Tagebuch eines Hilflosen

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06.07.2017

Anlässlich seiner Reise nach Deutschland und Polen verfasste Präsident Trump eine Grußadresse an die Alte Welt. Wir geben sie hier im vollständigen Wortlaut wieder:

»E, Uropa!«

07.07.2017

Am 11. Oktober 1986 trafen sich Reagan und Gorbatschow in Reykjavík, um über Abrüstung zu sprechen. Es gab kein Staatsbankett, keine Hymnen, keinen roten Teppich, keinen riesigen Tross überzüchteter Gehirne. Nur ein einfaches Holzhaus am Rande der Stadt, in dem man sich traf. Für ein paar hunderttausend Dollar an Kosten gab es zwar keine Einigung, aber einen Anfang.

Heute, wenn Trump und Putin sich in Hamburg treffen, auf einer extra für sie errichteten Insel inmitten der Stadt, gibt es für hunderte von Millionen noch nicht einmal den.

08.07.2017

Transkription eines Gesprächs zwischen Donald Trump und Wladimir Putin am Rande des G-20-Gipfels heute in Hamburg:

[…]

Trump: Jetzt mal ehrlich, Wladimir, habt ihr unsere Wahl gehackt?

Putin: Nein!

Trump: Verdammt, ich hab letztens gesagt, ihr wart’s.

Putin: Dann sag einfach, wir waren’s doch nicht.

Trump: Aber dann widerspreche ich mir.

Putin: Das ist nicht schlimm. Wir beide sind schließlich Meister in Doppeldenk und Neusprech, nicht wahr? Du musst nur noch lernen, das in die richtigen Worte zu packen. Zum Beispiel in die eines Gedichts.

Trump: Warum ein Gedicht?

Putin: Weil niemand Gedichten misstraut. Zitiere ein Gedicht und man hält dich für einen guten und friedfertigen Menschen.

Trump: Aber ich kenne keine Gedichte. Und ich bin auch kein …

Putin: Ich weiß, ich auch nicht. Aber ein Gedicht habe ich trotzdem gelernt. Sogar auswendig. Es ist von einem Amerikaner.

Trump: Ein Amerikaner? Sehr gut, schieß los!

Putin: Also gut, sprich mir nach: »Widerspreche ich mir?«

Trump: »Widerspreche ich mir?«

Putin: »Wohlan, ich widerspreche mir.«

Trump: »Wohlan, ich widerspreche mir.«

Putin: »Das ist ein Zeichen von Größe, ich vereine vieles in mir.«

Trump: »Das ist ein Zeichen von Größe, ich vereine vieles in mir. Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten.«

Putin: Ich hätte es nicht besser sagen können …

(Und beide ab.)

09.07.2017

Manchmal, wenn mir die Welt im Allgemeinen und Trumps Politik im Besonderen vollkommen irre vorkommt und alles und jeder durchzudrehen scheint, lese ich Landwirtschaftsnachrichten aus dem Mittleren Westen. Da sind die Katastrophen erdiger, und wenn ich die Diskussionen der Bauern in den einschlägigen Foren verfolge, habe ich das Gefühl, dass das Böse besiegt werden kann. Gerade wird über den Japankäfer debattiert, eine Art biologischer Kamikaze-Bomber mit grünem Kopf und kupferfarbenem Körper, der am liebsten das grüne Gewebe zwischen den Blattadern wegmampft, und zwar derart komplett, das selbst der hartgesottenste Bauer von Skelettierfraß spricht. Aber damit soll’s jetzt vorbei sein. Ab sofort wird dem Käfer mit Seifenwasser zu Leibe gerückt. Das Landwirtschaftsministerium von North Dakota ist informiert. Amerika befindet sich im saubersten Kampf seiner Geschichte.

