Tagebuch eines Hilflosen

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04.01.2019

Anlässlich der gestern begonnenen 116. Legislaturperiode des Kongresses der Vereinigten Staaten, der aus 100 Senatsmitgliedern und 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus besteht, hier mal ein kleiner historischer Vergleich bezüglich der Zahl an Frauen im Repräsentantenhaus:

1989: 16 Frauen bei den Demokraten / 13 Frauen bei den Republikanern

2019: 88 Frauen bei den Demokraten / 13 Frauen bei den Republikanern

05.01.2019

Der Freedom of Information Act (FoIA) ist das amerikanische Gesetz zur Informationsfreiheit. Als solches schafft es die Voraussetzungen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ist besonders für Medienvertreter und Interessengruppen eine Grundlage ihrer Arbeit, um an Informationen über Regierungshandeln zu kommen. Aufgrund des Shutdowns werden momentan aber keine Anfragen über die FoIA-Webseite entgegengenommen, obwohl die Webseite die Anfragen automatisch verarbeitet und laut einer Anweisung aus dem Justizministerium von 2017 Anträge auf Auskunft auch während eines Shutdowns angenommen werden müssen. Aber damit noch nicht genug der Ungereimtheiten: Denn während der einen Seite widerrechtlich Informationen vorenthalten werden, schafft die andere verbotenerweise Fakten, schließlich hat am 28. Dezember – und somit sechs Tage nach dem offiziellen Shutdown – das Innenministerium eine neue Richtlinie zu ebenjenem Freedom of Information Act vorgelegt, die es Antragsstellern künftig erschweren soll, Informationen über das Handeln staatlicher Einrichtungen zu bekommen. Die Frist für Kommentare zu dieser neuen Richtlinie endet am 28. Januar. Allerdings sind durch den Shutdown keinerlei Kommentare möglich. Die zugehörige Webseite nimmt nämlich keine an, und im Innenministerium arbeiten sie nicht. Zumindest nicht offiziell …

06.01.2019

Heute gibt es nichts zu sagen,

das ist wohl so,

an So ’n Tagen.

07.01.2019

Von den Sowjetmenschen lernen, heißt siegen lernen. So hieß es einst in der DDR. Und so heißt es auch heute wieder – in den USA. Allerdings wird die Losung dort eher inoffiziell gehandhabt, schließlich bezieht sie sich auf Fake-News- und Desinformationskampagnen. Eine solche haben nämlich, wie vor einigen Tagen herauskam, auch die Demokraten geführt, und zwar 2017, als es um die Senats-Kandidatur des republikanischen Hardliners Roy Moore in Alabama ging.

»Alabama austrocknen« hieß die Kampagne, die so tat, als fordere Moore ein landesweites Alkoholverbot. Tatsächlich aber standen dahinter von den Demokraten gesponserte Truppen, die sich allerdings als von Moores Austrocknungspolitik enttäuschte Republikaner ausgaben und überdies ihre eigens zu Täuschungszwecken geschaffenen Profile in den sozialen Medien mit tausenden Twitter-Accounts aus Russland verlinkten, weshalb es so wirkte, als sei Roy Moore nicht nur ein Feind des Alkohols, sondern auch ein Freund der Russen. Wie viele Wähler darauf reinfielen, ist nicht ganz klar, aber fest steht, dass Moore das Rennen um den Senatsplatz mit nur 1,5 % Rückstand auf seinen demokratischen Kontrahenten ziemlich knapp verlor.

Die gesamte Desinformationskampagne hat rund 200.000 Dollar gekostet. Bei 51 Millionen Dollar Gesamtausgaben für die Senatswahl in Alabama ein scheinbar kleiner Happen. Vielleicht aber derjenige, der Roy Moores Traum vom Senat endgültig zum Platzen gebracht hat.

Das Geld für die Kampagne kam übrigens vom LinkedIn-Gründer Reid Hoffman, einem Milliardär und, wie ich inzwischen gelernt habe, erklärten Freund der Demokraten (wenn auch offenbar nicht des Demokratischen). Aber wie dem auch sei, was mir dagegen niemand erklären kann, ist, wie erwachsene Leute auf eine Kampagne reinfallen können, die so tut, als sei Roy Moore ein Feind des Alkohols und ein Freund der Russen. Da müssten doch selbst desinformierte Gehirne laut »Widerspruch!« rufen …

PS: In der DDR hatte die Losung »Von den Sowjetmenschen lernen, heißt siegen lernen« noch einen zweiten Teil. Er lautete: »Kriegspakt mit Washington bringt Elend und Tod – Freundschaft mit der Sowjetunion Frieden und Brot!« Aber das ist lange her, und seitdem hat sich viel, wenn nicht gar alles, verändert. In Washington wie auch Moskau folgen sie jedenfalls inzwischen dem Motto: »Kriegspakt mit der Wahrheit bringt Stimmen und Posten – Freundschaft mit ihr würde sie uns nur wieder kosten!«

08.01.2019

Im politischen Geschrei der Tage, den groß angekündigten Reden und den klein gehaltenen Versprechen, den tonfüßigen Börsenkursen und den aufblondierten Blitzbirnen, die unser Dasein mit ihren Luftnummern zu flüchtigen Gigantomachien aufpumpen, in ihnen allen geht unter, was nie mehr hochkommen wird.

