Organisation gestalten – Stabile und dynamische Unternehmensstrukturen

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Stellen- und Rollenbildung nach Prozessen
Vorteile Nachteile/Gefahren
Spezialisierung auf den Kunden; da Prozesse bei Kunden beginnen und enden, gewinnt der Prozessverantwortliche gute Kenntnisse über seine Kunden Kunde hat nur einen Ansprechpartner Mitarbeiter fühlt sich für die Qualität und Schnelligkeit gegenüber seinen Kunden verantwortlich Spezialisierung auf den Prozess; effiziente Bearbeitung aufgrund der Routine einheitliches Vorgehen bei der Prozessbearbeitung (Standardisierung) einfachere Bereitstellung von Informationen über den Kunden bei einem Prozessverantwortlichen erleichterte Koordination dieses Prozesses; Informationen über den Status eines Vorgangs sind leicht bei dem Prozessverantwortlichen abzufragen weniger Schnittstellen; dadurch können insbesondere auch die Durchlaufzeiten von Prozessen wesentlich verringert werden (weniger Liege- und Transportzeiten). Entspezialisierung hinsichtlich anderer Prozesse (Produkte) Kunde hat bei anderen Prozessen im gleichen Unternehmen andere Ansprechpartner erschwerter Kapazitätsausgleich, da bei dieser Lösung keine größeren Organisationseinheiten sinnvoll sind, durch die ein Vorgang wandern kann starke Bindung des Kundenverantwortlichen an seine Kunden führt u. U. zu einer großen Abhängigkeit von diesem Mitarbeiter.

Abb. 3.11: Bewertung einer prozessorientierten Stellen- und Rollenbildung

3.3.3 Aufgabenorientierte Stellen- und Rollenbildung

3.3.3.1 Stellen- und Rollenbildung nach Verrichtungen

Insbesondere in der Vergangenheit wurden Stellen oft nach Verrichtungen gebildet, d. h. die Verrichtungen wurden zusammengefasst, zentralisiert.

Den Stellen Bestellannahme, Fakturierung, Versand, Erfassung usw. sind spezialisierte Verrichtungen (Tätigkeiten) übertragen.

Auch die gerade behandelten Stäbe sind sehr oft nach Verrichtungen gebildet wie z. B. Organisation, Revision, Unternehmensplanung, Marketing usw.

Hier werden reine und gemischte Formen der Stellenbildung beschrieben. Um den Blick für die Eignung organisatorischer Lösungen zu schärfen, werden im folgenden Kapitel auch die Vor- und Nachteile dieser Formen behandelt.

Um Stellen bilden zu können, müssen die Aufgaben bekannt sein. Diese Aufgaben müssen erhoben werden und können mit Hilfe einer Aufgabenanalyse geordnet werden. In der Aufgabenanalyse werden verschiedene Phasen einer Aufgabe (Entscheidungsvorbereitung, Entscheidung, Realisation, Kontrolle) ermittelt. Für jede dieser Phasen müssen die Zuständigkeiten geregelt, d. h. auf Stellen übertragen werden (die Aufgabenanalyse als Technik der Stellen- und Rollenbildung wird in Kapitel 3.6.1 erläutert). Hier sollen nach den Phasen einer Aufgabe gebildete Stellen (siehe Abbildung 3.12) näher erläutert werden.


Planung Realisation Kontrolle
Entscheidungsvorbereitung Entscheidung

Abb. 3.12: Phasengliederung

3.3.3.1.1 Stellen und Rollen mit Entscheidungsvorbereitungsaufgaben

Ehe in einer Bank ein Kredit bewilligt wird, findet eine Entscheidungsvorbereitung statt. Es werden Informationen über den Kunden (z. B. seine Vermögenssituation, seine Einkommensverhältnisse, aber auch seine Vorstellungen über die Laufzeit und die monatliche Belastung) eingeholt. Der Berater unterbreitet alternative Angebote, von denen der Kunde sich für eines entscheidet. Damit ist – verkürzt gesagt – die Entscheidungsvorbereitung aus der Sicht der Bank abgeschlossen. Es liegen alle Informationen vor, die benötigt werden, um zu entscheiden, ob ein Darlehen gewährt wird und welche Sicherheiten verlangt werden. Diese Entscheidungsvorbereitung wird von einem Berater und/oder von einem Kreditsachbearbeiter vorgenommen. In einfachen Fällen kann der Berater und/oder Sachbearbeiter nach der Entscheidungsvorbereitung selbst entscheiden. Ab bestimmten Wertgrenzen muss er eine Entscheidung von einer befugten Stelle einholen.

