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Der rote Messias

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Der rote Messias
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Auszug aus der erklärenden Einleitung zum ersten Bändchen

Richard ist bis zum zwölften Jahre ein kräftiger, lebensfroher Knabe gewesen, als er durch ein Unglück gelähmt wird.

Am Abend seines vierzehnten Geburtstages sitzt der sieche Knabe allein in der Stube, traurig und freudlos, kein Ziel mehr im Leben kennend. Da erscheint ihm eine Fee. Sie nennt sich die Phantasie, will ihm ihr Geburtstagsgeschenk bringen und sagt ungefähr Folgendes:

In Richards Schlafzimmer befindet sich eine Kammerthür. Jede Nacht wird er erwachen (das heißt nur scheinbar), er soll aufstehen, jene Thür öffnen, und er wird sich stets dort befinden, wohin versetzt zu sein er sich gewünscht hat. Er kann sich also wünschen, was er will, er kann allein sein oder mit Freunden, er kann auch den Gang seiner Abenteuer ungefähr im voraus bestimmen; hat er aber einmal die Schwelle der Thür überschritten, dann ist an dem Laufe der Erlebnisse nichts mehr zu ändern. Alles soll folgerichtig geschehen, der Traum nichts an Wirklichkeit einbüßen. –

Die Erscheinung verschwindet, Richard erwacht aus dem Halbschlummer. Aber die gütige Fee hält Wort, und so findet der arme Knabe im Traume einen Ersatz für sein unglückliches Leben.

Jede Erzählung schildert nun eins seiner wunderbaren Erlebnisse, wie sie ihm die Phantasie eingiebt.

Das Indianerterritorium
Alle Rechte vorbehalten.

Es wurde in der Einleitung des ersten Heftes gesagt, daß Richard seine Erlebnisse im Traume auch als eine Geschichte für seine jungen Freunde niederschreibt, und eine solche Erzählung liegt hier vor. Ehe wir jedoch mit dieser beginnen, wollen wir zuvor sehen, wie es mit den heutigen Indianern, unter denen die Geschichte spielt, aussieht.

Im Jahre 1825 wurde im Kongresse zu Washington beschlossen, um dem indianischen Raubwesen ein Ende zu machen, denjenigen Indianerstämmen, die sich nicht dem Ackerbau oder einer geregelten Viehzucht widmen, sondern nach der Sitte der Väter ausschließlich von der Jagd leben wollten, ein bestimmtes Land anzuweisen, wo sie dann nach Lust hausen könnten. Hierzu wurde ihnen das zwischen den Staaten Kansas, Missouri, Arkansas und Texas gelegene, 3487 deutsche Quadratmeilen umfassende Gebiet angewiesen.

Nur sehr wenige Indianerstämme folgten freiwillig dieser Aufforderung, die meisten ergriffen zur Verteidigung ihrer Jagdgründe die Waffen, zuerst die Seminolen; der bekannte furchtbar blutige Indianerkrieg brach aus, und viele Stämme verschwanden dabei völlig vom Erdboden. Die letzten Kämpfenden waren die Sioux, Pawnees und Crows, und zwar wurden diese nicht etwa durch die Uebermacht ihrer Feinde, sondern dadurch besiegt, daß ihnen schließlich die Vorschläge und Bedingungen des Kongresses annehmbar erschienen. So konnten am 23. September 1851 zu Fort Lamarie die Vertreter der Vereinigten Staaten vor den versammelten Häuptlingen den sogenannten ‚ewigen Friedens- und Freundschaftsvertrag‘ beschwören.

Nach diesem müssen die im Territorium angesiedelten Indianer vollkommen in Ruhe gelassen werden, dürfen thun, was sie wollen, können sich auch gegenseitig nach Herzenslust skalpieren und martern, wenn sie nur die Grenze nicht überschreiten. Ferner darf keine Eisenbahn durch ihr Gebiet gelegt werden und kein Weißer letzteres betreten, es müßte denn sein, daß er es auf eigene Gefahr hin thut. In diesem Falle aber schützt ihn die Regierung nicht, und auch sein Tod wird nicht gesühnt. Außerdem muß als Entschädigung für Abtretung der alten Jagdgründe den Indianern jährlich pro Kopf ein gewisses Quantum Mehl, Salz, Zucker, Tabak und anderes geliefert werden, während Fette gegen Decken, Feuerwaffen, Pulver, Blei und so weiter zu festgesetzten Preisen von den sogenannten Indianeragenten ausgetauscht werden; Branntwein aber darf nicht eingeführt werden.

