewebe dar. Es ist durch fehlende Entzündungszeichen (Rötung, Schwellung, Blutung auf Sondierung und Suppuration) charakterisiert. Im Unterschied zum parodontalen Gewebe zeigt gesundes periimplantäres Gewebe generell eine Tendenz zu höheren Sondierungstiefen, die implantatsystemspezifisch variieren können.

Die periimplantären Infektionen sind selten von einer Schmerzsymptomatik begleitet. Die Beschwerdefreiheit stellt daher kein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer periimplantären Mukositis oder einer Periimplantitis dar11. Eine Schmerz- und/oder Schwellungssymptomatik an Implantaten kann aber ein Hinweis auf eine fortschreitende Periimplantitis oder eine Implantatdeosseointegration liefern16.

Die klinische Diagnostik periimplantärer Entzündungen umfasst die visuelle Kontrolle, die periimplantäre Sondierung und die digitale Palpation. Die Blutung auf Sondierung (BOP: bleeding on probing) ist der Schlüsselparameter in der Diagnostik periimplantärer Entzündungen2,17. Klinische Untersuchungen zeigen, dass es, im Unterschied zum gesunden periimplantären Gewebe, einen direkten Zusammenhang zwischen den positiven BOP-Werten und den Diagnosen periimplantäre Mukositis (median, Patientenlevel: 24,4 %; Implantatlevel: 33 %) und Periimplantitis (median, Patientenlevel: 24,4 %; Implantatlevel: 33 %) gibt18. Bei Periimplantitis kann zusätzlich eine putride Exsudation auf Provokation (Sondierung oder Palpation) beobachtet werden (Abb. 2). In klinischen Untersuchungen wird bei 16,7 bis 28,7 % der untersuchten Implantate sowie bei 30,1 bis 54,4 % der Patienten eine Suppuration beobachtet18–20. Die Suppuration ist ausschließlich für Periimplantitis charakteristisch. Das Fehlen einer Suppuration schließt die Diagnose Periimplantitis jedoch nicht aus18,19. Zur weiteren Diagnostik und zur Verlaufskontrolle wird die Erhebung periimplantärer Sondierungstiefen herangezogen. Der Sondierungsvorgang sollte mit moderater Kraft (< 0,25 N) erfolgen3. Die Interpretation der erhobenen Werte sollte immer unter Berücksichtigung der Referenzwerte, die idealerweise zum Zeitpunkt der Eingliederung der prothetischen Versorgung gemessen wurden, vorgenommen werden21.

Abb. 2a und b a) Spontane Suppuration und b) Blutung auf Sondierung und Suppuration an Implantat in der Region 16.

Eine radiologische Untersuchung ist bei Vorliegen klinischer Entzündungszeichen, d. h. bei positivem BOP, Suppuration und bei der Zunahme der Sondierungstiefen, indiziert3,11. Zur Bewertung des periimplantären Knochenangebots sollte eine radiologische Referenzaufnahme herangezogen werden, die auch hier im Idealfall zum Zeitpunkt der Eingliederung der prothetischen Versorgung und nach dem initialen Knochenremodelling angefertigt wurde21,22. Ein progressiver periimplantärer Knochenabbau grenzt die Periimplantitis von einer periimplantären Mukositis eindeutig ab.

Für die Falldefinition der Periimplantitis bei fehlender klinischer und radiologischer Referenzwerte gelten eine positive Blutung auf Sondierung und/oder Suppuration, eine Sondierungstiefe ≥ 6 mm und ein krestaler periimplantärer Knochenabbau von ≥ 3 mm, gemessen vom koronalen intraossären Implantatanteil4.

Als weitere derzeit verfügbare diagnostische Methoden werden mikrobiologische und immunologische Tests beschrieben. Die mikrobiologischen Testverfahren zielen primär auf die Identifizierung parodontopathogener Markerspezies23. Bei der immunologischen Analyse der periimplantären Sulkusflüssigkeit werden Biomarker24,25 zur Differenzierung des gesunden vom entzündeten Sulkus herangezogen, erlauben jedoch keine Unterscheidung einer periimplantären Mukositis von einer Periimplantitis. Beide Testverfahren haben im Zusammenhang mit periimplantären Entzündungen keine therapeutisch relevante Konsequenz.

