Einsatzrecht kompakt - Wissenstrainer für die Grundausbildung

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Einsatzrecht kompakt - Wissenstrainer für die Grundausbildung
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Einsatzrecht kompakt – Wissenstrainer für die Grundausbildung

Patrick Lerm

Polizeihauptkommissar

Dozent am Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Bamberg

Gründer des Youtube-Kanals So geht Einsatzrecht!

Dominik Lambiase, M. A.

Polizeihauptkommissar

2., überarbeitete Auflage 2022

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

2. Auflage, 2022

ISBN 978-3-415-07179-7

E-ISBN 978-3-415-07181-0

© 2020 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © TOPIC – stock.adobe.com

E-Book-Umsetzung: abavo GmbH, Buchloe

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Inhaltsverzeichnis

1 Cover

2  Titel

3  Impressum

4  Inhaltsverzeichnis

5  Einführung

6  Vorwort zur 2. Auflage

7  1. Fragen zum Polizeirecht 1.1 Allgemeine Fragen 1.2 Aufgaben und Zuständigkeiten 1.3 Gefahrenlehre 1.4 Entscheidung (präventiv/repressiv) 1.5 Adressatenregelungen (BPolG) 1.6 Generalklausel (§ 14 I, II S. 1 BPolG) 1.7 Datenerhebungsgeneralklausel, § 21 I BPolG 1.8 Befragungen, §§ 22 I, 22 I a BPolG 1.9 Identitätsfeststellung, § 23 BPolG 1.10 Platzverweis, § 38 BPolG 1.11 Durchsuchung von Personen/Sachen, §§ 43, 44 BPolG 1.12 Gewahrsamnahme, § 39 BPolG 1.13 Sicherstellung, § 47 BPolG

8  2. Fragen zum Strafprozessrecht 2.1 Allgemeine Fragen 2.2 Identitätsfeststellung, § 163b StPO 2.3 Sicherstellung und Beschlagnahme, §§ 94 I, II, 98 StPO 2.4 Durchsuchung, §§ 102 ff. StPO 2.5 Vorläufige Festnahme, § 127 StPO 2.6 Beschuldigten- und Zeugenbelehrung

9  3. Fragen zum Strafrecht 3.1 Allgemeine Fragen 3.2 Sachbeschädigungsdelikte, §§ 303 ff. StGB 3.3 Hausfriedensbruch, § 123 StGB 3.4 Erschleichen von Leistungen, § 265a StGB 3.5 Diebstahlsdelikte, §§ 242 ff. StGB 3.6 Urkundendelikte, §§ 267 ff. StGB 3.7 Körperverletzungsdelikte, §§ 223 ff. StGB 3.8 Widerstandsdelikte, §§ 113, 114 StGB 3.9 Raubdelikte, §§ 249 ff. StGB

10  4. Fragen zum Zwangsrecht 4.1 Allgemeine Fragen 4.2 Präventiver Zwang, § 6 VwVG 4.3 Repressiver Zwang 4.4 Unmittelbarer Zwang (UZwG) 4.4.1 Fesselung, § 8 UZwG 4.4.2 Schusswaffengebrauch

11  5. Fragen zum Ordnungswidrigkeitenrecht 5.1 Allgemeine Fragen 5.2 Zuständigkeiten der BPOL, § 13 BPolG

12  Anlagenverzeichnis Anlage 1 Überblick 1. Dienstjahr Anlage 2 Schema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen Anlage 3 Schema zur Prüfung von Straftaten

Einführung

Dieser Wissenstrainer hat das primäre Ziel, den Polizeimeisteranwärter[1] des mittleren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (nachfolgend: BPOL) in die Lage zu versetzen, die Zwischenprüfung im Fach Einsatzrecht am Ende der Grundausbildung (1. Ausbildungsjahr) mit Erfolg zu bestehen. Das Buch beinhaltet die fünf wesentlichen Teilgebiete des Einsatzrechts:


Zu jedem Teilgebiet wurde eine Vielzahl von Wissens- und Erläuterungsfragen[2] und die dazugehörigen Lösungskerne formuliert. Fragen der Intensitätsstufe 3 (anwenden und umsetzen → Subsumtion) wurden bewusst nicht aufgenommen, da diese bereits Inhalt der ebenfalls im RICHARD BOORBERG VERLAG erschienenen Broschüre Einsatzrecht kompakt – Sachverhaltsbeurteilung leicht gemacht – sind.

