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Emergente Eigenschaften des Energieflusses könnten eine subjektive Erfahrung einschließen – das ist unser einfacher Vorschlag –, aber sie umfassen auch den mathematisch aufgebauten Prozess der Selbstorganisation. Wenn Sie Ihr eigenes Leben betrachten, können Sie spüren, wie irgendetwas den Energie- und Informationsfluss zu organisieren scheint, wenn Sie durch den Tag gehen? „Sie“ müssen nicht die ganze Zeit über das Kommando haben, selbst wenn Sie davon ausgehen. Wenn eine Facette Ihres Geistes Selbstorganisation ist, dann wird sie auf natürlichem Wege in Ihrem Leben entstehen. Selbstorganisation braucht keinen Anführer. Manchmal entfalten sich die Dinge am besten, wenn wir den Weg frei machen.

Auf einer Basisebene identifizieren wir daher diese Essenz eines Systems, nämlich den Energie- und Informationsfluss, als mögliche Quelle des Geistes. Das ist ein Vorschlag, den wir unterbreitet haben, und wir legen nun ein paar grundlegende Schichten dieses Vorschlags frei.

Subjektivität könnte als Primrealität diesem Energie- und Informationsfluss entspringen. Vielleicht hat das Bewusstsein genauso etwas mit diesem Fluss zu tun, wie wir bald tiefgehend erkunden werden. Die Informationsverarbeitung gehört zur Vorstellung eines Energie- und Informationsflusses von Natur aus dazu. Daher könnten diese drei Facetten des Geistes – Informationsfluss, Bewusstsein und subjektiv empfundenes gelebtes Leben – alle aus dem Energie- und Informationsfluss emergieren.

Diese vielen Facetten des Geistes als emergente Eigenschaften des Energie- und Informationsflusses zu betrachten hilft, den Innen- und Zwischen-Aspekt des Geistes nahtlos miteinander zu verknüpfen.

Energie und Informationen sind innen und zwischen, so dass der emergente Prozess, der ihnen entspringt, sowohl innen als auch zwischen stattfinden würde. Diese Sichtweise des Geistes als ein sowohl verkörperter als auch als ein relationaler Prozess führte uns jenseits allzu einfacher, beschränkter Sichtweisen des Geistes im Sinne bloßer Gehirnaktivität und erlaubte es den Anthropologen, die Kultur zu studieren, den Soziologen die Gruppierungen zu studieren und sogar den Psychologen und einem Psychiater wie mir, Familieninteraktionen und die Art und Weise zu studieren, wie sie die Entwicklung eines Kindes formen, so dass alle eine gemeinsame Sichtweise dessen teilen, wie der Geist emergiert, ebenso so sehr in Beziehungen als auch aus physiologischen, verkörperten Prozessen, einschließlich der Gehirnaktivität. Mit anderen Worten, den Geist so zu betrachten, könnte den Anschein zweier Orte zur gleichen Zeit erwecken, obgleich innen und zwischen Teile eines vernetzten ungeteilten Systems sind. In Wirklichkeit sind das nicht zwei Orte, sondern ein System der Energie und deren Fluss.

Dies führt uns dazu, in Betracht zu ziehen, dass die Grenzen zwischen Synapse und Soma [= „Zellkörper“, A.d.Ü.], Selbst und Gesellschaft nicht so künstlich zu sein brauchen, wie sie es in früheren Modellen wie den „biopsychosozialen“ Sichtweisen zu sein schienen, die mir auf der Hochschule für Medizin vermittelt worden sind. Geist als etwas Emergentes war ein starkes Modell; und ein Aspekt des Geistes als emergenter, selbstorganisierender Prozess, der diesen Fluss regulierte, war zutiefst hilfreich, es uns zu ermöglichen, als Gruppe zusammenzuarbeiten, deren Mitglieder so verschiedene Hintergründe besaßen. Diese Sichtweise einer emergenten Selbstorganisation setzte sich nicht aus drei unterschiedlich interagierenden Realitäten zusammen, wie sie in jenen Modellen häufig präsentiert wurden, sondern aus einer einzigen Realität des Energie- und Informationsflusses.

Dieser Fluss entspringt sowohl in als auch zwischen uns.

