Lehrberuf: Vorbereitung, Berufseinstieg, Perspektiven (E-Book)

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Teil 3: Perspektiven im Lehrberuf

Der dritte Teil umfasst Beiträge, die über den Berufseinstieg hinausblicken und sich schwerpunktmäßig mit dem Berufsverbleib und den Berufszielen von Lehrkräften befassen.

Passion für den Lehrberuf, Commitment und Kompetenzentwicklung: Absichten zum Verbleib im Lehrberuf von quereinsteigenden Lehrpersonen

(Mirjam Kocher, Andrea. Keck Frei, Christine Bieri Buschor und Ramona Hürlimann)

Quereinsteigende gelten als besonders stark intrinsisch motiviert – doch ob sie langfristig im neuen Beruf verbleiben oder anfällig sind, rasch wieder aus dem Beruf auszusteigen, ist noch wenig untersucht. Vor diesem Hintergrund berichtet dieser Beitrag Ergebnisse einer Längsschnittstudie, welche die berufliche Entwicklung und die Verbleibsabsichten von Quereinsteigenden fokussiert.

Lehrpersonen unterrichten – oder nicht? Berufspläne von Quereinsteigenden im Vergleich zu Regelstudierenden

(Kirsten Schweinberger und Netkey Safi)

Berufliche Ziele sind für die Verbleibsabsichten von großer Bedeutung. Die Studie untersucht, welche Berufspläne Quereinsteigende und Regelabsolvierende im Berufseinstieg haben, wie sich diese verändern und welche Bedingungsfaktoren mit einer langfristigen Verbleibsabsicht zusammenhängen.

Kündigende Lehrpersonen – belastet, unzufrieden oder die Berufslaufbahn gestaltend?

(Manuela Keller-Schneider)

Kündigung und Berufsausstieg werden oft mit hohen Belastungen in Verbindung gebracht. Doch sind kündigende Lehrkräfte wirklich besonders stark von beruflichen Belastungen betroffen – oder verfolgen sie proaktiv ihre beruflichen Ziele, die sie möglicherweise aus dem Lehrberuf hinausführen? Die Autorin untersucht diese Frage und diskutiert unterschiedliche Kündigungsprofile.

The Changing Face of the Teaching Force in the United States of America

(Richard Ingersoll, Elizabeth Merrill, Daniel Stuckey and Gregory Collins)

Das Lehrpersonal in den USA wurde über die letzten Jahre gleichzeitig älter und jünger, heterogener bezüglich der kulturellen Herkunft und vor allem eines: zahlenmäßig stärker. Dieser zweite englischsprachige Beitrag setzt einen Schlusspunkt mit einem Überblick zu den Trends der Lehrerinnen- und Lehrerbildung in den USA. Der Blick über den Atlantik ist für das deutschsprachige Forschungs- und Praxisfeld daher von großem Interesse, weil sich diverse der identifizierten Entwicklungen auch im deutschen Sprachraum abzeichnen.

Der Sammelband schließt mit einem kurzen Ausblick der Herausgeberinnen auf zukünftige Fragestellungen im Forschungsfeld.

Unser Dank gilt allen Autorinnen und Autoren, die mit ihren Beiträgen zur Entstehung dieses Bandes beigetragen haben, sowie den drei pädagogischen Hochschulen FHNW, Bern und Zürich, die sowohl die Arbeit am Sammelband selbst als auch die zugrunde liegende Tagung finanziell unterstützt haben.

Brugg-Windisch, im Juni 2019

Netkey Safi, Catherine Eve Bauer und Mirjam Kocher

Literatur

Bauer, C. E., Bieri Buschor, C., & Safi, N. (Hrsg.) (2017). Berufswechsel in den Lehrberuf. Neue Wege der Professionalisierung. Bern: hep.

Criblez, L. (2017). Lehrerinnen- und Lehrermangel in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren – Phänomen, Maßnahmen, Wirkungen. In C. E. Bauer, B. C. Bieri Buschor & N. Safi (Hrsg.), Berufswechsel in den Lehrberuf. Neue Wege der Professionalisierung (S. 21–36). Bern: hep.

