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Der König der Zauberer

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Auf Scipio machte diese Verachtung und der hervorbrechende Zorn keinen Eindruck.

„Hast Du nicht schon Beweise gefunden, daß er mit übernatürlichen Kräften ausgestattet sein muß?“ fragte er ruhig.

„Nein!“ entgegnete Richard energisch. „Er mag ein großer Gelehrter sein, der in die Tiefen der geheimnisvollen Natur schon weit vorgedrungen ist und viel gelernt hat, aber allmächtig ist er deswegen noch lange nicht. Nur Gott ist allmächtig – und Erasmus ist und bleibt gegen Gott doch nur ein elender Stümper.“

„Ich versichere Dir, daß ich selbst schon über achtzig Jahre alt bin,“ erklärte der Jüngling feierlich, „und siehst Du mir das etwa an? Unser Gebieter besitzt wirklich das Lebenselixir, das den Tod überwindet.“

„Mag sein, ich zweifle nicht daran, daß solch ein Mittel gegen den Tod erfunden werden kann. Aber deswegen wird der Mensch noch immer kein Gott, und wenn er sich auch die Unsterblichkeit verschaffte.“

Diesmal aber verlor der Jüngling die Fassung doch.

„Wer bist Du, daß Du so sprichst?“ staunte er Richard an. „Die Worte, die Du vorhin sagtest, hat hier schon mancher gesprochen, auch ich that es einst. Ist derjenige, der ein Lebenselixir erfunden hat, ein gewöhnlicher Mensch? Steht er nicht bedeutend über ihnen? Müssen wir nicht zu ihm mit Ehrfurcht emporblicken?“

„Ah, ist es nur das, was Euch diesen Menschen so verehrungswürdig macht?“ frohlockte Richard und setzte nun auseinander, was er darüber dachte. Es kann hier nur angedeutet werden, daß es thatsächlich heutzutage viele Gelehrte, Philosophen giebt, die der festen Ansicht sind, der Mensch könne es mit der Zeit noch so weit bringen, sein Leben über die gewöhnliche Altersgrenze hinaus zu verlängern; sie behaupten, die Erfahrung schreite immer weiter, bis eine Unsterblichkeit wohl denkbar ist. Nur darf man hierbei nicht an medizinische Pillen und Salben denken. Es ist eine philosophische Spekulation, deren Richtigkeit indirekt bewiesen wird, zu deren Verständnis aber ein eingehendes Studium gehört. Ueberhaupt, es wird nur gesagt: ‚so könnte es einmal werden‘, ,es ist nicht ausgeschlossen‘, ,es liegt im Bereiche der Möglichkeit‘, ,die Annahme ist berechtigt durch die konstante Entwicklung der Menschen‘. Als Seitenstück kann man zum Beispiel anführen, daß es früher Krankheiten gab, die als unheilbar galten! Wäre damals jemand aufgetreten und hätte gesagt, in hundert Jahren ist diese Krankheit ein überwundener Standpunkt, ja, diese Krankheit giebt es dann nicht mehr – zum Beispiel die schwarzen Pocken und so weiter – so wäre er ins Narrenhaus gesperrt worden!

„Du selbst hast ja an der Gewalt und Macht des Meisters gezweifelt,“ fuhr Richard fort, „ich sehe es Deinem Gesicht an, und Du batest ihn deswegen um Verzeihung. Wie reimt sich das zusammen?“

„Im Laufe von achtzig Jahren lernt man viel,“ entgegnete der Jüngling, und es klang wie ein unterdrückter Seufzer. „Wenn die Erkenntnis wächst, dann kommen wohl Stunden, da sich der gereifte Geist auflehnt, an Wunder zu glauben. So erging es auch mir vor einiger Zeit, als einige Sklaven, angeführt von Cora, der Enkelin des Gebieters, geflohen waren. Es ist uns gelehrt, daß eine Flucht unmöglich sei, weil niemand die Grenze überschreiten könne. Ich hatte schon lange daran gezweifelt, ich konnte es nicht fassen. Der Gebieter selbst fuhr aber dem Schoner nach, und Du hast es ja gesehen, daß er die Wahrheit verkündete.“

