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Das Stahlroß

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„Ah, dann ist meine einzige Sorge beseitigt. Läuft das Stahlroß schneller als ein Pferd?“

„Als ein Pferd in Carriere? Sicher nicht! Es soll sehr unbeholfen aussehen, wenn es galoppiert, und bei der fabelhaften Schnelligkeit, die ich erwähnte, dachte ich nur an einen Vergleich mit anderen, ähnlichen Automobilen, die es ja auch schon gegeben hat. Denken Sie doch nur: ein Pferd, aus Stahl gebaut, dessen Gelenke sich alle bewegen müssen! Nein, so schnell wie ein Eisenbahnzug geht es natürlich nicht.“

„Kann es schwimmen?“

„Auch das ist undenkbar. Ingenieure haben bereits berechnet, daß der Hohlraum des Pferdes – vorausgesetzt, daß ein solcher wirklich vorhanden ist – nicht ausreicht, um den Stahlbau über Wasser zu halten.“

„Dann gäbe es ja für den Reiter überhaupt keinen anderen Weg über den Grenzstrom als über die hölzerne Brücke! Wenn ich das Roß nun, um mich seiner zu bemächtigen, erst im Wasser versenkte, würde das der Maschinerie etwas schaden?“

„Auch darüber kann ich Sie beruhigen. Nein, auch das schadete nichts. Man hat bereits gesehen, wie der Reiter das Roß durchs Wasser lenkte, sodaß es sich ganz darunter befand und nur er selbst mit dem Kopfe hervorsah. Die Nässe schadet also dem Mechanismus und der Kraftentwicklung nicht. Wenn Sie aber vorhaben, die Brücke anzusägen, die der Reiter passieren muß, so mache ich Sie darauf aufmerksam, daß der Limpopo sehr tief ist. Die Maschine darf nicht verschlammen. Heil müssen wir sie in jedem Falle haben. Sie darf nicht zerschossen, nicht zerschmettert, nicht demoliert werden, damit wir die innere Einrichtung noch studieren können – das ist Bedingung.“

„Die ich einhalten werde,“ ergänzte der Polizeihauptmann. „Uebrigens würde das Versenken im Strom und das Wiederheraufholen aus demselben auch das letzte Mittel sein, dessen ich mich bedienen würde, um mich des Stahlrosses zu bemächtigen. Eigentlich ist die Sache ganz einfach. Ich brauche den Reiter doch nur ....“

Der ehrenwerte Beamte machte eine sehr bezeichnende Bewegung, die, auf deutsch übersetzt, ungefähr ‚wegzuputzen‘ bedeutet hätte.

Da aber erhob Mr. Davis warnend die Hand.

„Keinen Mord, keine übereilte That!“ flüsterte er. „Bedenken Sie, daß er ein Deutscher ist, der direkt aus Deutschland kommt. Durch eine solche That könnten wir aller Früchte verlustig gehen. Außerdem halten Sie auf die Ehre Old-Englands! Wir haben nie ungerechterweise Blut vergossen und unser Schild nie mit einer Schandthat befleckt. Ja, etwas anderes wäre es,“ setzte er nach einer kleinen Pause augenblinzelnd hinzu, „wenn Sie den leichtsinnigen Knaben vielleicht erst zu einer unbedachtsamen That hinreißen könnten, wenn Sie ihn vielleicht durch irgend ein Versehen – irren ist ja menschlich – zu einem Vergehen, etwa zu einem kleinen Totschlag reizten. Dann können Sie ihn allerdings …“

Diesmal machte der Polizeihauptmann eine abwehrende Handbewegung, das heißt nur zum Zeichen, daß er nicht mehr hören wolle, weil er vollkommen verstanden habe und schon allein wisse, was Mr. Davis ihm hatte sagen wollen.

„Dann mache ich Sie noch darauf aufmerksam,“ schloß letzterer nunmehr, „daß der Knabe Schußwaffen besitzt, bei denen er ebenfalls die neue Kraft verwertet. Sie sollen eine furchtbare Wirkung haben. Etwas Vorsicht möchte ich Ihnen also anraten, falls es wirklich auf Leben und Tod gehen sollte.“

Die beiden Biederleute nahmen darauf Abschied voneinander.

Mr. Litton ließ seine Blicke durch das Fenster über die sich endlos erstreckende Wüste gleiten.

„Von dort soll er kommen,“ murmelte er, „von dort, wohin ich Annas Bruder in den Tod geschickt habe? Hm, ich hatte heute morgen eigentlich etwas ganz anderes vor, als mich Dienstgeschäften zu widmen. Aber die 50,000 Pfund Sterling lasse ich mir nicht entgehen. Anna bleibt mir ja trotzdem sicher.“

Nach diesem Selbstgespräche rief er durch ein Klingelzeichen seine schwarze Ordonnanz herbei, um ihr Instruktionen für seine Schutzmannschaft zu erteilen.

Ein Racheakt

Auf dem gelben Sande der Wüste Kalahari jagte in wilden, unregelmäßigen Sprüngen ein mächtiger Rappe hin und her, bald in jäher Flucht vorwärts stürmend, bald mit allen Zeichen des Entsetzens zur Seite springend, um sich dann manchmal auch in dem lockeren Sande zu wälzen.

