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Das Stahlroß

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Er streckte die Hand nach dem Zügel aus.

„Halt,“ rief da Richard schnell, „fassen Sie es um Gottes willen nicht an, es beißt bei der Berührung jeder fremden Hand, und seine vergifteten Zähne wirken augenblicklich tödlich!“

Als wäre er schon von einer Giftschlange gebissen worden, zog Mister Litton schnell seine Hand zurück.

Das Zauberroß hatte vergiftete Zähne und biß! Das war fatal! Denn nach dem, was man jetzt schon von ihm gesehen hatte, mußte man alles von ihm glauben.

„Beißt es auch, wenn ich einmal seinen Schwanz angreife?“ fragte er kleinlaut.

„Der ist erst recht giftig; das Stahlroß sticht damit unfehlbar sicher wie der Skorpion mit dem Stachel, und wo man es auch sonst anfaßt, es reicht mit dem Maule überall hin. Jede Berührung einer fremden Hand gegen meinen Willen erzeugt nämlich eine besondere Art von Magnetismus an dieser Stelle, und dorthin schnappt und sticht es stets. Das ist meine Hauptsicherheit. Nur die Hand seines Meisters kennt das Roß, das heißt, ich bin durch eine besondere Vorrichtung isoliert.“

Dem Polizeihauptmann rutschte das Herz vollends durch die Hosen bis in die Gamaschen hinein. Ja, wenn das Teufelsvieh so beschaffen war, wie sollte man ihm denn da überhaupt beikommen?!

Doch so leicht ließ sich der zähe Engländer nicht einschüchtern. Unter solchen Umständen mußte das giftige Höllentier eben einfach in einen Gitterkäfig gelockt werden, mußte man ihm mit Zangen die Giftzähne ausbrechen, den Schwanz ausreißen und es dann im Käfig als reißendes Tier transportieren. Nur kam es zuerst darauf an, den Reiter fest zu haben.

„So darf ich wohl auf die Ehre rechnen, Sie nach meinem Hause führen zu dürfen?“

„Danke sehr, aber ich beabsichtige wirklich nicht, mich länger in Kolobeny aufzuhalten,“ entgegnete Richard. „Meine Zeit ist sehr bemessen, es handelt sich um eine Wette.“

„O, o, eine Wette, das ist freilich etwas anderes!“ stimmte der Engländer gleich bei. „Aber eine kleine Erfrischung werden Sie und Ihr Herr Begleiter doch wenigstens zu sich nehmen?“

„Auch das muß ich mit Bedauern ablehnen. Meine Wette verbietet mir nämlich, irgend etwas zu genießen, was ich mir nicht durch meine Büchse selbst erlegt habe. Uebrigens bin ich auch gar nicht so unbekannt in Kolobeny; ich habe hier einen sehr guten Freund, und dem wäre ich zunächst einen Besuch schuldig. Sie kennen ihn wohl, Herr Polizeihauptmann, er ist ein deutscher Farmer hier in der Nähe, sein Name lautet Georg Schneider.“

Nur wenig wechselte der Hauptmann die Farbe. Dann schlug er wie vor Bestürzung die Hände über dem Kopfe zusammen.

„O Gott! Dieser unglückselige Zufall!“ rief er. „Da muß ich Ihnen verkünden, daß Ihr armer Freund gestern gestorben ist!“

„Tot?“ schrie Richard in gut gespieltem Schrecken. „Wie fand er seinen Tod?“

„In den Flammen seiner eigenen Wohnung. Neger überfielen dieselbe und steckten die Farm in Brand; wir kamen leider zu spät – o dieses furchtbare Verhängnis!“

Der Polizeihauptmann sprach übermäßig laut, sodaß ihn jeder hören mußte. Fast die ganze Stadt war ja versammelt. Doch wehe dem, der jetzt etwas anderes ausgesagt hätte, als was Mister Litton behauptete!

„Und Anna, seine Schwester?“ forschte Richard weiter.