Auf die Abfrage des Definitionswissens wurde zum großen Teil (ebenfalls) verzichtet, da dies bereits Inhalt des ebenfalls im RICHARD BOORBERG VERLAG erschienenen Buches Einsatzrecht kompakt – Definitionswissen für die Grundausbildung – ist. Insofern soll dieses Buch die Lücke zwischen reinem Definitionswissen und der Sachverhaltsbeurteilung schließen.


Einsatzrecht kompakt – Definitionswissen Zwischenprüfung erfolgreich bestehen Einsatzrecht kompakt – Wissenstrainer Zwischenprüfung erfolgreich bestehen Einsatzrecht kompakt – Sachverhaltsbeurteilung leicht gemacht (Titel der 3. Aufl.: Sachverhaltsbeurteilung für die Grundausbildung) Zwischenprüfung erfolgreich bestehen
Definitionen der wichtigsten Befugnisse und Straftaten des 1. Ausbildungsjahres Wissens- und Erläuterungsfragen zu den wichtigsten Teilrechtsgebieten des 1. Ausbildungsjahres

Der Wissenstrainer eignet sich sowohl zur laufenden Wiederholung/Vertiefung des unterrichteten Stoffes (also schon zu Beginn und während der Grundausbildung) als auch zur unmittelbaren Vorbereitung auf die mündliche Zwischenprüfung. Er erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde (lediglich) ein erster Versuch unternommen, einen Auszug der wichtigsten grundlegenden Fragestellungen zu behandeln.

Das gesamte Format wurde bewusst kompakt gehalten, damit die Sammlung auch in jede Hosen- oder Jackentasche hineinpasst – ideal zur Vorbereitung auf die Zwischenprüfung am Ende der Grundausbildung!

Ein kurzer Hinweis zum Arbeiten mit dem Wissenstrainer:

Sie sollten parallel zur Lektüre stets den Gesetzestext zur Hand haben, um die Frage sowie den Lösungskern nachvollziehen zu können.


Bamberg, März 2020 Patrick Lerm Dominik Lambiase

[1]Soweit Personen- und Funktionsbezeichnungen aus Gründen der Lesbarkeit nur in der männlichen Form verwendet werden, gelten sie gleichermaßen auch für Frauen.[2]Entspricht den Intensitätsstufen 1 und 2.[3]Sachverhalte zum Zwangsrecht befinden sich in Lerm/Lambiase, Einsatzrecht kompakt – Das Recht des unmittelbaren Zwanges in Fällen, erschienen im RICHARD BOORBERG VERLAG.

 

Vorwort zur 2. Auflage

Als Neuerung finden Sie bei einigen Themen (Befugnissen und Straftaten) einen QR-Code. Dieser verweist auf ein zur Frage passendes Lernvideo, welches auf dem Youtube-Kanal So geht Einsatzrecht! veröffentlicht ist. Dieser Kanal wird von PHK Lerm betrieben.

QR-Code Youtube-Kanal:

https://www.youtube.com/results?search_query=so+geht+ einsatzrecht


Durch Verwenden der QR-Codes werden Sie auf eine Seite weitergeleitet, für deren Inhalte ausschließlich PHK Lerm verantwortlich ist.

Der Youtube-Kanal So geht Einsatzrecht! ist entstanden, um jede Anwärterin und jeden Anwärter in die Lage zu versetzen, zeit- und ortsunabhängig zu lernen. Dies ist gerade in Zeiten der Pandemielage von großer Bedeutung.

Die dort befindlichen Lernvideos dienen der Unterstützung des Lernprozesses und sollen die Lücke zwischen analogem und digitalem Lernen schließen. Die Videos haben ausdrücklich nicht das Ziel, den Unterricht zu ersetzen, sondern unterstützen und ergänzen diesen.

Wir hoffen, dass dieses Werk vielen Auszubildenden den Zugang zur Materie des Einsatzrechts erleichtert, und freuen uns auf Hinweise, Anregungen und Kritik, die zu einer Verbesserung beitragen. Leider lassen sich kleinere Fehler (auch nach mehrmaligem Durchschauen) nicht ganz vermeiden. Richten Sie deshalb Ihre Verbesserungsvorschläge an einsatzrecht@web.de.