Ein anderes Beispiel für typische Stellen mit Entscheidungsvorbereitungsaufgaben sind Stäbe.

In einem Organisationsvorhaben ermittelt die Organisation den Ausgangszustand, untersucht Stärken und Schwächen der vorhandenen Lösung, erarbeitet Lösungsvarianten und legt sie dann mit einer begründeten Empfehlung den Entscheidern vor.

Auch Leitungsstellen (Instanzen) haben neben ihrer Entscheidungsaufgabe immer auch gleichzeitig Aufgaben der Entscheidungsvorbereitung. Ehe sie entscheiden, bereiten sie diese Entscheidungen vor.

Der Prozess der Entscheidungsvorbereitung lässt sich grob in die folgenden Schritte gliedern:

Anstoß (Auslösung eines Entscheidungsproblems, z. B. Auftrag, Anfrage)

Erhebung und Analyse (Sammlung und Ordnung von Informationen zum Ist-Zustand und zur voraussichtlichen Entwicklung des Ist-Zustands)

Ermittlung von Anforderungen (Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken des Ist-Zustands – Vorstellungen der Stakeholder wie z. B. der Mitarbeiter in einem Fachbereich oder der Auftraggeber)

Lösungsentwurf (Entwicklung von Alternativen zur Lösung des Problems)

Bewertung der Alternativen.

3.3.3.1.2 Stellen und Rollen mit Entscheidungsaufgaben

Der Privatkundenberater in einer Geschäftsstelle kann bis zu einer bestimmten Wertgrenze selbst über die Gewährung von Krediten entscheiden. Jenseits dieser Grenze muss er eine Entscheidung von dem jeweiligen Kompetenzträger einholen. In den meisten Fällen ist dies die Abteilung Marktfolge. In der Praxis gibt es dazu meistens eine ganze Kompetenzkette, d. h. die Entscheidungsbefugnisse sind auf mehrere Hierarchieebenen verteilt, bis hin zur Geschäftsführung oder zum Verwaltungsrat.

Das Beispiel zeigt, dass Leitungsstellen immer auch Entscheidungsaufgaben haben, dass aber auch Ausführungsstellen derartige Befugnisse erhalten können. Allgemein hängt die Zuordnung von Entscheidungsaufgaben auf eine konkrete Stelle u. a. ab von

der Reichweite der zu treffenden Entscheidungen (z. B. abteilungs-, bereichs-, unternehmensrelevant)

der Bedeutung, etwa hinsichtlich der möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen (Risiken und Chancen)

dem zeitlichen Horizont (kurz-, mittel-, langfristig wirksame Entscheidungen)

dem Informationsstand des Stelleninhabers, d. h. letztlich von den Möglichkeiten und Kosten der Bereitstellung von Informationen (gerade die Leistungsfähigkeit moderner Informationssysteme hat gravierende Einflüsse auf die Möglichkeiten, Entscheidungsbefugnisse auf tiefere Ebenen zu verlagern)

der Qualifikation des Stelleninhabers

dem Vorhandensein von Stäben

der Dringlichkeit, mit der Entscheidungen normalerweise zu fällen sind – tendenziell müssen dringliche Entscheidungsaufgaben „realisationsnah“, d. h. auf relativ niedrigen hierarchischen Ebenen angesiedelt werden

der Komplexität der Entscheidung. Auf den oberen Ebenen der Hierarchie sind die Entscheidungsaufgaben normalerweise komplexer als auf den unteren Ebenen.

3.3.3.1.3 Stellen und Rollen mit Realisationsaufgaben

Nach der Entscheidungsvorbereitung und Entscheidung für ein Darlehen muss dieser Kredit ausgezahlt, müssen Zins- und Tilgungszahlungen angefordert und verbucht werden, sind Zinsänderungen mitzuteilen usw.

Das sind Realisationsaufgaben. Die Realisation folgt der Planung, die Planung wird in die Tat umgesetzt.

Alle Stellen in einer Unternehmung haben auch Realisationsaufgaben. Selbst ein Mitglied der Geschäftsleitung realisiert beispielsweise, wenn er einem Großkunden eine Leistung „verkauft“, einen Besuchsbericht anfertigt oder einen Vortrag hält. Der Anteil der Realisationsaufgaben nimmt normalerweise zu, je näher man der Basis einer Hierarchie kommt.