Der Energie- und Informationsfluss findet in Beziehungen statt, indem Energie und Informationen geteilt werden; er findet in uns statt, indem die physiologischen Prozesse, insbesondere des Nervensystems, einschließlich des Gehirnes, den verkörperten Mechanismus des Energie- und Informationsflusses in uns vermitteln; und der Geist ist jener verkörperte und relational emergente Prozess der Selbstorganisation, der jenen Fluss reguliert.

Wie besprochen, erklärt diese Arbeitsdefinition eines Aspektes des Geistes als Selbstorganisation mentale Erfahrungen wie etwa das Bewusstsein und seine empfundene Subjektivität gelebten Lebens oder die Erfahrung des Denkens oder des Gedächtnisses als Teil der Informationsverarbeitung nicht weg. Vielleicht wird man eines Tages jene Aspekte des mentalen Lebens als einen Teil der Selbstorganisation ansehen, vielleicht aber auch nicht. Doch vorerst bedeutete die Tatsache, dass 40 Wissenschaftler aus einem weiten Spektrum an Disziplinen hinter dieser einen Aussage stehen konnten, indem sie zumindest diesen einen Aspekt des Geistes definierten, eine starke Annäherung. Die Zusammenarbeit, die aus dem Umstand erwuchs, eine gemeinsame Aussage darüber zu treffen, was der Geist sein könnte, half uns viele Jahre lang dabei, fruchtbar zusammenzuarbeiten.

Entspricht die Vorstellung Ihres Geistes als eines emergenten Aspektes der inneren Physiologie Ihres Körpers, einschließlich Ihres Gehirnes, und der Verbindungen, die Sie zur Welt, insbesondere der sozialen Welt anderer Menschen pflegen, Ihren Überlegungen über Ihre Erfahrung? Die Vorstellung der Emergenz kann sich für einige nicht eingängig, unsinnig, vielleicht sogar bizarr anfühlen. Die Idee, dass etwas einfach aus der Interaktion der Elemente eines Systems entsteht – wie Muster entstehen, wenn Wassermoleküle sich in einer Wolke hin und her bewegen – könnte sich seltsam anfühlen oder für lebendige Systeme nicht einmal zutreffend erscheinen, vor allem nicht für Ihr eigenes Leben. Sie könnten sich fragen: „Wer hat hier das Kommando?“ Emergieren wir einfach ohne ein Gefühl des freien Willens? Können wir keine Absichten generieren, die das System unseres Selbst antreiben, und nicht einfach aus ihm emergieren?

Diese Fragen und viele, viele weitere werden wahrscheinlich unseren Geist beschäftigen, wenn wir auf unserem Weg voranschreiten. Wenn Sie sich im Moment auf unsere Erkundung des emergenten Aspektes des Geistes fokussieren – einschließlich Ihrer bewussten Erfahrungen und Ihrer nicht-bewussten Elemente des Informationsflusses, von denen Sie lediglich Schatten sehen könnten, von Gedanken, Erinnerungen und Emotionen, die später ins Gewahrsein treten – können Sie eine Art Emergenz wahrnehmen, etwas, das ohne Sie auftaucht, oder vielleicht irgendetwas „Leitendes“?

Ich lade Sie dazu ein, sich Zeiten vorzustellen, in denen Ihr Geist „einen eigenen Kopf“ zu haben scheint. Wenn beispielsweise die Informationsverarbeitung mentaler Aktivitäten, wie Gedanken oder Emotionen, tatsächlich als Teil des selbstorganisierenden Aspektes des Geistes offenbar wird, dann können sie sich als emergente Prozesse anfühlen, als würden sie einfach von selbst entstehen, ohne einen Direktor oder jemanden wie Ihr leitendes „Selbst“. Klingt es vertraut? So fühlt sich ein emergenter Prozess an – er findet einfach ohne einen kontrollierenden Leiter statt. Mit anderen Worten, es gibt keine lineare Ursächlichkeit. Die selbstorganisierende Facette des Geistes entsteht aus sich selbst und reguliert sich selbst. Das ist die rekursive Eigenschaft, da sie ihr eigenes Werden selbst verstärkt. Das ist der selbstorganisierende Aspekt des Geistes. Sie könnten das als eine Erfahrung empfinden, die sich einstellt, wenn Sie das Leben in sich und in Ihren Beziehungen sich einfach entfalten sehen, ohne der Dirigent der Sinfonie oder ein Computerprogrammierer sein zu müssen. So funktioniert Selbstorganisation. Vielleicht haben Sie das Gefühl, es zu beobachten, zu bemerken und zu erkennen, sogar zuzeiten, da Sie es nicht zu kontrollieren versuchen. Sie stehen sich selbst einfach nicht mehr im Weg und die Dinge organisieren sich auf natürlichem Wege selbst.