Bamberg, Dezember 2021


Patrick Lerm Dominik Lambiase

Der sog. Eisberg der Grundausbildung

https://www.youtube.com/watch?v=rbgYR31e5xA


1.Fragen zum Polizeirecht
1.1Allgemeine Fragen

Frage 1

Was versteht man unter dem Begriff Verhältnismäßigkeit?

Lösung:

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt für das gesamte Handeln der Polizei (also auch für repressive Maßnahmen). Nach der Rechtsprechung des BVerfG[4] leitet sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip ab, Art. 20 III GG. Überdies auch aus dem Wesen der Grundrechte selbst. Diese dürfen nur so weit beschränkt werden, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unbedingt erforderlich ist.

Beispiel:

Wenn eine Identitätsfeststellung (präventiv/repressiv) vor Ort möglich ist, darf der Betroffene aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mit zur Dienststelle genommen werden.

Merke:

■Bei präventiven Maßnahmen ergibt sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus § 15 BPolG[5].■Bei repressiven Maßnahmen aus Art. 20 III GG.■Für Zwangsmaßnahmen nach dem UZwG ergibt sich dieser aus § 4 UZwG.

Frage 2

Aus welchen Elementen bzw. Prüfungspunkten besteht die Verhältnismäßigkeit? Nennen Sie diese!

Lösung:

■Geeignetheit■Erforderlichkeit■Angemessenheit

Frage 3

Wie muss eine Angemessenheitsprüfung erfolgen (Prüfungspunkt 3 der Verhältnismäßigkeit)!

Lösung:

Die Definition dieses Prüfungspunktes lautet wie folgt:

Die Folge einer polizeilichen Maßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Es geht hier um die Güterabwägung.


Auf der einen Seite muss die Frage beantwortet werden, in welche Grundrechte des polizeilichen Gegenübers man eingreift und wie intensiv man dies macht. Auf der anderen Seite muss man diejenigen Individual- und Universalrechtsgüter benennen, die man durch den Eingriff schützen möchte.

Insgesamt sollte die rechte Seite schwerer wiegen als die linke. Zudem muss auch betrachtet werden, wie intensiv (Zeit? Dauer der Maßnahmen) der Rechtseingriff ist. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, warum der Eingriff erst erforderlich ist. In der Regel setzt das polizeiliche Gegenüber die Ursache für das darauffolgende polizeiliche Einschreiten.

Frage 4

Was versteht man unter dem Opportunitätsprinzip?

Lösung:

Das Opportunitätsprinzip im Bereich der Gefahrenabwehr besagt, dass die Behörde (BPOL) ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen trifft, § 16 BPolG. Es stellt sich also die Frage, ob (sog. Entschließungsermessen) und gegen wen (sog. Auswahlermessen/Adressatenregelung) vorgegangen werden soll.

Man kann den Ermessensspielraum u. a. an den Wörtern „kann“, „darf“, „ist befugt“ erkennen.

Beispiel:

§ 14 I BPolG:

Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren […]

Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zählt zwar zur Repression; jedoch handelt die Polizei auch hier nach pflichtgemäßem Ermessen, also nach dem Opportunitätsprinzip (s. § 53 OWiG).

Demgegenüber steht das Legalitätsprinzip, welches besagt, dass die Polizei bei einem Straftatverdacht die Sache verfolgen muss. Die dazugehörige Frage befindet sich unter dem Punkt Strafprozessrecht, allgemeine Fragen.

Frage 5

Ordnen Sie das Polizeirecht einem Rechtsgebiet zu!

Lösung:

Das Polizeirecht ist dem Öffentlichem Recht zuzuordnen. Dieses ist vom Privatrecht abzugrenzen. Zum Öffentlichen Recht gehören auch beispielsweise das Straf- oder Steuerrecht.


Frage 6

Nennen Sie die Bestandteile des Verwaltungsaktes i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG!

Lösung:


Beispiele:

■Platzverweis gem. § 38 BPolG■Unterlassungsverfügung nach § 14 I BPolG

Frage 7

Erläutern Sie die unterschiedlichen Ermessensarten!

Lösung:

Entschließungsermessen („Ob“):

Entschließungsermessen bedeutet, dass die Behörde die Möglichkeit hat, zu entscheiden, ob sie überhaupt handeln möchte.