Abb. 3.13: Anteile Realisations- und Entscheidungsaufgaben

3.3.3.1.4 Stellen und Rollen mit Kontrollaufgaben

Die vom Kundenberater bearbeiteten Vorgänge werden in Form von Stichproben von der Kreditüberwachung kontrolliert. Dabei wird zum einen überprüft, ob bestimmte Verfahrensvorschriften eingehalten wurden – z. B. sind alle notwendigen Daten des Darlehensnehmers erfasst worden – und zum anderen, ob die Gewährung des Darlehens sachlich korrekt ist – z. B. ob die Sicherheiten ausreichen.

Durch Kontrollen werden Ist-Größen mit den zugehörigen Vorgaben, Soll-Größen, verglichen. Solche Kontrollen bedeuten nicht nur einen Blick zurück. Die Ergebnisse von Kontrollen können auch in die Planung eingehen. So werden z. B. Vorgaben geändert, wenn sich die bisherige Planung als unrealistisch erwiesen hat.

Wenn Herr Buch wöchentlich die Absatzzahlen analysiert und mit den Planwerten vergleicht, kontrolliert er auf diesem Wege die Ergebnisse des Vertriebs (Ergebniskontrolle). Stellt er beispielsweise fest, dass in einem Marktgebiet mehrfach die geplanten Umsatzzahlen nicht erreicht wurden, kann er das zum Anlass nehmen, sich die Arbeit des zuständigen Mitarbeiters einmal näher anzusehen. Er überprüft die Art und den Umfang der Aktivitäten, kontrolliert, ob Vorgaben eingehalten wurden. Er verschafft sich also ein Bild darüber, wie diese Ergebnisse zustande gekommen sind. In diesem Fall wird von einer Verfahrenskontrolle gesprochen.

 

Abb. 3.14: Ergebnis- und verfahrensorientierte Kontrollen

Ergebnisorientierte Kontrollen betreffen eingetretene Resultate. Typische Fälle sind Qualitätskontrollen in der Produktion oder im Wareneingang oder auch der Vergleich von Zielvorgaben mit tatsächlichen Ergebnissen. Verfahrensorientierte Kontrollen vergleichen die tatsächlich durchgeführten Prozeduren mit vorgeschriebenen Verfahren. Verfahrenskontrollen dienen oft auch dazu, die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften, Gesetzen, Richtlinien und Normen, d. h. die Compliance, zu prüfen bzw. vorbeugend Verstöße zu verhindern.

Ergebnis- wie auch verfahrensorientierte Kontrollen können als Selbstkontrolle oder als Fremdkontrolle geregelt werden: Bei der Selbstkontrolle führen die betroffenen Stellen die Kontrollen durch. Für diese Regelung spricht, dass damit die Eigenverantwortlichkeit gefördert wird. Bei Einsatz von Gruppenarbeit werden die Kontrollaufgaben oft diesen Gruppen übertragen. So wird die Neigung, Fehler zu vertuschen, ersetzt durch die Einstellung, Fehler zu vermeiden. Das Qualitätsbewusstsein wird dadurch wesentlich gefördert, zumal Gruppen sehr wirksame Sanktionsmöglichkeiten haben, wenn ein Mitglied beispielsweise Qualitätsnormen nicht beachtet, obwohl sie von der Gruppe als Wert hochgeschätzt werden. Ein viel beachtetes Beispiel für die Selbstkontrolle bietet Toyota. Hier hat jeder Mitarbeiter in der Endfertigung von Automobilen das Recht und die Pflicht, das gesamte Fließband anzuhalten, wenn er einen Fehler entdeckt, den er nicht selbst beheben kann. Der Stopp des Fließbands ist mit enormen Folgekosten verbunden. Dadurch wird jedem Mitarbeiter bewusst, welche weitreichenden Folgen eigene Fehler haben können. Das Qualitätsbewusstsein wird gefördert und Fremdkontrollen werden weitgehend überflüssig.

