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Der rote Messias

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Der das Fenster zuerst erreichende Sergeant traute seinen Augen nicht. Das Fenster lag in der zweiten, sehr hohen Etage – und doch rannte der Häuptling schon über den Hof – mit ungebrochenen Gliedern.

„Schießt! Schießt!“ schrie der Oberst, der sich aufgerafft hatte und ebenfalls an das Fenster gesprungen war.

Mehrere Schüsse fielen. Keiner schien getroffen zu haben. Doch wohin wollte der Indianer? Er rannte gerade auf die vier Meter hohe Mauer zu, deren Sims kein Panther, viel weniger ein Mensch mit einem Sprung erreichen konnte. Wohl warf sich ihm die Schildwache, das Bajonett fällend, in den Weg und stieß zu, doch sie stieß nur in die Luft. Schon im nächsten Augenblicke stand der Häuptling auf den Schultern des verdutzten Soldaten. Noch ein Satz, und er voltigierte von den Schultern wie ein Kunstreiter die Mauer hinauf und winkte, unter dem Krachen einer ganzen Salve, noch einmal mit der Hand zurück.

Die Erstürmung des Forts

„Es ist nicht möglich, ich habe das nur geträumt,“ ächzte der Oberst, sich den zerschlagenen Kopf reibend. „Wie kam der Kerl über die Mauer?“

„Sie werden noch etwas ganz anderes erleben, Oberst,“ sagte der Missionar ernst. „Sie werden sehen, daß ich recht hatte, wenn die von ihm angeführten Indianer allen Ihren Magazinkugeln und Kartätschen trotzen. Noch geschehen Zeichen und Wunder. Doch ich that meine Pflicht, ich habe Sie gewarnt.“

„Sie kommen, sie rücken an!“ schrie es da mit einem Male.

Im Augenblicke der Gefahr kehrte dem Oberst die Besinnung zurück; mit donnernder Stimme erteilte er Kommandos. Schnell eilten die Soldaten auf ihre Posten, dann wurden die stets geladenen Kanonen auf die Rothäute gerichtet, die jetzt in geschlossener Reihe aus dem Walde hervorstürmten.

Und es war eine ganz seltsame Reihe, die sie bildeten, eine Art von doppeltem Gänsemarsch. Erst als sie näher kamen, erkannte man, daß es ungefähr hundert Mann waren, die einen langen, schweren Baumstamm zwischen sich trugen. Dieser Versuch, auf solche Weise das Thor zu rammen, war eine ganz neue Methode in der indianischen Kriegführung, und die Rothäute schienen die Wirkung der Geschütze ganz vergessen zu haben. Die hinter ihnen herschwärmenden Indianer waren gar so wahnsinnig, sich nur mit Bogen und Pfeilen bewaffnet zu haben, und das Gewehr fehlte ihnen ganz.

„Feuer!“

Ein furchtbarer Donner, eine einzige Rauch- und Staubwolke – doch der Rammbaum tauchte daraus, von zweihundert Armen getragen, mit unverminderter Schnelligkeit hervor.

Noch mehrere Geschützsalven wurden abgegeben – aber ohne allen Erfolg, kein Mann stürzte.

„Himmel und Hölle!“ fluchte der Oberst mit aschbleichen Lippen. „Werden denn diese Rothäute wahrhaftig vom Teufel angeführt, oder bin ich behext? Einzelfeuer!“

Kanonen und Gewehre krachten, aber da donnerte auch schon der Rammwidder gegen das eiserne Thor, mit einem einzigen Stoße war es gesprengt, und die Indianer fluteten herein.

Es waren keine Feiglinge, welche die Fortbesatzung bildeten, sondern alles im Grenzkampfe erprobte Männer, und wie solche wollten sie sterben, im offenen Kampfe auf dem Hofe und sich nicht im Fort ausräuchern lassen, denn nun, da die Indianer einmal so weit gedrungen, war ja alles verloren.

Als erster stürmte ihnen der Oberst voran, den Degen in der Faust, und als erster stürzte er auch nieder, einen Pfeil im Herzen. Zum Kampf Mann gegen Mann kam es gar nicht, ein Pfeilhagel warf die ganze Garnison zu Boden.

