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Kapitel 14




Vynsu drängte sich mühsam durch den Strom der Schaulustigen, der sich rund um den Kampf versammelte und somit eine natürliche Arena schloss. Wolken zogen sich mal wieder über den Reisfeldern zusammen, Blitze durchzuckten sie und Donner grollte unheilvoll. Es fing wieder an zu regnen, dicke, warme Tropfen prasselten auf die Zelte und den Boden nieder. Das hinderte die Leute nicht daran, zu gaffen.



Vynsus Freunde standen hinter den Reihen und verfolgten das Geschehen mit gerunzelten, kritischen Mienen. Die Menge hielt erschrocken den Atem an.



Das war ungewöhnlich für Carapuhrianer, immerhin bestand ihr ganzes Leben aus Kämpfen, und wann immer jemand zu einer Waffe griff oder auch nur die Faust erhob, wurde Jubel laut. Vynsu fragte sich, warum keine freudige Stimmung herrschte, warum niemand grölte, niemand angefeuert wurde und warum niemand Wetten abschloss. Die Menge war wie gelähmt, zu sprachlos, um ihm auch nur Platz zu machen, er musste sich durch die eng stehenden Menschen nach vorne drängen, schob sie mit seiner überragenden Masse ungewollt zur Seite. Sie beachteten ihn gar nicht.



Je näher er den Kampfgeräuschen von Metall, das auf Metall schlug, dem Zischen und Grunzen kam, je besser konnte er die Köpfe der Menge überblicken. Und was er sah, ließ auch ihn die Stirn runzeln.



Er wurde langsamer, stockte aber nicht. Mit Melecays schwerem Zweihänder in der Hand trat er aus der ersten Reihe und betrachtete das Schlachtfeld.



Nichts anderes war das, was Desith angerichtet hatte.



Er kämpfte allein gegen vier Barbaren, es standen aber nur noch drei. Der erste lag bereits auf dem Boden, Regen spülte das Blut aus seinen Schnittwunden und färbte es rosa. Er zog sich mit einem Ellenbogen über den aufgeweichten Boden und hielt sich eine aufklaffende Wunde in der Seite. Kameraden eilten zu ihm und zerrten ihn wie einen nassen Sack in Sicherheit. Der Barbar war zugerichtet wie nach einem Pumaangriff.



Vynsu blickte wieder zu Desith, sein Mund stand vor Unglauben leicht offen. Der Wildfang machte seinem Ruf alle Ehre, kämpfte wie besessen. Er war schnell, zu schnell. Zu dritt setzten sie ihm zu, aber er tänzelte geschickt durch die Reihen als würde er gar nicht darüber nachdenken.



Vynsus Stirnfalten wurden noch tiefer, er beobachtete den Kampf einen Moment länger, versuchte, Desith einzuschätzen. Sie hatten früher schon Duelle gegen einander ausgefochten, Vynsu kannte Desiths Geschick und Wendigkeit. Aber alles, was er in Erinnerung behalten hatte, schien sich über die Jahre im Dschungel ausgeweitet zu haben. Desith war viel schneller und leichtfüßiger, als er einem normalen Menschen zugetraut hätte.



Er kämpfte verbissen, aber nicht dumm vor Wut. Er schien die Bewegungen seiner Feinde zu spüren, er schlängelte sich geschickt durch die Schwerthiebe, tänzelte um die Männer herum, fand in jeder Deckung eine Schwachstelle und stach zu. Er ließ sich Zeit, er nutzte ihre Wut, ihre Unsicherheit, beobachtete sie genau, schien Augen im Hinterkopf zu haben und vorhersehen zu können.



Er lachte dabei hämisch, voll Schadenfreude, wann immer seine Klinge auf Fleisch traf. Er hatte sichtlich Freude, war wie im Wahn. Genau wie … wie in der Nacht zuvor.



Das Schwert nutzte er wie einen Schild, blockte und parierte mit der breiten, kurzen Klinge. Der Dolch war seine Waffe, stach und schlitzte, wo auch immer eine Lücke in einer Deckung zu finden war.



Er hatte eine tiefe Wunde am Arm, sein weißes Hemd hing in nassen, blutigen Fetzen an ihm, doch das schien seinen Kampfgeist nicht zu beeinträchtigen. Es war fast schön, wie er kämpfte.

Er

 war schön. Sein feuchtes Haar klebte in seinem vor Zorn hartem Gesicht, die feurigen Strähnen dunkel vor Nässe. Die eisigen Augen waren wild und kalt, er konnte sich biegen, wenden und verdrehen wie eine anmutige Schlange. Sein drahtiger Körper wurde vom Kampf zur Schau getragen. Seine Wunden und das Blut, das seinen Körper zierte, waren wie seine ganz eigene, makabre, aber wunderschöne Art von Schmuck.



