Grüne Antibiotika

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Auch das körpereigene Enzym Lysozym im Speichel kann Bakterien abtöten.

Als Arzneimittel werden Antibiotika entweder aus natürlichen Stoffen gewonnen oder komplett synthetisch produziert.

Je nach ihrem Wirkprinzip unterscheidet man verschiedene Gruppen von Antibiotika. Bislang wurden für Antibiotika jeder Gruppe Resistenzen beobachtet.

Gängige Antibiotika

Antibiotika sind hochwirksame Arzneimittel, die verantwortungsvoll und sachgerecht benutzt werden sollen. Sie entfalten starke, mitunter lebensrettende Heilwirkungen, haben aber auch Nebenwirkungen. Im Idealfall eliminieren Antibiotika schädliche Keime und schonen die körpereigene Bakterienflora. Antibiotika sollten nur nach ärztlicher Verordnung und genau nach Vorgabe benutzt werden.

In der Praxis mangelt es allerdings seit Langem an ärztlichem Verantwortungsbewusstsein, was die Verordnung von Antibiotika betrifft. Antibiotika werden nach wie vor nicht zielgerichtet und unnötigerweise viel zu häufig verordnet – wie man heute weiß, nicht selten zum Nachteil der Patienten.

Wie der Antibiotika-Report 2014 zeigt, stammen zwei Drittel der Antibiotika-Verordnungen von Hausärzten, davon waren fast 30 Prozent unnötig!

Betalactam-Antibiotika

β-Lactam-Antibiotika wirken bakterienabtötend (bakterizid). Die bekanntesten Substanzen dieser Gruppe sind Penicilline und Cephalosporine. Solche Antibiotika töten Bakterien ab, die sich gerade vermehren. Die Wirkstoffe stören die Bildung neuer Zellwände der Bakterien. Inaktive Keime überleben das Antibiotikum unbeschadet. Somit kann es auch zu Therapieversagen bei manchen Patienten kommen.

► Penicilline haben ein breites Wirkspektrum gegen zahlreiche Keime. Sie kommen bei HNO- und Atemwegsinfektionen zum Einsatz. Penicilline sind gut verträglich, können aber allergische Reaktionen bis hin zum Schock verursachen.

Antibiogramm

Das Antibiogramm ist ein Labortest, mit dem die Empfindlichkeit oder Resistenz von infektiösen Mikroorganismen gegenüber Antibiotika bestimmt wird. Ein Antibiogramm wird vor jeder Verordnung von Antibiotika empfohlen – aber in der Praxis nicht allzu oft gemacht.


Antibiogramm eines Gaumenmandelabstrichs (vom Hund): Nur zwei Antibiotika zeigen eine Hemmwirkung (auf 12- und 14-Uhr-Position – intermediäre Empfindlichkeit).

Beim Agardiffusionstest wird auf ein Nährgel der isolierte Keim nach einem Screeningtest aufgetragen und mit anti-biotikahaltigen Plättchen bestückt. Nach einer Bebrütungszeit von meist 16 bis 20 Stunden werden die Radien der Hemmhöfe ausgemessen; an diesen ist das Ausmaß der Empfindlichkeit oder die Resistenz des Mikroorganismus zu erkennen.

► Cephalosporine werden bei Infektionen der Atemwege, Nieren und Harnwege sowie bei Wundinfektionen verordnet. Sie sind gleichfalls relativ gut verträglich und eignen sich als Alternative bei Penicillin-Allergie. Selten kommt es zu Nierenschäden oder bei Älteren zu Blutgerinnungsstörungen.

► Carbapeneme haben ein breites antimikrobielles Wirkspektrum. Sie gelten als Reserveantibiotikum – dennoch werden zunehmend Resistenzen beobachtet. Carbapeneme sind stark nierenschädlich. Sie werden bevorzugt bei Infektionen, die Patienten in Kliniken erworben haben, eingesetzt: Harnwegsinfekte, Kathetersepsis, Lungenentzündungen, Peritonitis u.a.

Zur Gruppe der Betalactam-Antibiotika gehören beispielsweise Amoxicillin, Oxacillin, Cefamandol, Cefotaxim, Imipenem, Ertapenem. In bestimmten Fällen kombiniert man Betalactam-Antibiotika mit Betalactamase-Hemmern, beispielsweise Amoxicillin plus Clavulansäure.