Das mikrobielle Profil der Periimplantitis

Die meisten Untersuchungen zur Charakterisierung des mikrobiellen Profils der Periimplantitis sind auf den Vergleich mit dem gesunden periimplantären Gewebe26 oder mit der Parodontitis ausgelegt27–29.

 

Die submukosale Mikroflora an einem gesunden Implantat unterscheidet sich in ihrer Zusammensetzung nicht von der Mikroflora im gesunden parodontalen Sulkus30. Das mikrobielle Profil an Implantaten mit einer Periimplantitis unterscheidet sich wiederum deutlich von dem an gesundem periimplantärem Gewebe. Die Periimplantitis ist assoziiert mit einer besonders heterogenen, komplexen Mischflora7,31–33, die sich aus parodontopathogenen Mikroorganismen, nicht kultivierbaren asaccharolytischen anaeroben grampositiven und anderen gramnegativen Kokken und opportunistischen Mikroorganismen zusammensetzt27,29.

Die komplexe Mischflora der Periimplantitis wird überwiegend von den anaeroben gramnegativen Bakterienarten dominiert31, die in ähnlicher Form häufig bei Parodontitis zu beobachten ist. Es handelt sich um Bacteroides, Campylobacter, Eubacterium, Fusobacterium und Treponema-Spezies34. Für die Periimplantitis werden allerdings höhere Konzentrationen parodontopathogener Bakterien, wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Prevotella intermedia, Porphyromonas gingivalis, Treponema denticola und Tannerella forsythia nachgewiesen30,34–36. Das mikrobielle Profil der Periimplantitis scheint sich, im Unterschied zur Parodontitis, insgesamt aus aggressiveren und resistenteren Mikroorganismen zusammenzusetzen29. In Beobachtungsstudien konnte gezeigt werden, dass die Periimplantitis häufig mit opportunistischen pathogenen Bakterien, wie Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus asoziiert ist31,36, aber auch Pilze (Candida albicans, Candida boidinii, Penicillum spp., Rhadotorula laryngis und Paelicomyces spp.)33,36,37 und Viren (Epstein-Barr-Virus, Humanes Zytomegalievirus)38 konnten in Zusammenhang mit einer Periimplantitis nachgewiesen werden.

Gerade S. aureus wird häufig an den von Mikroorganismen besiedelten Titanimplantaten identifiziert und verursacht Komplikationen an Transplantaten auch außerhalb der Mundhöhle39.

Die denkbare Erklärung für das unterschiedliche mikrobielle Profil der Periimplantitis, verglichen mit der Parodontitis, könnte im Implantatoberflächendesign und in konstruktionsbedingten Mikrospalten am Implantat-Abutment-Interface liegen, die die Invasion der Mikroorganismen und die Formierung des komplexen Biofilms begünstigen40,41.

Die submukosale Mikroflora der Periimplantitis scheint selbst innerhalb des Sulkus und in Abhängigkeit von der Sulkustiefe zu variieren. Demnach gleicht das mikrobielle Profil der Periimplantitis im flachen Sulkus dem der gesunden periimplantären Gewebe. Mit steigender Sondierungstiefe kommt es zu einer Veränderung und zur dysbiotischen Umwandlung des submukosalen Mikrobioms mit einer stärkeren Präsenz parodontopathogener Keime42.

Die Rolle des Biofilms

Der Biofilm ist ein mikrobielles Multi-Spezies-Agglomerat, das in einer sehr gut organisierten extrazellulären polymeren Substanz eingebettet ist. Diese Grundsubstanz besteht vorwiegend aus Polysacchariden, enthält aber auch Proteine und Lipide und ermöglicht den Austausch der genetischen Signale und Informationen zwischen den mikrobiellen Zellen nach einem Mechanismus, der als Quorum sensing bekannt ist43.

Orale Biofilme können an verschiedenen Oberflächen, wie Prothesen, Implantaten, Mukosa, Zähnen und Knochen, haften und werden in vier Stufen gebildet44–46: Pellikelbildung – primäre/frühe Kolonisation – sekundäre Kolonisation/Ko-Aggregation – Reifung. Die frühe Kolonisation und schließlich die Reifung des Biofilms werden multifaktoriell gesteuert. Die Zusammenhänge zwischen der Morphologie der periimplantären Gewebe, der implantatprothetischen Oberfläche, der vielfältigen Zusammensetzung des individuumspezifischen Mikrobioms und der individuumspezifischen Perzeption sind komplex und nicht vollständig geklärt.