Die Männer, die ihn angriffen, sahen weitaus schlimmer aus. Und es dauerte nicht lange, bis Desith den zweiten Barbaren kampfunfähig zu Boden schickte, indem er an ihm vorbei tänzelte und dabei so blitzschnell mit dem Dolch zustach, dass Vynsu zunächst glaubte, die Klinge habe den Hals des Barbaren verfehlt. Doch dieser versteinerte plötzlich, griff sich an die Halsseite und sackte dann auf die Knie, Blut floss über seine Lippen, dick wie ein flüssiger Vorhang, und er fiel mit dem Gesicht voran in den mittlerweile vom Regen aufgeweichten Boden. Ihm war nicht mehr zu helfen. Desith hatte so schnell zugestochen, wie es eine Wespe getan hätte.



Die verblieben zwei Krieger sahen ihren Kameraden ungläubig im Matsch liegen, Desith drehte sich elegant und hochnäsig zu ihnen um. Blut und Regen färbte den Matsch zu seinen Füßen rosa.



»Ihr wollt Barbaren sein?« Er wischte sich mit dem Unterarm über den Mund und lachte ihnen hämisch ins Gesicht. »Dies ist der große Kampfgeist Carapuhrs? Ein Haufen nichtsnutziger, stinkender Klopse aus weichem Fleisch, die nur hacken, aber nicht tanzen können? Ist das alles, was Carapuhr zu bieten hat?

Ist das wirklich alles?

« Letzteres brüllte er so herausfordernd, dass jedem umstehenden Barbaren das Herz vor Wut raste. »Kommt doch her!«, rief er und breitete die Arme aus, präsentierte seine ungeschützte Brust. »Kommt und stellt euch dem bösen Geist, der in eure Mitte getreten ist! Wer vermag es, mich aufzuhalten?

Wer

? Kommt her und stellt euch mir! Ich lehre euch das Fürchten!«



Raunen ging durch die Menge, Vynsu wusste, dass er das beenden musste, bevor Desith den Aberglauben nutzte, um frei zu kommen.



Desith musterte seine Feinde angewidert. »Ihr seid eine Schande für euer Land und euren König. Bringt mir wen, der weiß, wie man kämpft, oder teilt das Schicksal eures Bruders.« Er zeigte mit dem Dolch auf die Leiche.



Die beiden Krieger zeigten die Zähne, hoben drohend ihre Schwerter, bewegten sich aber nicht vom Fleck.



»Genug!« Vynsu erhob das Wort, bevor der Kampf erneut entfachte. Überraschung schlug ihm entgegen, erst jetzt bemerkte die Menge seine Anwesenheit.



Er machte einige Schritte in den Kreis, der sich zwischen den Zelten auf der breiten Gasse gebildet hatte, der Regen floss über sein Gesicht, ebenso wie über Desiths, der ihm nur feindselig entgegensah.



Das Schwert gesenkt, besah Vynsu das Schlachtfeld, das Blut, die rosafarbenen Pfützen, die Leiche…



Er atmete schwer aus und blickte in Desiths nasses, wütendes Gesicht, während er mit einer Hand die anderen beiden Barbaren fortschickte. Die beiden Krieger zogen nur zu gern von Dannen.



Desiths schwerer Atem übertönte sogar den Regen, seine Fäuste lagen so fest um seine Waffen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Nasenflügel bebten, während die eisblauen Augen Vynsu taxierten, ihn verfolgten, als er um die Leiche herum ging und sich vor Desith stellte.



»Es reicht jetzt«, sagte er betont ruhig, jedoch so endgültig, dass sich sogar einige Umstehende anschickten, sich zu entfernen. In ihren Köpfen war er noch der Prinz, sein Wort hatte Gewicht in dieser Welt aus Chaos und Blut, wo jeder jeden zu jeder Zeit herausfordern durfte.



Doch Desith nahm das nicht hin. »Es reicht erst dann, wenn du mir aus dem Weg gehst«, sagte er. Und als wollte seine Heimat seinen Entschluss untermahlen, grollte der Donner bedrohlich über ihren Köpfen in den dunklen Wolken.



Der Regen prasselte überlaut auf sie nieder, man konnte förmlich hören, wie nass er war.



