Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis

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Das Vogelkonzert

Im Frühjahr, wenn wir Hochzeit halten,

dann rufen wir den Lenz herbei,

die Lerchen, Finken und die Schwalben,

der Specht, die Amsel und der Star,

mit Trommeln, Pfeifen, viel Geschrei:

Die liebestolle Vogelschar.

Am frühen Morgen um halb acht,

da machen wir schon lauten Krach.

Wir flöten, zwitschern, tirilieren,

in unserm Hochzeitskleid uns zieren.

Wir tönen und wir trällern laut

und locken an die Vogelbraut.

Wir grenzen die Reviere ab,

bringen die Weibchen schnell auf Trab,

wir laden ein zum Matinee

im Buchenwald dort an dem See.

Ich bin der Sänger mit der schwarzen Kappe,

aus Afrika zurückgekehrt,

mit grauem Fleck in meinem Nacken,

als Komponist und Sänger hoch geehrt.

Schon bei den Mönchen war ich sehr beliebt,

die Grasmücke in ihrem Klostergarten,

am Morgen früh sie aus dem Schlaf geweckt,

melodisch flötend und gequiekt,

so bin ich in den Tag gestartet

und hab’ die Mönche aufgeschreckt.

Ich rufe meinen eignen Namen

und lock’ damit die Fitis an,

zu meinem Sang die Weibchen kamen:

„Zilp-Zalp“, „Zilp-Zalp“,

so schallt es aus dem Wald.

Ich bin die Drossel in der Eberesche,

halte bei Regen meine Morgenwäsche,

so laut wie ich gut singen kann,

das kann kein andrer Vogelmann.

Ich habe Gold in meiner Kehle,

was auch mein schöner Name sagt,

so manchem andren Vogel stehle

ich dessen Weibachen sanft und zart,

durch meine schöne Sangesschau:

Goldhähnchen bin ich, gelb und blau.

Welch andrer Vogel kann so zwitschern,

wie Schwalben auf dem Bauernhof,

mit ihren langen Flügeln glitzern.

Ich bring’ euch Menschen Glück ins Haus,

treib’ mit Gesang die Geister aus

und bin im Fliegenfang ganz groß.

Der König bin ich auf dem Thron,

und gerne auf dem Zaune wohn’.

Mein Schmettern schon am frühen Morgen

befreit euch doch von allen Sorgen.

Lieblich perlend, melodiös,

und manchmal auch mit viel Getös,

einer Kettensäge gleich,

so ziere ich das Vogelreich.

Mit meinem kleinen, roten Kehlchen

kann besser ich als Raben krächzen.

Metallisch und mit vielen Silben

klingt schon im März mein früher Sang,

so mancher Artgenosse kann sich bilden

im Park an meinem Meisenklang.

Ein Star bin ich,

ein wahrer Künstler,

ich sitze gern im Besenginster

und brüste mich,

kann alle Laute imitieren

und ahme all’ Geräusche nach,

dass Mensch und Tier sich irritieren,

das Läuten einer Straßenbahn,

des Dackels Jaulen und sein Bellen,

sogar des Eiermannes Schellen.

Wir Tauben turteln und wir gurren

als Liebesboten Salomos,

wir bringen auch die Post ins Haus,

wenn wir auch manchmal knurren

und hinterlegen unsren Kot,

wie auch in eurem Stall die Maus.

Die Musik steckt mir im Blut,

die Muse unter dem Gefieder,

und alle meine Werke, die sind gut:

Ich komponier’ und sing die Lieder,

trotz meines Namens sing ich auch tagsüber.

Ihr kennt die „Nachtigallen-Polka“,

Strawinskys „Lied der Nachtigall“,

den „Nachtigallenschlag“,

das Schnarren, Rattern und das Klingen,

das Karl der Große schon gern mag,

mein Pfeifen, Tönen und mein Singen.

Ich bin der Specht, der Zimmermann des Waldes,

der Trommler und der Musikant,

der Dirigent der Vogelschar.

Ich schlag den Takt,

laut schallt es dann

durchs ganze Vogelsängerland:

Ein Ohrenschmaus, fürwahr.

Mit seiner Pauke hämmert er

so laut auf seinen Buchenstamm,

von links nach rechts und kreuz und quer:

Das kann doch nur der Specht –

im Chor der Paukermusikant.

Nun ist das Matinee zu Ende,

wir alle reichen uns die Hände:

Bis heute Abend zur Soiree,

zum Abendschmaus und zum Diner.