Aminoglycosid-Antibiotika

Antibiotika dieser Gruppe wirken bakterienabtötend. Sie stören die Eiweißproduktion im Bakterium durch Anlagerung an 30S-Ribosomen. Dadurch werden nutzlose Proteine produziert, was zum defekten Zellwandaufbau führt. Die Antibiotika sind hochwirksam gegen zahlreiche infektiöse, vor allem von Sauerstoff abhängige Erreger, gramnegative Enterobakterien, grampositive Staphylokokken sowie Pseudomonas aeruginosa – aber nicht gegen Streptokokken und einige anaerobe Keime. Anwendungsgebiete sind schwere Infektionen (Hirnhaut-, Lungen-, Herzentzündung, bei zystischer Fibrose). Aminoglycoside werden systemisch injiziert/infundiert. Es kommt häufig zur Resistenzentwicklung.

Diese Antibiotika müssen sorgfältig dosiert werden und kommen meist auf der Intensivstation zum Einsatz.

Sie wirken hochdosiert langfristig giftig auf die Nieren und das Innenohr und haben weitere Nebenwirkungen (Atemlähmung, Allergie, Blutbildungsstörung). Zu den systemischen Aminoglycosiden gehören Streptomycin, Gentamicin und Tobramycin. Manche Mittel (Neomycin, Kanamycin) werden ausschließlich zur Behandlung lokaler Infektionen auf der Haut, Schleimhaut oder am Auge benutzt.

Breitbandantibiotika (Polyketide)

► Tetracycline stören wie Aminoglycoside die Eiweißproduktion im Bakterium durch Anlagerung an 30S-Ribosomen. Sie wirken bakterienhemmend (bakteriostatisch) auf grampositive und gramnegative Bakterien sowie Mikroorganismen ohne Zellwand (Mykoplasmen, Chlamydien, Spirochäten, Borrelien). Das ursprünglich breite Wirkspektrum hat sich durch Resistenzentwicklung stark verengt. Insbesondere in Krankenhäusern sind Proteus-, Enterobacter-Arten sowie Pseudomonas weitgehend unempfindlich geworden. Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Durchfall, Juckreiz und Schwindel. Tetracycline schädigen die natürliche Darm- und Vaginalflora und stören den Knochenstoffwechsel (Karies, Knochenbrüchigkeit). Bei Schwangeren, Stillenden und Kleinkindern werden Tetracycline nur streng kontrolliert angewendet. Darüber hinaus gibt es möglicherweise eine Giftwirkung auf das Innenohr (Tinnitus). Bekannte Antibiotika dieses Typs sind Doxycyclin und Minocyclin.

► Makrolid-Antibiotika wirken bakterienhemmend (bakteriostatisch) durch Störung der Eiweißproduktion (an der 50S-Ribosomenuntereinheit). Bislang erwies sich nur Telithromycin als bakterizid. Makrolide sind relativ gut verträglich, verursachen leichte Verdauungsbeschwerden oder vorübergehende Hörstörungen. Zudem gibt es Interaktionen mit anderen Arzneistoffen, die in der Leber verstoffwechselt werden. Auch bei Makroliden ist rasche Resistenzentwicklung zu beobachten.

Makrolide eignen sich zur Behandlung von Atemwegsinfektionen, Geschlechtskrankheiten (Gonorrhoe, Chlamydien) und Hautinfektionen durch Staphylokokken sowie bei Toxoplasmose. Erythromycin, Roxithromycin, Clarithromycin und Azithromycin sind Makrolid-Antibiotika.

Lincosamid-Antibiotika

Solche Antibiotika (Acylaminopyranoside) wirken bakterienhemmend. Aufgrund des ähnlichen Wirkprinzips kommt es wie bei Makroliden zu Resistenzen (Kreuzresistenz). Lincosamide schädigen die natürliche Darmflora stärker als andere Antibiotika. Nebenwirkungen sind schwere Entzündungen der Dickdarmschleimhaut mit blutigen Durchfällen. Zu dieser Stoffgruppe, die zu den Reserveantibiotika zählt, gehören Lincomycin und Clindamycin.

Polypeptid-Antibiotika

Solche Antibiotika wirken in der Zellmembran von Bakterien. Sie stören Transportmechanismen, wobei schädliche Stoffe nicht mehr eliminiert werden können. Polymyxine (z.B. Colistin) wirken extern angewendet bakterizid, da die Durchlässigkeit der Bakterienwand beeinträchtigt wird. Diese Antibiotika dürfen nicht eingenommen, sondern nur bei äußerlichen Infektionen eingesetzt werden (Lokalantibiotika), da sie im Körper hoch toxisch sind. Sie sind nur gegen wenige Bakterienarten bei Infektionen der Haut und Schleimhäute wirksam.