Vynsu blickte flüchtig gen Himmel, dann sah er Desith wieder an und hielt Melecays Schwert demonstrativ gesenkt. »Leg die Waffen nieder, Desith, bevor es zu spät ist.«



Desith lächelte kalt, gefühllos. Seine Augen senkten sich auf die Leiche, die neben ihnen lag und den Boden mit ihrem Blut tränkte.

Es ist bereits zu

spät, wollte er sagen und erfreute sich daran. Langsam glitten seine Augen zurück zu Vynsu – und blitzschnell ging er in Angriffsstellung. Die Knie gebeugt, den Oberkörper leicht eingedreht, die Arme eingeknickt und erhoben wie ein Insekt mit zwei Stacheln.



Vynsu schüttelte den Kopf, er rührte sich nicht, wollte sich nicht provozieren lassen. Er spürte die unverständlichen Blicke seines Volkes auf sich ruhen, und die neugierigen Augen seiner Freunde, aber er ließ sich davon nicht beeinflussen. Mit Ruhe gewann man das Vertrauen eines verängstigten Wolfes, der verletzt in die Enge getrieben worden war. Hitzköpfigkeit hatte Vynsu in seinem Leben nur immer wieder in Schwierigkeiten gebracht.



»Leg die Waffen nieder«, versuchte er es noch ein weiteres Mal bedächtig, »ich will dir nicht wehtun.«



Desiths wutverzerrtes Gesicht blieb unverändert. »Ich hielt dich nicht für feige!«



»Und ich dich nicht für dumm.« Er starrte ihm fest in die Augen, machte deutlich, dass er sich nicht fürchtete, sondern schlicht und ergreifend vernünftig war. »Du hast keine Wahl, Desith.«



»Versuch doch, mich aufzuhalten«, raunte er und griff mit einem schnellen vorwärts Satz an.



Vynsu wich instinktiv nach hinten aus, als die Schwertspitze auf sein Gesicht zukam. Desith hackte nicht, er stach zu. Drei Mal oben, Vynsu zuckte nach links und rechts, spürte einen schmerzvollen Riss, als die Klinge seine Wange streifte. Doch das war nur ein Ablenkungsmanöver, wie er beinahe zu spät bemerken durfte, Desith vollführte eine geschickte Drehung und hieb mit dem Dolch nach Vynsus Bauch.



Geistesgegenwärtig schlug er mit Melecays schwerer Klinge gegen den Dolch und blockte den Schlag ab. Eisen klirrte, der Klang zerschnitt das Prasseln des Regens. Desith ließ ihm keine Gelegenheit, zurückzuweichen, er setzte nach, hieb und stach auf ihn ein, dass Vynsu nur noch reagieren konnte.

 



Er wehrte die blitzschnellen Angriffe nur ab, wollte nicht kämpfen, außerdem blieb ihm zunächst auch nichts anderes übrig. Desith war zu schnell, ließ ihm nicht genug Zeit, um einen Konter zu vollführen. Eisen schlug in schneller Abfolge auf Eisen.



Vynsu wich zurück, parierte, drehte und wendete sich durch die schnellen, wütenden Angriffe, die wie der Regen auf ihn niederschlugen. Desith war ein Meister der Täuschung, er deutete gerne Schläge an und stach dann wie aus dem Nichts von einer anderen Seite zu. Das Problem war, dass Desith von Derrick trainiert worden war, er kannte die Kampftechnik der Barbaren in- und auswendig, während Vynsu nicht mit den schnellen Schritten des Fechtens vertraut war, in denen Desith in Elkanasai unterrichtet worden war.



Vynsu versuchte, seine Verteidigung zu ändern. Statt zurückzuweichen, drehte er sich einem Stich aus dem Weg, schlug nach Desiths Beinen, duckte sich unter dem auf Brusthöhe geschwungenen Schwert hindurch, parierte den nächsten Schlag und packte mit der anderen Hand Desiths Arm, mit dem er den Dolch führte, bevor ihm die Klinge in den Bauch gerammt wurde, dann zog er ihn mit einem Ruck an seine Brust.



Sie grunzten beide, starrten sich wütend in die Augen. Erst da bemerkte Vynsu, dass ihn frische Schnitte an Beinen, Armen und Hals brannten, wo Desiths Klingen ihn gestreift hatten. Er wurde wütend und spürte, wie sich daraufhin seine Lippe auf einer Seite nach oben zog, wie ein Hund, der die Lefze hochzog.



Die Zuschauer hatten sie längst vergessen, es gab nur sie beide.



Desith fing an zu knurren, er trat ihm vor das Bein, sodass Vynsu vor Schmerz zurücktaumelte. Der Wildfang zog ihm den Dolch über die Brust und wirbelte an ihm vorbei. Vynsu zischte und sah an sich hinab, tippte einen Finger in die Wunde spürte den Zorn in sich aufwallen.