Doch zu anderen Zeiten bemerken Sie, dass Dinge derart aus dem Ruder laufen, dass Sie sie willentlich kontrollieren müssen? Das ist wahrscheinlich der Punkt, an dem unsere bewusste Absicht ins Spiel kommt, indem wir Bewusstsein und Intention aufbringen, um unsere eigene Erfahrung zu beeinflussen, wie wir es in künftigen Beiträgen noch erforschen werden.

Absicht und freier Wille können unser mentales Leben beeinflussen, aber es vielleicht nicht gänzlich kontrollieren. Für mich passt diese Mischung aus aktiver Teilnahme im Sinne eines Beeinflussers, zusammen mit der angeborenen Emergenz, gut zur subjektiven Wahrnehmung meines eigenen mentalen Lebens. Doch passt das auch zu Ihrer Erfahrung?

Der selbstorganisierende Aspekt der Emergenz bedeutet, dass Ihr Geist, außer dass er aus dem Energie- und Informationsfluss emergiert, sich zurückwendet und diesen Fluss reguliert. Nun könnten Sie sich fragen, was das wirklich bedeutet? Ist dies irgendein metaphysischer Vorschlag im Hinblick auf Energiemuster, die schwer zu fassen sind? Nun, nicht wirklich. Energie ist ein wissenschaftliches Konzept, ein Prozess, der in der physischen Welt vorkommt, nicht jenseits von ihr – er ist nicht metaphysisch.

Um dieses wichtige Problem hier anzugehen, lade ich Sie dazu ein, beides, sowohl den konzeptuellen Bezugsrahmen als auch ihre eigenen persönlichen Reflexionen im Hinblick auf die Art und Weise, wie sich Ihr Geist entfaltet, zu erkunden. Ich lade Sie dazu ein, einige faszinierende, von der Wissenschaft der Physik angebotene Sichtweisen der Energie in Betracht zu ziehen. Während wir uns mit diesen Gesichtspunkten vertraut machen, könnten Sie versuchen, diese wissenschaftlichen Konzepte mit Ihrer subjektiven Lebenserfahrung zu verknüpfen, und sogar damit, wie sich die Lektüre dieser Ideen für Sie momentan anfühlt. Dies wird einigen Menschen ein wenig stürmisch vorkommen, so dass Sie vielleicht Ihre Sicherheitsgurte anlegen möchten und diesen Abschnitt unserer Reise gemeinsam abwarten.

 

Lassen Sie uns das, was Physiker über diesen Prozess des Energieflusses sagen, tiefer gehend überdenken und persönlicher machen. Die physikalische Eigenschaft der Energie kann, wie bereits erwähnt, vielen Physikern zufolge zusammengefasst werden als das Potenzial, etwas zu tun (Arthur Zajonc & Menas Kefatos, persönliche Mitteilung). Energie kann eine Reihe von Formen annehmen, vom Licht bis zum Klang, von der Elektrizität bis zu chemischen Transformationen. Sie kann in unterschiedlichen Frequenzen auftreten, wie im Falle der Bandbreite von Klangwellen von hohen bis zu tiefen Tonlagen oder wie im Falle des Farbspektrums des sichtbaren Lichtes. Licht, das wir als rot oder gelb sehen, ist beide Male eine Form des Lichtes, nur mit verschiedenen Frequenzen. Energie kann eine Reihe von Amplituden haben, von leisen Tönen und dezentem Licht bis hin zu schmetterndem Lärm und grellem Licht. Die Amplitude und sogar die Dichte sind Modalitäten, die Vorstellung der Quantität und Qualität der Intensität in Worte zu fassen. Und Energie, wie Licht oder Klang, hat eine entsprechende Form und eine Beschaffenheit, wie Impulse, Farben und Kontraste, die wir einfach als ihre Kontur bezeichnen können.