Das Problem der biofilmassoziierten Infektionen ist ihr notorisches Resistenzverhalten gegenüber der antimikrobiellen Therapie. Zum einen werden die im Biofilm organisierten Bakterien durch die extrazellulären polymeren Substanzen geschützt, indem die Penetration der antimikrobiellen Wirkstoffe in vor allem tiefere Areale des Biofilms verhindert wird, und zum anderen sind die im Biofilm organisierten Bakterien selbst in der Lage, bestimmte protektive Mechanismen zu aktivieren und so innerhalb der multizellulären Community resistente Eigenschaften zu entwickeln43. Der Austausch und die Übertragung der resistenten und virulenten Gene erfolgen auf dem horizontalen Weg innerhalb des Biofilms. Der Biofilm ist in etwa 1.000-fach resistenter gegenüber Antibiotika als die entsprechenden planktonischen Bakterien31.

Therapie der periimplantären Mukositis

Das primäre Ziel der Therapie der periimplantären Mukositis ist die Beseitigung der klinischen Entzündungszeichen. Die Effektivität der Therapie wird an der Reduktion oder der Elimination der Blutung auf Sondierung als Schlüsselparameter in der Bewertung der periimplantären Gesundheit gemessen47.

Die Therapie der periimplantären Mukositis impliziert die Beseitigung des bakteriellen Biofilms durch manuelles Debridement in einem nichtchirurgischen Verfahren. Verschiedene alternative oder adjuvante Maßnahmen dazu sind beschrieben worden: das Air-Polishing (Glycinpulver), die Anwendung der Ultraschallscaler, die antiseptischen (Chlorhexidindigluconat [CHX], Phosphorsäure) und die antibiotischen Mittel (lokal und systemisch). Die klinische Effektivität der alternativen und adjuvanten Therapiemaßnahmen zum manuellen Debridement kann basierend auf der systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse von Schwarz et al. nicht signifikant verbessert werden11.

Die mechanische Beseitigung des bakteriellen Biofilms mit oder ohne zusätzliche Maßnahmen führt bewiesenermaßen zur Reduktion der Entzündungszeichen. Eine vollständige Heilung der periimplatären Mukositis kann nicht immer vorhersehbar erzielt werden. Vor diesem Hintergrund werden die Optimierung der häuslichen Mundhygiene, die Etablierung einer professionellen Zahn- und Implantatreinigung und einer Implantatnachsorge als Standard im Management der periimplantären Mukositis definiert10.

Therapie der Periimplantitis

Die Periimplantitis kann prinzipiell nichtchirurgisch und chirurgisch therapiert werden. Zwecks Keimreduktion und Chronifizierung sollte einer chirurgischen Therapie immer eine nichtchirurgische vorausgehen.

Das manuelle Debridement führt in der nichtchirurgischen Therapie nur eingeschränkt zur Besserung. Alternative oder adjuvante Maßnahmen werden auch hierzu empfohlen11. Es ist evident, dass die Anwendung des Er:YAG-Lasers und des glycingestützten Air-Polishings sowie der adjuvante Einsatz lokaler Antibiotika mit kontrollierter Freisetzung (einmalige Anwendung von Doxycyclin), von CHX-Chips und antimikrobieller photodynamischer Therapie zur Reduktion der Entzündungsparameter führen48.

Die Problematik bei der nichtchirurgischen Therapie der Periimplantitis besteht oft in der erschwerten Entfernung des Biofilms von der Implantatoberfläche aus den tieferen Taschenarealen. Wird das Therapieziel auf diese Weise nicht erreicht, sollte vor allem bei der fortgeschrittenen Periimplantitis frühzeitig eine chirurgische Therapie eingeleitet werden11,49.

Die Ziele einer chirurgischen Therapie der Periimplantitis bestehen in der Beseitigung der Entzündungszeichen, in der Reduktion der Sondierungstiefen und der Stabilisierung des periimplantären Knochenniveaus47.