Zu den Polypeptid-Antibiotika gehören Bacitracin, Gramicidin und Tyrothricin.

Glycopeptid-Antibiotika

Glycopeptide wirken keimtötend, ausschließlich auf grampositive Bakterien. Sie hemmen bei der Vermehrung von Bakterien den Zellwandaufbau durch Erhöhung der Membrandurchlässigkeit. Perforationen („Löcher“) entstehen, und es dringt so viel Wasser in die Bakterienzelle ein, dass sie platzt. Solche Antibiotika sind Vancomycin und Teicoplanin (Reserveantibiotika).

Chinolon-Antibiotika

Antibiotika dieser Gruppe werden ausschließlich synthetisch hergestellt und aufgrund ihres Wirkprinzips auch als Gyrasehemmer bezeichnet. Sie wirken dadurch bakterizid, dass sie sich in der Bakterienzelle an das Enzym Gyrase, somit an die Erbsubstanz binden (DNA-Gyrase). Gyrasehemmer wie Ciprofloxacin und Norfloxacin inaktivieren dieses Enzym, sodass die Proteinsynthese des Bakteriums unterbunden wird. Man benutzt sie häufig bei Nieren- und Harnwegsinfektionen. Zahlreiche Nebenwirkungen sind bekannt: Durchfall, Erbrechen, Schwindel, Depression, Psychosen, Krämpfe, Herzrhythmusstörungen, Absenkung des Blutzuckerspiegels. Schwangere und Kleinkinder dürfen Chinolone wegen möglicher Knochen-Knorpel-Schädigung in der Regel nicht einnehmen.

Pleuromutiline

Antibiotika dieser Gruppe hemmen wie Makrolid-Antibiotika die bakterielle Proteinsynthese via Bindung an ein Enzym der ribosomalen 50S-Untereinheit. Pleuromutilin wurde erstmals 1950 in einem Pilz der Clitopilus-Spezies entdeckt. Raptamulin wird beim betroffenen Menschen als Lokalantibiotikum eingesetzt. Valnemulin und Tiamulin finden bei Tieren Anwendung. Noch im Erprobungsstadium befinden sich Azamulin und BC-3781. Seit 2013 sind auch Resistenzen gegen Pleuromutiline beobachtet worden.

Sulfonamide

Sie werden auch als Folsäure-Antagonisten bezeichnet und gehören zu den Antibiotika der ersten Stunde. Sulfonamide beeinträchtigen die Produktion von Nukleinsäuren im Bakterium durch Störung des Folsäurezyklus und wirken bakteriostatisch. Sie sind gegen Streptokokken, Pneumokokken und Chlamydien wirksam. Aufgrund weitverbreiteter Resistenz werden Sulfonamide heute weniger häufig verwendet, hauptsächlich bei Harnwegs-, Atemwegs- und HNO-Infektionen. Nebenwirkungen sind Blutbildveränderungen, allergische Hautreaktionen, Verdauungsbeschwerden, erhöhte Lichtempfindlichkeit und Gelenkprobleme. Zu den Hauptvertretern dieser Gruppe zählen Trimethoprim und Sulfamethoxazol.

 

Deutschlandweit und kassenübergreifend wird pro Jahr rund 40 Millionen Mal ein Antibiotikum verordnet, überwiegend durch Hausärzte. Platz vier der Medikamenten-Top-Ten! 2013 waren schätzungsweise 30 Prozent der rezeptierten Antibiotika potenziell unnötig.

Chloramphenicol

Das Breitbandantibiotikum wurde 1947 erstmals aus grampositiven, aeroben, Sporen bildenden Bodenbakterien (Actinobakterien) gewonnen. Heute wird es synthetisch hergestellt. Es wirkt bakteriostatisch als Translationshemmer: Bindung an die 50S-Untereinheit und 70S-Ribosomen behindert die Eiweißproduktion im Bakterium. Indikationen sind schwere Infektionskrankheiten wie Typhus, Paratyphus, Pest, Fleckfieber, Ruhr, Diphtherie und Malaria. Die Substanz kann lebensbedrohliche Komplikationen verursachen (aplastische Anämie), wirkt giftig auf das Nervensystem, verursacht allergische Reaktionen und Interaktionen mit anderen Arzneimitteln. Das Mittel gilt als Reserveantibiotikum für spezielle Fälle. Obwohl von der lokalen Anwendung abgeraten wird, findet sich der Stoff in Europa noch immer in vielen Mitteln, besonders in Augen-, Ohrentropfen, Augensalben und Hautarzneien!