(Dieter Kremp)

VOM LÄSTIGEN FLUG DER FLIEGENDEN POLLEN

Rund sechs Millionen Bundesbürger sehen dem Erwachen der Natur nicht mit freudiger Erwartung entgegen. Die Vorfreude auf das Hochfest der Blüten, das Anfang März mit dem Stäuben der Erle und Hasel beginnt, sich Ende März mit den blühenden Palmkätzchen und Ende April mit der gelben Löwenzahnwiese schmückt, löst bei diesen Geplagten schon lange keine poetischen Gefühle mehr aus. Und ein „Bett im Kornfeld“ wird dann im Sommer zur Qual, wenn nach dem Schäferstündchen das Niesen und Tränen beginnt. Sie weinen nicht aus Liebe, denn Pollenallergiker reagieren sehr empfindlich.

Alljährlich, wenn der Frühlingsherold seinen Einzug hält, wird der Pollenflug zum „Fluch der Pollen“. Wenn der Wind den Pollenstaub von blühenden Bäumen und Sträuchern, von Gräsern und Getreide über die Lande verstreut, fangen sich diese Allergiker ihren jährlichen Heuschnupfen ein. Dann werden sie von dauerndem Niesen und triefender Nase, von tränenden und brennenden, verquollenen Augen, qualvollem Husten und Atemnot, Kopfschmerzen und Schlafstörungen geplagt. Und es ist schwer, dem bedrohenden Blütenstaub zu entfliehen; denn er tritt mit einem „Milliardenheer“ von winzigen Angreifern auf: Eine einzige Roggenähre zum Beispiel setzt rund vier Millionen Pollen frei, aber schon 20 von ihnen pro Kubikmeter Luft genügen für eine massive allergische Reaktion.

Eigentlich wollen die männlichen Pollenkörnchen ihrer ureigensten Bestimmung wegen die weiblichen Narben der artgleichen Blüten treffen. „Die Nase ist doch kein weibliches Sexualorgan“, meinte schon der berühmte schwedische Naturforscher Linné, wenn sich bei ihm die männlichen Pollen auf der Nasenschleimhaut festsetzten und wieder mal seinen „Heuschnupfen“ auslösten.

Um den geballten Angriff der Pollen und einem Heuschnupfen zu entgehen, ist vielen der Betroffenen kein Weg zu weit. Sie reisen auf ferne Inseln, wenn Helgoland nicht mehr ausreicht; sie fahren ins Hochgebirge, um an diesen Orten in der fast pollenfreien Luft wieder aufatmen zu können. Aber nicht für jeden ist eine solche Reise möglich oder erschwinglich. Er ist voll und ganz auf den Arzt angewiesen, der heute in den dafür geeigneten Fällen die vorbeugende Immunbehandlung, die sogenannte Hyposensibilisierung, anwendet.

Kaum ein Mensch gleicht dem anderen; was dieser verkraftet, macht jenen krank. Die körpereigenen Abwehrkräfte sind nicht gleichmäßig verteilt. Daher kommt es, dass sich Blütenpollen so unterschiedlich auswirken. Sie rufen als sogenanntes Allergen oder Antigen im Organismus eine Überempfindlichkeit (Sensibilisierung) mit anschließender Antikörperbildung hervor. Diese krankhafte Immun- oder Überempfindlichkeitsreaktion bezeichnet man als Allergie. Der Heuschnupfen ist eine Pollenallergie. Heilen kann man den Heuschnupfen zwar nicht, aber doch erträglicher machen. Bereits vor Beginn der Blütezeit spritzt man dem Patienten Pollenallergene ein, um seine Überempfindlichkeit herabzusetzen. Bei einigen hilft diese Methode.

Es gibt auch eine ganze Reihe von Medikamenten, die den Heuschnupfen zumindest lindern. Vielfach besteht noch immer die Meinung, Heuschnupfen sei zwar eine lästige, aber doch harmlose Störung des Wohlbefindens. Das ist er jedoch nicht. Die Erfahrung lehrt, dass etwa ein Drittel der Pollenallergiker ohne Behandlung eines Tages mit einem allergischen Bronchialasthma rechnen muss.

 

So unerträglich Pollen auch sind, wenn sie mit dem Wind „fremdgehen“ – unter dem Mikroskop offenbart sich eine Wunderwelt an magischen Formen und Mustern, doch mit Haken und Ösen versehen. Damit klammern sie sich an den Blütennarben fest – oder eben in der empfindlichen Schleimhaut der Nase.