Ermessensreduzierung auf Null:

Liegt eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so hat die Behörde kein Entschließungsermessen mehr und ist gezwungen zu handeln. Dies liegt bei der Polizei im Regelfall bei einer konkreten Gefahr vor.

Auswahlermessen („Wie“):

Auswahlermessen bedeutet, dass die Behörde die Möglichkeit hat zu entscheiden, wie sie einen Sachverhalt lösen will. Sprich, welche Maßnahme sie einsetzt.

Frage 8

Erläutern Sie die unterschiedlichen Ermessensfehler!

Lösung:

Ermessensnichtgebrauch:

Die Behörde missachtet, dass ihr eigentlich ein Ermessen zusteht.

Ermessensfehlgebrauch/-missbrauch:

Der Entscheidung der Behörde liegen sachfremde Erwägungen zugrunde oder diese weicht von der allgemeinen Verwaltungspraxis im Einzelfall ab.

Ermessensüberschreitung:

Die Behörde erlässt eine Verfügung, die das Gesetz nicht vorsieht.

Frage 9

Erläutern Sie kurz, warum ein Widerspruch bei polizeilichen Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung hat!

Lösung:

Gemäß § 80 II Nr. 2 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bei unaufschiebbaren Anordnungen von Polizeivollzugsbeamten.

Eine Anordnung eines Polizeivollzugsbeamten ist dann unaufschiebbar, wenn ein sofortiges Eingreifen erforderlich ist.

Frage 10

Erläutern Sie kurz, warum ein Polizeibeamter bei der Wahrnehmung seiner originären Aufgaben auch Grundkenntnisse vom Privatrecht haben muss?

Lösung:

Grundkenntnisse sind insbesondere erforderlich

■zur Wahrnehmung der gesetzlichen Nebenaufgabe Schutz privater Rechte gem. § 1 IV BPolG (hier insbesondere auch der § 823 BGB – Schadensersatzpflicht)■zum Verständnis für Straftatbestände wie z. B. Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Diebstahl (§ 242 StGB) – hier: Tatbestandsmerkmal Sache → Legaldefinition gem. § 90 BGB■zum besseren Verständnis der Begriffe Besitz (§§ 854 ff. BGB) und Eigentum (§§ 903 ff. BGB)■im Zusammenhang mit vermissten bzw. ausgerissenen Minderjährigen → Elterliche Sorge gem. § 1626 BGB■zur Abgrenzung zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründen (z. B. § 227 BGB – Notwehr)

1.2Aufgaben und Zuständigkeiten

Frage 1

Nennen Sie die drei Hauptaufgaben der Polizei?

Lösung:

1.Gefahrenabwehr2.Strafverfolgung3.Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

Frage 2

Welche gesetzlichen Hauptaufgaben der BPOL kennen Sie?

Lösung:

Die gesetzlichen Hauptaufgaben sind geregelt in den §§ 2 bis 7 BPolG. Diese sind:

■§ 2 – Grenzpolizei■§ 3 – Bahnpolizei■§ 4 – Luftsicherheit■§ 4a – Sicherheitsmaßnahmen an Bord von Luftfahrzeugen■§ 5 – Schutz von Bundesorganen■§ 6 – Aufgaben auf See■§ 7 – Aufgaben im Notstands- und Verteidigungsfall

Frage 3

Welche gesetzlichen Nebenaufgaben der BPOL kennen Sie?

Lösung:

Die gesetzlichen Nebenaufgaben sind geregelt in § 1 BPolG.

Diese sind:

■§ 1 III – Eigensicherung■§ 1 IV – Schutz privater Rechte■§ 1 V – Verhütung von Straftaten

Frage 4

Was versteht man unter der Nebenaufgabe „Schutz privater Rechte“ und unter welchen Voraussetzungen wird die BPOL hier tätig?

Lösung:

Der Schutz privater Rechte obliegt der BPOL im Rahmen ihrer Aufgaben nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne Hilfe der BPOL die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde.

Beispiel aus dem bahnpolizeilichen Aufgabenbereich:

Ein Bahnreisender beschädigt aus Versehen (durch Unachtsamkeit) den Koffer eines anderen Reisenden. Der Schädiger möchte dem Geschädigten keine Personalien geben. Eine Streife der BPOL wird hinzugezogen.