Helsper, W., & Tippelt, R. (2011). Ende der Profession und Professionalisierung ohne Ende? Zwischenbilanz einer unabgeschlossenen Diskussion. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 57, 268–288. Weinheim: Beltz.

Lortie, D. (2002). Schoolteacher: A sociological study. Chicago: University of Chicago Press.

Messner, H., & Reusser, K. (2000). Die berufliche Entwicklung von Lehrpersonen als lebenslanger Prozess. Beiträge zur Lehrerbildung, 18(2), 157–169.


Motiviert für den Berufswechsel: Spielt der frühere berufliche Status eine Rolle?

Larissa Maria Troesch, Dilan Aksoy und Catherine Eve Bauer

1Einleitung

Aus welchen Motiven angehende Lehrkräfte ihren Beruf wählen, gilt als zentraler Prädiktor für die Anstrengungen, die sie im Studium unternehmen, und den dadurch bedingten Kompetenzaufbau (Brühwiler, 2001; König & Rothland, 2012). Zusammenhänge der Berufswahlmotive bestehen auch mit der Absicht, in Studium und Beruf zu verbleiben (Bruinsma & Jansen, 2010; Sinclair, 2008); für die Rekrutierung und Ausbildung von Lehrkräften und die Förderung des Verbleibs im Beruf sind deshalb die Berufswahlmotive von hoher Relevanz. Die Frage, aus welchen Gründen angehende Lehrkräfte ihren Beruf ergreifen, ist denn auch breit erforscht (Rothland, 2014a, 2014b). Seit einigen Jahren richtet sich die Forschung zur Berufswahlmotivation nicht nur auf Lehramtsstudierende im Allgemeinen, sondern auch spezifisch auf Studierende, die auf einem zweiten Karriereweg das Lehramtsstudium ergriffen haben (Loretz, Schär, Keck Frei & Bieri Buschor, 2017; Neuber, Quesel, Rindlisbacher, Safi & Schweinberger, 2017; Richardson & Watt, 2005). Dieses zunehmende Interesse an Berufswechslerinnen und Berufswechslern (BW) in den Lehrberuf gründet darin, dass sie im Kontext von Lehrpersonenmangel und zunehmender Durchlässigkeit von Ausbildungsgängen zusehends zu einer wichtigen Zielgruppe für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung werden (Marinell & Johnson, 2014).

Im Hinblick auf ihre Vorberufe und Qualifikationen bilden BW eine sehr heterogene Gruppe, da sie oft als Quer- oder Seiteneinsteigende spezielle Ausbildungsprogramme durchlaufen. Wir verwenden an dieser Stelle den weiten Begriff BW, da darunter alle Personen fallen, die vor dem Eintritt ins Lehramtsstudium bereits eine andere Berufsausbildung absolviert haben, ungeachtet spezifischer Rekrutierungs- und Ausbildungskontexte.

BW gelten insgesamt als überdurchschnittlich stark intrinsisch motiviert (z. B. Tigchelaar, Brouwer & Vermunt, 2010; Wilkins & Comber, 2015). Bislang gibt es jedoch kaum Forschung dazu, inwiefern spezifische Facetten früherer Berufstätigkeit die Berufswahlmotivation beeinflussen. Der vorliegende Beitrag versucht, dazu weitere Erkenntnisse zu liefern, und befasst sich mit der Bedeutung des früheren beruflichen Status für die Wahl des Lehrberufs als Zweit- oder Drittberuf. Zwar hat in vielen europäischen Staaten der Lehrberuf in den letzten Jahrzehnten an gesellschaftlichem Ansehen und Status verloren (Rothland, 2016), aus individueller Perspektive jedoch bedeutet die Berufswahl Lehrer/Lehrerin oftmals einen sozialen Aufstieg, was auch einen Grund für den Berufswechsel darstellen könnte.

Mit den Berufswahlmotiven eng verbunden sind die individuellen Berufsziele. Lehramtsstudierende gelten gemeinhin als wenig leistungs- und karriereorientiert (Nieskens, 2009); sie verfolgen vergleichsweise selten längerfristige Karriereziele. Ob dies auch für BW zutrifft, ist bisher weitgehend ungeklärt. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es deshalb, Berufswahlmotive und berufliche Ziele von BW und von Erstberuflern und Erstberuflerinnen (EB) sowie die Bedeutung des früheren beruflichen Status zu untersuchen.