Das Roß war, obgleich es wohl noch nie einen Menschen getragen hatte, nicht reiterlos. Sogar zwei Menschen saßen auf dem Rücken des aufgeregten Tieres, das weder Zügel noch Sattel oder Steigbügel hatte, und machten die Wälzungen desselben im Sande mit, ohne herabzufallen, obwohl sie sich nicht festhielten.

Sie waren nämlich mit Stricken und Riemen auf dem Rücken des Pferdes festgebunden.

Ein furchtbarer Racheakt lag hier vor, ein Racheakt, wie ihn nur die teuflischste Phantasie ersinnen konnte. Schon daß man einen oder zwei Menschen auf ein wildes, ungebändigtes Roß gebunden und dieses dann in die Wüste gejagt hatte, in der Hoffnung, daß ein Wälzen des Tieres in dem äußerst tiefen und weichen Sande der Kalahari die Reiter nicht töten, sondern nur leicht verletzen würde, war an und für sich eine Grausamkeit, die nur in der Hölle erfunden sein konnte.

Aber hier lebte nur einer der Reiter. Der andere, eng mit dem ersteren befestigt, war bereits tot. Außerdem aber hätte der noch lebende Reiter es in der feurigen Sonnenglut auch nicht lange ohne Trinkwasser aushalten können.

Letzterer war niemand anderes als Georg Schneider, der junge deutsche Farmer, und der Schwarze vor ihm war derjenige Neger, den er im Kampfe um Eigentum, Ehre und Leben, also aus Notwehr, getötet hatte.

Georg Schneider hatte keinen Selbstmord begangen. Der Polizeihauptmann, den er gerechtermaßen mit der Reitpeitsche gezüchtigt, hatte also seine Rache noch ausüben können, und er wußte in der That eine bessere Rache als die Verurteilung zum Tode!

Es wurde nämlich einfach gesagt, der Häftling hätte sich in seiner Zelle erhängt, und während man dann einen vielleicht gerade gestorbenen Mann an seiner Stelle verscharrte, band man Georg heute morgen noch vor Aufgang der Sonne nackt auf ein wildes Roß, das jedem Zähmungsversuch spottete und daher untauglich und nur gerade zu diesem Zwecke recht gut brauchbar war und vor ihn schnallte man den getöteten Soldaten. Dann wurde das unbändige Pferd in die Wüste hinausgejagt.

Die Sonne ging auf, die Hitze nahm zu. Der Glut nackt preisgegeben, von unzähligen Mosquitos gepeinigt, auf einem vom Entsetzen gepackten, sich überschlagenden Pferde – wer mag die Gefühle solch eines Gefolterten zu beschreiben!

Immer höher stieg die Sonne. Ohnmachten wechselten mit klaren Minuten ab, der Unglückliche weinte und betete zu Gott und selbst zum Teufel, denn auch die Hölle wäre ihm willkommen gewesen, wenn nur sein Zustand ein Ende nahm. Endlich machte ihn ein abermaliges Wälzen des Pferdes bewußtlos, doch der Schmerz der davongetragenen Quetschwunden brachte ihn wieder zur Besinnung.

„Herr, habe Erbarmen mit mir, mache meinen Qualen ein Ende,“ wimmerte er, ohne noch einer Thräne in den leergebrannten Augen fähig zu sein.

Da war es ihm, als ob er etwas in der Sonne blitzen sähe. Er achtete nicht darauf, es funkelte ihm ja beständig vor den Augen. Jetzt aber machte das Pferd, das sich nicht mehr warf, sondern nur noch scharf jagte, eine Wendung, sodaß er deutlicher sehen konnte. So erkannte er denn, daß es ein silbergraues, und zwar kein natürliches, sondern anscheinend ein aus Stahl gebautes Pferd war, was ihm vorhin aufgefallen. Die mechanische Konstruktion desselben war unverkennbar, doch bemerkte er auf demselben einen Jüngling. Das Stahlroß jagte hinter dem wilden Pferde her, dem der Reiter vergeblich von der Seite beizukommen suchte, da der Wildling dessen Absicht durch Ausschlagen völlig unmöglich machte.

Jetzt brachen aus den Nüstern des Geisterpferdes zwei mächtige Feuerstrahlen hervor.

Ja, gewiß, es war ein Geisterpferd mit einem Engel, ihm zur Rettung vom Himmel gesandt! Der Unglückliche befand sich ja in einer Verfassung, daß er nichts mehr für unmöglich hielt.

„Zu Hilfe, zu Hilfe!“ wimmerte er, sich der deutschen Sprache bedienend.

„Nur Mut, nur noch einen Augenblick,“ erklang es da, und diese Worte deuchten dem Unglücklichen Engelsmusik zu sein, „ich mag nicht schießen, ich könnte Dich treffen. Aber Dein Pferd entgeht mir nicht!“

Etwas Blendendes und Heißes jagte darauf an Georg vorbei. Dann fühlte er, wie sein Tier stehen blieb und er selbst von einem Arm umschlungen wurde, und endlich fiel er abermals in Ohnmacht.