Kerngeschäft Unterricht

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Strukturierung

Sind die Inhalte einmal ausgewählt, erstellt die Lehrperson eine inhaltliche oder thematische Struktur. Die inhaltliche Struktur, die durch den Lehrplan vorgegeben wird, bezieht sich auf das gesamte Fachgebiet und umfasst meistens ein oder zwei Halbjahre. Die Inhalte werden systematisch aufgelistet und mit den Lernzielen und Kompetenzen verknüpft. Im Gegensatz dazu erstrecken sich thematische Strukturen über einen längeren Unterrichtszeitraum und orientieren sich an einer oder mehreren Themen-, Frage- oder Problemstellungen. Bei der Formulierung der thematischen Struktur sind folgende Fragestellungen hilfreich (Becker 2007a):

Wie sind die zentralen Begriffe miteinander verknüpft? In welcher Reihenfolge sollen diese Begriffe erarbeitet werden?

Welche Inhalte müssen dem zu behandelnden Thema vorausgegangen sein?

Welches sind zentrale Frage- und Problemstellungen der Schülerinnen und Schüler?

Wie und wo lassen sich aktuelle Materialien beschaffen?

Entspricht die Sequenzierung des Inhalts oder Lernstoffs dem Lernvermögen der Schülerinnen und Schüler?

Wie lassen sich die neuen Kenntnisse, Einsichten und Erfahrungen in andere Bereiche übertragen? Wo gibt es Querverbindungen zu anderen Fächern?

Besteht die Möglichkeit, den Unterricht gemeinsam mit einem Kollegen oder einer Kollegin zu planen und durchzuführen?

Ausgehend von diesen Überlegungen legt die Lehrperson fest, wie sie die Lerninhalte im Unterricht anordnen will. Dazu sind zwei Prinzipen möglich:

Prinzip 1: Vom Einfachen zum Komplexen (induktives Vorgehen)

Dabei werden zuerst die grundlegenden und einfach verständlichen Begriffe erarbeitet. »Einfach« zu verstehen sind Begriffe und Inhalte für die Lernenden, wenn sie eine Verknüpfung zu ihrer privaten oder beruflichen Situation herstellen können oder wenn die Begriffe bereits in einem anderen Zusammenhang erarbeitet wurden. Die Lehrperson wird deshalb zuerst Beispiele aus der Erfahrungswelt der Lernenden oder ganz konkrete Fakten einbringen. Im weiteren ­Verlauf des Unterrichts werden dann entsprechende Probleme bearbeitet, ­kritisch hinterfragt und die Erkenntnisse auf neue Situationen übertragen (dazu auch Seite 26, Formulierung von Lernzielen). Bei diesem Vorgehen werden den Lernenden die Puzzleteile einzeln vorgegeben, um mit der Zeit aus den einzelnen Teilen ein ganzes Bild zusammenzusetzen.

Prinzip 2: Vom Allgemeinen zum Besonderen (deduktives Vorgehen)

Die Schülerinnen und Schüler werden mit einem komplexen Problem konfrontiert, das für sie neu ist. Auf Neues reagieren viele Auszubildende positiv, wenn sie wissen, dass es sich um etwas handelt, das wichtig ist (Steiner 2007, S. 42). Die übergreifende Problemstellung wird dann in Gruppen oder gemeinsam im Klassenverband analysiert und in Teilprobleme aufgeschlüsselt, systematisch untersucht und bearbeitet. Bereits zu Beginn ist das ganze Bild ersichtlich; die Schülerinnen und Schüler können von Anfang an jeden weiterführenden Schritt mit der übergreifenden Problemstellung in Verbindung bringen. Zur methodischen Umsetzung dieses Prinzips eignen sich gut Formen wie Projektlernen, Fallstudien oder Planspiele ( Instrumente 4.2, 4.5, 4.7).

