GEWAHR SEIN

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Ja, es wird immer Momente geben, in denen die Aufmerksamkeit abgelenkt ist, doch die Aufmerksamkeit zu einer Erfahrung zurückzubringen – darum geht es in der Übung. Und ja, Sie werden auch nicht-fokale Aufmerksamkeitsprozesse erfahren, aber Ihre fokale Aufmerksamkeit – wie Sie Dinge ins Bewusstsein strömen lassen – wird dort sein, wo unsere Arbeit stattfindet. Die gute Nachricht ist, dass Sie sich um diese Momente abgelenkter und nicht-fokaler Aufmerksamkeit keine Sorgen machen müssen; Ihr Ziel besteht darin, sich die gelenkte und fokale Aufmerksamkeit zunutze zu machen und zu stärken. Wie? Mithilfe von Absicht und Gewahrsein.

Aufmerksamkeit ist der Prozess, der den Energie- und Informationsfluss ausrichtet. Gewahrsein ist unsere subjektive Erfahrung empfangenen Wissens. Was ist dann Absicht?

Absicht ist die Art, in der Sie Ihre Motivation einsetzen, um eine bestimmte Aktivität auf eine bestimmte Art und Weise auszuüben. Die Absicht zu haben, dessen gewahr zu sein, was vor sich geht, kann beispielsweise die gelenkte fokale Aufmerksamkeit eher dazu bringen, sich daran zu beteiligen. Desgleichen können Sie die Absicht haben, freundlich zu sich selbst zu sein, wenn die Aufmerksamkeit abschweift, das heißt, nicht gelenkt wird, und mithilfe dieser Absicht können Sie nun realisieren, dass das Abschweifen zum Geist gehört – kein Grund also, sich selbst dafür zu verurteilen oder wütend darüber zu sein. Wenn Ihr Geist abschweift und die Aufmerksamkeit herumstreunt, heißt das nur eines: Sie sind ein Mensch. Mit Freundlichkeit können Sie einfach erkennen, dass Sie abgelenkt worden sind, da etwas Ihre Aufmerksamkeit anderswohin lenkte, und nun können Sie Ihre Aufmerksamkeit absichtlich zum beabsichtigten Fokus zurückbringen. Auch wenn eine Ablenkung wiederholt die Kontrolle über das Gewahrsein übernimmt, können Sie dieses Muster als etwas zur Kenntnis nehmen, das Ihnen einfach zeigt, wohin Ihre nicht-fokale Aufmerksamkeit ihren Scheinwerfer platziert hat, sodass es eher ins Bewusstsein dringt. Wenn Sie für alles offen sind, werden solche Ablenkungen in einer mentalen Übung zu Einblicken in Ihren nicht-bewussten Geist. Sie bemerken die Ablenkung und richten sich dann erneut auf den Atem aus, wenn dies beispielsweise die Übung ist, mit der Sie sich in diesem Moment absichtlich beschäftigen.

Es ist gut zu wissen, dass Sie dadurch sowohl Ihren Körper als auch Ihre fokale Aufmerksamkeit stärken. Sie werden auch Ihre Fähigkeit weiterentwickeln, dessen gewahr zu werden, was vor sich geht, während es vor sich geht. Das heißt, dass Sie die Aufmerksamkeit aufrechterhalten, das Gewahrsein beobachten, den Wechsel der Auffälligkeiten bemerken und die fokale Aufmerksamkeit umlenken können, um das Gewahrsein mit dem intendierten Fokus zu füllen. Und es heißt, dass Sie Einzelheiten für eine längere Zeit innerhalb des Gewahrseins aufrechterhalten und auch die verschiedenen Dimensionen dessen fühlen können, wessen Sie umfassender, fokussierter, tiefer und detaillierter gewahr sind. Sie werden die drei Säulen des Mindsight-Stativs – Offenheit, Beobachtung und Objektivität – errichten. Statt von dem hineingezogen zu werden, was Ihrer Meinung nach geschehen sollte, können Sie lernen, präsent zu sein, für das, was wirklich da ist. Bewusstsein auf diese Art und Weise zu kultivieren wird allmählich Ihr Leben zu verbessern, Ihnen Vitalität und Fülle bringen und eine bewusste Erfahrung des Lebendig-Seins, die ziemlich beglückend sein kann.

Eine einfache Möglichkeit, sich dies vorzustellen, besteht in einem Konzept, das ich bereits kurz erwähnt habe: Präsenz. Wenn Sie für das offen sind, was passiert, während es gerade passiert, dann sind Sie für eine Erfahrung präsent. Ein breites Spektrum an Forschungen zeigt, dass Präsenz das beste Anzeichen für eine Reihe von Hinweisen auf Wohlbefinden, einschließlich physiologischer Messwerte, Zufriedenheit in Beziehungen und Glück ist.