1.1Berufswahlmotivation
1.1.1Berufswahlmotivation bei Lehrpersonen im Allgemeinen

Zur Erklärung der Berufswahlmotivation angehender Lehrpersonen wurden diverse Modelle entwickelt (vgl. Rothland, 2014a als Überblick). International bekannt ist insbesondere das FIT-Choice-Modell der Berufswahlmotive (Watt & Richardson, 2007). Diesem Modell zufolge sind sowohl Erwartungen und antizipierte Berufsperspektiven als auch der Wert, der verschiedenen Berufsaspekten (z. B. berufliche Sicherheit, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen) zugeschrieben wird, wichtig für die Entscheidung für oder gegen den Lehrberuf. Die Forschung zur Berufswahlmotivation hat übereinstimmend gezeigt, dass intrinsische Motive bei der Wahl zum Lehrberuf weitgehend überwiegen (Rothland, 2014a). Diese Berufswahlmotive und Zielorientierungen, aber auch Handlungsergebnis-Überzeugungen werden als handlungsleitend und relativ überdauernd klassifiziert (Reichhart, 2018); sie beeinflussen maßgeblich, wie sich angehende Lehrpersonen in Studium und Beruf entwickeln und ob sie im Beruf verbleiben (Watt & Richardson, 2008).

1.1.2Berufswahlmotivation von Berufswechslern/-wechslerinnen in den Lehrberuf

BW gelten als besonders stark intrinsisch motivierte Lehrkräfte (Tigchelaar et al., 2010; Wilkins & Comber, 2015). Studien zeigen allerdings, dass extrinsische Motive unter bestimmten Umständen auch für BW zentral sein können: Neben den üblichen intrinsischen Motiven nennen BW auch eine Verbesserung der Anstellungssituation und das Erreichen eines höheren Bildungsabschlusses als Berufswahlmotive (z. B. Loretz et al., 2017; Weinmann-Lutz, Amman, Soom & Pfäffli, 2006). Gemäß Erwartung-mal-Wert-Modellen kann ein erwarteter Statusgewinn durch einen Berufswechsel als antizipierter Nutzen einer Ausbildung interpretiert werden (Denzler & Wolter, 2008), gleichzeitig ist er ein extrinsisches Motiv der Berufs- bzw. Studienwahl (Watt & Richardson, 2007). Auf dieser Basis wäre zu erwarten, dass ein antizipierter Statusgewinn mit stärkeren extrinsischen Berufswahlmotiven einhergeht, ein erwarteter Statusverlust hingegen durch stärkere intrinsische Motive kompensiert werden muss. Die Ergebnisse von Loretz et al. (2017) bestätigen dies: Extrinsische Motive wie die finanzielle Sicherheit sind vor allem bei BW zentral, die zuvor in Berufen ohne regelmäßiges Einkommen tätig waren (z. B. im Kulturbereich), während sie für BW, die zuvor in Berufen mit hohem Ansehen (z. B. Kader, Management, öffentlicher Sektor) gearbeitet haben, kaum bedeutsam sind. Auch die qualitative Interviewanalyse von Weinmann-Lutz et al. (2006) zeigt, dass verschiedene Facetten des früheren Berufs wie beispielsweise die finanzielle Sicherheit oder der berufliche Status mitentscheiden, welche Motive für die Wahl zur Lehrperson relevant sind. Manche Studien schreiben dem beruflichen Status allerdings keine tragende Rolle zu: In der Studie von Kappeler (2006) nannten nur 5 von 30 befragten Quereinsteigenden den sozialen Aufstieg als Motiv für die Wahl des Lehrberufs. Auch Laming and Horne (2013) und Wilkins und Comber (2015) fanden, dass bei BW der berufliche Status eine eher untergeordnete Rolle bei der Berufswahlmotivation spiele.