»Was bist du nur für ein Mann!«, sagte Desith anklagend als er ihn wie ein Raubtier umrundete. »Lässt zu, dass man dir Frau und deine Krone nimmt, läufst weg und besäufst dich, jaulst wie ein großer, weinerlicher Köter. Was ist aus dir geworden?«, spuckte er ihm feindselig entgegen. »Schau dich an, wo ist dein Biss, deine Seele? Du bist nur noch ein Schoßhund, der sich an einer sehr kurzen Leine führen lässt! Ein Jammerlappen, wie er im Buche steht. Eine Schande, Vyn. Hörst du? Eine Schande. Und das weißt du. Welcher Mann lässt sich seine Krone stehlen und nimmt es einfach hin? Du bist Melecays kleine, vorgedehnte Hure!«



Der Stich saß tief in seinem Herzen. Er drehte sich wütend um, da machte Desith schon wieder einen Satz und kam einem Sturm aus Klingen gleich auf ihn zu.



Dieses Mal hatte Vynsu damit gerechnet, er bewegte sich durch die Stiche und Hiebe hindurch, schlug Desiths Schwert beiseite, nahm seine eigene Waffe nun in zwei Hände und zog sie von unten nach oben.



Desith sprang zurück, duckte sich unter dem nächsten Schlag hindurch. Vynsu drehte sich, deutete links an, wirbelte aber herum und hieb schräg von unten rechts zu. Desiths Unterarm wurde direkt über der Achsel aufgeschlitzt, Blut spritzte einer Fontane gleich durch die Luft, und ein Schmerzensschrei wurde laut. Desiths Arm wurde in die Höhe gerissen.



Vynsu setzte sofort nach, sodass er ihn rückwärts in eine Zeltreihe drängte. Die Meute folgte ihnen gebannt. Seine wuchtigen Schläge zerschnitten die Luft, Desith keuchte bei jedem Hieb, den er abwehrte. Er musste zurücktänzeln, während Vynsu schwungvoll auf ihn einschlug.



Als Desith zu einem Konter ansetzte, parierte Vynsu den Stich mit seinem Heft, entwand Desith mit einem geschickten Ruck den verdammten Dolch und ließ ihn zu Boden fallen. Desith, nun von Wut beflügelt, tänzelte durch die nächste Abfolge von Schlägen, er nahm das Schwert über den Kopf und stach so blitzschnell zu wie ein verdammter Skorpion, während er den freien Arm nutzte, um Vynsus Klinge abzuwehren. Der Schnitt in seinem Unterarm war tief, beunruhigend viel Blut tropfte zu Boden. Aber Desith kämpfte weiter, als wäre nichts gewesen.



Vynsu blockte die Angriffe auf sein Gesicht ab, da vollführte Desith aber eine schnelle Pirouette, ging dabei in die Knie und schlitzte Vynsu beide Schenkel auf. Die dicke Lederhose platzte, und er spürte den heißen Schmerz, als die Klinge seine Haut aufriss. Als hätte ihn eine Feuerpeitsche getroffen. Die Kratzer waren nicht tief, ließen ihn aber zurückschrecken.



Desith war so schnell wieder auf den Beinen und in Angriffsstellung, dass Vynsu seinen Augen nicht traute. Ehe er sich versah, machte Desith wieder einen Satz auf ihn zu und tanzte mit einer blutigen Klinge um ihn herum. Er versuchte, die Angriffe vorauszusehen, doch Desith schien gerade erst warm geworden zu sein. Als ob Wut, Schmerz und Verzweiflung ihn nur noch gefährlicher, schneller, stärker machten. Dabei war er doch gerade erst gesundet …



»Das kann nicht sein!« Vynsu parierte einen Schlag und warf Desith mit aller Kraft von sich. »Du kannst unmöglich so schnell sein!«



Desith lachte kalt, er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn und hinterließ einen blutigen Streifen, der vom Regen verwaschen wurde. »Bist du schon müde?«, fragte er und sprang sofort wieder auf ihn zu. Vynsu riss das Schwert hoch, um ihn abzuwehren, doch der Aufprall ließ ungewöhnlich lange auf sich warten. Ein erstickter Schrei ertönte. Desith war für einen Herzschlag lang wie erstarrt, das erhobene Schwert schwebte in der Luft, die Augen und der Mund waren ungläubig aufgerissen. Dann fiel er wie ein nasser Sack Vynsu entgegen und ließ die Klinge fallen.