George, die letzte dunkelspitzige Oahu-Baumschnecke ist tot.

Sie starb am Neujahrstag auf Hawaii.

George hinterlässt niemanden.

Er geht uns allen voraus.

09.01.2019

Donald Trump hat gestern mit einer »Rede an die Nation« auf allen großen TV-Kanälen für seine Mauerpläne geworben. Inzwischen reiche ihm, so sagt er, sogar ein Stahlzaun statt einer Betonmauer, doch die Demokraten wollen auch davon nichts wissen. Offen gesagt kann ein Teil von mir auf eine gewisse Art und Weise (die dem anderen Teil in mir so gar nicht gefällt) Donald Trump und seinen Wunsch nach einer wie auch immer gearteten Mauer inzwischen verstehen. Denn Fakt ist, dass die illegale Einwanderung in die USA massive Probleme mit sich bringt. Und es ist auch ein Fakt, dass in fast einem Viertel der amerikanischen Haushalte kein Englisch, sondern Spanisch oder eine andere Sprache gesprochen wird. Zugleich ist es aber auch ein Fakt, dass die Einwanderer im Schnitt mehr Steuern zahlen als sie an Geld oder Sachleistungen durch staatliche Hilfsprogramme erhalten. Außerdem ist es eine Tatsache, dass die Zahl der illegalen Einwanderer aus Mexiko in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist und inzwischen mehr Mexikaner den Vereinigten Staaten den Rücken kehren als reinkommen. Die steigende Zahl an illegalen Einwanderern – die US-Grenzpatrouillen haben im Haushaltsjahr 2018 rund 521.000 von ihnen aufgegriffen, das sind 25,5 % mehr als im Jahr zuvor – kommt vor allem durch die wachsende Zahl an Migranten aus Mittelamerika zustande, die oftmals vor Gewalt und Armut aus ihren Ländern fliehen. Und als sei das alles noch nicht verworren genug, gibt es noch einen weiteren Fakt, der darin besteht, dass die ersten größeren Versuche zur Eindämmung der illegalen Migrantenströme in den 1990er-Jahren unter der Präsidentschaft Bill Clintons unternommen wurden. Überdies haben anno 2006 auch viele Demokraten, unter ihnen Barack Obama und Hillary Clinton, dem von den Republikanern initiierten »Secure Fence Act« zugestimmt, wodurch über 1.000 Kilometer an neuen Befestigungsanlagen entstanden sind, die dann übrigens unter Obama kontinuierlich ausgebaut wurden. Mit anderen Worten: Die politische Gemengelage und das Pro und Contra einer Mauer sind wesentlich diffuser, als es das um seine »Identität« besorgte politische Ich gemeinhin wahrhaben mag. Man könnte auch sagen: Die kartografische Klarheit einer gemauerten Grenzlinie ist indirekt proportional zur Breite der Argumente für oder gegen sie.

Dass Trump mit seiner Mauer vor allem die Symptome und nicht die Fluchtursachen bekämpfen würde, ist freilich auch klar. Die Frage ist nur: Führt die Bekämpfung vom Symptomen – in diesem Fall der Bau einer Mauer – irgendwann dazu, dass sich auch die Ursachen ändern, d. h. die Leute in ihren Ländern bleiben und die dortigen Regierungen, Parteien und zivilgesellschaftlichen Akteure dazu bringen, mehr gegen die wachsende Gewalt und Armut zu tun? Oder noch allgemeiner gefragt: Können Symptome zu Ursachen werden und Ursachen zu Symptomen? Oder ist die Geschichte eine Einbahnstraße und wir alle dazu verdammt, in unserem theoretischen Denken wie in unserem täglichen Dahingetrotte irgendwann gegen eine Mauer zu rennen?