10.07.2017

Donald Trumps Top-Fundraiser heißt Mr. Obst. Er sorgt dafür, dass den Leuten Millionen an Dollars aus den Taschen fallen. Er braucht sie dann nur noch einzusammeln. Wie reife Früchte vom Baum der Erkenntnis. Der in diesem Fall ein Baum des Bekenntnisses ist. Wer spendet, bekennt sich zu Donald Trump. Und zu Vizepräsident Mike Pence. Ebenjenem Mike Pence, der ebenfalls fleißig am Geldsammeln ist und in privaten Fundraising-Dinners in seinem Amtssitz regelmäßig Hedgefonds-Manager, Chefs ultrakonservativer Think-Tanks, die Vorstände von Dow Chemical oder den Öl-Multi Charles Koch einlädt, damit sie ungestört speisen und spenden und sprechen …

11.07.2017

In New Jersey hat der dicke Gouverneur, den kaum einer mag, letzte Woche alle öffentlichen Strände sperren lassen, weil man sich in seinem Bundesstaat nicht auf einen Haushalt einigen konnte. Dann hat sich der dicke Gouverneur mit seiner Familie an einen der geschlossenen Strände gelegt und gesagt, er dürfe das. Daraufhin mochten ihn noch weniger Leute. Einige haben ihm das gestern bei einer Anruf-Show im Radio zu verstehen gegeben. Der dicke Gouverneur aber hat gesagt, dass er ihre Kritik nicht verstehe und die Anrufer als Kommunisten bezeichnet.

Wenn er so weiter macht, fangen die Leute in Amerika noch an, die Kommunisten zu mögen.

12.07.2017

US-Landwirtschaftsminister Sonny Perdue hat ein zweites Amt. Seine Heimatkirche in Warner Robins, Georgia, hat ihn zum Missionar für Washington ernannt. Zu Recht, denn Perdue ist ein wirklich gläubiger Mann. Als er noch Gouverneur von Georgia war, hat er während einer langen Trockenperiode vor seinem Amtssitz ein »Prayer for Rain« abgehalten. Geregnet hat es danach zwar nicht, aber das ist auch ganz gut, denn Sonny Perdues Aufgabe ist es, den Sumpf in Washington trockenzulegen. Für morgen sind allerdings Schauer angekündigt und für Freitag Regen. Im Umkreis von Trump, so scheint’s, führt der Weg zur Moral durch den Morast.

13.07.2017

In Paris (Arkansas) trafen sich die Gemeindevertreter, besprachen politisches Klein-Klein und tauschten sich über die Finanzlage aus. Ergebnis: Die Stadt, so der Bürgermeister, sei »in good shape«.

In Paris (Frankreich) trafen sich Trump und Macron, besprachen politisches Groß-Groß und tauschten sich über ihre Frauen aus. Ergebnis: Macrons Frau, so Trump, sei »in good shape«.

Tja, das nenn ich mal ein echtes »pari«.

14.07.2017

Holy Shit! Notverordnung in Nevada! Weil die Nachfrage nach dem kürzlich per Gesetz legalisierten Marihuana so groß und die Zahl der Vertriebslizenzen so klein ist, wurden durch ein sogenanntes »Statement of Emergency« des Gouverneurs kurzerhand neue Lizenzen ausgestellt.

Für den Gouverneur ist es ein simpler Verwaltungsakt, für die Potheads dagegen ein himmlisches Ereignis, die Verwirklichung ihrer heiligen Trinitätslehre: Gesetzeserweiterung – Lizenzerweiterung – Bewusstseinserweiterung.

15.07.2017

Trump hatte im Mai mehr Geld fürs Militär verlangt und ein Jahresbudget von 668 Milliarden Dollar gefordert. Dem Repräsentantenhaus war das allerdings noch immer zu wenig. Also hat es ihm gestern 696 Milliarden gegeben. Sogar ein Großteil der Demokraten hat dafür gestimmt.

Und das Geld wird auch wirklich benötigt, denn in der entsprechenden Beschlussfassung wird der Klimawandel als nationales Sicherheitsrisiko bezeichnet. Mit anderen Worten: Wenn die einen viel Kohle verfeuern, dürfen die anderen noch mehr Kohle verfeuern. Ein echt kohlegiales Miteinander. Nur ist das Ergebnis leider ein – Kohllateralschaden.