Die chirurgische Therapie umfasst das resektive, das augmentative und das kombinierte Behandlungsprotokoll48,50–54. Die Indikation zum jeweiligen Verfahren wird in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, wie z. B. der Implantatregion (ästhetische/nicht ästhetische Zone), dem Implantatdesign und der Oberfläche, der periimplantären Defektmorphologie, aber auch der allgemeinen Patientengesundheit, dem Mundhygienestatus oder den Kosten, gestellt.

Auch in der chirurgischen Therapie der Periimplantitis ist die Biofilmentferung von den exponierten Implantatoberflächen im Anschluss an die vollständige Entfernung des Granulationsgewebes essenziell. Mittels resektiver Therapie mit apikalem Verschiebelappen kann vor allem in der nicht ästhetischen Zone eine Reduktion der Sondierungstiefen und der Blutung erzielt werden. Die Effektivität einer Lappenoperation ist jedoch bei modifizierten bzw. rauen Implantaten deutlich geringer als bei Implantaten mit einer glatten Oberfläche50.

In der augmentativen Therapie können Eigenknochen55, xenogene56–58 oder alloplastische Knochenersatzmaterialien59 oder Titangranulat60,61 mit oder ohne Membran (resorbierbar/nicht resorbierbar) zum Einsatz kommen. Vor allem bei intraossären periimplantären Defekten und bei moderat rauen Implantatoberflächen konnten bisher sehr gute klinische Langzeitergebnisse durch augmentative, d. h. rekonstruktive Therapieverfahren erzielt werden62,63.

Die kombinierte chirurgische Periimplantitstherapie ist bei fortgeschrittenen Knochendefekten mit komplexer Morphologie indiziert64 (Abb. 3). Die Kombination augmentativer Verfahren mit der Implantoplastik, die am suprakrestalen Implantatanteil vorgenommen wird, zeigt nach einem Beobachtungszeitraum von 7 Jahren eine hohe Effektivität48,65.

Abb. 3a bis h Falldokumentation mit Zustand nach Implantation und lateraler Augmentation alio loco: a) klinische Ausgangssituation mit Fistelung vestibulär in der Region 12; b) klinische Parameter (PI=Plaque Index 1-3, ST=Sondierungstiefe, MR=Mukosarezession, KM=keratinisierte Mukosa, BOP=Bleeding on probing, SUPP=Suppuration); c) radiologische Ausgangssituation mit initialem periimplantären Knochenabbau; d) operativer Zugang; e) Defektdarstellung nach Entfernung des periimplantären Entzündungsgewebes; f) Defektaugmentation mit einem Gemisch aus Eigenknochen und xenogenem Knochenersatzmaterial; g) Kollagenmembran; h) das aus dem Gaumenbereich entnommene Bindegewebstransplantat (BGT).

Abb. 3i bis m Falldokumentation mit Zustand nach Implantation und lateraler Augmentation alio loco: i) okklusale Ansicht mit eingebrachtem BGT vestibulär in der Region 12; j) Wundverschluss mit Naht; k) klinische Situation 9 Monate post operativ; l) okklusale Ansicht; m) klinische Parameter.

Es gibt jedoch keine Evidenz darüber, dass unter Verwendung eines spezifischen Materials, Produkts oder einer Membranart bessere klinische Langzeitergebnisse erzielt werden können oder dass ein bestimmtes Augmentations- bzw. Operationsprotokoll einem anderen überlegen ist63,66. Die Weichgewebsaugmentationen werden zur Verbreiterung oder zur Verdickung der keratinisierten Mukosa durchgeführt als alleinige Maßnahme oder im Zusammenhang mit einer resektiven oder rekonstruktiven Therapie. Eine Verbreiterung der keratinisierten Mukosa führt zur Reduktion klinischer Entzündungsparameter sowie zur Stabilisierung des marginalen Knochenniveaus im Vergleich zur Kontrollgruppe12,67. Außerdem wird eine geringere Zunahme mukosaler Rezessionen an Implantaten mit einer breiteren keratinisierten Mukosa im Anschluss an eine chirurgische Periimplantitistherapie beobachtet68. Eine Explantation ist bei Implantatlockerung, Therapieresistenz, nicht behebbaren technischen Komplikationen, wie z. B. Implantat- oder Abutmentfraktur, beim Übergreifen der Infektion auf anatomisch relevante Nachbarstrukturen oder bei einem ungünstigen Implantatdesign indiziert.