 

1.2Berufsziele
1.2.1Berufsziele bei Lehrpersonen im Allgemeinen

Die Berufsziele von angehenden Lehrpersonen sind vor allem im Hinblick auf das Ziel, qualifizierte Lehrkräfte langfristig im Beruf zu halten, von Bedeutung. Der Lehrberuf gilt gemeinhin als Beruf mit begrenzten Karriereperspektiven; es erstaunt daher nicht, dass diverse Studien eine vergleichsweise geringe Karriereorientierung von Lehramtsstudierenden im Vergleich zu anderen Studierenden nachweisen (Lipowsky, 2003; Nieskens, 2009). Das Panel zum Lehramtsstudium PaLea (Kauper et al., 2012) kommt zum Schluss, dass über 90 Prozent der Lehramtsstudierenden effektiv als Klassenlehrkraft arbeiten möchten, während nur 40 Prozent eine Schulleitungsfunktion oder 25 Prozent eine Weiterentwicklung innerhalb des Bildungssystems (Bildungsadministration, Promotion) anstreben. Eine Überprüfung des FIT-Choice-Modells für den gesamten deutschsprachigen Raum bestätigt, dass die Arbeit als Lehrperson für die meisten Studierenden den Hauptfokus ihrer Berufswahl darstellt, während das Studium als Verlegenheitslösung am seltensten genannt wird (König, Rothland, Darge, Lünnemann & Tachtsoglou, 2013).

1.2.2Berufsziele von Berufswechslern/-wechslerinnen in den Lehrberuf

Der Stand der Forschung zu den Berufszielen von BW war bislang dürftig. Weinmann-Lutz et al. (2006) haben gezeigt, dass BW längerfristig im Beruf zu bleiben planen, während EB das Lehrdiplom häufiger als Zwischenschritt betrachteten (Weinmann-Lutz et al., 2006). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die schweizerische Studie von Schweinberger und Safi (in diesem Band), die aufzeigt, dass die wichtigste Karriereoption für BW das Klassenlehramt darstellt, wobei besonders die Akzeptanz im schulischen Umfeld und die eigene Überzeugung bezüglich der Studienwahl wichtig für den Verbleib sind. Ähnlich wie in der Forschung zu den Berufswahlmotiven zeigt sich jedoch auch hier, dass BW keine homogene Gruppe sind: Weinmann-Lutz et al. (2006) identifizierten unter den BW verschiedene Motivtypen, darunter einen Typus, der den Lehrberuf als verhinderten Traumberuf beschreibt, aber auch einen anderen, der den Lehrberuf als Zwischenstation für die berufliche Weiterentwicklung betrachtet. Auch gemäß Watt und Richardson (2008) sind BW keine einheitliche und von anderen Lehrkräften grundsätzlich verschiedene Gruppe, was die berufliche Aspiration angeht. Jedoch scheint der frühere berufliche Status eine relevante Einflussgröße zu sein: Ist der Wechsel in den Lehrberuf mit einem sozialen Aufstieg verbunden, sind Engagement und die Absicht, im Lehrberuf zu bleiben, höher.

1.3Fragestellung

Auf der Basis der dargestellten Forschungslage ist das Ziel dieses Beitrages zu ergründen, (1) welche Berufswahlmotive und beruflichen Ziele BW zu Beginn des Studiums mitbringen, (2) welche Bedeutung der frühere berufliche Status für den Berufswechsel hatte und (3) ob sich BW in Bezug auf die Berufswahlmotive und beruflichen Ziele von EB unterscheiden.

2Methode
2.1Durchführung und Stichprobe

Die Daten des vorliegenden Beitrages stammen aus dem Forschungsprojekt «Berufsleute als Lehrpersonen II: Professionelle Entwicklung im Studium» (BaL II; Bauer & Troesch, 2016). Im Projekt werden Studierende des Instituts für Vorschul- und Primarschulstufe (IVP) der Pädagogischen Hochschule Bern (PHBern) mit unterschiedlichen beruflichen und schulischen Hintergründen von Studienbeginn bis zur Diplomierung begleitet und mehrfach per Fragebogen und Leitfadeninterviews befragt.