16.07.2017

Die Welt will ins Gleichgewicht gebracht werden, und wenn einer eine Rolle rückwärts macht, muss ein anderer eine vorwärts tun … Nachdem gestern viele Demokraten dafür gesorgt haben, dass das Pentagon den Anstieg des Meeresspiegels künftig in Dollarscheinen abbilden kann, hatte heute ein Reporter von Trumps Haus-und-Hof-Sender Fox News einen lichten Moment. »Warum folgt Lüge auf Lüge auf Lüge?«, hat Shepard Smith mit Blick auf Donald Trump, dessen Sohn und Russland gefragt. Die Antwort lieferte ihm eine Sentenz aus Walter Scotts Marmion. Darin heißt es: »Oh, welch verworren Netz wir weben, wenn wir nach Trug und Täuschung streben …«

17.07.2017

Das Weiße Haus wird eine »Made in America«-Woche veranstalten. Ich empfehle Ivanka Trumps Klamotten, Taschen und Schuhe. Die werden zwar in Vietnam, Indonesien, China, Indien, Bangladesch und Äthiopien hergestellt, aber die Idee für das »Women who work«-Schild, das überall dranhängt, stammt von Ivanka, genau wie der Slogan, der draufsteht. Er lautet: »Handle zielstrebig.« Aber vielleicht galt der auch nur der Polizei in Bangladesch, die sehr zielstrebig gehandelt und im Dezember einen Streik von Näherinnen, die ein Ende der Ausbeutung und eine faire Bezahlung forderten, mit Gewalt aufgelöst hat. Anschließend wurden Tausende Frauen von den Fabrikbesitzern entlassen.

Viele Firmen haben dagegen protestiert, Ivankas Firma nicht. Ivanka hat schließlich andere Sorgen. Sie muss ihr Image als Kämpferin für Frauenrechte pflegen. Außerdem arbeitet sie Vollzeit im Weißen Haus. Eine Themenwoche steht an. Es ist alles mad in America.

18.07.2017

Heute vor 92 Jahren erschien Hitlers Mein Kampf. Das Buch verkauft sich in den USA seit jeher ganz gut. Wobei auch die US-Regierung Kasse gemacht hat. Als die Vereinigten Staaten dem Deutschen Reich 1941 den Krieg erklärten, gingen nämlich – durch den »Trading with the Enemy Act« sowie einen Präsidialerlass von Präsident Roosevelt – die Rechte an der amerikanischen Übersetzung des Werkes vom Verlag Houghton Mifflin an die USA über. Zudem wurde der Verlag gezwungen, die 30.000 Dollar, die er bis dahin mit dem Buch verdient hatte, an eine Bundesbehörde zu überweisen. Und die Einnahmen sprudelten weiter: Allein bis Kriegsende verdiente die US-Regierung nochmal mehr als 20.000 Dollar mit Hitlers Werk. (Da Houghton Mifflin als Produzent des Buches fungierte, fielen freilich auch für den Verlag weiterhin ein paar Dollar ab, ebenso für die Literaturagentur Curtis Brown Ltd., die den Deal zwischen den deutschen und amerikanischen Verlegern eingefädelt hatte und im Laufe der Jahre Tausende Dollar dadurch verdiente.)

 

Als Houghton Mifflin die Rechte an der Übersetzung des Buches 1979 von der US-Regierung zurückerwarb, waren durch Hitlers Buch insgesamt über 130.000 Dollar in die Staatskasse geflossen, wobei das Geld direkt in einen sogenannten »War Claim Fund« eingezahlt worden war, aus dem ehemalige amerikanische Kriegsgefangene Unterstützung erhielten. Damit war es ab 1979 vorbei, denn von da an flossen die Gewinne wieder in die verlagseigenen Taschen. Bis ins Jahr 2000 kamen dadurch schätzungsweise 500.000 Dollar zusammen. Zumindest war das die Größenordnung, die am 16. Oktober 2000 in einem Artikel des U.S. News & World Report genannt wurde. Titel des Beitrags: »Money from a Madman: Houghton Mifflin’s ›Mein Kampf‹ Profits.«

Der Verlag sah sich infolge des öffentlichen Drucks gezwungen, auf die Einnahmen zu verzichten und die bisherigen ebenso wie alle künftigen Gewinne zu spenden. Das geschah lange Zeit anonym, aus Angst, die Empfänger könnten es ablehnen, wenn sie von der Herkunft des Geldes erfahren. Aber das hat sich geändert. Seit letztem Jahr geht das Geld, wie der Verlag mitgeteilt hat, an den in Boston ansässigen »Jewish Family and Children’s Service«, der sich um Überlebende des Holocaust kümmert. Und es kommt immer noch einiges zusammen. Allein 2016 wurden über 15.000 Exemplare von Hitlers Mein Kampf in den USA verkauft. Donald Trump gehört allerdings nicht zu den Lesern. Er bevorzugt, wie man aus einem Interview weiß, The Speeches of Adolf Hitler.