Manche Menschen verfügen über eine natürliche Art von Präsenz, die als Merkmale der Achtsamkeit bezeichnet werden, die von Wissenschaftlern erforscht worden sind. Andere erwerben diese Eigenschaften durch Übung im Geistestraining, welches die fokale Aufmerksamkeit stärkt, das Gewahrsein öffnet und freundliche Absicht entwickelt. Auf die eine oder andere Art profitieren wir alle davon, uns regelmäßig in fokaler Aufmerksamkeit zu üben, so wie wir unseren Körper durch Bewegung und unsere Zähne und unser Zahnfleisch durch eine angemessene Dentalhygiene gesund erhalten. Manche Menschen sind stärker oder haben bessere Zähne als andere, doch die meisten von uns profitieren von Sport und Zähneputzen – und der Nutzen erfordert, dass wir diese Dinge regelmäßig praktizieren, nicht nur einmal pro Jahr oder noch nicht einmal pro Monat. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie Ihre Zähne nur einmal im Monat putzten? Täglich wäre die zu erstrebende ideale Regelmäßigkeit, doch es ist wahrscheinlich besser, an eine regelmäßige Übung zu denken. Wenn Sie dies nicht jeden Tag tun können, in Ordnung – doch finden Sie einen Weg, dass diese Geisteshygiene zu einer regelmäßigen Routine wird. Wir können gute mentale Hygiene üben. Jeden Tag zu üben macht es für viele Menschen einfacher, eine stete Gewohnheit herauszubilden. Und dies ist eine gesunde Angewohnheit. Mit der Übung des Bewusstseinsrads machen Sie die Kultivierung der drei Säulen fokussierte Aufmerksamkeit, offenes Gewahrsein und freundliche Absicht zu Ihrer täglichen Routine.

1 William James, The Principles of Psychology, Vol 1 (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1890), 463.

2 Engl. »curiosity«, »openess«, »acceptance« und »love«


Das Bewusstseinsrad

Karten, Metaphern und Mechanismen

So, wie wir uns auf eine Reise vorbereiten, orientieren wir uns für den bevorstehenden Trip, indem wir uns einen Gesamteindruck darüber verschaffen, wohin wir gehen wollen und welcher Weg uns dorthin führt. Eine Karte ist ein nützliches Hilfsmittel, welches das Terrain zeigt, das uns erwartet – die Berge und Täler, die Flüsse und Seen, die Schnell- und Landstraßen, denen wir auf unsere Reise begegnen könnten. Das Bewusstseinsrad bietet die allgemeine Vorstellung eines Rads, um Aspekte des mentalen Lebens darzustellen, Prozesse des Geistes, die nicht unbedingt mit den spezifischen räumlichen Lokalisierungen innerhalb unseres Gehirns oder anderen physischen Strukturen korrespondieren. Es ist eine visuelle Metapher, die versucht, eine Karte des Terrains unseres mentalen Lebens zu zeigen.

Doch eine Karte des Raums zu visualisieren, wie es das Rad tut, kann von großem Vorteil sein, um uns auf unserer Reise zum Geist anzuleiten. Aus diesen Gründen ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass das Rad – und Karten im Allgemeinen – lediglich eine symbolische Darstellung ist; es ist nicht das tatsächliche Terrain. Wenn eine Karte für das tatsächliche Terrain gehalten wird, könnte es zu großer Verwirrung und Frustration kommen. Wenn Sie beispielsweise von Kalifornien zum Grand Canyon Arizonas reisen und währenddessen die schönen Frühlingsfotos auf der farbigen Karte, die Sie benutzen, visualisieren, könnten Sie bestürzt sein, wenn Sie ankommen, und stattdessen nur schneebedeckte Klippen entdecken, da es im Grand Canyon tatsächlich Dezember ist. In diesem Szenario ist es möglich, dass Sie, indem Sie sich in die Bilder der Karte verlieben, die Herrlichkeit des wirklichen Canyons aus den Augen verlieren.

Ein anderes potenzielles Risiko, Karten zu benutzen, liegt darin, dass Sie sich auf Ihrem Weg nur auf den Zielort fokussieren könnten und die Gelegenheit versäumen, die Wirklichkeit dieser Reichtümer, welche die Reise selbst bietet, zu erfahren.