„Auch seine schöne, unschuldige Schwester ist verbrannt,“ schrie Mister Litton jammernd, „nichts konnte mehr gerettet werden.“

„Bitte, schreien sie doch nicht so,“ sagte der kecke Knabe ungnädig, „Sie machen ja sogar mein Pferd scheu, obgleich es aus Stahl ist. Nun, da will ich mich nicht länger aufhalten. Bitte, beten Sie am Grabe von Georg und Anna, und meinen besten Dank für das Trommeln und Präsentieren. Good-bye. Hopp, Schimmel.“

Der Schimmel setzte sich in Trab, und zähneknirschend blickte ihm der Polizeihauptmann nach. Entgangen war ihm der Check allerdings noch nicht, denn das Zauberpferd hatte noch manches zu überwinden, ehe es die Grenze erreichte, und zuletzt kam ja auch noch die angesägte Brücke! – Aber, was er sonst gedacht hatte: die Gastfreundschaft, das Weglocken, der Betäubungstrank, den er schon in der Tasche hatte, und mit dem er vielleicht sogar die Maschine bezecht machen wollte – das war vorläufig alles ebenso umsonst gewesen, wie seine höflichen Worte!

Da ließ ein Neger plötzlich sein Gewehr fallen, sprang auf ihn zu und rief:

„Herr Hauptmann, Herr Hauptmann, der da hinten sitzt, das ist doch kein anderer, als der Georg Schneider!“

Nun fiel es Mister Litton wie Schuppen von den Augen, und jede weitere List war vollends vergessen. Georg Schneider! Ah, jetzt ritten Richard und Georg natürlich nach dem roten Thale und holten auch noch Anna ab! Da half nur die rohe Gewalt!

„Auf die Pferde! Ihnen nach!“ brüllte der Geprellte, rasend vor Wut. „Keine Schonung! Fangt sie! Schießt sie! Tötet sie!“

Mit diesen Worten hetzte er seine Sklaven den Entflohenen nach. Ha, so schnell konnte die plumpe Eisenmaschine doch nicht laufen als die Wüstenrenner! Gebändigt, erdrückt, umgekippt mußte sie werden! Und wenn das Maul derselben auch biß und der Schwanz auch stach und Gift ausspritzte, einmal mußte das Roß sich doch ausgespritzt haben! Wenn dabei auch ein paar Dutzend Soldaten verendeten, was ging das ihn an! Er konnte sich ja sichern! Jetzt brauchte er auch den Deutschen nicht mehr zu schonen: dieser hatte ja einen Verbrecher befreit, nahm ihn in Schutz, entzog ihn der Gerechtigkeit!

Im roten Thale

„Achtung, wir werden verfolgt,“ sagte Richard kaltblütig zu Georg. „Ziehe Deinen Nackenschleier fest, daß er keine bloßen Stellen am Halse giebt, und wende nicht das unbedeckte Gesicht. Tr–r–r–ab, Galopp, Carriere!“

Ein Dutzend Schüsse fielen, eine ganze Salve krachte hinter ihnen.

„Ich bin verwundet,“ stöhnte da plötzlich Georg.

„Unsinn, gar nicht möglich, das bildest Du Dir nur ein. Durch den grünen Stoff geht keine Kugel, höchstens kann’s einen blauen Fleck geben.“

„Sie holen uns ein!“

„So? Dann wollen wir etwas mehr loslegen. Kennst Du auch den richtigen Weg nach dem roten Thale?“

Georg deutete die Richtung mit der Hand an; dann verging ihm fast der Atem, so schnell begann das Stahlroß zu rasen. Auch die Verfolger merkten es bald, daß es nicht einzuholen war; das hörte man an ihrem Wutgeheul.

„Erst bringen wir Deine Schwester in Sicherheit; zur Bestrafung dieses Schurken ist es immer noch Zeit,“ meinte Richard.

Sie passierten ein Steinplateau. Die Hufe des Stahlrosses schlugen hier am hellen Tage einen wahren Feuerregen, dann erhob sich eine jähe Bergwand, die von Schluchten unterbrochen war, und eine solche Oeffnung gab Georg als den Eingang zum roten Thale an.

Die Schlucht war sehr schmal, kaum zwei Meter breit, begrenzt von himmelhohen, glatten Wänden aus rotem Porphyr.

Nachdem sie bereits eine Weile getrabt waren, ohne das Geschrei der Verfolger noch hinter sich zu vernehmen, erweiterte sich plötzlich der Engpaß zu einem kleinen Thale, das ebenfalls von roten Porphyrwänden eingeschlossen war, die hier aber nahe am Boden Grottenbildungen zeigten, und in der Mitte des mit schöner Vegetation geschmücktem Thales – das eigentlich nur eine Erweiterung der Schlucht war – stand unter Palmenbäumen ein Landhäuschen, ein sogenanntes Bungalow.

Es war ein reizender Anblick, ein Paradies in der felsigen, von der Sonne ausgedörrten Steinwildnis.