Bei einer Fremdkontrolle werden die Kontrollinformationen von anderen, häufig darauf spezialisierten Stellen erfasst, wie z. B. der Revision, Prüfstellen usw. Die spezialisierten Stellen leiten die Ergebnisse ihrer Kontrolltätigkeit üblicherweise an entscheidungsberechtigte Stellen weiter, die bei Bedarf geeignete Maßnahmen ergreifen. In hochregulierten Branchen besteht zumeist die Pflicht zur Einrichtung solcher Fremdkontrollen, um finanzielle, unternehmens- und systemrelevante Risiken reduzieren zu können. So sind beispielsweise Banken gemäß den Mindestanforderungen an das Risikomanagement zur aufbauorganisatorischen Funktionstrennung des Markt- und Marktfolgebereichs verpflichtet, um ein Mehr-Augenprinzip bei Kreditentscheidungen sicherstellen und gegenüber dem Gesetzgeber nachweisen zu können. Auf die Vor- und Nachteile derartig spezialisierter Kontrollstellen wird weiter unten eingegangen.

In der folgenden Übersicht (Abbildung 3.15) finden sich Beispiele für Stellentypen, die nach den genannten Merkmalen gebildet wurden. Gerade in der Praxis vor allem großer Unternehmen gibt es viele Stellen, die nach dem Phasenprinzip gebildet wurden.


Stellen-/Rollentypen = Stellen/Rollen mit vorwiegend praktische Beispiele
Entscheidungsvorbereitungs- aufgaben Unternehmensplanung Controlling Recht Organisation Assistent Arbeitsvorbereitung
Entscheidungsaufgaben Leitungsstellen/-rollen Lenkungsausschüsse in Projekten
Realisationsaufgaben Einkäufer Verkäufer Monteur Expediteur Sachbearbeiter Rechnungswesen
Kontrollaufgaben Wareneingangskontrolle Fertigungskontrolle Rechnungskontrolle Revision/Inspektorat

Abb. 3.15: Phasenorientierte Stellen- und Rollentypen

3.3.3.2 Stellen- und Rollenbildung nach Objekten

Der Kundenberater der Bank ist für Kredite zuständig. Er hat nichts zu tun mit den übrigen Produkten der Bank, wie z. B. Sparen, Wertpapiere, Zahlungsverkehr usw.

Diese Stelle ist nach dem Merkmal Produkt gebildet. Es wird hier von einer produktorientierten Stellenbildung gesprochen.

Ein Mitarbeiter leitet eine Geschäftsstelle. In dieser Organisationseinheit werden alle Bankleistungen für Kunden erbracht, die in einer bestimmten Region wohnen.

Der Zuständigkeitsbereich des Geschäftsstellenleiters ist regional abgegrenzt. Diese Lösung wird als eine regionale bzw. raumorientierte Stellenbildung bezeichnet.

Alle gewerblichen Kunden der Bank, die eine Mindestgröße überschreiten, werden nicht von den Geschäftsstellen bedient, sondern von einer Organisationseinheit in der Zentrale. Dort ist ein Mitarbeiter z. B. für alle Bauunternehmen zuständig. Alle Bankleistungen, die von dieser Kundengruppe in Anspruch genommen werden, gehören zum Zuständigkeitsbereich dieses Mitarbeiters.

Die Stelle in diesem Beispiel wurde kundenorientiert gebildet.


Stellen-/Rollentypen Beispiele
Produktorientierte Stellen/Rollen Kreditspezialist Anlagespezialist Spezialist Elektronischer Zahlungsverkehr
Kundenorientierte Stellen/Rollen Privatkunden Geschäftskunden institutionelle Kunden
Raumorientierte Stellen/Rollen Beauftragter Region D Beauftragter Region CH Beauftragter Region A

Abb. 3.16: Objektorientierte Stellen- und Rollentypen

Selbstverständlich gibt es neben diesen reinen Formen auch noch Mischformen.

Kreditberater einer Bank (produktorientierte Stellenbildung) sind nur für gewerbliche Kunden zuständig (kundenorientierte Stellenbildung). Eventuell werden sie sogar nur in einer bestimmten Region tätig, wenn das Unternehmen einen entsprechend großen Markt hat.

Auch sind Mischformen der verrichtungs- und der objektorientierten Stellenbildung häufig. So gibt es Einkaufsspezialisten (verrichtungsorientierte Stellenbildung), die für bestimmte Produkte, z. B. für Hard- und Software (produktorientierte Bildung), zuständig sind. Diese letzten Beispiele zeigen, dass Stellen sowohl nach dem Verrichtungs- wie auch gleichzeitig nach dem Objektprinzip gebildet werden können. Die Einkäufer sind sowohl Einkaufsspezialisten als auch Produktspezialisten. Solche Lösungen sind jedoch nur bei Unternehmen möglich, in denen das Aufgabenvolumen eine entsprechende Arbeitsteilung ermöglicht. Solche Optionen gibt es in kleineren Unternehmen meistens nicht.