Das Rad als visuelle Metapher – als eine Karte – für den Geist zu gebrauchen, hat dieselben potenziellen Kehrseiten. Je nachdem, wie wir sie nutzen, können wir von ihr profitieren. Während wir das Bewusstseinsrad als Werkzeug für die persönliche Transformation nutzen, und uns eben nicht nur auf einen imaginierten Endpunkt oder ein idealisiertes Ziel fokussieren, lassen Sie uns die Reise genießen und erleben. Dies wird beim Gebrauch des Rads auf konstruktive und befreiende Art und Weise wesentlich sein. Abgesehen davon, lassen Sie uns einen Blick auf die Einzelteile der Karte werfen und sehen, was sie in unserem Leben bedeuten könnten.

Wie wir besprochen haben, stellt die Nabe des Rads die Erfahrung des Gewahrseins, des Wissens, dar. Der Rand repräsentiert das, dessen wir gewahr sind, das Gewusste des Bewusstseins. Das Bild des Rads stellt eine Verknüpfung des Wissens der Nabe mit dem Gewussten des Rands über eine Speiche der Aufmerksamkeit dar. Die einzelne Speiche des Rads (im Gegensatz zu den vielen Speichen in einem tatsächlichen Rad) ist ein Symbol für fokale Aufmerksamkeit, das präzise Strömen des Energie- und Informationsflusses, den wir zu jedem beliebigen Zeitpunkt aufs Gewahrsein richten.

Die Grundidee besteht darin, das Bewusstsein zu integrieren und den Geist zu stärken, indem der Energie- und Informationsfluss differenziert und innerhalb des Gewahrseins verknüpft wird. Da Regulation Beobachten und Modifizieren bedeutet, stärkt das Rad den Geist, indem es die Art und Weise festigt, wie wir den Energie- und Informationsfluss verfolgen und wie wir dann diesen Fluss integrierend transformieren. So benutzen wir das Rad, um unser Leben zu integrieren.

Während Sie das Rad als eine Idee und Übung erkunden, könnte es nützlich sein, sich daran zu erinnern, dass diese visuelle Metapher für den Geist eine große Hilfe beim Erkunden Ihres mentalen Lebens sein kann. Doch sobald Sie zu Ihrer Reise zum Grand Canyon aufgebrochen sind, und insbesondere dann, wenn Sie dort ankommen, behalten Sie die Karte in Ihrer Tasche und genießen Sie die Erfahrung der Reise an sich. Lassen Sie die Karte Ihre Hilfe sein und nicht Ihr Gefängnis. Erkunden und genießen Sie Ihren Geist.

 

Das einfache und das vollständige Bewusstseinsrad

Bevor wir unsere Übung mit dem einfachen Bewusstseinsrad beginnen, möchte ich gerne einen Überblick über die ganze bevorstehende Reise geben. Detailliertere Anleitungen zu jedem Teil der Übung werden in den folgenden Abschnitten angeboten, doch hier werden Sie alle Schritte finden. Das einfache Bewusstseinsrad führt Sie durch die wesentliche Erfahrung der Radmetapher, um die Natur des Bewusstseins und seiner differenzierten Teile zu beleuchten, einschließlich der Nabe des Wissens, des Rands des Gewussten und der Speiche der Aufmerksamkeit (Nummer 1 bis 4 und dann 6 in der Übung des vollständigen Rads). Die vollständige Rad-Übung geht darüber hinaus, um das Gewahrsein des Gewahrseins zu entwickeln, und zwar, indem die Aufmerksamkeitsspeiche in Richtung Nabe des Wissens zurückgebogen wird (Nummer 5) und der Fokus auf eine auf Innen-, Zwischen- und »Ich-Wir«- ausgerichtete Fürsorge und Anteilnahme (Nummer 7) innerhalb des vierten Randsegments, indem die positive Absicht und Freundlichkeit bekundet wird.

Nochmals, wenn Sie einfach mit dem Rad als eine Übung beginnen, empfehle ich Ihnen, mit den Grundschritten Nummer 1 bis 6 anzufangen, indem Sie Nummer 5 auslassen. Wenn Sie Erfahrungen mit anderen Übungen der inneren Einkehr haben oder bereit sind, sich in das vollständige Rad zu vertiefen, dann probieren Sie alle Schritte von 1 bis 7 aus. Wie auch bei der Atemübung, rufen Sie sich in Erinnerung, dass Sie diese Schritte nachlesen und sie dann aus dem Gedächtnis ausprobieren können oder sie sich von einem Freund vorlesen lassen.

Jeder dieser sieben Schritte, die alle zusammen das vollständige Bewusstseinsrad bilden, wird in der folgenden Übersicht der Rad-Übung zusammengefasst.