So können wir auf einer Ebene sehen, dass Energie eine Reihe von Charakteristika aufweist: Frequenz, Form, Amplitude, Dichte, Form oder Kontur und sogar Lage. Energie kann durch unser Gehirn, bestimmte Teile unseres Körpers, zwischen unseren eigenen Körpern und anderen fließen; und jener Fluss kann zwischen unseren Körpern selbst und der weiteren Welt, in der wir leben, stattfinden.

Energie verändert sich mit der Zeit und in ihren verschiedenen Dimensionen – Intensität und Konturen beispielsweise –, wenn sie die Welt beeinflusst. Wenn ich diese Worte für Sie niederschreibe, wurde Energie in meinem Nervensystem transformiert, aktivierte diese Finger, tippte diese Worte, platzierte sie in einem Dokument und wurde dann schließlich zu Ihnen geschickt als Worte auf einer Papierseite, einem digitalen Bildschirm oder als Töne in der Luft, davon abhängend, wie Sie die Energie von mir zu Ihnen empfangen haben. Das ist der Fluss. Er umfasst Veränderung – Veränderung der Lage, von mir zu Ihnen, und sogar Veränderung in den verschiedenen Grundzügen wie etwa Form oder Frequenz.

Eine Sichtweise von Information besteht, wie wir gesehen haben, darin, dass sie Energiemuster mit symbolischem Wert umfasst. Auf vielerlei Arten und Weisen entnimmt die Informationsverarbeitungsfacette des Geistes dem Veränderungsprofil der Energie, ihren Mustern des Fließens, etwas, das etwas anderes symbolisiert als jenes Profil. Wir nennen dies Information. Doch Information scheint aus einer Perspektive, die Energie als fundamental betrachtet, selbst aus dem mentalen Leben zu emergieren. Energie hat ein Profil, eine Reihe von Eigenschaften, mit oder ohne informativem Wert.

Muster des Energieflusses können Veränderungen in der Kontur, Lage, Intensität, Frequenz und Form umfassen. Hier ist ein neues Akronym, das uns dabei hilft, dies in Erinnerung zu behalten: CLIFF. Wenn wir daher sagen, dass wir den Energie- und Informationsfluss regulieren können, sagen wir, dass wir den CLIFF der Energie überwachen und verändern können, indem wir seine Kontur [engl. „contour“, also mit „c“ und nicht wie im Deutschen mit „K“ geschrieben, A.d.Ü.], Lage, Intensität, Frequenz und Form erfassen und formen.

Sie können Energie in sich, zwischen Ihnen und anderen Personen und zwischen Ihnen und der weiteren Welt regulieren. Regulation umfasst sowohl das Erfassen als auch das Formen des Prozesses, wie beim Fahrrad- oder Autofahren. Sie beobachten, wohin Sie fahren, und Sie verändern die Geschwindigkeit und Richtung des Vehikels. Das steuert Ihre Bewegung durch den Raum. Wenn Sie den Energie- und Informationsfluss regulieren, überwachen und modifizieren Sie Energie innerhalb Ihres Körpers und zwischen Ihnen und der Welt.

Die CLIFF-Reihe aus Variablen schafft einen gangbaren Weg, die Art und Weise zu konzeptualisieren, in der Ihr Geist den Energiefluss in jedem Augenblick Ihres Lebens erfassen und formen könnte.

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt der Energie, der ein wenig abstrakter, jedoch genauso relevant für die Betrachtung der Modalitäten ist, in der Ihr Geist aus dem Energiefluss emergieren und ihn regulieren könnte.