Gerade noch rechtzeitig hatte Vynsu das Schwert gesenkt und Desiths nassen Körper mit seiner Brust aufgefangen. Er schlang einen Arm um ihn, damit er ihm nicht entglitt. Schlaff und zitternd hing er in seinen Armen.



»Was…?«, stammelte Vynsu überrascht und blinzelte wegen des Regens, der von seinen langen Wimpern tropfte.



Der Großkönig stand einige Schritte hinter Desith, der Regen rann in Sturzbächen über ihn und er zielte mit einer Armbrust auf Desiths Rücken.



Vynsu atmete angestrengt durch den Mund. Er blickte an Desiths Rücken hinab und sah den dicken Bolzen, der dicht neben seinem Schulterblatt aus seinem Rücken ragte. Der Regen spülte das Blut rosafarben über Desiths helles Hemd. Vynsu schluckte, das sah nicht gut aus. Vorsichtig ging er in die Knie und rutschte mit Desith zu Boden, der zu röcheln anfing und sich an ihn klammerte. »Vyn…«



»Bin da!« Er hob Desiths Kopf und strich ihm die roten Strähnen aus dem blassen Gesicht. »Atme, versuche einfach, zu atmen.«



In Desiths Augen stand nur Wut. »Du hast es versprochen…«, flüstert er erstickt. »…versprochen.«



Vynsu spürte, wie ein Kloß in seinem Hals wuchs.



Sein Onkel legte sich gelassen die Armbrust über die Schulter und schlenderte auf sie zu. »Mir kam zu Ohren, dass du schnell heilst«, sagte er süffisant. Als er vor ihnen stand, beugte er sich hinab und packte den Bolzen, der in Desiths Rücken steckte. Er zog ihn mit einem Ruck heraus. Vynsu verzog schmerzerfüllt das Gesicht, die Spitze des Bolzens riss die Wunde weit auf.



Desith schrie kurz, aber aus Leibeskräften.



Der Großkönig beförderte ihn mit einem harten Tritt aus Vynsus Armen und auf den Rücken in den Dreck. Blinzelnd sah Desith gen Himmel, er wurde schnell blass und unter ihm bildete sich eine wässrige Blutlache im Schlamm. Der Großkönig stellte sich breitbeinig über ihn und ging dann in die Hocke, umfasste das hagere Gesicht mit seiner Pranke und drückte es zusammen, sodass Desith ihm in die Augen sehen musste.



»Niemand wagt es, sich mir zu wiedersetzen. Ich bin nicht dein Vater, ich bin dein verdammter König. Zolle mir Respekt und schenke mir Gehorsam, oder spüre tagtäglich, was es bedeutet, mich zu reizen.« Er beugte sich noch näher zu Desiths trotzigem Gesicht. »Und es ist mir gleich, welcher Lenden Frucht du bist, für mich bist du nur der Wert, der dein Leben für mich haben könnte. Nichts weiter. Ich lasse dir hierbei keine Wahl, Junge, auch nicht die Wahl, zu sterben. Du gehorchst, oder ich werde dich foltern, jede verdammte Stunde deines Lebens, bis ich deinen Willen gebrochen habe. Töte meine Leute, es ist mir gleich, ich habe reichlich von ihnen, aber du kannst dich nicht aus der Schlinge ziehen. Ich werde dir nicht den Tod gewähren, noch die Freiheit. Mach es dir selbst nicht zu schwer, deine wundersamen Heilkräfte würden es mir nämlich äußerst leicht machen, dich jeden Tag Höllenqualen leiden zu lassen, bis du bereit wärst, sogar mir den Arsch hinzuhalten wie eine läufige Hündin.« Damit stieß er Desiths Kopf wütend in den Matsch, dieser blieb flach mit ausgebreiteten Armen liegen, er atmete schwer.



Vynsu saß noch immer im Dreck, und obwohl er wütend war, hatte er auch Mitleid.



Der Großkönig erhob sich und bellte zwei Kriegern zu: »Bindet ihn an einen Pfahl.« Dann blickte er wütend über die Menge und brüllte: »Er ist kein böser Geist, ihr dummen, verdammten Bauern! Nur ein wütender Bursche, der euch auf der Nase herumtanzt. Das Einzige, was ihr zu befürchten habt, ist mein Zorn. Denn kein Geist und kein Gott wird euch je so viel Leid zufügen wie ich es tun könnte, also scheißt euch nicht ständig wegen ein bisschen Magie ins Hemd! Muss ich hier wirklich alles allein machen? Ihr Feiglinge, seht euch diesen Haufen schwach