Reserveantibiotika

Dieser Begriff kennzeichnet Antibiotika, die nur nach strenger Indikation benutzt werden dürfen: antibiotics of last resort, drugs of last resort. Diese Vorgabe soll verhindern, dass sich gegen die wenigen verbliebenen wirksamen Antibiotika Resistenzen entwickeln. Motto: Je gezielter ein Antibiotikum eingesetzt wird, desto besser lassen sich Resistenzen vermeiden. Der gezielte Einsatz erfordert, dass man vor der Verordnung des Antibiotikums ein Antibiogramm anfertigt, um die Empfindlichkeit der Keime für bestimmte Antibiotika zu ermitteln. Reserveantibiotika sind heute insbesondere zur Behandlung von Infektionen durch multiresistente Keime (MRSA) von großer Bedeutung. In der Praxis werden diese Vorgaben oft ignoriert: Jedes dritte in Deutschland verordnete Antibiotikum war ein solches Reserveantibiotikum (AOK-Studie 2003)!

Auch in der Massentierhaltung werden zunehmend Reserveantibiotika (z.B. Colistin) eingesetzt (2013). Die Resistenz entwicklung gegen Reserveantibiotika ist hochgradig beunruhigend.

Zu den Reserveantibiotika zählen etwa Carbapeneme (Imipenem, Meropenem und Ertapenem), Lincosamide (Lincomycin und Clindamycin), Glycopeptide (Oritavancin, Vancomycin und Teicoplanin), Polymyxine (Colistin), Streptogramine (Quinupristin und Dalfopristin), Oxazolidinone (Linezolid) sowie Chloramphenicol, Daptomycin und Tigecyclin (grampositive/-negative, atypische, multiresistente Keime).

Regeneration nach Antibiotikatherapie

Der Darm ist in zweierlei Hinsicht lebensnotwendig. Er ist ein wichtiges Verdauungsorgan und er ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Damit beides störungsfrei funktioniert, sind wir auf die Kooperation von unzähligen Bakterien angewiesen, die auf der gesunden Darmschleimhaut, vor allem im Dickdarm als „Untermieter“ leben (Darmflora/-fauna). Sie helfen bei der Verdauung und bei der Abwehr krank machender Keime, die über die Nahrungsaufnahme in den Körper gelangen. Normalerweise sind die Anteile der verschiedenen Bakterien optimal ausgewogen, angepasst und im Gleichgewicht. Die prozentuale Verteilung von nützlichen, schädlichen und neutralen Bakterien beträgt etwa 20% : 30% : 50%. Durch Einnahme von Antibiotika können auch die nützlichen Bakterien der Darmflora angegriffen und vernichtet werden. Die Balance des Keimspektrums der gesamten Darmflora wird dadurch gestört; es kommt sehr häufig zu Verdauungsproblemen und Störungen der Immunabwehr.

Darmsanierung

Die Darmsanierung nach Antibiotikagabe umfasst möglicherweise die Ausleitung von Giften, die Wiederherstellung der Balance der Darmflora, Anwendung von Präbiotika, Probiotika und Bitterstoffen und eine allgemeine Abwehrstärkung. In jedem Fall sollten Sie während der gesamten Regenerationsphase reichlich Wasser trinken, um die Ausschwemmung von Giftstoffen zu verbessern.

Ausleitung von Giftstoffen

Nach einer Antibiotikaanwendung müssen Rückstände der Arzneimittel und andere belastende Giftstoffe (z.B. Zerfallsprodukte der Erreger) aus dem Körper entfernt werden. Hierbei können ausleitende Organe wie die Nieren, die Leber und die Haut mithelfen.

► Pflanzen, die Senfölglykoside enthalten, binden Giftstoffe: zum Beispiel Brunnenkresse, Knoblauch oder Bärlauch.

► Löwenzahn, Mariendistel, Wermut und Artischocke unterstützen die Leberfunktion.

► Schweißproduktion fördert die Ausscheidung von Giften über die Haut: Holunder-, Lindenblüten oder Klettenwurzel wirken schweißtreibend.

► Birkenblätter, Goldrute oder Zinnkraut wirken harntreibend über die Nieren.

Eine Teemischung mit je einem Kraut der genannten Kategorie (maximal vier Kräuter parallel, insgesamt 200 Gramm) sollte dreimal täglich, frisch aufgebrüht, getrunken werden (1 Tasse); dies fördert die Ausleitung. Nach vier Wochen können Sie die Teekur mit vier anderen Pflanzen wiederholen. Diese Kuren wären vor allem dann notwendig, wenn hartnäckige Verdauungsstörungen, eine ausgeprägte Infektanfälligkeit und eine starke Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens vorliegen.

