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Der rote Messias

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Da wankte eine riesige Gestalt heran. Es war die des grauen Bären. Auch er hatte sich an dem Gelage beteiligt. Auch gegen ihn mußte sich eine Waffe aus dem eigenen Stamme erhoben haben, denn über seine nackte Brust zog sich ein klaffender Riß. Das Feuerwasser hatte also das strenge Verhältnis zwischen dem Häuptling und den Kriegern aufgelöst. Seine stieren Augen glühten, aber wenn der Branntwein auch schon den Gebrauch seiner Glieder etwas gelähmt hatte, seiner Sinne war er doch noch mächtig.

„Du lügst!“ donnerte er Todespfeil an. „Liegen nicht draußen meine Krieger erschlagen? Dein Wort hat uns nicht unverwundbar gemacht! Nicht durch Deinen Zauber, sondern durch unsere Tapferkeit haben wir dieses Fort erstürmt, und Du sollst uns nicht wehren, den Blaßgesichtern ihre Skalpe zu nehmen und ihr Feuerwasser zu trinken, das uns neuen Mut giebt, denn so haben es unsere Väter auch gemacht. Wir sind tapfere Krieger, wir brauchen Deinen Zauber nicht!“

Todespfeil blieb ihm die Antwort schuldig, er rechtfertigte sich auch nicht. In dem Blicke, mit dem er den trunkenen Häuptling maß, lag mehr Betrübnis als Verachtung und Zorn.

Erst das Zusammenbrechen des brennenden Forts machte dem Zechgelage und der blutigen Orgie ein Ende, und nur wenige Sioux des anderen Stammes waren es, die sich dem Messias als Gläubige auf seinem Zuge nach Osten anschlossen.

Schon also hatten sich die Indianer in zwei Parteien gespalten. Die einen hielten zu dem Verkünder der neuen Lehre, die anderen, berauscht und sinnlos geworden durch den ersten Erfolg, blieben bei der alten Sitte, den Krieg als ein blutiges Schlachtfest zu betrachten, bei dem auch die Zechereien nicht fehlen durften.

Dem Untergange geweiht

In ganz Amerika war eine Panik ausgebrochen.

Was waren die früheren Indianerkriege, mochten sie auch oft genug Jahrzehnte gewährt haben, im Vergleich zu diesem, und noch dazu in einer Zeit, da man den Indianern keinerlei Bedeutung mehr beimaß und sie schon für ausgestorben hielt! –

Der Witz, daß eine Indianerdeputation vom ,alten Vater‘ die Räumung Amerikas verlangt hatte, war bekannt geworden, man hatte viel darüber gelacht und auch über den neuen Indianerheiland gespottet – nun aber war aus dem Witz furchtbarer Ernst geworden.

An einem Tage waren sämtliche zweiundzwanzig Forts an der Indianergrenze den Rothäuten in die Hände gefallen! Das war schon eine entsetzliche Nachricht. Was aber auch die stolzesten Yankees erschreckte, das war die Einigkeit der Indianer, wie sie bis jetzt noch nie dagewesen.

Sollte der rote Messias sie wirklich unverletzlich gemacht haben? Viele Augenzeugen beschworen es, sie hatten gesehen, wie die anderen Feuerwaffen keine Wirkung auf die die Forts stürmenden Indianer hervorbrachten. Leichtgläubige erzählten es natürlich sofort nach. Hier war eben ein Wunder geschehen. Die Nüchternen spotteten darüber, sie schoben die Schuld dem schlechten Schießen der wenig geschulten Truppen zu.

Ihre Ansicht bestätigte sich auch. Denn wie schon bei dem Nehmen des Forts viele Indianer getötet worden waren, so gab es auch bei jedem weiteren Kampfe viele Leichen auf ihrer Seite.

Aber die erschreckende Thatsache blieb doch bestehen, daß sich die Indianer in ihren Siegeszügen nicht aufhalten ließen.

Besonders energisch ging der vor, der sich für den Sohn des großen Geistes ausgab und die Unverwundbarkeit der Rothäute geweissagt hatte, wenn sie dem Genusse allen Branntweins entsagten. Das war eine sehr schlaue Anordnung gewesen, und daher hatte er auch mit den tausend Kriegern, die ihm folgten, den größten Erfolg.

Wie durch Zauber erschienen sie auf ihren schnellen ausdauernden Mustangs vor Little Rock, der Hauptstadt von Arkansas; es konnte ihnen nur eine schnell einberufene Militärmacht von zweitausend Mann entgegengestellt werden, und ehe die grenzenlos bestürzten Bürger noch ihre Waffen hervorholen konnten, um ihre Frauen und Kinder zu schützen, falls die Schlacht noch unglücklich auslaufen sollte, hatten die tausend Indianer das doppelt so große Heer an gut bewaffneten Soldaten schon auseinander gesprengt. Wie ein Würgeengel hatte besonders der auf einem weißen Pferde sitzende rote Messias unter ihnen gehaust, und nun flohen die Einwohner von Little Rock, alles im Stich lassend, Hals über Kopf davon, als wenn die Furien hinter ihnen her wären, und die roten Teufel folgten ihnen wirklich, denn sie hielten sich nicht einmal wie sonst mit Skalpieren, Beute machen und Zechgelagen auf.