Ob ein Begriff für die Schülerinnen und Schüler einfach oder schwer zu erarbeiten ist, hängt von ihren Lernvoraussetzungen ab ( Seite 13). Bei Schülerinnen und Schülern, die bereits über viel Wissen verfügen und sich viel zutrauen, mag das zweite Prinzip häufiger zur Anwendung kommen. Bei Lernenden, die über wenig Vorwissen verfügen und wenig leistungsmotiviert sind, wird vielfach das erste Prinzip eingesetzt, da sie hier rascher erste Lernerfolge verbuchen und sich an einem roten Faden, einer klaren Struktur orientieren können (vgl. auch Städeli/Obrist/Grassi 2008, S. 63–80). Bei der Strukturierung der Inhalte spielt es eine Rolle, ob die Lehrperson mit einem Lehrmittel arbeitet oder ob sie für jedes Thema selbst erarbeitete Arbeits- und Merkblätter zusammenstellt.

Das Arbeiten mit Lehrmitteln bringt viele Vorteile:

Die Themen sind bereits so aufgearbeitet, dass sich die Lehrperson an der entsprechenden Struktur orientieren kann.

Meistens finden sich im Lehrmittel auch ansprechende Aufgabenstellungen, welche direkt eingesetzt werden können.

Das Arbeiten mit Lehrmitteln vermittelt vor allem Lehranfängern etwas Sicherheit. Ihr Einsatz kann die Lehrperson jedoch nicht davon entlasten, sich die Inhaltsstruktur vor dem Unterricht genau zu überlegen und weitere Quellen wie aktuelle Fachzeitschriften und Gesetzestexte für die Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung hinzuzuziehen.

Was neu ist, interessiert!

Was neu oder irgendwie speziell ist, zieht die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf sich und wirkt sich positiv auf die Lernmotivation aus (vgl. Steiner 2007, S. 41 f.):

Aktualität = Anknüpfen an ein aktuelles Ereignis wie Börsencrash, Wahlen, Sparmaßnahmen, neuen Tarifvertrag, neue Abgasnormen infolge Klimaerwärmung usw.

Betroffenheit = unmittelbare Inhalte, von denen die Lernenden direkt betroffen sind, wie Stellenbewerbung, Autounfall, Schwangerschaft, Konflikte im Betrieb u. a.

Attraktive Unterrichtsmedien = eine aktuelle DVD zu einem Sachthema, eine konkrete Veranschaulichung durch einen interessanten Gegenstand aus der Werkstatt, Fotos aus dem Alltag der Lernenden u. Ä.

Abwechslung = Stoff in relativ kleine Portionen unterteilen, nicht zu lange das gleiche Thema bearbeiten.

Überraschung und Staunen = etwas Unerwartetes einbringen.

An dieser Stelle entscheidet die Lehrperson, ob es sinnvoll ist, den Unterricht fächerübergreifend zu organisieren. Dabei sind Methoden wichtig, die Schülerinnen und Schüler in den Unterricht einbeziehen. Die Gestaltung eines fächerübergreifenden und interdisziplinären Unterrichts lässt sich ganz unterschiedlich angehen (Caduff et al., 2009):

Das intradisziplinäre Lernen findet innerhalb eines bestimmten Faches oder Lernbereichs statt. Die Lehrperson öffnet die eigenen Fachgrenzen und regt dazu an, einen Gegenstand oder ein Phänomen mit dem Wissen aus anderen Bereichen genauer zu untersuchen. Eine fächerübergreifende Kooperation ist hier nicht unbedingt notwendig.

Beim multidisziplinären Ansatz wird der gleiche Gegenstand aus verschiedenen Blickwinkeln angegangen. Die Schülerinnen und Schüler erfahren dabei, wie ein Problem mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet werden kann. Der methodische oder inhaltliche Zugang kann fächerübergreifend, verknüpfend oder ergänzend sein. Alle beteiligten Lehrpersonen koordinieren ihre Aktivitäten. Der Stundenplan muss nicht notwendigerweise geändert werden. Wichtig ist, dass Kollegen aus verschiedenen Fachrichtungen gemeinsam ein Thema auswählen und es gleichzeitig oder nacheinander behandeln. Teamarbeit ist vor allem bei der Vorbereitung notwendig. Es ist durchaus möglich und sinnvoll, dass ein gemeinsames Produkt entsteht.