Die Balance der Darmflora wieder herstellen

Es kann Wochen dauern, bis die Balance der Darmflora nach antibiotischer Behandlung regeneriert ist. Mit einer Ernährung, die reich an Nähr- und Ballaststoffen ist, wird der Genesungsprozess der Darmflora wirksam unterstützt. Empfehlenswert sind vor allem reichlich frisches Obst und Gemüse (roh oder leicht gedünstet), frische Kräuter, Vollkorngetreideprodukte, Nüsse und Samen und Pflanzenöle. Gleichfalls empfehlenswert sind Biomilch, Frischkäse, Butter-, Dickmilch, Naturjoghurt, Magerquark, frischer Fisch, Hülsenfrüchte und Sojaprodukte.

Präbiotika und Probiotika

Zur Unterstützung der Regeneration der Darmflora sind Präbiotika wie Inulin, das in Artischocken, Chicorée, Topinambur, Löwenzahn-, Schwarzwurzeln und Pastinaken enthalten ist, sehr hilfreich. Inulin, ein stärkeartiges Polysaccharid, kann von körpereigenen Darmbakterien gut verstoffwechselt werden.

Probiotika sind spezielle Zubereitungen, auch aus Bakterien, die die Darmfunktion günstig beeinflussen. Hierzu gehören Bifidobakterien und Milchsäurebakterien (Lactobazillen). Sie sind vor allem in sauren Milchprodukten wie Joghurt oder Kefir enthalten. Probiotika zur Nahrungsergänzung gibt es auch in der Apotheke.

Stärkung der Immunfunktion

Ein gesunder Lebensstil hilft nicht nur bei der Darmsanierung, sondern beschleunigt auch die Genesung im Krankheitsfall. Bewegen Sie sich viel an der frischen Luft, genießen Sie Sonne, Wind und Regen. Körperliche Bewegung wie Lauftraining oder Fahrradfahren verbessert Ihre Fitness und ihre Abwehrkräfte. Heizen Sie Ihre Wohnung im Winter nicht zu stark. Ziehen Sie Pullover und warme Hausschuhe an. Wechselwarme Duschen stärken Ihre Abwehrkräfte. Sorgen Sie für erholsamen Schlaf, der die Regeneration des gesamten Körpers unterstützt. Gesunde, ausgewogene Ernährung mit reichlich frischem Obst und Gemüse trägt gleichfalls zur Stärkung der Immunfunktion bei.

Achten Sie auf Ihren Vitamin-D3-Spiegel im Blut! Vor allem im Winterhalbjahr ist Vitamin-D-Mangel vorprogrammiert. Ohne Sonne auf ungeschützter Haut wird kein Vitamin D produziert. Wenn Sie mit Vitamin D unterversorgt sind, ist auch Ihr Immunsystem nicht mehr optimal leistungsfähig. Die zusätzliche Einnahme von Vitamin D3 (Tropfen/ Tabletten) ist im Winterhalbjahr (Oktober bis Anfang Mai) empfehlenswert. Falls Sie Ihren Vitamin-D-Status nicht kennen, lassen Sie den Laborwert 25(OH)D bestimmen. Dessen Konzentration im Blut sollte bei 40 bis 60 ng/ ml liegen. Weitere Informationen über Vitamin D finden Sie auf den Seiten 83 bis 87 in diesem Buch.

Immunstärkende Heilkräuter sind beispielsweise Sonnenhut (Echinacea), Thymian, Kamille oder Ringelblume.

Sie können, als Tee eingenommen, die Leistungsfähigkeit des Immunsystems wirksam unterstützen.

Bitterstoffe

Bitterstoffe in Pflanzen gehören zu den besten Wirkstoffen, die die Verdauung und die Immunfunktion stärken. Sie fördern die Ausschüttung von Gallensaft, was die Verdauung von Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett unterstützt. Sie helfen bei der Aufnahme fettlöslicher Vitamine und stabilisieren das Säure-Basen-Gleichgewicht. Lernen Sie, Bitterstoffe in Nahrungsmitteln als wichtige und gesunde Vitalstoffe schätzen! Sie sind in Artischocken, Rucola, Radicchio, Endivien, Rosenkohl, Chicorée, Löwenzahn sowie in der weißen Substanz von Grapefruit, Orangen oder Granatäpfeln enthalten.