Energie kann, wie besprochen, auch als eine Verteilung [respektive Verbreitung, A.d.Ü.] von Potenzialen [respektive Potenzialitäten im Sinne von Möglichkeiten, A.d.Ü.] angesehen werden. Diese Potenzialitäten sind das, was einige Quantenphysiker als die fundamentale Natur des Universums betrachten. Diese Potenziale können beschrieben werden als eine umfassende Reihe, von einem unendlichen Potenzial bis hin zur spezifischen Realisation einer dieser Potenzialitäten. Dergestalt kann, wie früher kurz erwähnt, die Realität des Energieflusses – die Art und Weise, wie Energie sich verändert – als Bewegung der Energie von der Möglichkeit hin zur Verwirklichung gedacht werden, als Bewegung vom Potenzial hin zur Realisation einer Möglichkeit aus jener umfassenden Reihe an Möglichkeiten. Die Energie kann weiterhin fließen, indem sie sich in die Potenzialität zurückverwandelt. Abstrakt und seltsam, ich weiß, (dafür könnten wir die Sicherheitsgurte gebrauchen), aber dies ist das, was viele Physiker als die wahre Natur unseres Universums ansehen. Wenn wir die Erfahrung des Bewusstseins im Detail späterhin erforschen, werden wir zu dieser Sichtweise zurückkehren, um aufregend neue Möglichkeiten zu diskutieren, was das Bewusstsein selbst über diese Sichtweise eines Meeres an Potenzialitäten und auftauchenden Realisationen offenbaren könnte.

Häufig leben wir auf der klassischen, Newtonschen Ebene der Analyse, indem wir große Objekte und offensichtliche Kräfte dabei betrachten, wie beispielsweise ein Auto, das eine Autobahn entlang fährt, oder dieses Flugzeug, das am Himmel fliegt, wie sie unsere Welt formen. Aber auf einer anderen Ebene befähigen uns die Quantenmechaniker dazu, die Welt als etwas anzusehen, das nicht mit Absolutheiten, sondern mit Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten erfüllt ist. Tatsächlich beruht viel aus unserer modernen Finanzwelt und dem Computerwesen auf der Quantentheorie. Ich führe all dies an, weil wir, wenn wir den Vorschlag, dass der Geist eine Art Prozess ist, der aus dem Energiefluss emergiert und diesen reguliert, tiefgehend erfassen wollen, wir in Betracht ziehen müssen, was diese vorgeschlagene Idee eines Energieflusses wirklich bedeutet.

Die Grundelemente des Geistes, Energie und Informationen, können als kleiner als ein Flugzeug oder ein Lastwagen angesehen werden, kleiner sogar als ein Gehirn, kleiner sogar als ein Neuron. Obgleich ich mir also sicher sein kann, dass dieses Flugzeug, mit dem ich fliege, sich jetzt an eine Reihe von Gesetzen der vorherrschenden klassischen Newtonschen Physik hält und wir uns mit ziemlicher Sicherheit auf die Eigenschaften der Schwerkraft und des Fluges, die uns über Wasser halten, verlassen können, funktioniert der Geist nicht genau auf diese Art und Weise. Um ein Beispiel anzuführen: Bei der Vorbereitung des Abflugs der Maschine heute Nachmittag drückte ein Mechaniker den falschen Knopf und die Notfallevakuierungsrutsche wurde ausgelöst. Neben der Angst, die dieser Einsatz mit seinem kräftigen Ton erzeugte, war die Verspätung unseres Flugs eine andere Quelle der Betrübnis. Die Größe des Flugzeugs ließ die äußeren Strukturen und die inneren Mechanismen höchst sicher erscheinen. Wir sind jetzt in der Luft und können uns darauf verlassen, dass jener Knopf sich nicht selbst drücken wird und die Tür und die Rutsche ins Leere hinauskatapultiert.

Doch der Geist des Mechanikers ist nicht das Gleiche wie die Struktur des Flugzeugs. Sein Geist könnte erschüttert worden sein, vielleicht aufgrund eines Streites, den er mit seinem Mitarbeiter hatte, einer quälenden Sorge über eines seiner Kinder oder irgendeines von unzähligen Gedanken oder Gefühlen, die, durch wenige Momente der Ablenkung, zu dieser gestörten Aufmerksamkeit geführt haben. Aufmerksamkeit – jener Prozess, der den Energie- und Informationsfluss ausrichtet – ist für den Geist von fundamentaler Bedeutung.