Alle diese Bestimmungen gelten noch heutigen Tages, sollen auch heute noch eingehalten werden, denn dieser Vertrag war ja nur eine Pflicht der menschlichen Gerechtigkeit. Aber wenn man hinter die Coulissen blickt, so sieht man die Niederträchtigkeit der amerikanischen Regierung.

Es wurden damals 120.000 Indianer in ihr Territorium eingeführt, heute sind es kaum noch die Hälfte. Woher kommt es, daß diese Indianer sich so schnell vermindern? Aus Mangel an Nahrung sicherlich nicht, denn trotz aller gegenteiligen Behauptungen sind die Büffel auf dem Indianerterritorium noch nicht verschwunden. Noch immer weiden dort ungeheure Herden von Bisons, Hirschen und anderen jagdbaren Tieren, und man braucht nur zu bedenken, daß auf die deutsche Quadratmeile noch nicht einmal zwanzig Menschen kommen, so ist es ganz leicht begreiflich, daß diese zwanzig Menschen das Wild auf ihrem Gebiete gar nicht ausrotten und vertilgen können.

Auch nicht der Umstand, daß die Indianer sich etwa aus freien Stücken untereinander in blutige Händel verwickeln, ist die Ursache ihres so rapiden Niederganges, denn sie sind von Hause aus durchaus nicht blutdürstig und haben ja auch, nachdem man ihnen ein Jagdgebiet überlassen hat, in dem sie unbeschränkt schalten und walten können, gar keinen Grund zu mörderischen, decimierenden Kämpfen mit den Weißen.

Nein, die Regierung selbst ist es, die immer wieder den Zankapfel unter die Stämme wirft, und zwar durch die sogenannten Indianeragenten, das sind besoldete Trapper und ‚spys‘, die zu ihnen hingeschickt werden und ihnen trotz des Verbotes das leider so beliebte Feuerwasser mitbringen. Die Grenzbeamten sind instruiert, die Branntweinfässer völlig zu übersehen, und hat nun der Fusel einmal die Köpfe erhitzt, so ist es nicht mehr schwer, die Rothäute aufeinander zu hetzen. Kommt schließlich noch, durch den Schnapsgenuß begünstigt, eine Seuche hinzu, desto besser!

So wird die Regierung der glorreichen Vereinigten Staaten nicht eher ruhen, als bis die letzte Rothaut in die ewigen Jagdgründe des großen Geistes eingegangen ist, dann fallen auch die 3487 Quadratmeilen äußerst fruchtbaren Landes den weißen Spekulanten in die Hände.

Im Lager der Sioux

An dem Ufer eines Nebenflusses des Red River waren gegen hundert Wigwams aufgeschlagen. Die Frauen und Mädchen gerbten im Scheine der Abendsonne am Wasser Büffelhäute, das Ergebnis der letzten Jagd, die meisten Männer lagen rauchend vor dem Eingange ihres Zeltes, einige beschäftigten sich mit den Pferden, schönen, kräftigen Mustangs, andere leiteten die Uebungen der heranwachsenden Jugend mit Tomahawk und Pfeil und Bogen, die kleineren Kinder aber balgten sich jauchzend herum, indem sie als ihre Spielgefährten auch die zahlreichen Hunde betrachteten.

Es war ein hübsches, friedliches Bild aus dem Wildnisleben im fernen Westen, obgleich auch jetzt, wo die Männer keine Kriegsfedern in den Skalplocken trugen, das ganze Dorf von einer unsichtbaren Kette weit vorgeschobener Wachtposten umgeben war.

Aus dem Walde kam plötzlich ein Wagen mit zwei Pferden und rollte über die pfadlose Buchtung dem Dorfe zu. Die Kinder rannten ihm entgegen, und die Freuen blickten neugierig und auch sehnsüchtig nach ihm hin, während die Krieger es unter ihrer Würde hielten, auch nur den Kopf ihm zuzuwenden.

Das Gefährt gehörte Old Tom, einem ‚Indiantrader‘, der von der Regierung einen Schein hatte, daß er mit seinem Wagen von Stamm zu Stamm fahren und ihnen gegen Häute Decken, bunte Tücher, Tabak und anderes verkaufen durfte. Daß er auch mit Feuerwasser handelte, war zwar verboten, die Regierung hatte ihn aber besonders damit beauftragt, und da die Indianer dies nicht wußten, so behandelten sie den kleinen, alten Mann mit dem verschmitzten Gaunergesicht als eine Art von heimlichem Vertrauten, weil er doch immerhin seine Haut riskierte, um sie in den Besitz des verpönten Labsals zu setzen. Zugleich brachte Old Tom auch stets die letzten Neuigkeiten mit, und man hörte ihm gern zu, wenn man auch wußte, wie sehr der alte Sünder log.