FRÜHLINGSBLUMEN ALS WETTERPROPHETEN

„… und nun hören Sie den Wetterbericht: Der Waldsauerklee hat schon vor Stunden seine Blätter zusammengelegt, die Anemonen ihre Knospen geschlossen und das Labkraut stinkt mal wieder! Da ist Regen zu erwarten.“

Anemonen und Veilchen, Holunder und Schlehen, Kirschblüten, Gras und Laub – das sind die am weitest verbreiteten und aussagekräftigsten Wetterpropheten unter den Frühlingsblumen. Sie alle weisen wie drei Wegweiser in drei Richtungen. Auf eine bevorstehende Wetteränderung, auf den Ertrag der Ernte und auf die Art des Winters.

Manche Blumen sind ideale Barometerpflanzen: Sie messen den Luftdruck und den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre und übertreffen für kurzfristige Voraussagen sogar unsere modernen technischen Hilfsmittel. Es ist wirklich so, dass manche Pflanzen durch hygroskopisches Öffnen und Schließen der Blüten trockenes oder nasses Wetter ankündigen.

Waldgeißblatt und Nachtviolen reagieren nicht hygroskopisch, sondern odorisch: sie duften besonders stark, wenn Schlechtwetter im Anzug ist.

Es gibt auch eine „Sonnenuhr“ unter den Wildpflanzen. Es ist die Wegwarte, deren azurblauen Blüten sich haargenau nach dem Stand der Sonne drehen.

Der Sauerklee öffnet am Morgen seine Blüten nur, wenn schönes Wetter in Aussicht ist. Bei bevorstehendem Regen stellt er die Blattstiele steil empor, so dass sie wie ein aufgespannter Regenschirm aussehen. Er wird im Volksmund deshalb Wetterhahn genannt. Ähnlich verhält sich die Malve.

Aus der Fülle der Bauernregeln über „Wetterpflanzen“ nehmen wir einige heraus:

„Schön Wetter künden die Anemonen, wenn sie ihre Blüten weit öffnen; schlechtes, wenn sie ihre Kronen geschlossen halten.“ „Die blauen Veilchen frage, wann nahen die warmen Tage.“ „Wenn Regen bevorsteht, schließt der Ackergauchheil seine winzigen, roten Blüten.“ Man nennt ihn daher auch gerne Regenblume, Gewitterblume und Schönwetterblume. „Wenn das Buschwindröschen seine weißen Blütensterne glockenförmig verschließt, das kurzlebige Hungerblümchen seine Blätter herabhängen lässt und die Sumpfdotterblume ihre Blätter zusammenzieht, so ist regnerisches oder trübes Wetter zu erwarten.“

„Wenn die Apfelblüten blüh’n, soll der Ofen wieder glüh’n.“ „Wenn der Flieder langsam verblüht, die Ernte sich lang hinzieht.“ „Wenn der Flieder verblüht schnell, so geht’s mit der Ernte rasch von der Stell.“ „Solange im Mai der Holunder nicht ausschlägt, ist noch Frost zu befürchten.“ „Wenn der Holunder blüht, so blühen auch die Reben.“ „Wie der Holunder blüht, Rebe auch und Lieb erglüht; blühen beide im Vollmondschein, gibt’s viel Glück und guten Wein.“ „Wie die Kirschblüt’, so die Wein- und Kornblüt’.“ „Eine gute Kirschblüte tut sagen, dass wir auch gute Wein- und Kornblüte haben.“ „Wenn der Kirschbaum zwischen zwei Lichtern am Neumond blüht, gibt es keine Kirschen.“

„Je früher der Schlehdorn blüht, je zeit’ger der Schnitter zur Ernte zieht.“ „Steht der Schlehdorn früh im Blütenschein, wird vor Jakobi die Ernte sein.“ „Wenn die Schlehdorn blicken, muss man die Handschuh noch mal flicken.“ „Wenn die Veilchen früh blüh’n, kommt auch der Kuckuck früh.“ „Wenn die Veilchen früh ihren Duft versprüh’n, so kommt ein warmer Frühling.“

Man kann sich denken, wie wichtig das Wetter für die Bauern war. Schließlich hing davon ihre Ernte ab. Und was wäre besser geeignet und schöner anzusehen gewesen, als die Blumen, um sich eine Vorhersage einzuholen. Die Vielfalt der Sprichwörter und Bauernregeln zeugt davon, dass die Menschen über lange Zeit hin genau das gemacht haben.

BIRKENSAFT ZUR FRÜHJAHRSKUR

Die Birke ist der leibhaftige Frühling

Alte Bäume sind etwas Herrliches. Mit ihrem mächtigen Stamm, den kräftigen Ästen und dem riesigen Blätterdach scheinen sie den Himmel zu tragen. Je älter ein Baum wird, umso mehr festigt sich sein ihm eigener Charakter in der Baumgestalt. Er wird immer mehr zur Persönlichkeit.