Und daher könnte der Geist des Mechanikers, in seinem Gewahrsein, keine Wahrnehmung dessen gehabt haben, was er im Moment gerade tat, seine Pflicht, den Status des Flugzeugs sorgfältig zu überprüfen, könnte ihn nicht länger erfüllt haben. Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, sein Gewahrsein füllte sich mit einer anderen Energie und Information, seine Hand drückte einen Knopf automatisch, ohne dass er darüber nachdachte, und die Rutsche wurde ausgefahren, wir erschreckten uns und jetzt, Stunden später, befinden wir uns in einem anderen Flugzeug. Das ist ein Gedanke aus einer Reihe von Wahrscheinlichkeiten. Der Geist könnte eher über eine Menge von Wahrscheinlichkeiten, im Sinne seines dominanten Modus, verfügen, als über einige Newtonsche Regeln, die Druck ausüben. Die Anwendung der klassischen Physik auf den Geist würde die Vorstellung von einem Teil des Geistes wachmachen, der auf einen anderen Druck ausübt, und von vorhersagbaren Ergebnissen, welche uns die erhoffte Sicherheit in Bezug auf dieses Flugzeug hier bei fünf Meilen Flughöhe geben. Wir möchten, dass das Flugzeug eine Newtonsche Maschine ist – verlässlich und vorhersagbar in der Befolgung bekannter Wirkungsgesetze. Doch der Geist könnte nicht entsprechend derartiger Vorstellungen der klassischen Physik funktionieren.

Das Quantum oder die Wahrscheinlichkeitsnatur der Realität wird umso schneller offenkundig, je kleiner das Objekt ist, obgleich wir im Begriff sind, Quantenaspekte von größeren Objekten zu entdecken, das heißt von solchen, die größer als ein Atom sind. Die Elemente des Geistes des Mechanikers sind kleiner als der Flugzeugrumpf, und so wird das Unwahrscheinliche möglich und die Rutsche geht raus. Ich schlage vor, wir können ihm nun den Spitznamen „Quantenmechaniker“ verpassen.

Energie ist klein, obgleich ihre Wirkungen groß sind. Statt Energie als eine Kraft anzusehen, die der klassischen Newtonschen Physik zufolge nur einen Druck ausübt, wie die Luft, die dieses Flugzeug emporhebt, könnte die Energie viel eher auch in dem Sinne funktionieren, dass sie aus einer Möglichkeitsebene zu einer Reihe von Plateaus wachsender Wahrscheinlichkeit und zu Gipfeln der Gewissheit aufsteigt und dann wieder zurückschmilzt auf die Plateaus und eine Ebene unendlicher Möglichkeiten – was einer Ebene von sehr geringer, in der Nähe von null liegender Wahrscheinlichkeit entspricht. Mit anderen Worten, wenn irgendein Ding von einer Billion Dingen möglich ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes von ihnen auftaucht, gering. Das ist das Meer der Potenzialitäten, eine offene Möglichkeitsebene.

Später, in unserem neunten Kapitel, werden wir erkunden, wie diese Sichtweise dazu verwendet werden kann, das Bewusstsein zu verstehen. Wenn wir tiefer in die Art und Weise eintauchen, wie wir ein „Bewusstseinsrad“ erfahren, werden wir in der Lage sein, aus erster Hand zu erforschen, wie die Quantenwahrscheinlichkeitssicht der Energie uns helfen könnte, die Natur des Geistes tiefer zu verstehen. Diese Praxis könnte auch unsere Diskussion im Hinblick auf die möglichen Überlappungen der Selbstorganisation und der Erfahrung des Bewusstseins voranbringen. Dann werden wir desgleichen erkunden, wie die Erfahrung des Geistes, dargestellt in der oberen Hälfte der Abbildung der Ebene, und der neuronalen Prozesse des Gehirnes, dargestellt in der unteren Hälfte der Abbildung, sich aufeinander beziehen. Vorerst werden wir die mentale Seite dieses Vorschlags untersuchen, die Spitze der Grafik, und uns einfach davon leiten lassen, die Vorstellung in Betracht zu ziehen, dass der Geist nicht wie Lastwagen auf der Straße oder Flugzeuge am Himmel funktioniert. Newtonsche Kräfte könnten nicht die nützlichste Sichtweise der Energie sein, wenn es um Geistesprozesse geht. Der Geist könnte eher wie etwas Kleines sein, etwas, das wir, wenn wir unsere ausgedehnte Welt betrachten, einfach nicht vor unseren Augen haben oder uns zuzeiten sogar nicht einmal mit Hilfe unseres konzeptuellen Geistes vorzustellen vermögen. Das Sehvermögen hilft uns, die objektive Welt zu sehen. Aber den Geist zu betrachten könnte eine ganz andere Art des Sehens erfordern.