Das Tauschgeschäft war bald beendet. Gleichgültig hatten die Männer eingehandelt, was sie brauchten, in einem Wigwam war auch ein geheimnisvolles Fäßchen verschwunden; und nun wurden die Frauen beschenkt, und unter die Kinder warf der Hausierer, der natürlich bei dem ganzen Handel am besten weggekommen war, Kandiszucker.

„Hüte Dich, Häuptling,“ wandte er sich dann, als er damit fertig war und sich nun mit dem Packen der Felle beschäftigte, mit so lauter Stimme an einen älteren, herkulisch gebauten Krieger, daß ihn das ganze Dorf hören mußte, „ich komme eben aus dem Lager der Cherokesen. Ihre Krieger haben etwas gegen Euch vor. Mich geht’s ja eigentlich nichts an, denn ich bin ein friedliebender Trader und darf mich auch in so etwas nicht mischen, aber Ihr seid doch meine Freunde, und ich möchte Euch daher warnen. Die Cherokesen graben den Tomahawk aus, sie sind nach den Skalpen der Sioux lüstern. Habt Ihr noch nichts von dem fremden Indianer gehört, der von einem Lagerfeuer der Cherokesen zum anderen geht? Er fordert zum Kampfe gegen Euch auf.“

„Die Cherokesen sind feige Hunde,“ entgegnete der rote Adler ohne irgend welche Ueberraschung, den die alte Feindschaft mit dem genannten Stamme hatte immer bestanden. Erst kürzlich noch war es zwischen Cherokesen und Sioux wieder zum Kampfe gekommen, und zwar eines mit letzteren eng befreundeten Trappers wegen, der einen Cherokesen auf der Jagd erschossen hatte. Erst der Tod des Trappers hatte dem blutigen Streite ein Ende gemacht.

Auch die anderen Indianer, die die Worte des Indiantraders gehört hatten, schienen ihnen keine besondere Beachtung zu schenken.

„Der fremde Indianer,“ fuhr der Händler trotzdem mit krähender Stimme fort, „von dem niemand weiß, woher er gekommen ist, behauptet, der große Geist selbst habe ihn aus den ewigen Jagdgründen zu seinen Söhnen, den Cherokesen, geschickt, um ihnen zu sagen, daß alle Büffel ihnen gehörten und ebenso alle Skalpe der Sioux, die er hasse. Die Cherokesen nennen ihn ‚den Sohn des großen Geistes‘, sie bewundern ihn, weil er ihnen so schöne Versprechungen macht – na, wie gesagt, mich geht’s nichts an, aber hütet Euch vor den Cherokesen und diesem Lügner. Denn es könnte sein, daß er auch zu Euch kommt, um Euch mit schönen Worten, die ihm wie Honig aus dem Munde quellen, einzuschläfern, damit dann die feigen Cherokesen über Euch herfallen können.“

 

Mochten diese Worte auch noch so aufregend sein, man brachte dem Erzähler nur Gleichgültigkeit entgegen, denn man kannte ihn bereits als Schwätzer.

Da sprengte ein Reiter auf schäumendem Pferde über die Waldblöße daher und schwang sich neben dem Wagen aus dem spanischen Sattel. Es war eine wilde, in Leder gekleidete Gestalt. Neben dem modernen Revolver trug der Reiter auch den indianischen Tomahawk im Gürtel. Seinem ganzen Aussehen nach war er offenbar ein Mestize, der Abkömmling eines weißen Trappers und einer roten Squaw. Man kannte ihn im Lager der Sioux. Dieser Mann lebte ebenso wie sein Vater ungebunden als freier Jäger. Wo er sich des Abends zum Schlafen niederlegte, dort war er zu Hause, er verdarb es dabei mit niemandem, sodaß er bei fast allen Indianerstämmen Gastfreundschaft genoß. Weil ihm die vordersten Glieder der Finger an der linken Hand fehlten und er sich durch keine That einen besonderen Ehrennamen verschafft hatte, wurde er allgemein ‚Kurzhand‘ genannt.