Die vollständige Rad-Übung

Die vollständige Bewusstseinsrad-Übung kann folgendermaßen skizziert werden:

1. Atem: Beginnen Sie mit dem Atem, um die Aufmerksamkeit zu verankern und sich für die Rad-Übung zu erden.

2. Die ersten fünf Sinne auf dem ersten Randsegment: Lassen Sie den Atem als Fokus der Aufmerksamkeit los und richten Sie den Fokus auf das erste Randsegment – die ersten fünf Sinne, indem Sie sich jeweils einem Sinn widmen: hören, sehen, riechen, schmecken und berühren.

3. Interozeption auf dem zweiten Randsegment: Nehmen Sie einen tiefen Atemzug, und bewegen Sie die Speiche zum zweiten Randsegment, das die inneren Signale des Körpers repräsentiert. Bewegen Sie systematisch die Speiche der Aufmerksamkeit um den Körper, indem Sie mit den Empfindungen der Muskeln und Knochen der Gesichtsregion beginnen und dann fortfahren, jeweils zu den Empfindungen des Kopfes, des Nackens, der Schultern, der Arme, des oberen Rückens und der Brust, des unteren Rückens und der Muskeln des Bauchs, der Hüften, der Beine und des Beckenbereichs. Gehen Sie nun zu den Empfindungen der Genitalien, im Bauch, des Atemsystems, des Herzens und des ganzen Körpers über.

4. Mentale Aktivitäten auf dem dritten Randsegment: Nehmen Sie einen tiefen Atemzug, und bewegen Sie die Speiche zum dritten Randsegment, das die mentalen Aktivitäten repräsentiert. Erster Teil: Laden Sie jede Art mentaler Aktivität – Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, was auch immer – ins Gewahrsein ein. Viele Dinge könnten auftauchen oder nichts könnte auftauchen; was immer auch geschieht, es ist in Ordnung. Zweiter Teil: Nochmals, laden Sie alles ins Gewahrsein ein, doch dieses Mal widmen Sie besondere Aufmerksamkeit der Art und Weise, wie die mentalen Aktivitäten auftauchen, bleiben Sie präsent, und dann verlassen Sie das Gewahrsein. Wenn eine mentale Aktivität nicht sofort durch eine andere Aktivität ersetzt wurde, wie fühlt sich die Lücke dazwischen an, bevor eine neue Aktivität auftaucht?

5. Nabe-in-Nabe mit Gewahrsein des Gewahrseins: Bevor wir die Speiche der Aufmerksamkeit zum vierten und letzten Randsegment bewegen, werden wir die Nabe selbst erkunden. Mit anderen Worten, wir werden unsere Fähigkeit stärken, des Gewahrseins gewahr zu sein. Dies kann erreicht werden, indem man sich vorstellt, die Speiche der Aufmerksamkeit so zurückzubiegen, dass sie selbst auf die Nabe zurückverweist: Manche bevorzugen das Bild, wie die Speiche in die Nabe zurückgezogen wird oder wie sie in der Nabe des Gewahrseins bleibt. Welche Vorstellung oder welches visuelle Bild für Sie auch immer am besten funktioniert, die Idee dieses Teils der Übung ist die gleiche: Gewahrsein des Gewahrseins selbst (lassen Sie eine Minute oder mehr Zeit verstreichen). Finden Sie zurück zum Atem, und folgen Sie dem Einatem und Ausatem, ein und aus … Sie können sich nun bereitmachen, die Speiche auf das vierte und letzte Randsegment, unseren relationalen Sinn auszurichten und auszufahren.

6. Der relationale Sinn auf dem vierten Randsegment: Im letzten Randsegment werden wir unsere Verbundenheit mit anderen Menschen und unserer Umwelt, in die wir hineingeboren wurden, erkunden. Lassen Sie uns mit jemandem beginnen, die oder der gerade in Ihrer Nähe ist. Öffnen Sie sich für die Verbindung zu Freunden und zur Familie … für eine Verbindung zu Menschen, mit denen Sie arbeiten … mit Menschen, die in Ihrer Nachbarschaft leben, die Teil Ihrer Gemeinde sind … die in Ihrer Stadt leben … Öffnen Sie sich für eine Verbindung zu jenen, die zu Ihrem Land oder Ihrer Religion gehören … zu den Menschen, die in Ihrem Land leben … Nun öffnen Sie sich für eine Verbindung zu allen Menschen, die auf der Erde leben… und nun sehen Sie, ob Sie sich der Verbundenheit mit allen Lebewesen auf der Erde öffnen können…

7. Kultivierung einer freundlicher Absicht: Die Wissenschaft hat neuerdings herausgefunden, was die Weisheitstraditionen seit vielen Jahren gewusst haben – dass nämlich die Entwicklung von freundlicher Absicht, Fürsorge, Empathie und Mitgefühl positive Veränderungen für unsere Innen- und interpersonellen Welten herbeiführen kann. Daher lade ich Sie dazu ein, die folgenden Sätze still in Ihrem Geist zu wiederholen. Wir werden mit kurzen, einfachen Sätzen der Freundlichkeit beginnen und dann übergehen zu ausführlicheren Absichten.