Mangels einer strafbaren vorsätzlich begangenen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB scheidet eine Strafbarkeit aus, da die fahrlässige Sachbeschädigung nicht strafbar ist. Es bleibt demnach „nur“ ein privater Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus § 823 BGB „übrig“.

§ 823 BGB (Schadensersatzpflicht)

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Die Durchsetzung dieses Anspruchs erfolgt grundsätzlich durch die ordentlichen Gerichte (zivile Gerichtsbarkeit). Die BPOL wird hier nur ausnahmsweise tätig, da eine gerichtliche Entscheidung in der Kürze der Zeit nicht möglich ist. Die hier handelnden Bundespolizisten treffen nur unaufschiebbare Erstmaßnahmen wie z. B. eine IDF gem. § 23 I Nr. 5 BPolG (zum Schutz privater Rechte).

 

Frage 5

Was versteht man unter der sog. Brückenvorschrift und wo ist diese geregelt?

Lösung:

§ 1 II BPolG bezeichnet man auch als Brückenvorschrift. Diese besagt, dass der BPOL nur diejenigen Aufgaben obliegen, die ihr entweder durch dieses Gesetz übertragen werden oder ihr bis zum 1. November 1994 durch ein anderes Bundesgesetz oder aufgrund eines Bundesgesetzes zugewiesen worden sind.

Frage 6

Was ist die Funktion der Grenze?

Lösung:

Die Grenze bzw. die Grenzlinie hat eine Absperr- bzw. Filterfunktion.

Frage 7

Welche Behörden sind auch noch an den Grenzen eingesetzt bzw. können dort eingesetzt werden?

Lösung:

Eingesetzt sind bzw. werden neben der BPOL auch der Zoll, die Landespolizei sowie die Bundeswehr.

Frage 8

Der § 2 I BPolG überträgt der BPOL die Aufgabe Grenzschutz. Was verstehen Sie darunter?

Lösung:

Man versteht darunter den grenzpolizeilichen Schutz des Bundesgebietes. Nicht darunter fällt der militärische und zollrechtliche Schutz.

Frage 9

Die Aufgabe Grenzschutz wird durch die Entwicklung der EU beeinflusst! Warum?

Lösung:

Zwischen den Schengen Staaten finden grundsätzlich keine Grenzkontrollen statt. Die Staatsgrenzen können an jeder Stelle überschritten werden. Die Aufgabe Grenzschutz wird mittlerweile nicht nur von Deutschland allein, sondern grenzübergreifend durchgeführt (GUA[6], FRONTEX[7], Polizeiverträge, gemeinsame Streifen etc.).

LERNVIDEO zu Binnen- und Außengrenzen

https://www.youtube.com/watch?v=BThoG5H_LaA&t=43s


Frage 10

In § 3 I BPolG (Bahnpolizei) befinden sich zwei bahntypische Gefahrenbegriffe. Erläutern Sie diese!

Lösung:

In § 3 I Nr. 1 BPolG spricht man von sog. betriebsbezogenen Gefahren, also die von außen auf den Bahnverkehr einwirken.

Beispiel:

Personen, die Steine auf Züge werfen.

In § 3 I Nr. 2 BPolG spricht man von sog. betriebsbedingten Gefahren, also die, die beim Betrieb der Bahn selbst entstehen.

Beispiel:

Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Triebfahrzeugführers.

Frage 11

Was sind Bahnanlagen? Nennen Sie auch zwei Beispiele!

Lösung:

Bahnanlagen sind alle Flächen, auf denen ortsfeste Einrichtungen stehen, die unmittelbar für den Reise- und Güterverkehr erforderlich sind (§ 4 EBO).

Beispiele:

■Gleisanlagen■Bahnhofshallen

Frage 12

Wer ist Benutzer der Bahn?

Lösung:

Benutzer der Bahn ist, wer sich auf dem Gebiet der Bahnanlagen aufhält.[8] Die BPOL betreibt keine Motivforschung zum Aufenthaltszweck der Person (z. B. Personen, die im Bahnhof einkaufen wollen).

Frage 13

Was versteht man unter dem Betrieb der Bahn? Nennen Sie zwei Beispiele.

Lösung:

Der Betrieb umfasst alle unmittelbar auf den Reise- und Güterverkehr gerichteten Vorgänge.

Beispiele:

■Züge■Fahrausweisautomaten

Frage 14

Ist die BPOL bei privaten Eisenbahnunternehmen mit eigenem Schienennetz für die Gefahrenabwehr zuständig?