10.01.2019

Von wegen Bauern lesen und schreiben nicht. US-Landwirtschaftsminister Sonny Perdue ist der erste Gastherausgeber von Successful Farming in der 116-jährigen Geschichte des Fachmagazins und hat zusammen mit einer Reihe von Mitarbeitern und Landwirten die Januar-Ausgabe erstellt. Aber das ist noch lange nicht alles, denn in North Dakota hat gestern ein Farmer Donald Trump einen offenen Brief geschrieben und mit seinem Traktor die Worte »Build the Wall« mit zehn Meter großen Buchstaben in sein Feld gepflügt.

Im deutschen Bauernverband würden sie da gern nachziehen. Aber die Leute hierzulande lesen nur noch die Landlust – Zeitschrift für Fiktionen übers Land, geboren aus den Realitäten der Stadt. Und was das Einpflügen politischer Forderungen in den heimatlichen Acker betrifft, so haben sie beim Bauernverband leider noch keinen gefunden, der genug Zeit und Fläche hat, um der Welt mitzuteilen: »Die Definition des Dauergrünlands ist so zu ändern, dass die Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen, die Anlage von Randstreifen oder die Stilllegung von Flächen einen bestehenden Ackerstatus der Fläche nicht infrage stellt. Auch ein Wechsel einer Grünfutterfläche muss als Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs eingestuft werden und den Fünf-Jahreszeitraum unterbrechen. Grundsätzlich muss eine Alternative zum Fünf-Jahreszeitraum gesucht werden, damit Landwirte sich nicht gezwungen sehen, Flächen allein wegen des Ablaufs dieser Frist zu bearbeiten.«

 

Dem habe ich nichts hinzuzupflügen.

11.01.2019

Eine dieser vermaledeiten Lebensweisheiten besagt: »Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.« Auf die nicht minder vermaledeite Syrien-Politik Donald Trumps bezogen, lautet der Satz: Auch der größte Truppenabzug beginnt mit dem ersten Kampffahrzeug. Denn selbiges hat heute Morgen die US-Truppenbasis in al-Remelan im Nordosten Syriens verlassen und ist rüber in den Irak gefahren. Ihm sind neun weitere Kampffahrzeuge der US-Streitkräfte gefolgt.

Und während die Vereinigten Staaten anfangen, Syrien zu verlassen, ist der IS gerade dabei, sich an seinen zehn Fingern abzuzählen, was der Rückzug der Amerikaner für ihn bedeutet. Das Ergebnis ist jedenfalls klar: Der Weg zurück zum dschihadistischen Kalifat ist noch weit, aber der erste Rückschritt ist heute erfolgt.

12.01.2019

Diese Pressefuzzis verstehen mich nicht. Hab im Wahlkampf gesagt, Mexiko zahlt für die Mauer. Das war eine Lüge. Heute sag ich: Ich hab nie gesagt, dass Mexiko für die Mauer zahlt. Das ist auch eine Lüge. Und was machen diese Medienheinis daraus? Sagen, ich würde die Leute belügen. Aber das stimmt nicht. Eine Lüge, die eine Lüge belügt, kann doch keine Lüge sein. Das ist die Wahrheit!

(Aus: Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht.)

13.01.2019

Die demokratische Kongressabgeordnete und linke Superhoffnungsträgerin Alexandria Ocasio-Cortez hat 70 % Einkommensteuer für Superreiche gefordert. Dazu gehören für sie all jene Leute, die 10 Millionen Dollar oder mehr im Jahr verdienen. Der übliche Schrei-Reflex ließ nicht lange auf sich warten. Die Demokraten, so riefen einige Reiche und noch mehr Republikaner, wollten den Leuten 70 % ihres sauer verdienten Geldes wegnehmen. Was natürlich ein ausgemachter Blödsinn ist. Denn erstens würde in einem progressiven Steuersystem nur der hohe Teil des Einkommens auch derart hoch besteuert, während die Zehn- und Hunderttausenden an Dollar, die ihm zugrunde liegen, einen deutlich geringeren Steuersatz hätten. (Aktuell zahlt z. B. ein verheiratetes Ehepaar 10 % Einkommensteuer auf die ersten 9.700 Dollar Jahreseinkommen, und für das, was zwischen 9.701 und 39.475 Dollar liegt, 12 %). Zweitens gibt es zahlreiche Abschreibungsmöglichkeiten, die gerade von den Reichen und Superreichen äußerst gern und intensiv genutzt werden. In den vergangenen 40 Jahren hat das oberste Einkommensprozent der US-Bürger deshalb real immer nur 20-25 % Steuern gezahlt, und zwar unabhängig davon, wie hoch der Spitzensteuersatz war. Was zu Punkt drei und einem Blick in die Geschichte führt. Denn 60-70 % waren einst völlig normal. In den 1950er-Jahren betrug der Spitzensteuersatz über 90 %. Erst 1964 fiel er unter 90 %, und verharrte dann zwischen 1971 und 1980 bei 70 %. Unter Ronald Reagan sank der Satz dann auf 50 %, und inzwischen beträgt er nicht einmal mehr 40 %, wovon besagte Abschreibungsmöglichkeiten noch abgezogen werden müssen. Gewiss, die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 70 % wäre kein Allheilmittel, um die Finanzen in den Griff zu bekommen, aber es wäre ein Schritt, um extrem hohe Einkommen zu problematisieren. Denn genau das muss getan werden: Diese Einkommen dürfen nicht länger als Selbstverständlichkeit angesehen werden, schließlich sind sie in vielen Fällen nicht Ausdruck besonderer Leistungen, sondern Zeichen besonderer Skrupellosigkeit, Ausbeutung und Gier. Und selbst, wenn die Leistung außergewöhnlich ist, wäre zu fragen, ob das Besondere dieser Leistung das Hundert-, Tausend- oder gar Hunderttausendfache an Lohn verdient – und wer dafür eigentlich zahlt. Mit anderen Worten: Der Deckel gehört nicht auf den Steuersatz, er gehört auf die Einkommen!