Mögen alle Lebewesen… glücklich sein.

Mögen alle Lebewesen… gesund sein.

Mögen alle Lebewesen… sicher sein.

Mögen alle Lebewesen… blühen und gedeihen.

Nach einem tiefen Atemzug schicken wir nun die gleichen Wünsche, etwas konkreter formuliert, zu unserem tieferen Ich, einem inneren Gefühl dessen, wer wir sind:

Möge ich … glücklich sein und ein sinnvolles, mit anderen verbundenes und gelassenes Leben mit einem spielerischen, dankbaren und freudigen Herzen führen.

Möge ich gesund sein und einen Körper haben, der mir Energie und Flexibilität, Kraft und Stabilität verleiht.

Möge ich … sicher und geschützt vor innerer und äußerer Verletzung sein.

Möge ich … blühen und gedeihen und mit der Leichtigkeit und Wohlbefinden leben.

Indem wir wieder einen tiefen Atemzug nehmen, schicken wir nun die gleichen Wünsche einem integrierten Gefühl dessen, wer wir sind. Indem wir unser inneres Ich mit unserem vernetzten Wir verbinden, fahren wir mit Wünschen freundlicher Absicht für dieses Ich-Wir fort.«3

Mögen Ich-Wir glücklich sein und ein sinnvolles, mit anderen verbundenes und gelassenes Leben mit einem spielerischen, dankbaren und freudigen Herzen führen.

Mögen Ich-Wir… gesund sein und einen Körper haben, der mir/uns Energie und Flexibilität, Kraft und Stabilität verleiht.

Mögen Ich-Wir… sicher und geschützt vor allen Arten inneren und äußeren Schadens sein.

Mögen Ich-Wir… blühen und gedeihen und mit der Leichtigkeit und Wohlbefinden leben.

Ich lade Sie nochmals dazu ein, sich mit dem Atem zu verbinden und ein- und auszuatmen … Indem Sie Ihre Augen öffnen, falls diese geschlossen sind, endet diese Übung mit dem Bewusstseinsrad.

Eine Karte des einfachen Bewusstseinsrads

Bevor Sie sich in die Übung mit dem Rad stürzen, lassen Sie uns zuerst unsere Karte nochmals in Augenschein nehmen. Sie werden sich daran erinnern, dass der Rand in vier Segmente unterteilt werden kann. Das erste Segment umfasst unsere ersten fünf Sinne: hören, sehen, riechen, schmecken und berühren. Das zweite Segment des Rands umfasst die Empfindungen des Körperinneren – die Signale unserer Muskeln und Knochen sowie die Signale, die von unseren inneren Organen ausgehen, wie etwa von unserem Darm, den Lungen und von unserem Herzen. In der Wissenschaft nennen wir dies Interozeption, für die Perzeption (-zeption) des Inneren (-intero), und wir nennen dies den sechsten Sinn. Das dritte Segment des Rands repräsentiert unsere mentalen Aktivitäten, wie etwa unsere Emotionen, Gedanken und Erinnerungen.

Wir können diese unseren siebten Sinn nennen – unsere Fähigkeit, uns solcher mentalen Aktivitäten gewahr zu sein. Auf dem vierten Randsegment liegt unser Vernetzungssinn mit Dingen außerhalb unseres Körpers – unsere Beziehungen zu anderen Menschen, zu Haustieren, zum Planeten, zur Natur, zu Gott und zu allem anderen außerhalb des Körpers oder zu dem, was über diesen hinausreicht. Diesen nennen wir unseren relationalen Sinn, unseren achten Sinn.

Jeder dieser Sinne ist eine Form des Energie- und Informationsflusses, ein bestimmter Aspekt der Energie, die entsprechend den CLIFF-Merkmalen variiert: Kontur, Lokalisation, Intensität, Frequenz und Form (»CLIFF« ist ein engl. Akronym für «contour, location, intensity, frequency, form«, A.d.Ü.). Einen »Energiefluss« wahrzunehmen heißt einfach, für diese Variablen und die verschiedenen Energiemuster, die sie bilden und in Ihre Erfahrung überführen, offen zu sein.