In diesem Beitrag haben wir die Vorstellung des Geistes als etwas aus dem Energie- und Informationsfluss Emergierendes erkundet. Wir haben gesehen, dass weder Schädel noch Haut einschränkende Grenzen dieses Flusses sind, so dass der Geist sowohl ganz verkörpert als auch relational ist. Zumindest der selbstorganisierende Aspekt des Geistes würde über diese emergente verkörperte und relationale Eigenschaft verfügen. Wie wir gesehen haben, könnte die Informationsverarbeitung für jenen Fluss von grundlegender Bedeutung sein, insofern als die Aufmerksamkeit der Prozess ist, der seine Bewegung in und zwischen uns aufspürt und leitet. Das Bewusstsein und seine subjektive Wahrnehmung könnten genauso eine emergente Eigenschaft und vielleicht mit der Selbstorganisation verbunden sein. Wir lassen jene Frage im Moment ganz offen.

 

Die Möglichkeitsebene

Aber wenn der Energie- und Informationsfluss die Quelle des Geistes ist, die Quelle des Selbst respektive des Ich, und der Fluss sich sowohl innen als auch dazwischen befindet, wie wissen wir dann, wo das „Ich“ beginnt und wo es endet? Früher auf unserer Reise haben wir über dieses Problem der Grenzen des Selbst nachgedacht.

Als ich diesen Morgen bei Sonnenaufgang einen kalten Strand entlangschlenderte – den Atlantik an diesem Wintertag vor Augen und den Wind mir ins Gesicht fahren fühlte –, bemerkte ich, dass die Empfindung des Windes meine Erfahrung, lebendig zu sein, formte, und ich begann, Fragen in meinem Geist zu hören, wo denn dieser Energiefluss enden würde… War der Wind ein Teil meines Geistes? Wenn ich dem Fluss der Empfindungen des Windes erlauben würde, mich einfach zu füllen, könnte das nicht als die sensorische Erfahrung meines „Selbst“ angesehen werden? War dies ein Aspekt des Energieflusses meines Geistes, der es den Empfindungen ermöglichte, in meinem Körper zu entstehen und durch mich, meinen Geist, zu strömen? Falls ja, dann müsste die nähere Bestimmung „mein“ klarer definiert werden, klarer mit Hilfe irgendwelcher Grenzen umrissen werden, oder aber wir sagen, dass „mein Geist“ alles umfassen könnte. Wo endet das „Selbst“? Was sind die Grenzen dieses offenen Systems?

Beschränken meine erlernten Konzepte, ein Ergebnis des Informationsverarbeitungsaspektes meines Geistes, der Ideen konstruiert und aus Energie Informationen herausfiltert, beschränkt also diese Wahrnehmung dessen, der ich zu sein glaube, der Konstrukteur meines Ichs, die Erfahrung meiner Identität? Es muss auf irgendeine Art und Weise zu meiner eigenen selbsterfüllenden, selbstdefinierenden Wahrnehmung, nun ja, zur Wahrnehmung des Selbst, kommen. Jetzt handelt es sich um einen rekursiven selbstorganisierenden Prozess. Führt dieses Lernen dazu, dass es meinen sensorischen Fluss rekursiv selbstorganisiert und generierte Wahrnehmungen und Glaubensinhalte über das „Selbst“ erzeugt, indem es aus Informationen des Energieflusses Symbole „meiner selbst“ und dessen, der ich bin, macht, indem es „mich“ wahrnehmen und glauben macht, dass ich vom Winde, von der Welt getrennt bin?