14.01.2019

Die Zahl der Wohnungslosen in den USA steigt. Seit zwei Jahren schon. Zuvor war sie sieben Jahre in Folge gefallen. Laut des aktuellen Homeless Assessment Report sind in den USA 553.000 Menschen wohnungslos. Ihnen mangelt es, so das Gutachten, an einer »festen, regelmäßigen und angemessenen Übernachtungsmöglichkeit«.

Donald Trump nimmt sich des Themas nur äußerst selten an. Wenn er überhaupt einmal von Wohnungslosen spricht, dann nur, um andere Gruppen wie Immigranten gegen sie auszuspielen oder von Einzelschicksalen zu berichten, die die Wohnungslosigkeit hinter sich gelassen haben und erfolgreiche Unternehmer geworden sind. Ansonsten interessiert ihn das Problem nicht. Im Grunde hat sich Donald Trump überhaupt nur einmal mehr oder weniger ausführlich zum Problem der Wohnungslosigkeit geäußert. Und das auf eine sehr sinnfällige Weise. In einem Interview, das der Playboy 1990 veröffentlichte, fragt der Journalist Glenn Plaskin Trump, warum er in einer Stadt wie Atlantic City, wo er mit seinen Hotels einen Haufen Geld verdiene, nichts gegen die um sich greifende Armut unternehme. Daraufhin antwortete der Hotelbesitzer Trump: »Gewählte Politiker sind verantwortlich dafür. Ich würde es hassen, wenn die Menschen mich für die Probleme der Welt verantwortlich machten. Schon jetzt kommen Menschen zu mir und fragen: ›Warum lässt du es zu, dass es all diese Wohnungslosen in den Städten gibt?‹, als würde ich die Situation kontrollieren. Ich bin keiner, der ein Amt anstrebt.«

»Wie wäre es, wenn Sie Ihren Einfluss geltend machen würden, um den Benachteiligten in Atlantic City zu helfen?«

»Jeder hat Einfluss, aber es ist ein Problem der Regierung.«

29 Jahre später scheint es keins mehr zu sein. Zumindest keins, das für Donald Trump von Bedeutung ist. Sein Stabschef Mick Mulvaney, der zugleich Direktor des Amtes für Verwaltung und Haushaltswesen ist, hat bereits Budgetkürzungen beim sozialen Wohnungsbau und anderen Hilfsprogrammen angekündigt.

15.01.2019

Die Zahl der von der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA angestrengten Strafverfahren wegen Umweltverschmutzung ist so gering wie seit 30 Jahren nicht mehr. Der Grund besteht aber nicht im Rückgang der Umweltverschmutzung, sondern in der zunehmenden Unmöglichkeit, sie zu verfolgen, schließlich ist bei der EPA in den vergangenen zwei Jahren in den betreffenden Bereichen massiv Personal abgebaut worden. Hinweisen auf Umweltverschmutzung kann dadurch nur noch teilweise nachgegangen werden, was die Beweisaufnahme zusätzlich erschwert und die Zahl der Strafverfahren weiter sinken lässt. Aber es gibt eine Möglichkeit, etwas zu tun. Auch ohne mehr Personal. Vielleicht würde es ja reichen, wenn sich die übrig gebliebenen Mitarbeiter der EPA zwecks Erhöhung des Verfolgungsdrucks den Sonderermittler Robert Mueller ins Haus holten. Der ist zwar seit über anderthalb Jahren dabei, den Einfluss Russlands auf die Präsidentschaftswahl 2016 zu untersuchen und somit anderweitig beschäftigt, aber es gibt ihn ja jetzt in Kopie. Seit heute können nämlich Robert-Mueller-Actionfiguren erworben werden. Und wer weiß, vielleicht reicht es ja, die Figur gut sichtbar in der Nähe der schlimmsten Dreckschleudern aufzustellen und – wenn schon nicht auf Einsicht – auf die Wirkung der Aussicht zu hoffen. Sozusagen in Umkehr des bekannten Befundes, wonach die Leute mehr Geld geben, wenn über der Spendenbox ein Bild mit einem finster dreinblickenden Paar Augen aufgeklebt ist. Vielleicht blasen sie ja auch weniger Dreck in die Luft, wenn ihnen ein 15 cm großer Herr gegenübersteht, dessen linke Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger streng nach unten auf den Boden des Gesetzes weist, während seine Rechte gefährlich nah an der Hüfte schwebt, jederzeit bereit, den imaginären Colt zu ziehen.