Lösung:

Nein, weil die BPOL nur beim Schienennetz der DB Netz AG für die Gefahrenabwehr zuständig ist.

Frage 15

Ist die BPOL bei privaten Eisenbahnunternehmen, die auf den Schienen der Eisenbahnen des Bundes fahren, für die Gefahrenabwehr zuständig?

Lösung:

Ja, weil die BPOL beim Schienennetz der DB Netz AG für die Gefahrenabwehr zuständig ist. Auf die Eigentumsverhältnisse beim Schienenfahrzeug kommt es nicht an.

Frage 16

Die Aufgabe Bahnpolizei gemäß § 3 I BPolG ist räumlich auf das Gebiet der Bahnanlagen beschränkt. Erläutern Sie dies!

Lösung:

Die Gefahrenabwehr der BPOL beschränkt sich auf das Gebiet der Bahnanlage. Gefahren außerhalb der Bahnanlagen liegen grundsätzlich im Aufgabenbereich der Landespolizei. Die BPOL kann ausnahmsweise aber auch Gefahren abwehren, die ihren Ursprung außerhalb der räumlichen Beschränkung haben, sich aber auf die Aufgabe auswirken.

Beispiele:

■Eine Person wirft Steine von einer Brücke auf fahrende Züge!■Eine Person blendet den Triebfahrzeugführer mittels Laserpointer. Die Person befindet sich in einer unmittelbar zum Gleisbereich angrenzenden Gartenanlage.

Die räumliche Beschränkung der Sachaufgabe hat nichts mit der örtlichen Zuständigkeit zu tun! Hier geht es nur um die Sachaufgabe, die auf einen gewissen Bereich beschränkt ist!

Frage 17

Welche Gefahren wehrt die BPOL als Luftsicherheitsbehörde ab? Nennen Sie zwei Beispiele.

Lösung:

Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs.

Beispiele:

■Flugzeugentführungen■Sprengstoffanschläge■Sabotageakte (s. auch § 1 LuftSiG)

Frage 18

Welche Schutzobjekte umfasst § 5 BPolG?

Lösung:

Schutzobjekte sind die Verfassungsorgane des Bundes (Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident, Bundesregierung, Bundesverfassungsgericht). Auch die Zentrale der Deutschen Bundesbank[9] wird vom Wortsinn der Bestimmung umfasst (mittelbares Verfassungsorgan).

Als Schutzobjekte gelten auch die Bundesministerien, z. B. das Auswärtige Amt mit Sitz in Berlin.

Frage 19

Was regelt die BPolZV? Womit befasst sich § 2 I BPolZV?

Lösung:

In der BPolZV sind Einzelheiten über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der einzelnen Bundespolizeibehörden enthalten. § 2 I BPolZV legt die örtliche Zuständigkeit der Bundespolizeidirektionen fest.

Die für die Ausbildung wichtigen Nummern des § 2 I BPolZV sind:

■Nr. 2: BPOLD Hannover (BPOLI Hamburg und BPOLI Flughafen Hamburg)■Nr. 8: BPOLD Berlin (BPOLI Forst im Land Brandenburg)

LERNVIDEO zur örtlichen Zuständigkeit

https://www.youtube.com/watch?v=Vif60VvsyvA&t=767s


Frage 20

Grenzen Sie die Eilzuständigkeiten der Bundespolizei gem. § 65 I BPolG und § 12 III BPolG voneinander ab!

Lösung:

§ 65 I BPolG kann sowohl eine präventive als auch eine repressive Eilzuständigkeit begründen. Präventiv und repressiv kann die Bundespolizei gem. § 65 I BPolG im Zuständigkeitsbereich eines Landes tätig werden, wenn das jeweilige Landesrecht dies vorsieht. Präventiv dürfte diese Regelung immer beim Vorliegen einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr zutreffen. Repressiv ist dies der Fall, wenn Straftaten auf frischer Tat festgestellt werden.

§ 12 III BPolG begründet eine Eilzuständigkeit der Bundespolizei bei „Fremdstraftaten“ im eigenen Zuständigkeitsbereich. „Fremdstraftaten“ sind solche, die nicht von § 12 I BPolG erfasst sind (z. B. Mord gem. § 211 StGB), aber in der räumlichen Begrenzung begangen werden.