Faustdick hinter den Flügeln

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Faustdick hinter den Flügeln
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Claudia Gürtler



Faustdick hinter den Flügeln



himmlische Vorweihnachtstage





Dieses ebook wurde erstellt bei






Inhaltsverzeichnis





Titel







Dreißigster November







Erster Dezember







Zweiter Dezember







Dritter Dezember







Vierter Dezember







Fünfter Dezember







Sechster Dezember







Siebenter Dezember







Achter Dezember







Neunter Dezember







Zehnter Dezember







Elfter Dezember







Zwölfter Dezember







Dreizehnter Dezember







Vierzehnter Dezember







Fünfzehnter Dezember







Sechzehnter Dezember







Siebzehnter Dezember







Achtzehnter Dezember







Neunzehnter Dezember







Zwanzigster Dezember







Einundzwanzigster Dezember







Zweiundzwanzigster Dezember







Dreiundzwanzigster Dezember







Vierundzwanzigster Dezember







Impressum neobooks







Dreißigster November



Es war ganz still in der Wohnung. Selbst das Surren des Kühlschranks und das Ticken der Küchenuhr waren leiser als sonst. Und während Maria auf ihre Mama wartete, die schon lange hätte von der Arbeit kommen sollen, wurden die Schatten im Zimmer immer länger. Bald füllten sie es ganz und gar aus. Mama hätte sich bestimmt gefürchtet. Sie malte sich immer alle möglichen Katastrophen aus. Darin war sie unmöglich, fand Maria. Sie selbst hatte keine Angst im dunkler werdenden Zimmer. Sie bedauerte nur, dass Mama ihr verboten hatte, Kerzen anzuzünden, wenn sie nicht da war. Natürlich hätte Maria Licht machen können, aber das war lange nicht so gemütlich wie der Schein von Kerzen.



Maria setzte sich ans Fenster und sah hinaus. Sie riss entzückt die Augen auf. Es hatte zu schneien begonnen. Der erste Schnee dieses Winters fiel lautlos, und im Schein der Straßenlaternen sahen die dicken Flocken aus wie kleine, tanzende Schneekobolde. Ach so, deshalb kam Mama so spät. Der Schnee hatte sie aufgehalten. Maria lachte leise, als sie sich vorstellte, wie Mama aufgeregt hereinstürzen und von schrecklichem Chaos auf den Strassen berichten würde.



Plötzlich klingelte es, und vor der Haustür hustete jemand. Maria hatte keine Schritte gehört. Sie hatte auch niemand kommen sehen. Es klingelte wieder, dringlicher diesmal. Eigentlich sollte Maria ja niemandem öffnen, wenn die Eltern nicht da waren. Immerhin konnten alle möglichen Katastrophen passieren. Aber Maria war nun mal schrecklich neugierig. Außerdem regte sich ein bisschen Trotz: sie musste doch auch ihren Spaß haben, wenn man sie schon so lange allein ließ.



Vor der Tür stand ein junger Mann. Er trug einen grau-rosa gestreiften, verwaschenen Pullover und durchnässte Turnschuhe. Auf seinem braunen Haar lag eine Kappe aus Schnee.



„Weihnachten steht vor der Tür!“ sagte der junge Mann leise. Er versuchte zu lächeln, aber seine Zähne schlugen aufeinander. Er schlotterte vor Kälte.



Maria lachte. „Wie Weihnachten siehst du aber nicht gerade aus“, meinte sie.



„Darf ich reinkommen?“ frage er drängend. Er legte den Kopf schief wie ein Hund, der um ein Stück Wurst bettelt und fügte hinzu: „Bitte!“



Diesem „Bitte“ konnte Maria nicht widerstehen. Sie nahm einen Grundsatz von Papa zu Hilfe, der besagte, man solle sich im Umgang mit Menschen stets auf sein Gefühl verlassen. Es würden schon keine Katastrophen passieren!



Der junge Mann ging die Treppe hinauf an all den Wohnungstüren der Nachbarn vorbei in die Wohnung von Marias Familie. Er durchquerte den Flur und trat in die Küche, als würde er den Weg kennen.



In der Küche setzte er sich auf einen Hocker und zerrte sich Schuhe und Strümpfe von den Füssen.



„Au, au, au!“ jammerte er und begann, Turnübungen mit den blaugefrorenen Zehen zu machen.



„Im Winter geht man nicht in Turnschuhen ins Freie“, kommentierte Maria altklug. Der junge Mann senkte den Kopf, sodass seine Nase fast seine kalten Füße berührte. Der Schnee auf seinem Haar hatte zu schmelzen begonnen. Eiswasser tropfte auf seine Hose. „Woher sollte ich denn das wissen?“ fragte er weinerlich. „Im Himmel hat man niemals kalte Füße, egal, was man trägt!“ Maria prustete los. „Also eines sag’ ich dir gleich: aus dem Märchenalter bin ich raus. Ich glaube nicht an den Weihnachtsmann und nicht an Engel und sonstiges heiliges Geflügel.“



Der junge Mann stand abrupt auf, machte eine förmliche Verbeugung und sagte: „Entschuldige, dass ich mich nicht vorgestellt habe. Ich bin Hans Engel.“



Maria lachte, bis ihr der Bauch wehtat. Was für ein komischer Kauz dieser junge Mann doch war. Und wie witzig er war! Maria wünschte sich plötzlich, er würde eine Weile bleiben wie ein lieber Besuch.