3.3.4 Bewertung der Verrichtungs- und Objektzentralisation

Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Formen der Verrichtungs- und Objektzentralisation einander gegenübergestellt. Aus dieser Übersicht wird deutlich, dass jede Lösung immer gleichzeitig Stärken und Schwächen hat. Zum besseren Verständnis werden konkrete Stellentypen genannt, für die diese Vor- bzw. Nachteile gelten. Hier werden nur die Vor- und Nachteile der verschiedenen Zentralisationsformen genannt, weil im Umkehrschluss davon ausgegangen werden kann, dass die Vorteile der Zentralisation im Regelfall die Nachteile der Dezentralisation sind. Umgekehrt sind die Nachteile der Zentralisation meistens die Vorteile der Dezentralisation.

In der Praxis müssen die möglichen Lösungen der Stellenbildung anhand der verfolgten Ziele und anhand der Bedeutung der Ziele (Zielgewichte) bewertet werden. Dazu können Bewertungstechniken eingesetzt werden (geeignete Bewertungstechniken werden in Band 1 dieser Schriftenreihe ausführlich behandelt).

3.3.4.1 Bewertung der Verrichtungszentralisation


Zentralisation der Entscheidungsvorbereitung am Beispiel einer zentralen Organisationsabteilung
Vorteile Nachteile
Spezialisierung/Einsatz von Spezialisten. Spezialwissen über organisatorische Methoden, Techniken, Lösungsmöglichkeiten. Dadurch billigere und bessere Lösungen Einheitliches Vorgehen bei der Projektbearbeitung (Standardisierung) Erleichterte Koordination Die Lösungen können besser auf die gesamtbetrieblichen Belange ausgerichtet werden, da die Organisatoren einen Überblick über das Gesamtunternehmen haben. Dadurch wird Bereichsegoismus in Grenzen gehalten. Probleme bei der Informationsbeschaffung. Geringe Kenntnisse der Bedingungen und Probleme in den Abteilungen, für die organisiert wird. Abhängigkeit von der Auskunftsbereitschaft der Fachabteilungen (leicht manipulierbar) Manipulation von Entscheidern. Die Organisatoren können die Entscheider in ihrem Sinne beeinflussen, da sie in ihrem Fachgebiet meistens einen Informationsvorsprung besitzen Negative Beeinflussung der Motivation bei den Betroffenen. Die Betroffenen können sich als Opfer fremder Planung empfinden, was Abwehrhaltungen hervorrufen kann Zentrale Planungsstellen entwickeln leicht eine Eigendynamik, indem sie immer mehr Aufgaben an sich ziehen, damit immer mehr Personal benötigen und immer größere „Wasserköpfe“ bilden.

Abb. 3.17 (Teil 1): Bewertung der Verrichtungszentralisation


Zentralisation der Entscheidung – geringere Delegation – am Beispiel eines Vertriebsleiters
Vorteile Nachteile
Einheitliche Entscheidungen gegenüber allen Kunden, damit gute Koordination Spezialisierung auf Entscheidungen kann auch zu qualitativ besseren Entscheidungen führen, weil der Entscheider viele oft gleichartige Fälle oder auch spezielle Entscheidungsverfahren kennt, weil es sich für ihn auch eher lohnt, sich auf bestimmte Entscheidungsfälle gründlich vorzubereiten etc. Hohe Autorität von Entscheidern, da sie über viele Befugnisse verfügen. Risiko bei Fehleinschätzungen, da dann eventuell gleich eine große Zahl von Fällen gleichermaßen falsch entschieden wird Abhängigkeit von einem Entscheider. Bei Abwesenheit oder Krankheit ist er schwer zu vertreten Nachfolgeprobleme möglich, weil sich keiner richtig auskennt Entfernung von der Front. Die Entscheidungen können praxisfremd sein Schwerfällige Entscheidungen. Entscheidungen lassen lange auf sich warten, weil u. U. gleich mehrere hierarchische Ebenen durchlaufen werden müssen und weil die zentrale Entscheidungsstelle häufig überlastet ist Entscheidungen können auf dem Weg von oben nach unten verwässert bzw. verfremdet werden Beeinträchtigung der Motivation der Mitarbeiter, die selbst nicht entscheiden dürfen.