MIKROBEN IM WIDERSTAND

Widerstand, Aufruhr, Resistance, Resistenz! In der öffentlichen Wahrnehmung werden solche Attribute dem Reich des Bösen zugeordnet. Allem, was dem vermeintlichen Konsens widerspricht, wird reflexhaft der Krieg erklärt. Die Folge sind blindwütige Vernichtungsfeldzüge, bei denen es nur Verlierer gibt. Dies beobachten wir tagtäglich in der Gesellschaft und in der Politik – aber eben auch in der Medizin und der Wissenschaft. Das ist äußerst unklug und bedauerlich, zudem leider auch lebensgefährlich.

Biologische Resistenz ist weder gut noch böse. Sie ist Bestandteil der Evolution des irdischen Lebens. Wie wäre sonst die Existenz von Mikroorganismen und Pflanzen zu erklären, die seit Jahrmillionen die Erde bevölkern? Jede heute existierende Lebensform ist naturgemäß intelligent und unvorstellbar anpassungsfähig. Und Bakterien sind die älteste Lebensform auf diesem Planeten. Sie hatten drei Milliarden Jahre Zeit zu lernen, auf existenzielle Bedrohungen angemessen zu reagieren und Strategien gegen jede denkbare Form lebensfeindlicher Attacken zu entwickeln. Die Welt ist permanent von Tausenden, wenn nicht gar Millionen antibakteriellen Substanzen überflutet, die von anderen Bakterien, von Pflanzen und Pilzen stammen.

Die meisten bekannten Antibiotika wurden aus Pilzen entwickelt. Dadurch verschärft sich das Problem von Antibiotikaresistenzen. Bakterien finden Wege, wie sie solche Pilzantibiotika bekämpfen können. Die Erfahrung des Menschen mit modernen Antibiotika ist keine 100 Jahre alt!

Es ist nur eine Frage der Zeit (Monate bis Jahre), bis Mikroorganismen gegen Antibiotika resistent werden. Bei Penicillin kam es bereits vier Jahre vor der Marktzulassung zur bakteriellen Resistenz (CDC).

Es gab niemals auch nur die geringste Chance für den Menschen, den „Krieg gegen Keime“ zu gewinnen. Der Mensch hätte höchstens die Möglichkeit gehabt, den einen oder anderen „Etappensieg“ zu erringen – wenn er seine Antibiotika nicht massenhaft, unvernünftig und kritiklos eingesetzt, wenn er nicht seine Umwelt mit unvorstellbaren Mengen an Antibiotikarückständen belastet hätte. Bakterien haben darauf mit beschleunigter Resistenzentwicklung reagiert. Mikroorganismen wollen überleben – so wie wir selbst. Bakterien sind um ein Vielfaches anpassungsfähiger als wir es jemals sein werden.

Die Menschheit wäre – besonders in der momentanen Situation – gut beraten, ihre Einstellung gegenüber Mikroorganismen zu verändern. Bakterien sollten kein Feindbild sein, sondern als nützliche Partner betrachtet werden – was sie tatsächlich auch für den menschlichen Organismus schon immer sind. Bakterien mögen verständlicherweise als Problem erscheinen, was Antibiotikaresistenz betrifft. Mikroorganismen sind aber vor allem ein Teil der Problem-Lösung: Bakterien, Pilze und Pflanzen enthalten ein Wirkpotenzial, das den Menschen bei der Abwehr von Infektionen mit multiresistenten Keimen effektiv unterstützt.

Antibiotikaresistenz

Resistenz gegen antibiotische Stoffe ist weder ein neues noch ein außergewöhnliches biologisches Phänomen. Resistenz gehört zu den evolutionären Anpassungsprozessen, die Organismen entwickeln, um ihre Überlebenschancen zu verbessern. Resistenz bedeutet, dass Mikroorganismen die Wirkung von antibiotisch aktiven Stoffen abschwächen oder unwirksam machen. Resistenz ist vermutlich ein uraltes zentrales Überlebensprinzip. Man hat Antibiotikaresistenzen bei vier Millionen Jahre alten Bakterien nachgewiesen.