Die Birke macht da eine Ausnahme. Als junger Baum ist sie am schönsten. Später gleicht sie einer alten Frau, die ihre Falten mit viel Schminke zu verstecken sucht. Aber in der Jugend übertrifft sie alle anderen Bäume an Schönheit und Grazie. Der weiße, schlanke Stamm ist elegant und das feingliedrige, zartgrüne Blattkleid anmutig. Die Birke ist der leibhaftige Frühling, und wenn sie dann noch ihre spielenden Pollenkätzchen baumeln lässt, scheint sie ihre Hochzeit zu halten. Eine Baumnymphe, die der jungen Birke an einem Frühlingstag entstiege, würde sicher den zarten, blumigen Frauengestalten auf den Bildern Botticellis gleichen.

Haselnuss, Birke und Erle gehören alle zur Familie der Birkengewächse. Jeder dieser drei Bäumen war für die Menschen das Sinnbild eines bestimmten Punktes im Kreislauf des Lebens. Die Haselnuss stand am Anfang als Baum der Kinder und der Zeugung, die Birke verkörperte die Jugend, das Wachstum und Entstehen, die Erlen symbolisierte das Alter, welches schon mit dem Geheimnis des Todes vertraut wird.

Das Fest der Birke wird bei uns schon seit uralter Zeit gefeiert, denn die Heimat dieses Baumes sind die nördlichen, gemäßigten und arktischen Gebiete. Auf Island und Grönland waren die Birken sogar einmal die einzigen Bäume. In diesen Ländern, in denen Väterchen Frost besonders arg wütet, ist die Freude groß über den Frühling mit seinen ersten, sich begrünenden Bäumen: Weide und Birke. Während die Weide auch das Absterben symbolisiert, war die Birke ein Baum der reinen Freude. Ihr Fest im Frühling war jedes Mal ein Freudenfest der Wiedergeburt und der Hochzeit zwischen Himmel und Erde. Manchmal werden Birken am Waldrand auch mit Frauenkleidern behängt und so zur leibhaftigen Frühlingsgöttin gemacht.

Frische Birkenzweige wurden zur Lebensrute, mit der die jungen Burschen durchs Dorf zogen. Wer mit einer solchen Lebensrute „geschlagen“ wurde, war vor Krankheit für das weitere Jahr geschützt.

Selbst ein eisiger Winter kann der Birke nicht schaden, denn ihre luftgepolsterte Rinde ist ein guter Kälteschutz. Kein Laubbaum ist so winterhart wie die Birke. Außerdem ist die Birke besonders wasserdurchlässig. Die Rinde blättert nicht in dicken Schuppen ab, sondern sie schält sich elegant in papierähnlichen Querbändern. Dieses „Baumpapier“ war früher ein billiges Schreibmaterial.

Vom Birkenholz dagegen lässt sich nicht viel Rühmliches berichten. Es ist nicht von bester Qualität. Sehr selten wird es zum Möbelbau verwendet. Deshalb gilt es bei Forstmeistern oft „als Unkraut im Wald“. Aber durch den eingelagerten Birkensaft im Innern des Holzes brennt dieses auch in frischem und nassem Zustand und ist ein Geheimtipp für alle, die es im offenen Kamin verbrennen.

Im Frühling hat die Birke in Blättern und Saft die meisten Heilkräfte und bietet sich für eine Frühjahrskur geradezu an. Ihre Heilstoffe bilden zusammen eine gelungene Kombination, die belebend und reinigend auf den menschlichen Körper wirkt. Blase und Niere werden angeregt, doch hilft sie ebenso bei Rheuma, Gicht, Arthritis, Nieren- und Blasensteinen. Schon bei den Germanen galt der Birkensaft als Schönheitstrunk.

In meiner Kindheit habe ich zusammen mit meinem Großvater den Birkensaft abgezapft. Er schnitt die Rinde an einer der oberen Wurzeln an, hängte ein Fläschchen hinein und fing den tropfenden Saft auf. Daheim wurde dann im Frühjahr jeden Morgen vor dem Frühstück Birkensaft getrunken. „Gemolken“ werden die Stämme und Wurzeln von Ende März bis Mitte Mai, wenn die Säfte in den Stamm steigen. Eine kräftige Birke übersteht das Anzapfen ohne Schaden, wenn es nur alle zwei Jahre geschieht. Nach einem „Aderlass“ von zwei Liter Birkensaft muss das Loch wieder gut verschlossen werden, da er sonst „verbluten“ kann. Dafür nimmt man Baumwachs.