Per Fragebogen wurden in den Jahrgangskohorten 2017 und 2018 alle erstsemestrigen Studierenden des IVP – insgesamt 635 Studierende – angefragt. Von 362 Teilnehmenden wurden 50 aus den Analysen ausgeschlossen, weil Angaben zu den Zielkonstrukten fehlten oder die vorherige Berufsausbildung nicht abgeschlossen worden war. Die finale Stichprobe zur Beantwortung der Fragestellung bestand aus 312 Studierenden (84 % Frauen). 130 Personen hatten vor Eintritt in die PHBern mindestens eine Berufsausbildung abgeschlossen und werden nachfolgend als BW bezeichnet. 182 Personen waren EB. Dadurch sind BW in der vorliegenden Stichprobe im Vergleich zur Gesamtpopulation der IVP-Studierenden an der PHBern überrepräsentiert: Der Anteil an BW in der vorliegenden Stichprobe liegt bei 42 Prozent, in der Gesamtpopulation der IVP-Studierenden bei 23 Prozent (PHBern, 2018). Die Geschlechterverteilung entspricht den jeweiligen Anteilen in der Gesamtpopulation der Studierenden der vergangenen Jahre. Das Durchschnittsalter der Gesamtstichprobe lag bei 22.91 Jahren (SD = 5.42).

2.2Instrumente

Berufliche Ziele. Die beruflichen Ziele wurden in Anlehnung an die Studie PaLea (Kauper et al., 2012) über neun Items auf einer vierstufigen Skala von «trifft gar nicht zu» bis «trifft völlig zu» eingeschätzt (vgl. Tabelle 1).[1] Die explorative Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation ergab drei Faktoren mit einem Eigenwert über 1, die im Folgenden mit «Lehrperson in der Volksschule», «Forschung und Entwicklung» und «Funktion im Bildungssystem» bezeichnet werden. Items und Faktorladungen können der Tabelle 1 entnommen werden.

Tabelle 1: Faktorladungen der explorativen Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation der Berufsziele


Folgende Ziele strebe ich für meine spätere Berufslaufbahn an. Ich möchte …F & E*Bildung*Lehrer/-in*
1… die normalen Aufgaben einer Klassenlehrerin bzw. eines Klassenlehrers übernehmen..06.13–.85
2… eine Funktion in der Schule übernehmen (z. B. Fachverantwortliche[r], Verantwortliche[r] Schulbibliothek).22.69–.14
3… an der Gestaltung von Schulbüchern und Lehrplänen mitwirken..59.38–.14
4… Schulleiterin bzw. Schulleiter werden..06.83.07
5… in der Bildungsadministration arbeiten..20.62.23
6… einen Doktortitel erlangen..54.23.27
7… als Lehrerin bzw. Lehrer an Forschungsprojekten mitwirken..84.04.04
8… an einer Hochschule forschen..83.15.10
9… in der außerschulischen Bildung arbeiten (z. B. Erwachsenenbildung, Erlebnispädagogik)..26.28.621

Anmerkung: Faktorladungen > .40 sind fettgedruckt und wurden zum jeweiligen Faktor per Mittelwert zusammengefasst. 1 Item wurde invers behandelt und zum Faktor zusammengefasst. Imputierte Daten. * Faktoren: Forschung und Entwicklung (F & E), Funktion im Bildungssystem (Bildung), Lehrperson Volksschule (Lehrer/-in).

Berufswahlmotive. Zur Erfassung der Berufswahlmotive wurde die deutschsprachige Version der FIT-Choice-Skalen (König et al., 2013; Watt & Richardson, 2007) eingesetzt. 34 Items zur Berufswahlmotivation wurden auf einer siebenstufigen Skala von «überhaupt nicht wichtig» (= 1) bis «äußerst wichtig» (= 7) für die Berufswahl Lehrperson eingeschätzt. Beispielitems sind: «… als Lehrer/-in kann ich der Gesellschaft etwas zurückgeben», «… ich selbst hatte positive Lernerfahrungen» oder «… als Lehrer/-in hat man ein gesichertes Einkommen». Aus diesen 34 Items ergeben sich elf Skalen (vgl. Abbildung 1). Die FIT-Choice-Skalen wurden in zahlreichen Studien validiert (z. B. König et al., 2013; Watt & Richardson, 2007; Watt et al., 2012). Das Instrument verfügt über mehrheitlich gute Reliabilitäten (König et al., 2013).