Einige Neger, die im Garten beschäftigt gewesen waren, standen erst starr vor Schreck, als sie das Stahlroß sahen, dann liefen sie laut heulend davon, um sich im Hause zu verstecken.

„Georg, mein Bruder!“ rief da mit einem Male eine am Fenster stehende Mädchengestalt, eilte, von keinem Wächter mehr daran gehindert, die Treppe herab und warf sich in die Arme des aus dem Sattel gesprungenen Bruders, den Anna trotz seiner Entstellung sofort erkannt hatte.

Zunächst ließ nun Richard das Pferd stehen, betrat das Haus und scheuchte hier einige Neger auf, um sie und auch einen Weißen, der die gleiche Furcht zeigte, vor sich her zu treiben. Sie verschwanden wieder, und nur zufällig bemerkte er, wie einer nach dem anderen der Schlucht zueilte, die ihnen vorhin als Eingang gedient hatte.

Dann besichtigte Richard noch etwas die Umgebung, da man ja das ganze Thal mit einem Blicke übersehen konnte, und begab sich nach dem Stahlroß zurück, an dem die beiden Geschwister noch standen und ihren Herzen in Worten Luft machten.

„Das ist mein Retter und auch der Deine,“ rief Georg bei Richards Anblick.

„Schon gut, schon gut,“ wehrte dieser die Dankesergießungen des Mädchens ab. „Sage einmal, Georg, besitzt dieses Thal eigentlich noch einen anderen Ausgang als dort die Schlucht, durch die wir gekommen?“

„So viel ich weiß, nein. Ich selbst bin nämlich noch nie hier gewesen, denn der Polizeihauptmann hält dieses Versteck überhaupt sehr geheim und hat nur vertraute Diener hier angestellt, die auch nie wieder herauskommen.“

„Ei, der Deixel,“ meinte auf diese Erklärung Richard, sich hinter dem Ohre krauend, „da können wir ja in eine ganz ekliche Klemme geraten sein. Auf freiem Terrain hätten wir auf dem Stahlroß, das ganz bequem drei trägt, aber nichts zu fürchten, da schlage ich mich gleich durch ein ganzes Regiment durch, zudem ich auch noch Deine Schwester in kugelfesten Stoff hüllen könnte. Hätte ich gewußt, daß dies eine Mausefalle mit nur einem Ausgange ist, dann hätte ich mich nicht so leicht hier hineingewagt.“

„Wir nehmen schnell den Rückweg!“

„Hm, das ist leicht gesagt. Einem zu großen Risiko möchte ich aber meine Maschine auch nicht aussetzen. Ich habe das Gesicht des Herrn Polizeihauptmannes studiert, es zeigt hinter den Schwielen eine Fuchsphysiognomie! Bevor ich in den Tunnel lenkte, sah ich oben auf dem Felsen viele Palmen stehen. Wie kommen die da hinauf?“

„Dort oben hat sich Mister Litton einen sogenannten hängenden Garten angelegt.“

 

Richard musterte die Felswände des Thalkessels.

„Von hier aus kann niemand hinauf, auch mein Stahlroß nicht, denn aufs Fliegen und an der Wand Emporklettern ist es noch nicht dressiert. Aber von draußen giebt’s einen Weg da oben hinauf. Das ist fatal, nun sitzen wir gründlich in der Klemme. Man kann uns hier beliebig mit Steinen bombardieren. Aha, da geht’s schon los!“

Ein Donnern erscholl in diesem Moment, dem ein anhaltendes Prasseln und Stürzen folgte.

„Wenn sie eine Explosion herbeigeführt und den Engpaß verschüttet hätten!“ sagte Georg erbleichend.

„Das ist nicht nur möglich, sondern das wird wirklich so sein,“ entgegnete Richard kaltblütig, sich immer noch umsehend. „Na, mit dem Totwerfen ist es vorläufig noch nichts. Davor sind wir in diesen Grotten gesichert, und wenn sie den ganzen Himalaya auf uns herabwälzten. Nahrungsmittel werden wir in dem Häuschen dort wohl auch genügend finden, um uns ein paar Tage über Wasser zu halten, und kommt Zeit, kommt Rat. Vielleicht ist auch noch ein Diener zurückgeblieben, der uns Auskunft über einen zweiten Ausweg geben kann, sonst suchen wir allein nach ihm, und finden wir keinen, so wird einfach eine andere List ersonnen. Ins Freie will und muß ich mein Stahlroß auf alle Fälle bringen, zurücklassen werde ich es nicht, wenn es nicht über die Steine kann; und bin ich einmal draußen, dann gnade Gott ihnen!“