Plötzlich hob Hans Engel den Kopf und fragte erwartungsvoll:



„Kannst du kochen?“ Und als Maria nicht gleich antwortete, drängte er: „Ich meine: kannst du heißes Wasser machen? Und habt ihr Himbeersirup und Zimt und Zitronen da?“



„Ich glaube schon“, meinte Maria zögernd, „aber wozu sollten wir das denn brauchen?“



„Zum Aufwärmen natürlich“, sagte der Mann, „wozu sonst!? Nichts wärmt so gut wie heißer Himbeersirup mit viel Zitronensaft und einer Prise Zimt.“



Eigentlich durfte Maria nicht kochen, wenn sie alleine zu Hause war. Da konnten alle möglichen Katastrophen passieren.



„Nun mach schon“, sagte Hans Engel. „Es ist ja ein Erwachsener dabei.“



„Na gut, wenn du meinst...“, sagte Maria und drehte die Herdplatte an. Ob so ein durchgefrorener Mensch wohl Gedanken lesen konnte?



Sie tranken den heißen Sirup, und Maria war überrascht, wie gut das Getränk schmeckte. Hans Engel verdrehte entzückt die Augen und seufzte: „Himmlisch!“



Jetzt hörte Maria Mamas leichte Schritte auf der Treppe. Wie immer wühlte sie vor der Tür in allen Taschen nach ihren Schlüsseln. Maria überlegte nicht lange. Sie packte Hans Engel am Pullover und schob ihn in Philipps Zimmer. Philipp, ihr älterer Bruder, lebte nicht mehr. Vor zwei Jahren war er beim Rodeln verunglückt, und seither betrat niemand mehr sein Zimmer. Maria legte den Finger auf die Lippen und schloss leise die Tür. Sie wusste selbst nicht, warum sie einen jungen Mann, von dem sie nicht einmal sicher war, ob er wirklich auf den lächerlichen Namen Hans Engel hörte, im Zimmer ihres Bruders versteckte. Was sie tat, verwirrte sie selbst. Rasch stellte sie die beiden Sirupgläser in den Geschirrspüler. Gott sei Dank, die Herdplatte war schon kalt.



„Ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken“, murmelte Maria, während sie die Tür aufriss und Mama um den Hals fiel.



„Schrecklich, dieser Schnee!“ rief Mama und drückte Maria fest an sich. Erst jetzt fiel Maria ein, dass Schnee seit Philipps Tod für Mama eine Katastrophe war. Schnee machte Mama traurig. Schnee weckte verzweifelte Gedanken und ließ Tränen fließen. Maria strich Mama tröstend über die Wangen und trug die Einkäufe in die Küche.



Zuoberst in der Einkaufstasche lag ein Adventskalender.



„Oh, ist der für mich?“ fragte Maria. Mama lächelte schon wieder.



„Gefällt er dir?“ fragte sie.



„Und wie!“ freute sich Maria. Der Kalender zeigte einen dunkelbraunen Stall in tief verschneiter Landschaft. Die Schneeränder waren mit silbrigem Glimmer verziert. Erst die geöffneten Fensterchen würden Leben und Farbe in das düstere Bild bringen.



Maria beschloss, den Kalender gleich in ihrem Zimmer aufzuhängen. Doch Papa unterbrach ihr aufgeregtes Hüpfen und Trällern. Auch er kam später von der Arbeit als gewöhnlich.



„Brr, ist das kalt“, beklagte er sich. Er zog die dicke Jacke aus und strich zwei Eiskörnchen aus seinem Bart.



„Ich hab dir was mitgebracht“, sagte er fröhlich. Maria streckte die Hand aus und nahm das Geschenk entgegen. Papa schwieg verdutzt, als er den genau gleichen Adventskalender in ihrer anderen Hand sah. Dann lachte er, zog Maria und Mama an sich und meinte: „Meiner hat aber mehr Glimmer drauf.“

 



Maria wurde immer verwirrter. War das etwa ein Zeichen? Ein Zeichen, dass ein ungerufener Gast lange bleiben sollte? Waren alle Zufälle vielleicht gar keine Zufälle? Sie nahm sich fest vor, unter der Bettdecke über alles nachzudenken. Aber sie schlief ein, noch bevor sie sich richtig zurechtgekuschelt hatte.





***





Erster Dezember



Maria hörte im Halbschlaf, wie Mama Frühstück machte. Es war Dienstag, der einzige Tag in der Woche, an dem die Eltern beide so früh zur Arbeit mussten, dass Maria alleine frühstückte. Gleich würde Mama im Mantel zur Türe hereinkommen und sagen: „Es steht alles für dich bereit. Steh nicht zu spät auf. Vergiss dein Pausenbrot nicht. Und schließe die Haustür zu.“



Warum sagen Mütter eigentlich immer dasselbe?



Erst nachdem die Eltern weg waren, fiel ihr Hans Engel wieder ein. Maria war mit einem Schlag hellwach. Sie sprang aus dem Bett und schlüpfte eilig in Jeans und Pullover.



„Wahrscheinlich habe ich das alles nur geträumt“, sagte sie halblaut vor sich hin. Um noch etwas Zeit zu gewinnen, fuhr sie sich mit dem feuchten Waschlappen zweimal übers Gesicht. Dann schlich sie auf Zehenspitzen durch den Flur und horchte an Philipps Tür. Es war nicht das Geringste zu hören. Vorsichtig öffnete

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