Beim interdisziplinären Ansatz wird ein Thema oder eine Problemstellung von den Schülerinnen oder Schülern ausgewählt oder von der Lehrperson in den Unterricht eingebracht. Dieser Ansatz erlaubt es, eine Frage ins Zentrum zu rücken und die entsprechenden Disziplinen in ihren Dienst zu stellen. Bei diesem Ansatz wird meistens projektorientiert gearbeitet ( Instrument 4.5). Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung für ihr eigenes Lernen. Die Lehrpersonen begleiten und beraten die einzelnen Gruppen und bieten gezielt Hilfe an. Beim interdisziplinären Lernen stellen die Lehrpersonen ein Zeitfenster von mehreren Wochen zur Verfügung, es sei denn, das Problem wird im Rahmen einer Projektwoche bearbeitet.

Instrumente und Anregungen
3.1 Inhaltliche Struktur zum Thema »Freizeit«

Die Lehrperson hat verschiedene Möglichkeiten, ihren Unterricht zu strukturieren. Eine inhaltliche Struktur – hier am Thema »Freizeit« exemplarisch aufgezeigt – verschafft ihr einen Überblick, der es erlaubt, in der Unterrichtsplanung auf alle Lernbereiche einzugehen. Nicht nur die inhaltliche Struktur wird abgebildet, der Inhalt wird auch mit dem Handeln in Beziehung gesetzt. Die Lehrperson schafft dadurch die Voraussetzungen, im Unterricht gezielt Kompetenzen zu fördern.

3.2 Funktionen der Schule klären

Vielleicht haben Sie auch schon erlebt, dass Schüler und Schülerinnen fragen, warum sie eigentlich die Schule besuchen müssen. Wir haben dazu einen Fragebogen entwickelt, den Sie den Schülerinnen und Schülern vorlegen können. Die Auswertung wird zeigen, welche Schwerpunkte die Schülerinnen und Schüler im Unterricht setzen.

 

3.3 Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen

Viele Lehrpersonen schrecken vor der Zusammenarbeit im Team zurück, weil sie Mehraufwand befürchten. In der Tat sollte die Teamarbeit gut vorbereitet werden, damit sie möglichst effizient ist. Wir zeigen in wenigen Schritten auf, wie Zusammenarbeit im Kollegium angegangen werden kann.

4 Unterrichtskonzeption und Methoden wählen


Im nächsten Kapitel geht es um Unterrichtskonzeptionen – Vorstellungen, wie guter Unterricht gestaltet werden kann. Im ­folgenden Abschnitt behandeln wir mittels einer Übersicht verschiedene Unterrichtsmethoden. Abschließend gehen wir auf die innere und die äußere Seite des Unterrichts ein. Die innere Seite bezieht sich auf den Lernprozess, den die Lernenden durchlaufen. Als äußere Seite werden die Methoden und Medien bezeichnet, welche die Lehrperson für die Unterrichtssequenz ausgewählt hat. Diese doppelte Sicht auf den Unterricht ermöglicht es der Lehrperson, den Unterricht nach lernpsychologischen Überlegungen zu gestalten und entsprechende Methoden auszuwählen.

Unterrichtskonzepte

Unterrichtskonzeptionen fassen die Vorstellungen zusammen, was guter Unterricht sein soll. Sie liefern also Orientierungen zum methodischen Handeln im Unterricht.