 

Aus der Forschung gibt es Hinweise, dass die berüchtigten MRSA nicht erst nach der Entwicklung von Methicillin auftraten, sondern schon lange Zeit vorher existierten. Mikrobiologen fanden kürzlich multiresistente Keime („Superbugs“) im Stuhl von Howler-Affen im mexikanischen Urwald, die mit größter Wahrscheinlichkeit niemals Kontakt zu Menschen hatten. Dies überrascht eigentlich nicht, da Antibiotika ja von Bakterien und Pilzen stammen, die allgegenwärtig sind. Befasst man sich mit Resistenzmechanismen von Bakterien, kommt man sich ein wenig so vor wie in einer „Hackerwerkstatt“. Sobald ein Bakterium mit einem antibiotischen Stoff in Berührung kommt, beginnt es mit der Suche nach Gegenmitteln. Für die Resistenzentwicklung werden ein wenig Zeit und mehrere Bakteriengenerationen benötigt. Allerdings leben Bakterien im Zeitraffertempo: Bei zahlreichen Arten entsteht alle 20 Minuten eine neue Generation – das ist 500 000-mal schneller als der menschliche Reproduktionszyklus! Dies ist einer der Gründe, warum es bei jedem neu entwickelten Antibiotikum relativ rasch zu Resistenzen kommt.

Und Bakterien sind sehr erfindungsreich, was die Antworten auf bedrohliche antibiotische Substanzen betrifft. Beispielsweise sind Streptomyceten, bodenbewohnende Bakterien, sowohl resistent gegen viele Umweltgifte als auch gegen alle bekannten Antibiotikawirkstoffe. Zudem produzieren sie eigene Antibiotika, gegen die sie selbst resistent sind.

Resistenzmechanismen

Bakterien sind sehr kreativ, wenn ihr Überleben bedroht ist. Sie profitieren zudem vom Fundus der Abwehrstrategien, die sie im Lauf von Millionen Jahren entwickelt haben. Bakterien, Pilze und Pflanzen befanden und befinden sich im ständigen existenziellen Konkurrenzkampf. Im Vergleich zu Mikroorganismen sind Pflanzen komplex strukturierte Lebewesen, die Hunderte, wenn nicht Tausende Inhaltsstoffe besitzen. Demnach kann es für bakterielle Angreifer schwierig sein, die Pflanze zu infizieren. Anders sieht es bei Antibiotika aus, die vom Menschen entwickelt wurden. Sie benutzen nur einige wenige Mechanismen, die für clevere Bakterien relativ leicht zu „knacken“ sind.

Türen schließen!

Antibiotika müssen in Bakterienzellen eindringen können, um das Bakterium zu vernichten. Die Zellmembran muss aber auch für Nährstoffe durchlässig sein, damit der Mikroorganismus leben kann. Manche Antibiotika „hängen“ sich an Nährstoffe, um in die Zelle zu gelangen. Das Bakterium reagiert dann so, dass es die Struktur der „Türen“ in der Zellwand verändert. Für Antibiotika ist es dann schwierig bis unmöglich, in die Zelle zu gelangen, was die Wirksamkeit beeinträchtigt.

Resistenz-Glossar

ESBL Extended-Spektrum-Betalactamasen. Solche Keime produzieren Enzyme, die Betalactam-haltige Antibiotika unwirksam machen.

LA-MRSA Livestock-associated (Nutztier-assoziierter) Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Solche Keime werden bei praktisch allen Nutztierarten gefunden, können aber auch Menschen besiedeln, vor allem diejenigen, die in Mastbetrieben arbeiten.

MDR-TB Multidrug-resistant Tuberculosis. Solche Keime sind gegen mehrere Antibiotika resistent, die bei Tuberkulose eingesetzt werden.

MRE Multiresistente Erreger

MRGN Multiresistente gramnegative Erreger

MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Solche Keime sind seit den 1960er-Jahren bekannt. Sie sind gegen alle Betalactam-Antibiotika resistent. Dies betrifft hauptsächlich Penicilline. Methicillin wird nur noch zu Testzwecken eingesetzt.

MRSA Multiresistenter Staphylococcus aureus. Solche Keime sind nicht nur gegen Methicillin, sondern auch gegen zahlreiche weitere Antibiotika resistent.

NDM-1 Bakterien mit dem NDM-1-Gen (New Delhi metallo-β-lactamase 1) sollen gegen alle bekannten Antibiotika, mit Ausnahme von Tigecyclin und Colistin, resistent sein (The Lancet 2010).

ORSA Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus. Solche Keime sind gegen Penicillinase-stabile Antibiotika resistent (Cloxacillin, Dicloxacillin).

VISA Vancomycin-intermediate Staphylococcus aureus. Solche Keime sind gegen Glycopeptid-Antibiotika resistent.

VRE Vancomycin-resistente Enterokokken. Solche Keime sind gegen das wichtige Reserveantibiotikum Vancomycin resistent.