Abb. 3.17 (Teil 2): Bewertung der Verrichtungszentralisation

 

Zentralisation der Realisation am Beispiel einer Erfassungskraft in einem Call Center
Vorteile Nachteile
Spezialisierung führt zu höherer Erfassungsleistung, weniger Fehlern, geringeren Kosten Es lohnt sich der Einsatz von spezieller Technik, die ebenfalls die Qualität fördert bzw. Kosten senken hilft Besser ausgenutzte Kapazitäten, weil sich die an mehreren Stellen anfallenden Belastungsschwankungen an einer zentralen Stelle besser ausgleichen. Bei mehreren Erfassungskräften auch leichtere gegenseitige Vertretungsmöglichkeiten Leichtere Ausbildung für die Spezialaufgaben, da die Anforderungen geringer sind als wenn zusätzlich noch andere Aufgaben wahrgenommen werden müssten. Fehlende Flexibilität der Spezialisten. Sie sind für andere Aufgaben nicht ohne weiteres einsetzbar. Das erschwert Vertretungen außerhalb der Erfassungsstelle Monotonie. Einseitige Belastung durch immer gleiche Aufgaben; kann zu Gesundheitsschäden führen Die einseitige Belastung beeinträchtigt u. U. die Motivation Die Lösung ist dann störanfällig, wenn es nur einen oder wenige Spezialisten (und/oder Spezialgeräte) gibt, da bei einem Ausfall sofort stark spürbare Engpässe entstehen.

Abb. 3.17 (Teil 3): Bewertung der Verrichtungszentralisation


Zentralisation der Kontrolle am Beispiel eines Revisors
Vorteile Nachteile
Spezialisierung (Fachwissen) Einheitliche Kontrollmaßstäbe werden angelegt, d. h. alle werden anhand der gleichen Kriterien beurteilt, was zu einer größeren Objektivität führt Standardisierung der Kontrolle ist möglich, weniger Planungsaufwand Eine zentralisierte Kontrollfunktion führt zu größerer Unabhängigkeit des Revisors. Er ist üblicherweise nicht den Bereichen zugeordnet, die er zu überwachen hat Ein besserer Überblick ergibt sich aus dem Tatbestand, dass er für mehrere Bereiche zuständig ist, Abhängigkeiten erkennen und untersuchen kann Die Neutralität ist gewährleistet, da er nicht selbst für die ermittelten Schwächen verantwortlich ist. So könnten Vorgesetzte beispielsweise ihre Mitarbeiter aus den verschiedensten Gründen decken, evtl. sogar aus Gründen des Selbstschutzes. Viele Vorgesetzte empfinden Kontrolle der eigenen Mitarbeiter auch als sehr unangenehm und nehmen sie nicht in dem notwendigen Umfang wahr. Die Konzentration auf Kontrollaufgaben kann zu Einseitigkeiten führen, z. B. Überbetonung formaler Regeln und extremes Sicherheitsdenken. Beides kann wirtschaftliches Arbeiten behindern. So fordern Revisoren oftmals schriftliche Anweisungen, um überhaupt einen Sachverhalt prüfen zu können Das kann zu einem hohen Formalisierungsgrad führen. Die betroffenen Mitarbeiter flüchten sich dann in buchstabengetreues Verhalten – Dienst nach Vorschrift – was die Motivation und die Risikobereitschaft negativ beeinflussen kann Der Revisionsspezialist hat oft wenige Kenntnisse von der Arbeit des Kontrollierten und ist deswegen anfällig für Manipulationen.