Solche Vorstellungen sind aber einem steten Wandel unterworfen, nicht zuletzt, weil sich auch die gesellschaftlichen Wert- und Erziehungsvorstellungen laufend verändern. Insofern haben neue Unterrichtskonzepte zuweilen auch den Charakter einer »Modeerscheinung«. Kein Wunder also, wenn Lehrpersonen, die viele Jahre lang unterrichten, sich durch die dauernden Neuerungen manchmal bedrängt fühlen. Wer sich vor Jahren auf ein Unterrichtskonzept eingeschworen und viel Zeit und Energie aufgewendet hat, um es in der Praxis umzusetzen, der wird sein Konzept meistens »mit Haut und Haaren« verteidigen (Jank/Meyer 2008).

Welche Unterrichtskonzepte werden aktuell diskutiert? Dazu eine Übersicht und ein Ausblick:

Drei Unterrichtskonzepte im Überblick
Lernzielorientierter Unterricht

Das Lernen der Schülerinnen und Schüler wird stark von der Lehrperson gesteuert. Sie gibt die Ziele vor, zerlegt den Unterrichtsstoff in überschaubare Einheiten, vermittelt das notwendige Wissen, stellt Fragen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, sodass der antwortende Schüler die richtige Lösung mit großer Wahrscheinlichkeit finden kann. Die Lehrperson sorgt ferner für entsprechendes Übungsmaterial; sie teilt die Klasse in Gruppen ein und kontrolliert beständig die Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler. Das Ziel dieser Konzeption besteht darin, die Unterrichtsabläufe möglichst durchschau- und planbar zu machen. Eine Lernzielformulierung wird dann als gelungen bezeichnet, wenn sie sich auf eine beobachtbare Verhaltensänderung der Schüler und Schülerinnen bezieht.

Handlungsorientierter Unterricht

Als »handlungsorientiert« wird ein Unterricht bezeichnet, in dem die Schülerinnen und Schüler nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit den Händen, dem Herzen und allen Sinnen lernen können. Die Schülerinnen und Schüler verständigen sich mit der Lehrperson darüber, welches Handlungsergebnis am Ende einer Unterrichtsphase erreicht werden soll. Kompetenzen erwerben und verschiedene Kompetenzen fördern: Das sind die zentralen Anliegen dieser Konzeption. Wichtige Prinzipien sind zudem die Ganzheitlichkeit, die Selbstständigkeit, das Herstellen von Handlungsprodukten, das Einbeziehen der Schülerinteressen, die gemeinsame Planung, Durchführung und Auswertung des Unterrichts und die Öffnung der Schule nach innen und nach außen.

Die Öffnung nach innen bringt es mit sich, dass fächerübergreifend unterrichtet wird und auf die individuellen Lernwege der einzelnen Schüler und Schülerinnen eingegangen werden kann (vgl. Jank/Meyer 2008). Der handlungsorientierte Unterricht hat viele Gemeinsamkeiten mit dem problem­lösenden und erfahrungsbezogenen Unterricht, dem Projektlernen und dem entdeckenden Lernen.

E-Learning

Die modernen Informations- und Kommunikationsmittel gestatten es, Unterricht zeitweise ortsunabhängig zu organisieren. Der Einsatz von Lehr- und Informationssoftware (E-Medien) eröffnet den Schülerinnen und Schülern neue Formen des Lernens (vgl. z. B. Miller 2005, Räpple 2008). So können sie beispielsweise auf einer Lernplattform ihre Arbeiten selbstständig publizieren, sich in ein Diskussionsforum einloggen oder mit einer Suchmaschine verschiedene Informationen zu einer bestimmten Fragestellung sammeln. Die Lehrperson organisiert den Einsatz und begleitet die Schülerinnen und Schüler. Begründungen für dieses Konzept beziehen sich vor allem auf sein Potenzial, das selbstgesteuerte und problemorientierte Lernen zu unterstützen. E-Learning ist dort sinnvoll, wo Lernende mit den entsprechenden Voraussetzungen sich selbstständig in komplexe und häufig interdisziplinäre Sachgebiete einarbeiten können.

Was bringt die Zukunft?