Die Aufmerksamkeitsspeiche kann diese Energiemuster systematisch zur Nabe des Gewahrseins, zur Erfahrung des Wissens, lenken. Sie können die Speiche lenken, indem Sie die Aufmerksamkeit in der Übung, Segment für Segment um den Rand herum, ausrichten. Ihr Geist kann auch »seinen eigenen Kopf haben« und die Aufmerksamkeit kann sich verändern, vom Gelenkt-Werden zum Abgelenkt-Werden in Richtungen, die sich Ihrer Wahl entziehen. Wie wir in der Atem-Gewahrseins-Übung gesehen haben, ist das die Art und Weise, wie der Geist funktioniert.


Wenn es also für Sie möglich ist, erinnern Sie sich bitte daran, freundlich zu sich selbst zu sein, indem Sie offen, geduldig und verständnisvoll sind. Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass abgelenkt zu werden lediglich bedeutet, dass Sie ein Mensch sind.

Wenn die Aufmerksamkeit Energie ins Gewahrsein strömen lässt, handelt es sich um fokale Aufmerksamkeit. Manchmal werden Sie gelenkte fokale Aufmerksamkeit haben; zu anderen Zeiten abgelenkte fokale Aufmerksamkeit. Zu bestimmten Zeiten während der Übung werden Sie, wie in den ersten beiden Segmenten, die Komponente fokussierter Aufmerksamkeit verbessern. Sie werden absichtsvoll die Aufmerksamkeit auf die ersten fünf Sinne und dann auf den sechsten Sinn lenken. Doch natürlich können während der Übung mit dem Rad Ablenkungen auftreten, und genau so, wie Sie es bei der Atemübung machen, nehmen Sie die Ablenkung zur Kenntnis, lassen sie los und lenken dann die Aufmerksamkeit auf irgendeinen Aspekt des Rands, den Sie in diesem Moment fokussieren, zurück.

Während der Übung werden Sie dazu angeleitet, die Aufmerksamkeit zu verlagern, um neue Aspekte des Energie- und Informationsflusses aufzunehmen, Randsegment für Randsegment, und indem Sie das tun, werden Sie Ihre Fähigkeit stärken, die Aufmerksamkeit zu lenken, den Fokus der Aufmerksamkeit absichtlich zu verschieben.

Sobald wir zum dritten Randsegment kommen, werden wir uns mit einem anderen Aspekt der Stärkung des Geistes beschäftigen, nämlich mit einem Prozess, der als offenes Gewahrsein bezeichnet wird. Im Gegensatz zum absichtsvollen Fokus auf einen Randpunkt mithilfe fokussierter Aufmerksamkeit in den beiden ersten Segmenten werden Sie nun einen anderen Prozess ausprobieren, das offene Beobachten. Lassen Sie hier das Gewahrsein sich füllen mit allem, was einströmt. Es könnte nichts auftauchen oder es könnten viele Dinge auftauchen. Was immer auch eintritt, es ist einfach das, was ins Bewusstsein einströmt. Wie wir später noch ausführlicher sehen werden, ist es genauso wichtig, unsere Fähigkeit zum offenen Gewahrsein zu stärken wie die der fokussierten Aufmerksamkeit, weil es uns dazu befähigt, die Erfahrung des Gewahrseins (das Wissen der Nabe) vom dem zu unterscheiden, dessen wir gewahr sind (die Punkte auf dem Rand). Diese Fähigkeit, das Wissen vom Gewussten, die Nabe vom Rand, zu unterscheiden, ermöglicht uns innere Freiheit. Diese Integration des Bewusstseins hilft uns zu vermeiden, dass wir uns nur mit den sich stets verändernden Randinhalten unseres Geistes identifizieren, mit den mentalen Aktivitäten, in die wir oft hineingezogen werden, indem »wir uns in unserem Rand verlieren«. Offene Aufmerksamkeit erlaubt der Nabe des Rads zu einem Zufluchtsort der Klarheit inmitten des manchmal unaufhörlichen Geplappers der mentalen Aktivitäten auf dem Rand zu werden. Dies ist die Klarheit, dass das integrierende Bewusstsein – das Differenzieren und Verknüpfen von Nabe und Rand – uns stärken kann, um während der Übung einen Geisteszustand zu erleben, den wir dann als Gelassenheit und Resilienz in unserem Alltagsleben genießen.