„Ja, und er nahm auch die ungläubigsten Sklaven mit, auf daß sie nicht mehr an seiner Wunderkraft zweifelten,“ entgegnete Richard. „O, ich durchschaue den ganzen Humbug. Der sorgt schon dafür, daß die Dummen nicht alle werden.“

„Wie meinst Du das?“

„Daß er ein großer Gelehrter und Zauberer ist, weiter nichts. Er benutzt seine Wissenschaft, um Euch etwas vorzugaukeln, damit Ihr ihn anbetet und bewundert, das schmeichelt seinem Stolz.“

„Wie aber erklärst Du Dir, daß er die Flüchtlinge töten konnte?“

„Er wandte irgend ein Mittel an und nicht etwa eine übernatürliche Kraft; daran glaube ich ein für alle Male nicht.“

„Hast Du nicht gesehen, wie er die Unsichtbarkeit der Insel aufheben kann? Ist das etwa kein Wunder?“

„Merkwürdig ist es, aber ein Wunder ist es nicht. Nehmen wir zum Beispiel an, er habe eine bisher unbekannte Art von Lichtstrahlen entdeckt, wie vor einigen Jahren von Röntgen die sogenannten X-Strahlen erfunden wurden. Diese neuen Strahlen, etwa durch eine besondere Flüssigkeit geleitet, sollen die Eigenschaft haben, den Gegenstand, auf den sie fallen, vollständig durchscheinend zu machen, was ganz leicht denkbar ist. Denken wir nun, sie übten gleichzeitig auf alles Lebende eine tödliche Wirkung aus, die jedoch durch eine Art von Gegengift gleich wieder aufgehoben oder wirkungslos gemacht würde, und stellen wir uns weiter vor, die große Kugel, die auf der Pyramide ruht, sei das Centrum, von welchem diese unsichtbar machenden und tödlich wirkenden Strahlen ausgingen. Doch, was ist das?“

Ein intensiver, heller Ton hallte durch den ganzen Palast, dem noch einige Glockensignale folgten.

„Ich werde gerufen,“ sagte Scipio und entfernte sich hastig.

„Merkwürdig,“ brummte Richard, sich mißtrauisch die Wände des Gemaches ansehend, „das war ja bald, als hätte Scipio die Ausführung meiner Spekulation nicht anhören sollen. Gerade, als ich auf den Kernpunkt der Sache kam, wurde er abgerufen. Sollte der Gebieter vielleicht seine Ohren an dieser Wand haben, falls er das Telephon noch nicht kennt? Sollte ich durch Zufall dem Geheimnis vielleicht schon näher auf die Spur gekommen sein? Diese Idee mit den Strahlen, welche von der Kugel, die in der Nacht leuchten soll, ausgehen, will ich einmal festhalten. Denn hier bleiben werde ich wohl vorläufig. Aber der Mann mag ja nicht das Verlangen an mich stellen, ich solle ihn verehren! – Er könnte sonst etwas von mir zu hören bekommen.“

Der Nachfolger des Zauberkönigs

Gustav wurde als gewöhnlicher Arbeiter am Hafen beschäftigt, Richard in einer altholländischen Kleidung von feinerem Stoffe als Haussklave im Palaste des Herrschers.

Willig unterzog er sich den ihm zugewiesenen Arbeiten, die in den ersten Tagen nur in Ausfegen und anderen niedrigen Dienstleistungen bestanden, um die Gelegenheit zu benutzen, die nähere Umgebung des Gebieters zu beobachten. Er konnte dies bald noch besser thun, denn von einer ihm unbekannten Protektion wurde er schnell von Stufe zu Stufe befördert, bis er das Amt eines Kammerdieners des Greises bekleidete, immer in dessen unmittelbarer Nähe war, des Nachts auch im Nebenzimmer schlafen mußte, und zwar nur er allein; kein zweiter im ganzen Reiche teilte diese Bevorzugung mit ihm, kein Minister konnte sich mit dem Gewaltigen, der sich wie der Kaiser von China von der anderen Menschheit abschloß, so vertraulich unterhalten, wie er es mit Richard that.

Was hatte diese außerordentliche Gunst zu bedeuten? Offenbar ging ja diese schnelle Beförderung nur von dem Herrscher selbst aus.