In welche Richtung werden sich in den nächsten Jahren die Vorstellungen von »gutem Unterricht« entwickeln? Sicherlich braucht es erstens eine Öffnung im Sinne von noch mehr Selbstorganisation des Lernens. Die Schülerinnen und Schüler sollen im Unterricht weiterhin die Möglichkeit erhalten, Methoden- und Sozialkompetenzen zu erwerben und anhand aktueller Frage- und Problemstellungen neues Wissen zu erarbeiten. Der handlungsorientierte Unterricht ist und bleibt für die Berufsschulen eine wichtige Referenzgröße. Zweitens wird aufgrund der verschiedenen PISA-Studien die Forderung gestellt werden, Unterricht vermehrt zu standardisieren und mithilfe von Leistungstests die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zentral zu überprüfen. Das Konzept back to basics wird zunehmend an Bedeutung gewinnen (Geser 2003). Und drittens haben auch heute thematisch übergreifende Inhalte hohe Aktualität, da sie Antworten auf neue Fragen aus der Lebenswelt der jungen Erwachsenen anbieten und zeigen, wie auf aktuelle Anforderungen wie Umgang mit den neuen Medien, mit Heterogenität, Interkulturalität und Mehrsprachigkeit reagiert werden kann. Der fächerübergreifende, exemplarische Unterricht, in dem »Schlüsselpro­b­leme der modernen Welt« behandelt werden (Klafki 2003), wird auch in Zukunft für die berufsbildenden Schulen wegweisend sein.

Instruktion oder Konstruktion?

In den letzten Jahren wurde immer wieder diskutiert, wie hoch der Anteil an Instruktion durch die Lehrperson im Unterricht sein darf und in welcher Form die Schülerinnen und Schüler selbsttätig etwas erarbeiten bzw. konstruieren sollen. Die unterschiedlichen Positionen werden nachfolgend dar­gestellt.

Primat der Instruktion

Viele Schülerinnen und Schüler machen nach wie vor die Erfahrung, dass Lernen und Lehren in einer Umgebung stattfindet, in der die Lehrperson den aktiven und die Lernenden den passiven Part übernehmen (Reinmann-Rothmeier/Mandl 2006). Typisch für diese Art von Unterricht sind systematisches, schrittweises Vorgehen, Frontalunterricht, strenge Fächergrenzen und strikte Lernerfolgskontrollen, die am Ende einer Sequenz durchgeführt werden. Hinter diesem Konzept steht die Auffassung, dass Lernen ein regelhafter Prozess der Informationsverarbeitung ist, der sich eindeutig beschreiben und damit auch steuern lässt. Das Lehr-Lern-Geschehen wird als ein Prozess verstanden, bei dem die Lehrenden objektive Inhalte so zu vermitteln versuchen, dass die Lernenden schließlich einen ähnlichen Wissensstand zum behandelten Thema erreichen wie die Lehrperson. Der Primat liegt klar bei der Instruktion. Die Lehrperson übernimmt die Rolle des didactic leader: Ihre Rolle ist es, Wissensinhalte zu präsentieren und zu erklären, die Lernenden anzuleiten und ihre Lernfortschritte sicherzustellen. Die Lernenden dagegen verbleiben in einer eher passiven Position, da ihnen die zu lernenden Inhalte ja möglichst optimal vorgegeben werden. Unter diesen Bedingungen ist Lernen ein weitgehend rezeptiver Prozess (Reinmann-Rothmeier/Mandl 2006).

Der Primat der Konstruktion

Bei den konstruktivistischen Ansätzen tritt das Lehren zugunsten des Lernens in den Hintergrund. Wie Wissen vermittelt wird, interessiert weniger, als wie Wissen konstruiert wird und in welcher Verbindung das Wissen zum Handeln steht. Der Lernende übernimmt eine aktive Rolle. Die Lehrperson hat die Aufgabe, Problemsituationen und Werkzeuge zur Bearbeitung zur Verfügung zu stellen und bei Bedarf auf Bedürfnisse der Lernenden zu reagieren. Typisch für diese Form des Lernens ist das Arbeiten mit Übungswerkstätten, Fallstudien oder der projektorientierte Unterricht. Für die Gestaltung dieser Lernumgebungen sind folgende Grundannahmen von Bedeutung:

Die Schülerinnen und Schüler konstruieren ihr Wissen selbst, indem sie Informationen wahrnehmen und interpretieren, und zwar in Abhängigkeit von ihrem Vorwissen.