Beruflicher Status. 130 Personen gaben an, vor Eintritt in das Lehramtsstudium eine Berufsausbildung abgeschlossen zu haben. Die früheren Berufsabschlüsse wurden in Anlehnung an die «International Standard Classification of Occupations» (ISCO-08) klassifiziert und anschließend dem internationalen sozioökonomischen Index des beruflichen Status («International Socio-Economic Index of Occupational Status», ISEI) zugeordnet (Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992). ISEI-Werte können sich auf einem Punkterange von 10 (z. B. Küchenhilfen, Tabakwarenmacher/-innen) bis 89 (Humanmediziner/-innen) bewegen. Dem Lehrberuf auf Primar- und Vorschulstufe wird der ISEI-Wert 57 zugeordnet. Um abzubilden, ob BW durch den Berufswechsel einen Statusauf- oder -abstieg erleben, wurde der ISEI-Wert 57 als Cut-off verwendet: Studierende mit einem Berufsabschluss unter dem ISEI-Wert 57 werden der Gruppe Statusaufstieg (79 %) zugeteilt, Studierende mit einem Berufsabschluss gleich oder über dem ISEI-Wert 57 der Gruppe Statusabstieg (21 %).

2.3Statistische Analysen

Die Fragestellung 1 wird anhand von deskriptiven Analysen beantwortet. Die Fragestellungen 2 und 3 wurden mittels MANCOVAs analysiert, mit den Berufswahlmotiven und den beruflichen Zielen als abhängigen und dem Karrierepfad (BW vs. EB; Fragestellung 2) beziehungsweise dem Status der Berufsausbildung (Statusaufstieg vs. Statusabstieg) als unabhängigen Variablen (Fragestellung 3). Als Kontrollvariablen wurden jeweils das Alter und das Geschlecht der Befragten berücksichtigt. Fehlende Werte wurden mit multipler Imputation regressionsanalytisch geschätzt (White, Royston & Wood, 2011).

3Ergebnisse
3.1Berufswahlmotivation

Die deskriptiven Analysen (vgl. Abbildung 1) zeigen, dass BW den Lehrberuf vor allem wählten, weil sie mit Kindern/Jugendlichen arbeiten, einen sozialen Beitrag leisten und die Zukunft von Kindern und Jugendlichen mitgestalten wollten. Am wenigsten Zustimmung erhielt die Wahl für den Lehrberuf als Verlegenheitslösung («fallback career»).

Die multivariaten Varianzanalysen mit den elf Dimensionen zur Berufswahlmotivation als abhängigen Variablen und dem Vorberuf als unabhängiger Variablen ergaben einen signifikanten Gesamteffekt des Karrierepfads (F(11, 298) = 1.86, p < .05, η2partiell = .06). Insgesamt schätzten EB die Wichtigkeit der Dimensionen zur Berufswahlmotivation für den Entscheid, Lehrer oder Lehrerin zu werden, höher ein als BW. Dies zeigte sich insbesondere bei der Dimension «intrinsischer Wert» (F(1, 308) = 5.11, p < .05, η2partiell = .02; vgl. Abbildung 1). Die Effektstärke kann dabei als klein interpretiert werden (Cohen, 1988). Bei den andern zehn Berufswahlmotiven zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen EB und BW (alle p > .05). Nur bei der «wahrgenommenen Lehrbefähigung» ergibt sich ein marginal signifikanter Unterschied (F(1, 308) = 3.86, p = .05, η2partiell = .01); sie wurde von den EB als tendenziell wichtiger eingeschätzt.

 

Abbildung 1: Berufswahlmotive (FIT-Choice; 1 = «überhaupt nicht wichtig» bis 7= «äußerst wichtig»; Mittelwerte und Standardabweichungen) von Erstberuflerinnen und Erstberuflern (EB; n = 182; dunkelblau) und von Berufswechslerinnen und Berufswechslern (BW; n = 130; hellblau). Imputierte Daten

Unter den BW zeigte sich kein bedeutsamer Effekt des früheren beruflichen Status (F(11, 115) = 0.70, p = .74, η2partiell = .07): Studierende der Gruppe «Statusabstieg» unterschieden sich in den Berufswahlmotiven nicht grundsätzlich von Studierenden der Gruppe «Statusaufstieg». Auch wenn die einzelnen Berufswahlmotive betrachtet werden, zeigt sich bei keinem der Motive ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen (alle p > .05; η2partiell ≤ .02).