16.01.2019

Zahlreiche Demokraten fordern eine Anhebung des Mindestlohns bis 2024 auf 15 Dollar pro Stunde. Aktuell werden 7,25 Dollar gezahlt. Donald Trumps oberster Wirtschaftsberater Larry Kudlow ist strikt dagegen. Aber er will nicht nur keine Anhebung, er findet, dass es überhaupt keine Mindestlöhne geben sollte. Das ist die bekannte Verweigerungshaltung der Besitzenden. (Kudlow selbst hat für 2017 ein Einkommen von über 800.000 Dollar angegeben, hinzu kommen zwei Millionen Dollar Vermögenswerte und Immobilienbesitz in unbekannter Höhe). Aber vielleicht steht hinter der Verweigerungshaltung und dem Wunsch, die Lohngrenzen nach unten ebenso zu öffnen wie sie es nach oben lange schon sind, noch mehr. Denn, wenn es keinen Mindestlohn mehr gibt, würde auch die Rechengrundlage für jene Analysen wegfallen, die allesamt zeigen, dass der Mindestlohn in den USA inflationsbereinigt seit 50 Jahren kontinuierlich gesunken ist.

17.01.2019

Ich habe lang nichts mehr von meinem Anagramm-Generator gehört. Also habe ich ihn aus seiner Buchstabenstarre gerissen und ihn gefragt, was er von »Melania Trump« hält.

»Primatenmaul«, hat er gesagt.

Meine Fresse!

18.01.2019

Also, ich weiß ja nicht, unter welchen Kriterien das US-Militär früher seine Orte für Armeestützpunkte ausgesucht hat (und aktuell immer noch aussucht), aber wenn ich mir den heute erschienenen Bericht über die Auswirkungen des Klimawandels auf das Verteidigungsministerium so durchlese, scheint die Ortswahl nicht immer die Beste gewesen zu sein. Von 35 untersuchten US Air Force Stützpunkten sind nämlich 20 wiederholt überflutet worden, 20 haben mindestens einmal unter extremer Trockenheit gelitten, vier unter Wüstenbildungen und 32 von 35 sind bereits Opfer von Buschfeuern geworden. Kein Wunder, dass es Donald Trump vorzieht, die USA künftig stärker vom Weltraum aus zu verteidigen.

19.01.2019

Ben Shapiro, ein rechtspopulistischer amerikanischer Politik-Kommentator und Anwalt, hat gestern während der alljährlichen Pro Life Demonstration der Abtreibungsgegner in Washington D. C. erklärt. »Die Wahrheit ist, kein Abtreibungsgegner hätte den kleinen Baby-Hitler getötet.« Denn: »Baby-Hitler war ein Baby.«

Anschließend verlas Shapiro einige Werbeanzeigen seiner Sponsoren, da er mit seinem Podcast, der die Rede ausstrahlt und jeden Monat über zehn Millionen Mal heruntergeladen wird, auch ein bisschen Geld verdienen will.

Der Führer hätte sich über so viel Chuzpe gewiss gefreut. Denn wie schreibt Hitler in Mein Kampf: »Jede Reklame, mag sie auf dem Gebiete des Geschäftes oder der Politik liegen, trägt den Erfolg in der Dauer und gleichmäßigen Einheitlichkeit ihrer Anwendung.«

PS: Dass Shapiro aus einer jüdisch-russischen Familie kommt und in den USA auf einer Anti-Abtreibungsdemo Partei für einen kinderlosen deutschen Obernazi ergreift, mag zunächst verwirrend erscheinen, doch waren unheilige Allianzen schon immer eine Domäne der Dämonen.