Im Zentrum stehen realistische Probleme. Sie stellen den Rahmen für das zu erwerbende Wissen dar.

Zentral für den Wissenserwerb ist das soziale Aushandeln von Bedeutungen, das auf der Grundlage kooperativer Prozesse zwischen Lehrenden und Lernenden erfolgen kann.

Jeder Lernende interpretiert das gleiche Objekt oder Ergebnis etwas anders. Dies bringt es mit sich, dass auch unterschiedliche Lernergebnisse entstehen.

Fazit

Konstruktion und Instruktion sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Jeder Lernprozess ist konstruktiv, und das oberste Ziel des Unterrichts muss darin bestehen, den Lernenden Konstruktion zu ermöglichen und diese anzuregen. Das Lernen erfordert aber auch Orientierung, Anleitung und Hilfen. Die Aufgabe der Lehrperson ist es, Lernende unterstützend zu begleiten und ihnen hilfreiche Instruktionen anzubieten. Lernen erfordert vonseiten der Schülerinnen und Schüler immer Motivation, Interesse und Aktivität. Ziel eines guten Unterrichts muss es sein, eine Balance zwischen Instruktion durch die Lehrperson und konstruktiver Aktivität durch die Lernenden zu finden.

Wenn man erfahrene Lehrpersonen fragt, welche Konzeptionen sie verwirklichen, erhält man häufig zur Antwort: »Von jeder Konzeption ein bisschen, sofern die Schülerinnen und Schüler mitmachen und die Rahmenbedingungen es zulassen.« Bei der konkreten Umsetzung von Unterrichtskonzepten rücken jeweils unterschiedliche Methoden in den Vordergrund. Beim lernzielorientierten Unterricht wird es etwa Sequenzen in Form von Frontalunterricht geben, beim handlungsorientierten Lernen steht vermehrt das Arbeiten in der Gruppe im Mittelpunkt.

Womit wir bei den Unterrichtsmethoden angelangt wären, denen der nächste Abschnitt gewidmet ist.


Überblick über Methoden – Methodenvielfalt

In Anlehnung an Hilbert Meyer (2007) haben wir eine Methodenlandkarte entwickelt, die zeigt, wie breit die Palette der verfügbaren Methoden ist. Die vertikale Achse verdeutlicht das Spektrum von Konstruktion zur Instruktion. Die horizontale Achse zeigt das weite Feld, das von den offenen, erfahrungs- und handlungsorientierten Formen ausgeht und sich nach rechts immer mehr dem lehrgangsorientierten und vornehmlich sprachlich vermittelten Unterricht zuwendet.

Die Landkarte kann als Analysebogen verwendet werden. Es können beispielsweise jene Methoden angekreuzt werden, die nie oder nur selten im Unterricht umgesetzt werden. In den Instrumenten zu diesem vierten Kapitel haben wir einzelne Formen genauer beschrieben und stellen eine Handlungsanleitung zur Verfügung, wie die Methoden im Unterricht in der Sekundarstufe II und in der beruflichen Bildung eingesetzt werden können. In vielen Büchern sind die Methoden differenziert dargestellt. Wir verweisen hier lediglich auf die Werke von Peter Gasser, Norbert Landwehr, Alois Niggli, Ruth Meyer, Agnes Weber, Diethelm Wahl oder Dieter Euler/Angela Hahn und Rolf Dubs, die in der Bibliografie aufgeführt sind.

 

Der Einsatz der Methoden im Unterricht bezieht sich immer auf den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler. Methoden unterstützen diesen Prozess und können nie ohne Referenz auf das Lernen eingesetzt werden.

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