Abb. 3.17 (Teil 4): Bewertung der Verrichtungszentralisation

3.3.4.2 Bewertung der Objektzentralisation


Zentralisation nach dem Produkt am Beispiel eines Kreditberaters
Vorteile Nachteile
Spezialisierung auf das Produkt oder die Produktgruppe. Gute Kenntnisse des Kreditangebots, gesetzlicher oder sonstiger Vorschriften. Rationelle Bearbeitung durch Routine Erleichterte Koordination hinsichtlich des Produkts. Einheitliche Konditionen, einheitliche Beurteilungsmaßstäbe der Kundenbonität, einheitliche Verkaufsargumente für das Produkt Leichtere Steuerung des Informationsflusses. Die das Produkt betreffenden Informationen müssen ausschließlich dem/den Spezialisten zugeleitet werden Damit auch erleichterte Steuerung des Kreditberaters durch die vorgesetzten Ebenen, z. B. durch Zielvorgaben und geschäftspolitische Grundsätze Erleichterte Ausbildung insbesondere im Vergleich mit Universalisten, die eine ganze Reihe unterschiedlicher Produkte zu betreuen haben Identifikation mit dem Produkt. Dadurch Intensivierung der Bemühungen zur Förderung des Produkts Eindeutige Ansprechpartner für die Kunden, die dieses Produkt verlangen. Entspezialisierung nach anderen Merkmalen. Beherrscht keine anderen Produkte und ist oft weniger ein Kunden- oder Marktspezialist. Das stimmt allerdings nur, wenn er nicht gleichzeitig auch nach Märkten und Kundengruppen spezialisiert ist Verminderte Flexibilität im Einsatz. Der Spezialist kann nicht für andere Produkte eingesetzt werden. Dadurch erschwerter Kapazitätsausgleich, z. B. wenn in anderen Abteilungen sehr viel zu tun ist Hohe Abhängigkeit vom Spezialisten. Das gilt wiederum nur, wenn es nur einen oder wenige Spezialisten gibt Produkt-(Abteilungs-)patriotismus. Er stellt seine eigenen Belange in den Vordergrund, forciert unabhängig von der Bonität den Verkauf von Krediten bzw. fördert ganz allgemein sein Produkt, u. U. zu Lasten anderer Produkte Erschwerte Koordination, da er z. B. keine umfassenden Kenntnisse über den Kunden besitzt. So sieht er im Kunden nur den Kreditnehmer und nicht gleichzeitig den Inhaber eines Depots oder den Träger eines umfangreichen Zahlungsverkehrs.

Abb. 3.18 (Teil 1): Bewertung der Objektzentralisation


Zentralisation nach dem Kunden am Beispiel eines Ärztebesuchers
Vorteile Nachteile
Spezialisierung auf die Kundengruppe. Gute Kenntnisse der Anforderungen, Erwartungen, Einstellungen zu Produkten und Leistungen Gute Koordination aller Aktivitäten hinsichtlich der Kunden Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zu den besuchten Kunden, damit eine stärkere Bindung des Kunden an das Unternehmen Identifikation des Mitarbeiters mit „seinen“ Kunden, für die er sich persönlich verantwortlich fühlt Erhöhte Flexibilität der Mitarbeiter im Einsatz; sie können – ohne große Probleme zumindest was die Sachkenntnisse anbetrifft – auch für andere Kundengruppen eingesetzt werden Eindeutige Ansprechpartner für die Kunden. Umfassende Bedienung/Beratung des Kunden aus einer Hand Verminderung von Reibungen und Widersprüchlichkeiten vor allem im Vergleich zu dem Fall, in dem mehrere Mitarbeiter (z. B. Produktspezialisten) die gleichen Kunden besuchen. Entspezialisierung besonders im Hinblick auf die Produkte. Der Mitarbeiter kann sich nicht bei allen Produkten im Detail auskennen (Universaldilletant), was die Akzeptanz, das Vertrauen in die fachliche Kompetenz unterminieren kann Steigerung des Risikos. Wegen des engen Vertrauensverhältnisses kann es zu Gefälligkeiten kommen, die den Interessen des Unternehmens zuwiderlaufen. So setzt sich der Mitarbeiter sehr stark für Interessen des Kunden hinsichtlich Sonderleistungen, Konditionen etc. ein. Im Extremfall ist es sogar denkbar, dass Unregelmäßigkeiten begangen oder gedeckt werden, um den Kunden nicht zu verlieren (z. B. übermäßige Versorgung mit Ärztemustern etc.) Abhängigkeit vom Mitarbeiter, der beim Wechsel zur Konkurrenz u. U. wichtige Kundenbeziehungen „mitnehmen“ kann Schwierige Ausbildung, weil u. U. ein sehr breites Produktwissen notwendig ist Erschwerte Koordination auf das Produkt oder die Region. So können Verkaufsargumentationen von unterschiedlichen Mitarbeitern unterschiedlich gehandhabt werden Eine umfangreiche und damit aufwändige Informationsversorgung der Mitarbeiter ist notwendig.

Abb. 3.18 (Teil 2): Bewertung der Objektzentralisation

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