„Kein Blaßgesicht wird gefangen genommen!“ übertönte jetzt Todespfeils Stimme das letzte Kampfgetöse, darauf eilte er in die Wachtstube, bemächtigte sich der Schlüssel und begab sich mit einigen anderen Häuptlingen in den Keller, wo die Branntweinfässer lagen. Diese wurden nun auf die Pulverkartätschen gesetzt, und dann legte man daran die Zündschnur.

Noch nicht einmal eine halbe Stunde hatte es gedauert, so sahen die Indianer, die sich zurückgezogen hatten, wie Fort Lamarie, in dem der ,ewige Friedens- und Freundschaftsvertrag‘ geschlossen wurde, der stets dem Worte, nie dem Sinne nach gehalten worden war, mit allen Toten und Lebendigen, die sich darin befanden, unter einer Feuergarbe, begleitet von ihrem Freudengeheul, in die Luft flog.

Dann aber richteten sich die Augen aller in ehrerbietigem Staunen, ja, fast mit geheimem Grausen, auf den Mann, der sich den Sohn des großen Geistes nannte.

Todespfeil befahl, die verwundeten und toten Indianer vor ihn zu bringen.

Es gab nur ganz leicht Verwundete, und zwar hatten sie fast ausnahmslos nur Quetschungen davongetragen, wie es bei dem Rammen des Thores und dann bei dem wilden Durcheinander auf dem Hofe fast unvermeidlich gewesen war.

Nur zwei Tote waren es, die man vor ihm niederlegte. Der eine war durch einen Pfeil getötet worden, der ihm von hinten in den Hals gedrungen, er war also versehentlich, wie es bei solch einem Handgemenge geschehen konnte, von dem Geschosse eines Kameraden getroffen worden. Den anderen aber fand man noch im Walde, und dieser hatte die Spitzkugel eines amerikanischen Soldaten in der Brust.

„Hier ist der Beweis,“ sagte Todespfeils tiefe Stimme. „Die Feuerwaffen der Blaßgesichter können Euch nicht treffen, nicht verwunden, der große Geist macht Euren Körper dagegen hart wie Stahl. Der Pfeil des Indianers aber durchdringt den roten Bruder nach wie vor. Deshalb seid einig, und Ihr werdet unbesiegbar sein. Und dieser?“ fragte er, auf den anderen Toten deutend.

„Es ist Büffelkopf. Er hat gestern heimlich Feuerwasser getrunken,“ entgegnete der rote Adler finster, und ein bestätigendes Murmeln ging durch den Kreis der Umstehenden.

„Auf!“ rief nun Todespfeil. „Vereinigen wir uns mit unseren Brüdern, die die anderen Forts genommen haben, und dann zum Rachezug gegen Osten, von dem wir vertrieben worden sind!“

Der erste Streit

Nicht viel anders als hier war es fast um dieselbe Zeit bei allen anderen Forts zugegangen. Sie alle waren von den sich gleichzeitig erhebenden Indianerstämmen, die dem betreffenden Fort am nächsten wohnten, im Sturme genommen worden. Nur der Schluß des Kampfes war oft ein anderer gewesen.

Die von dem roten Messias persönlich angeführten Sioux warfen sich nun auf ihre Mustangs und jagten auf das nächste, zehn Meilen entfernte Fort Pontival zu, um sich mit den dort kämpfenden Indianern, ebenfalls einem Stamme der Sioux, dessen Häuptling der graue Bär war, zu vereinen und dann geschlossen in Arkansas einzubrechen.

Vier Stunden brauchten sie zu dem Ritt. Am Nachmittage erreichten sie die hügelige Gegend, in der Fort Pontival lag. Erst verspürten sie einen Brandgeruch, dann hörten sie das Kriegsgeheul der Sioux – der Angriff auf das Fort mußte also später stattgefunden haben – und wie sie nun um einen Hügel bogen, lag das brennende Fort, in dem noch der Kampf Mann gegen Mann tobte, vor ihnen.

Dieses Fort bot, nachdem die Indianer das Thor mit dem Baumwidder, dessen Handhabung Todespfeil alle Stämme gelehrt, erbrochen hatten, einen ganz anderen Anblick dar, als Lamarie gleich nach Beendigung der Erstürmung.