 

Von dem offenen Gewahrsein des dritten Segments werden wir voranschreiten, um das vierte Randsegment zu erkunden, den Sinn für die Verbundenheit zu Menschen oder unserer Umwelt. Dieser relationale Sinn umfasst das Fokussieren auf bestimmte Empfindungen, und damit werden wir weiterhin den Beobachtungsaspekt des Geistes stärken. Dieses Segment enthält auch einen Sinn für Vernetzung und Freundlichkeit, indem es dazu befähigt, über uns selbst hinauszugehen – sogar noch bevor wir, in der vollständigen Version der Rad-Übung, freundliche Wünsche hinzufügen. Das relationale Segment des Rands hilft so, die dritte wissenschaftlich belegte Säule des Geistestrainings zu entwickeln, nämlich die Kultivierung freundlicher Absicht, indem wir unseren Sinn für Mitgefühl und Verbundenheit mit der Welt entwickeln.

Die Übung mit dem Rad gibt uns zudem Gelegenheit, in einer Sitzung die große Bandbreite der Erfahrungen, die in unserem mentalen Leben auftauchen, Tag für Tag systematisch zu erkunden, und dies auf eine Art und Weise, die uns dabei unterstützt, unserem häufig fragmentierten und hektischen Leben außerhalb der Übung innerer Einkehr näher zu kommen, mit Fokus, Ruhe und Mitgefühl.

Bereit, loszulegen?

Mit dem einfachen Bewusstseinsrad üben

Suchen Sie sich einen ruhigen Ort aus, an dem Sie für ungefähr eine halbe Stunde ungestört sitzen, liegen oder stehen können. Schalten Sie Ihre mobilen Geräte aus. Schauen Sie sich nochmals das Rad-Diagramm an (die Abbildung im ersten Abschnitt). Sie müssen lediglich die Struktur des Rads kennen; es ist nicht nötig, das Rad als eine Karte visualisieren zu können. Rufen Sie sich ins Gedächtnis, dass die Nabe das Wissen des Gewahrseins repräsentiert; der Rand das Gewusste und die Speiche den Fokus der Aufmerksamkeit. (Nochmals, es empfiehlt sich, sich die ganze Übung durchzulesen, bevor Sie die Übung ausprobieren, und sich dann selbst aus dem Gedächtnis anzuleiten. Beginnen Sie mit dem einfachen Rad; das vollständige werden wir später auf unserem Weg erkunden.

Lassen Sie uns beginnen, indem wir uns auf den Atem als eine Möglichkeit der Zentrierung fokussieren. Lassen Sie die Empfindung des Atems einfach Ihr Gewahrsein füllen. Ziehen Sie Ihre Aufmerksamkeit von Ihrem Atem weg. Stellen Sie sich vor, im Zentrum des Rads zu sein, in der Nabe des Wissens, des Gewahrseins. Stellen Sie sich vor, wie Sie eine Speiche der Aufmerksamkeit von der Nabe des Wissens auf das erste Segment des Rands richten. Beginnen Sie damit, die Aufmerksamkeit auf die Empfindung des Hörens zu richten, indem Sie das Gewahrsein sich mit Klang füllen lassen … (Es kann hilfreich sein, bei jeder Empfindung fünfzehn bis dreißig Sekunden zu verweilen.)

Lassen Sie nun das Hören los, und rücken Sie die Aufmerksamkeitsspeiche ein bisschen weiter auf diesem ersten Segment zum Sehsinn vor, indem Sie das Gewahrsein sich mit Licht füllen lassen …

Lassen Sie nun die Aufmerksamkeitsspeiche wieder vorrücken, und gehen Sie zum Geruchssinn über, indem Sie das Gewahrsein sich mit Düften füllen lassen …

Rücken Sie nun die Aufmerksamkeitsspeiche vor, indem Sie sich dem Geschmackssinn öffnen und das Gewahrsein sich mit Geschmäckern füllen lassen…

Lassen Sie nun die Aufmerksamkeitsspeiche zum Tastsinn vorrücken, indem Sie das Gewahrsein sich mit der Empfindung von Haut, die Haut berührt (Hand in Hand), von Haut, die Kleidung und Boden berührt, füllen lassen …

Einen tiefen Atemzug nehmend rücken Sie nun die Aufmerksamkeitsspeiche zum nächsten Segment des Rands vor, das das Innere des Körpers repräsentiert – die Empfindungen der Muskeln und Knochen sowie der inneren Organe. (Hier wird die Zeitdauer für jeden erwähnten Körperteil variieren, zwischen ein paar Sekunden und fünfzehn Sekunden oder so.) Lassen Sie uns mit der Gesichtsregion beginnen, indem Sie die Empfindungen der Gesichtsmuskeln und -knochen das Gewahrsein füllen lassen … Lenken Sie die Aufmerksamkeit zur Stirn und zur oberen Kopfhaut, nun an den Seiten der Kopfhaut hinunter, an den Ohren vorbei und zu den Muskeln und Knochen des Halses und Nackens. Lenken Sie nun die Aufmerksamkeit zu den Schultern, und lassen Sie sie beide Arme hinab zu den Fingerspitzen strömen … Bringen Sie nun die Aufmerksamkeit zum oberen Rücken und zur Brust … nun zum unteren Rücken und den Bauchmuskeln … und nun fokussieren Sie die Aufmerksamkeit auf die Empfindungen der Lippen … und lassen Sie die Aufmerksamkeit beide Beine hinab zu den Zehenspitzen strömen.