Die Staaten Kansas, Arkansas, Missouri und Texas befanden sich bereits im Besitze der Indianer; die ganze Gegend war ein Leichenfeld mit brennenden Städten, Dörfern und Ansiedelungen.

Da schien es Wahrheit werden zu wollen, daß die Indianer nicht eher ruhen würden, als bis ganz Amerika von einem Ocean bis zum anderen wieder in ihrer Macht sei.

„Bis nach New-York ist noch ein weiter Weg,“ sagte aber im sicheren Regierungsgebäude zu Washington der Kriegsminister, „ehe sie ihn halb zurückgelegt haben, werden sie erschöpft sein. Bis dahin können wir auch unsere Maßregeln treffen, und dann soll der letzte Indianer für diesen Frevel büßen. Einen indianischen Freistaat giebt es dann nicht mehr, dieses fette Land fällt uns dann auch zu.“

Er sollte recht behalten.

Schon begannen die mit keinem Proviant versehenen Sieger Hunger zu leiden, denn vor ihnen lag ein verwüstetes Land, auf dem kein Halm mehr gedieh, und alles Vieh wurde von den Fliehenden, wenn sie es nicht rechtzeitig in Sicherheit treiben konnten, getötet und der Verwesung überlassen. So waren die Indianer fast nur noch auf die Pferde der bei den Scharmützeln gefallenen Krieger angewiesen, und wenn der Zusammenstoß mit den versammeltem regulären Truppen, die ihnen entgegengestellt wurden, stattfand, mußten sie sich in einem völlig erschöpften Zustande befinden.

Aber so weit kam es gar nicht.

Die erste Armee, die zusammengezogen wurde, war auf einem noch unbesetzten Wege in das Indianerterritorium eingedrungen und rächte den entstandenem Schaden zunächst durch Niedermetzelung der allein in den Wigwams zurückgebliebenen Frauen und Kinder, denn selbst die ältesten Greise hatten sich dem allgemeinen Rachezuge angeschlossen.

Es dauerte lange, ehe die vorgedrungenen Rothäute etwas davon erfuhren, als sie aber wußten, was hinter ihrem Rücken sich ereignet hatte, da siegte doch die Familienliebe über das Rachegefühl und über die Kampfeslust, die beide sich überhaupt schon ausgetobt hatten. Dazu kamen noch die beständigen Strapazen des Marsches, die schließlich selbst einer ausdauernden Rothaut zu viel werden mußten.

Wer die Kunde vernahm, drehte um und eilte zurück nach den heimatlichen Dörfern, um noch zu retten, was zu retten war; und wenn man nur noch die Leichen der Frauen und Kinder fand, dann mußte zuerst Rache an den Mördern genommen werden, das war die nächste Pflicht.

So ging es zurück durch völlig verödete Gegenden, hunderte von Meilen weit, und auch Todespfeil hatte seine Schar von diesem Rückzug nicht abhalten können.

Was sie fanden, übertraf noch alle Befürchtungen. Die eingedrungenen Yankee-Soldaten hatten ihren Auftrag gut ausgeführt. Innerhalb der Indianergrenze war kein Mensch mehr am Leben, der eine rote Haut gehabt hatte. Sämtliche Dörfer und Wigwams waren niedergebrannt worden, das ganze Land war ein schwarzer, qualmender Boden. Vor dem allgemeinen Savannenbrande waren die Wildherden nach allen Richtungen geflohen und würden nicht so bald wieder zurückkehren.

Die Soldaten hatten sich bei dem Wiedererscheinen der Indianer schleunigst zurückgezogen. Nur mit den Nachzüglern war es zu einigen untergeordneten Gefechten gekommen, und dann fiel den Indianern die ganze Bagage in die Hände, wenigstens ein ungeheurer Vorrat von Branntwein – es war, als wenn die Soldaten beauftragt gewesen wären, gerade dies den Siegern zu überlassen.

Nun waren die Indianer wieder da, wo sie von Anfang an gewesen waren, nur daß ihre Heimat sie auf Jahre hinaus nicht ernähren konnte. Sie standen vor einer furchtbaren Hungersnot, und außerdem lebte keine einzige Indianerin mehr – sie waren schon jetzt die letzten der roten Rasse, und kein Indianer würde mehr geboren werden.

Im Augenblick vergaßen sie ihre Verzweiflung über dem vorgefundenen Feuerwasser, um das fortwährend blutige Kämpfe entstanden, und dann wollten sie ihren Unmut an dem, der sie in all dieses Unglück gestürzt hatte, an ihrem erst göttlich verehrten Messias, auslassen. Doch dieser war verschwunden.