VRSA Vancomycin-resistenter Staphylococcus aureus. Solche Keime sind gegen Glycopeptid-Antibiotika resistent.

Adresse verändern!

Bakterien können ihre innere Struktur so anpassen und verändern, dass die beabsichtigte Zielstruktur von Antibiotika nicht gefunden wird. Die Strukturadresse wurde geändert und ist dann nicht mehr erreichbar. Zahlreiche klinisch bedeutsame Bakterien benutzen diese sogenannte Zielmodifikation. Das Antibiotikum dringt zwar in die Zelle ein, bewirkt aber rein gar nichts.

Enzyme mobilisieren!

Bakterien können antibiotische Stoffe abbauen oder zerstören – sogar dann, wenn sie bereits in die Zelle eingedrungen sind. Dies gelingt durch Antibiotika-spezifische Inaktivierung oder die Mobilisierung von Enzymen, die das Antibiotikum „zerlegen“. Häufig sind es Enzyme wie Extended-Spektrum-Betalactamasen (ESBL), die bevorzugt Betalactam-Antibiotika unwirksam machen. Die neueste Erfindung auf diesem Gebiet ist NDM-1. Eine Betalactamase, die Bakterien gegen fast alle Antibiotika resistent macht. Beunruhigend ist, dass Informationen zum NDM-1-Gen via Plasmidcontainer einem großen Spektrum von Bakterien zugänglich sind. „Es scheint sich schnell zu verbreiten, besorgniserregend!“, kommentiert ein Mikrobiologe der Universität Cardiff.

Entsorgung beschleunigen!

Bakterien können Antibiotika, die in die Zelle gelangt sind, umgehend entfernen. Dafür sorgen sogenannte Efflux-Pumpen. Diese Pumpen sind auf die Entfernung einer ganz bestimmten antibiotischen Substanz eingestellt. Alle Bakterien verfügen über Efflux-Pumpen unterschiedlicher Art. Manche Pumpen sind nur für die Entfernung einer einzigen Substanz kodiert, andere können mehrere (ganz verschiedene) Substanzen auf einmal entfernen (Multidrug-Efflux-Pumpen). Wie sie das machen, wissen wir bislang nicht.

Solche Pumpen erkennen positiv oder negativ geladene sowie neutrale Moleküle, hydrophobe, hydrophile Substanzen (z.B. Aminoglycosid-Antibiotika), organische Lösungsmittel und Lipide. Fünf solcher Efflux-Pumpen, die Bakterien im Lauf von Millionen Jahren entwickelt haben, sind bekannt (MFS, ABC, SMR, RND, MATE). Die meisten grampositiven Bakterien benutzen MFS-Pumpen (Major Facilitator Superfamily), grampositive Bakterien RND-Pumpen (Resistance-Nodulation-Cell-Division). Solche Pumpen schützen die Bakterien auch vor der Verdauung durch Gallensalze oder Magensäure.

Anpassung!

Gelegentlich lernen Bakterien auch, wie sie in einer antimikrobiellen Umgebung leben und sich vermehren können. In vielen Kliniken haben sich Bakterien an ein Leben unter den antiseptischen Bedingungen von Reinigungsmitteln angepasst. Manche Bakterien ernähren sich sogar von Antibiotika!

Code verschicken!

Hat ein Bakterium einmal einen Resistenzmechanismus gegen Antibiotika entdeckt, wird dieses Wissen anderen Bakterien extrem schnell mitgeteilt. Unter Antibiotikadruck interagieren und kommunizieren Bakterien mit anderen Mikroorganismen, über die Grenzen der Bakterien-Spezies hinweg. Das taten sie schon immer, nicht erst seit es Antibiotika gibt.

Bakterien gehen sehr kreativ und experimentierfreudig mit Resistenz-Informationen um – und der Code ist open source oder shareware für alle anderen Mikroorganismen. Resistenz-Informationen werden direkt aus der Zelle abgegeben. Bakterien kombinieren Informationen aus unterschiedlichen Quellen. Und sogar im inaktiven oder absterbenden Stadium geben sie Resistenz-Informationen weiter. Ist der Resistenzcode einmal in die BakterienDNA eingebaut, wird er für immer und ewig an die nachfolgenden Generationen vererbt. Wir wissen heute, dass die wachsende Antibiotikaresistenz in den letzten 50 Jahren direkt durch die ansteigende Produktion und Nutzung von Antibiotika verursacht wurde. Resistenz wird uns genetisch fixiert erhalten bleiben.