Der frische Saft ist eine glasklare Flüssigkeit, die schwach süßlich schmeckt. Zu einer Trinkkur genehmigt man sich täglich zwei Schnapsgläschen voll. Der Saft beginnt schnell zu gären, so dass er im Kühlschrank aufbewahrt werden muss. Birkensaft kann auch äußerlich verwendet werden. Er ist ein gutes Waschmittel für schlecht heilende Wunden und Hautausschlag. Will man ihn das ganze Jahr über zur Verfügung haben, so gibt man ein Drittel der Menge hochprozentigen Alkohol hinzu. Auch als haarwuchsförderndes Mittel ist der Birkensaft noch populär.

Für einen Birkenblättertee sammelt man die jungen, noch klebrigen Blätter. Durch ihren hohen Gehalt an ätherischen Ölen strömen sie einen balsamischen Duft aus. Von den getrockneten Blättern reichen zwei Teelöffel auf eine Tasse Wasser. Man übergieße die Blätter mit dem kochenden Wasser und lässt zehn Minuten ziehen. Man trinkt drei Tassen täglich. Eine Frühjahrskur sollte drei Wochen dauern.

WO SCHLÜSSEL AN DEN ZWEIGEN HÄNGEN

Wenn wir uns an den Kalender der Natur halten, dann beginnt der Vorfrühling mit dem Stäuben der Haselkätzchen. Die langen, gelben und hängenden Pollenkätzchen, im Volksmund auch Baumel- oder Troddelkätzchen genannt, sind die männlichen Blüten des Haselstrauches. Die weiblichen Blüten dagegen sind unscheinbare kleine, rote, knospenartige Gebilde. Ist es zur Blütezeit der Hasel trocken und zudem oftmals etwas windig, liegen im Herbst viele Haselnüsse unter den Haselsträuchern.

Einmal hatte der Haselstrauch fast ganz Deutschland bedeckt. Licht, hell und haselgrün war der Wald vor rund 8000 Jahren. Dann kam die Klimaänderung und der Haselwald verschwand. Haselsträucher befinden sich hierzulande am Waldrand, an Wegrändern und in der Nähe menschlicher Behausungen. Zusammen mit dem Holunderstrauch durfte der Haselstrauch früher in keinem Bauerngarten fehlen. Die elastischen und leicht biegsamen Äste des Haselstrauches werden seit Jahrtausenden als Wünschelruten verwendet. Mit ihnen suchten die Rutengänger Asiens und Europas nach Wasseradern, positiven und negativen Energiefeldern in der Erde. Die Volkssage, nach der am blühenden Haselstrauch im zeitigen Frühjahr silberne Schlüssel hängen, mit denen man Schatztruhen öffnen kann, ist eine schöne Umschreibung dieses alten Brauches. Dem Volksglauben nach wurde dem Haselstrauch auch eine blitzabwehrende Kraft zugesprochen. Bei Ausbruch eines Gewitters steckte man deshalb Haselzweige ans Fenster. Wurde man draußen auf dem Feld von einem Gewitter überrascht, steckte man sich einfach einen Haselzweig an den Hut.

Bei den keltischen Druiden war der Haselstrauch der weißen Göttin geweiht, deren Dienst neun Priesterinnen ausführten. So ist der Haselstrauch selbst mit der Zahl neun verbunden, denn er trägt, so sagt man, erst im neunten Jahr erste Früchte. Die Haselnüsse, erst in Verbindung mit der fruchtbar machenden Göttin und später losgelöst von diesem Kult, galten als Symbol der Fruchtbarkeit und der sexuellen Kraft. In Volksliedern und Reimen wird noch heute das Nüsseknacken mit der sexuellen Kraft in Verbindung gebracht.

Mancher Bauer kennt heute noch den Spruch: „Wenn es im Herbst viel Haselnüsse gibt, gibt es im kommenden Jahr viel Kinder.“ Oder es heißt bei uns: „Mit dem Hannes in die Nüsse gehen!“ Hildegard von Bingen empfahl Haselkätzchen sogar zur Therapie der Unfruchtbarkeit des Mannes. Der Gebrauch der Hasel für medizinische Zwecke ist jedoch in Vergessenheit geraten. Bekannt ist lediglich die schweißtreibende Wirkung der Blütenkätzchen.

In heimischen Vorgärten wird heute gerne die Korkzieherhasel angepflanzt. Dieser dekorative Strauch wird dann im zeitigen Frühling gerne mit bunten Eiern behangen, um die Osterzeit einzuläuten.