Kann ich meine konzeptualisierenden und einschränkenden Informationsflussfilter so erkunden, dass ich mein Ich-Empfinden und meinen Geist buchstäblich ausweite und meine selbstorganisierende Emergenz öffne, um ein viel stärkeres Gefühl, dieser Welt anzugehören, zu bekommen?

Auf unserer Reise hat dieses Problem der Energie und ihrer Grenzen tiefe Implikationen im Hinblick auf das Verständnis des Geistes und das, was mentale respektive psychische Gesundheit sein könnte. Daher bleiben viele dieser Einschränkungen der bewussten Reflexion verborgen, automatische Filter, die Einfluss darauf ausüben, wer wir zu sein glauben. Aber wir könnten etwas anderes sein als das, was unsere Gedanken uns glauben machen wollen. Wir beschränken unser Wohlbefinden, wenn wir unser Selbstempfinden auf eine von anderen Menschen und der Welt um uns herum vollkommen abgetrennte Identität beschränken. Wir müssen uns mit etwas „Größerem als das Selbst“ verbinden, wie so viele Studien und Weisheitstraditionen gezeigt haben (Vieten & Scammell, 2015). Bei einem rezenten Treffen von Vertretern aus über zwei Dutzend Nationen gab es eine tief gehende Diskussion über die Natur des Ich und die Notwendigkeit, unser Selbstempfinden jenseits des Körpers auszudehnen, um unseres persönlichen und des planetarischen Wohlbefindens willen.

Vielleicht ist das Selbst respektive das ich in Wirklichkeit größer und wir selbst – unser inneres, persönliches, privates Empfinden unseres Geistes – machen es nur kleiner. Wir werden erkunden, wie das Einbetten der Zeit in unsere Fragen des Wer und Wann des Geistes diese Diskussion sogar noch weiter ausdehnt, wenn wir berücksichtigen, dass die Zeit selbst nicht das sein könnte, was sie unserem Geist zu sein scheint. Die vom Geist geschaffenen Illusionen des Selbst, als auf den Körper begrenzt, und das Konzept von Zeit, als etwas Fließendem, erlauben es uns, uns unablässig mit der persönlichen Vergangenheit zu beschäftigen und uns über unsere ungewisse persönliche Zukunft Sorgen zu machen. Es sind diese Illusionen des Selbst und der Zeit, die auch unsere Freiheit in der Gegenwart einschränken dürften. Dies zu verstehen fokussiert uns tief auf den gegenwärtigen Moment und auf das, was wir tun können, um die Fülle seines Potenzials zu erfassen.

Dieses Potenzial zu erkennen, die Bewegung aus dem Möglichen ins Reale zu erleichtern, könnte das sein, um das es bei dem aus dem Energiefluss emergierenden Geist eigentlich geht. Doch was führt dann zu einem gesunden Geist? Wenn ein Aspekt des Geistes tatsächlich Selbstorganisation ist, sowohl von innen heraus als auch dazwischen, was optimiert dann die Selbstorganisation?

1 Engl. „consilience“, dt. „Zusammentreffen“, „Übereinstimmen“; gemeint ist in der Wissenschaftsgeschichte damit die Tatsache, dass voneinander unabhängige, nicht miteinander verbundene Erkenntnis- bzw. Wissensquellen zu einer evidenten Einheit des Wissens konvergieren können, A.d.Ü.

2 Als „Konnektom“, engl. „connectome“, bezeichnet man die Gesamtheit der Verbindungen im Nervensystem eines Lebewesens, A.d.Ü.

3 Als „Mikrobiom“, engl. „biome“, wird die vorherrschende Lebensgemeinschaft eines Bereichs genannt, A.d.Ü.

4 Mikrotubuli“, engl. „microtubules“, sind röhrenförmige Filamente aus Proteinen, A.d.Ü.

5 Ein „Axon“, engl. „axon“, ist ein oft langer, schlauchartiger Nervenfortsatz, A.d.Ü.

6 Unter einer „parallel verteilten Verarbeitung“, engl. „parallel distributed processing“, abgekürzt PDP, versteht man die Fähigkeit eines Systems, gleichzeitig verschiedene Formen von Stimuli in unterschiedlichen neuronalen Netzen schnell und hoch komplex zu verarbeiten, A.d.Ü.