Es war auch noch vielerlei dabei, was Richard stutzig machen mußte, bis er sich klar darüber war, was man mit ihm vorhatte: der Alte selbst suchte ihn an sich zu fesseln, wahrscheinlich, um ihn in Geheimnisse einzuweihen, welche seinen anderen Unterthanen heilige Rätsel sein sollten, über deren Lösung nachzugrübeln schon als ein Staatsverbrechen galt.

Als der vertrauteste Diener erkannte Richard, wenn er je daran gezweifelt hätte, daß auch der Gottmensch ein gewöhnlicher, sterblicher Mensch, mit menschlichen Schwächen behaftet und selbst von der Gicht des Alters geplagt war, obgleich er ebenso zu der gewissen Ueberzeugung kam, daß der Greis thatsächlich ein Alter von vielen hundert Jahren hinter sich haben mußte, wie es hier ja auch noch andere gab, die die Grenzen des Menschenlebens weit überschritten hatten. Die Wirkung des Lebenselixirs, das der holländische Gelehrte zu brauen verstand, war eine Thatsache. Aber der Trank verjüngte nicht, er konservierte nur den Menschen; der Jüngling blieb ein Jüngling, und der Zauberer, der das Rezept erst im späten Lebensalter erfunden hatte, blieb ein altersschwacher Greis. Wie schon gesagt, der Gebieter lebte und herrschte in Unnahbarkeit, wie etwa der Kaiser von China, oder vielmehr wie ein Gott, und ein solcher wollte er ja auch sein. Der höchste Beamte im Reiche, seine eigenen Kinder mußten auf den Knieen rutschen, das Gesicht auf die Erde gedrückt, wenn sie sich auf Befehl ihm näherten; zeigte er sich aber in seiner ganzen Würde auf der Straße, mußte sich alles Volk vor ihm niederwerfen und den Saum seines Kleides küssen, und die Freiem waren hiervon nicht ausgeschlossen; er mußte überhaupt fast wie ein Gott verehrt werden; die ihm zu erweisenden Ehren waren genau geregelt; er entschied über Tod und Leben und duldete keinen anderen Gebieter neben sich.

Alles an dem Manne war maßlose Herrschsucht, Stolz und Eitelkeit, und dieses Uebermaß mußte auf den, der ihn in nächster Nähe beobachtete, lächerlich wirken.

Weiter bemerkte Richard im Laufe der Zeit, welche Gesinnung im Volke herrschte. Man liebte den Gewaltigen nicht, sondern man fürchtete ihn nur, ja, man haßte ihn sogar glühend als den Sklaventreiber, aber man wagte nicht, sich gegen ihn aufzulehnen, weil man fast täglich Proben von seiner Uebermacht empfing. Ein furchtbarer Druck lagerte auf dem ganzen Volke, auf den Sklaven wie auf den sogenannten Freien. Von Zufriedenheit war nirgends eine Spur zu finden, alles blickte mit gehässiger Scheu zu dem Alten auf. Das wußte dieser natürlich, und er wurde daher beständig von geheimer Sorge gemartert. Er fürchtete eine allgemeine Rebellion, schien seiner Macht selbst nicht zu trauen, wagte nicht einmal, Spione zu halten, denn das hätte ja den Ruf seiner Weisheit sofort ruiniert, und beobachtete sein Reich nur von versteckten Punkten aus, indem er bei Nacht lauschend und spähend umherschlich, um dann später mit seiner Allwissenheit zu prahlen und jedes Wort des Zweifels an seiner Person mit furchtbarer Grausamkeit zu bestrafen.

 

Warum nur machte er mit Richard solch eine merkwürdige Ausnahme? Ihm gegenüber zeigte er sich als schwacher Mensch; nie verlangte er von Richard, daß dieser ihn als ein höheres Wesen betrachte, er brauchte auch nicht an der öffentlichen Verehrung des Greises teilzunehmen. Dagegen erhielt Richard täglich Unterricht von einem Minister in Staatswesen, und dann, als die geheimen Artikel daran kamen, übernahm der Gebieter den Unterricht sogar selbst.

„Als dich Scipio hier einführte,“ sagte er eines Tages, „sprachst Du zu ihm von einem Röntgen, welcher die X-Strahlen erfunden habe. Erkläre mir, was Du von diesen Strahlen weißt. Ich will Deine Kenntnisse prüfen, ob Du fähig bist, den Posten zu bekleiden, zu dem ich Dich bestimmt habe.“