Fokussieren Sie nun die Aufmerksamkeit auf die Beckenregion. Öffnen Sie das Gewahrsein für die Empfindungen der Geschlechtsorgane … richten Sie die Aufmerksamkeit auf das Innere des Bauchs, indem Sie mit den Organen tief im Bauch beginnen … und nun bewegen Sie sich aufwärts zur Magenregion im Oberbauch … und nun folgen Sie den Empfindungen vom Magen durch die Brustmitte, indem Sie sich den Empfindungen in der Speiseröhre öffnen, die den Magen mit der Kehle und dem Mundinneren verbindet. Gehen Sie nun zum Atmungsapparat über, indem Sie hinter den Wangenknochen mit den Empfindungen der Nebenhöhlen beginnen … dann zur Nase … und zum Mund … und dann die Kehle vorne hinunter zur Luftröhre, der Röhre, welche die Leben spendende Luft in die Mitte der Lungen bringt, in das Innere des Brustkorbs … zu den Lungen, die sich auf beiden Seiten ausdehnen und zusammenziehen … Lassen Sie nun den Fokus der Aufmerksamkeit zur Herzregion übergehen, indem Sie das Gewahrsein den Empfindungen des Herzens öffnen.

Lassen Sie nun die Empfindungen des ganzen Körperinneren das Gewahrsein füllen, vom Kopf bis zu den Zehen. Inzwischen hat die Wissenschaft aufgezeigt hat, was die Weisheitstraditionen seit vielen Jahren wussten: Das Öffnen des Gewahrseins für die Empfindungen des Körpers ist eine machtvolle Quelle der Weisheit und Intuition. Daher lade ich Sie dazu ein, einen tieferen Atemzug zu nehmen und – im Wissen, dass Sie stets zum Erkunden dieser sechs Sinne der Körperempfindungen zurückkehren können – die Aufmerksamkeitsspeiche zum nächsten Randsegment vorzurücken.

Wir werden nun die Speiche der Aufmerksamkeit auf das dritte Randsegment fokussieren, das Segment, das die mentalen Aktivitäten der Emotionen, Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, Absichten, Hoffnungen und Träume repräsentiert. Ich ermutige Sie dazu, alle mentalen Aktivitäten einzuladen – Gedanken, Gefühle und Erinnerungen –, zur Nabe des Wissens zu kommen. Seien Sie offen für alles, was vom Rand auftaucht – oder eben nicht auftaucht. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Viele Dinge könnten kommen oder nichts könnte kommen. Öffnen Sie einfach die Nabe für alle mentalen Aktivitäten vom Rand. Lassen Sie uns mit dieser Übung sogleich beginnen … (und fahren Sie damit für anderthalb Minuten fort.)

Während Sie alle mentalen Aktivitäten in die Nabe des Wissens einladen, lade ich Sie als Nächstes dazu ein, die Aufmerksamkeit besonders darauf zu richten, wie eine mentale Aktivität, also ein Gedanke, zuerst ins Gewahrsein tritt. Taucht sie plötzlich oder allmählich auf? Sobald sie sich selbst dem Gewahrsein gezeigt hat, auf welche Art und Weise bleibt sie präsent? Ist sie stabil? Vibrierend? Und wie verlässt die mentale Aktivität, der Gedanke, die Erinnerung oder die Emotion, das Gewahrsein? Geht sie von einem »Ort« zu einem anderen? Allmählich oder plötzlich? Wird sie lediglich durch eine andere mentale Aktivität, also einen anderen Gedanken, ein Gefühl oder eine Erinnerung ersetzt? Und wenn nicht, wie fühlt sich die Lücke zwischen der einen mentalen Aktivität und der nächsten an? Ich lade Sie dazu ein, die Architektur des mentalen Lebens zu erforschen, indem Sie studieren, wie mentale Aktivitäten zuerst im Gewahrsein auftauchen, präsent bleiben und dann das Gewahrsein verlassen. Lassen Sie uns mit der Übung beginnen, gleich jetzt … (und fahren Sie für anderthalb Minuten damit fort).