Vor der Umfassungsmauer des sehr hoch gelegenen Forts lagen trotz ihrer ihnen prophezeiten Unverwundbarkeit zahlreiche Indianer als Leichen. Fast alle waren von Baumstämmen oder Felsstücken zerschmettert worden. Sie hatten wahrscheinlich das Thor nicht gleich beim ersten Anlauf mit der Ramme aufbrechen können, mußten länger davor arbeiten, und die Soldaten hatten von oben schwere Lasten auf sie gestürzt. Gegen den Tod des Zermalmtwerdens aber waren die Indianer nicht gefeit gewesen; massenhaft bedeckten ihre Leichen den Eingang zum Fort.

Jetzt war die Besatzung bis auf den letzten Mann niedergemacht worden, und die Rothäute, durch den Verlust ebenso erbittert, wie durch den Sieg berauscht, hausten, da sie unter keiner energischen, sie zurückhaltenden Führung standen, im Fort wie die Bestien oder eben – wie Indianer.

Todespfeil hatte seinen Leuten keine Zeit gelassen, Skalpe und Beute zu sammeln, er wollte weiter, weiter, – fort von diesem Schauplatze, wo das Skalpiermesser an Toten und noch Lebenden arbeitete, wo die vorgefundenen weißen Frauen gemißhandelt und dann erst ermordet wurden, während man die Kinder in das auflodernde Feuer schleuderte und ihre Köpfe an der Mauer zerschmetterte.

Es waren entsetzliche Scenen, wie sich solche eben in jedem Indianerkampfe wiederholen.

Todespfeil hörte plötzlich ein neues Kampfgeheul, er stürmte deshalb, von einigen seiner Leute gefolgt, rasch in das brennende Fort, und – da traf ein, was er gefürchtet hatte!

Die Indianer hatten sich des Branntweinvorrates bemächtigt, so wie früher, wenn sie einmal eine Handelskarawane überfallen hatten. Das Feuerwasser erschien ihnen wiederum als das Begehrenswerteste auf Erden, war wieder neben dem Skalp die schönste Beute, die dem Sieger winkte, und sie hatten in ihrer Wut und in ihrem Siegesrausch alle Warnungen der Messias und ihre eigenen Versprechungen vergessen, sie wußten nicht mehr, was sie thaten.

Und so ließen sie das Labsal, das irdische Sorgen vergessen und den Menschen zu Gott machte, in Eimer rinnen und tranken daraus, oder sie schöpften es mit hohlen Händen aus den Fässern und sprangen, unter ihnen auch der graue Bär, hinein. Aber es gab auch Vernünftige darunter, die mehr an die Zukunft dachten. Diese waren jenen nachgeeilt und suchten die Rasenden mit drohend geschwungenen Waffen von den Fässern abzuhalten, sodaß es bereits zum Kampfe gekommen war.

Hier schlürfte einer noch das feurige Naß mit gierigen Zügen, dort röchelte ein anderer mit der Todeswunde in der Brust am Boden. Sein Blut vermischte sich mit dem Branntwein, und trotzdem leckte es ein anderer noch auf. Ueberall ein Trinken und Morden, es war eine blutige Orgie der furchtbarsten Art.

„Unglückliche!“ überdonnerte da Todespfeils Stimme das Geheul. „Habt Ihr meine Lehren vergessen? Ihr seid alle des Todes!“

 

Augenblicklich verstummte der Lärm, die Rasenden kamen wieder zur Besinnung, wenn diese auch nicht lange währte und keine Besserung bedeutete. Eine Beschämung war nicht vorhanden. Die vor Wut funkelnden Augen blieben dieselben, und diejenigen, welche die Trunkenen von den Branntweinfässern hatten abhalten wollen, blickten hilfesuchend auf ihren Messias.

„Wer nur einmal wieder, nachdem er meine Worte gehört hat, seine Zunge in Feuerwasser taucht, ist dem Tode verfallen,“ fuhr dieser drohend fort, und doch lag tiefer Schmerz in seiner Stimme, „und wer das Blut seines roten Bruders vergießt, dessen Blut wird wieder vergossen werden, so spricht mein Vater, der große Geist.“

„Wir wehrten sie nach Deinem Befehl von dem Feuerwasser ab,“ sagte ein Krieger, dessen Tomahawk von Blut gerötet war.

„Dennoch ist nun der Zauber von Dir genommen, und nur einmal konnte ich ihn Dir geben,“ entgegnete Todespfeil düster.