19.07.2017

»Obamacare ist gefallen. Ein alter Mann ohne Lippen hat ihm den Garaus gemacht. Krankheit und Tod unzähliger Menschen werden Mitch McConnell in den Rang eines Unsterblichen heben.«

Diese Zeilen hatte ich vor zwei Tagen geschrieben, in der Erwartung, dass die Republikaner im US-Senat ihren Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform durchkriegen. Aber sie haben es nicht geschafft – und dennoch bleiben diese Zeilen bestehen. Als Zeichen dafür, dass es die Aufgabe jeder Geschichtsschreibung ist, die Alternativen mitzuerzählen, in dem Wissen, dass alle historischen Tatsachen immer nur das Produkt einer Sammlung von Möglichkeiten sind, von denen einige zum Fakt geronnen sind und viele andere nicht.

20.07.2017

Ein halbes Jahr führe ich nun schon dieses Tagebuch, und mit jedem Eintrag, den ich schreibe, wächst die Hilflosigkeit. Mit der Hilflosigkeit aber wächst dieses Tagebuch. Ich drehe mich im Kreis. Ich umkreise eine Präsidentschaft. Ich bin ein Hilfloser, der Bericht von einem anderen Hilflosen gibt. Nur dass er es im Gegensatz zu mir nicht bemerkt.

21.07.2017

Aus den Tiefen der Geschichte an die Oberflächen der Republikanischen Partei: Die John Birch Society ist wieder da! Über 100.000 Mitglieder waren es mal, damals in den 1950er- und 60er-Jahren. Und sie hatten eine Mission: Sie wollten die kommunistische Unterwanderung der USA beenden. Aber die Kommunisten sind nie gekommen – und die John Bircher irgendwann gegangen. Einer nach dem anderen, bis sie fast alle weg waren. Aber jetzt sind sie zurück. Die meisten von ihnen sind weiße Männer. Sie haben sich durch gemeinsames Anschauen von Trumps Reden vermehrt und fordern jetzt voller Inbrunst, dass außer Trump und ihnen alles und jeder verschwindet. Als da wären: die UNO, das Bildungsministerium, das Energieministerium, Einschränkungen im Waffenbesitz, der Großteil des Regierungsapparats … Sogar die Aufarbeitung des russischen Einflusses auf die Präsidentschaftswahl wollen sie stoppen. Dabei konnten die John Bircher früher nicht genug Russen finden. Laut Bob Dylans »John Birch Society Blues« haben sie sogar in ihren Kloschüsseln nach Roten gesucht. Dabei war dort alles braun. John-Birch-Society-Braun.

22.07.2017

… und Trumpelstilzchen nahm sein goldenes Haar und spann es zu Stroh. Dann stand er auf und rief die Leute, die seinem Märchen bisher nur aus der Ferne beigewohnt hatten, zu sich.

»Seht her«, sagte er. Dann zog er seine Hose runter und kackte in das frisch gesponnene Stroh.

»Das habt ihr davon, dass ihr mich gewählt habt.«

»Was für ein Mist!«, riefen die Leute und fingen an, darin nach Gold zu suchen.

23.07.2017

Vor drei Tagen hat Sean Spicer erklärt, Ende August sein Amt als Pressesprecher von Präsident Trump aufzugeben – und schon fangen die Ersten an, aus dem gemeinen Lügner eine liebenswürdige Kultfigur zu machen. Die Verklärung hat also begonnen, während im Briefing Room des Weißen Hauses die Gegenaufklärung ungehindert weiterläuft. Schenkelklopfende Erinnerungen im Videoformat. Schnittige Rückblicke in die Abgründe des Unwissens, der Ignoranz und der alternativ-alternierenden Fakten. Die Ironie sagt Hallo zu sich selbst, während der Zynismus vom Ich auf die anderen schielt, in der Hoffnung, noch ein paar weitere Köpfe zu kontaminieren. Und so geht’s dahin. Geschichte wird nicht mehr gemacht, sie wird nur noch geskriptet, geschrieben, immer dann, wenn das Gelächter das Grausen ersetzt.

24.07.2017

Gesetze vom rechten Rand der Paragrafenwüste. In Florida konnten bis vor wenigen Monaten Ärzte dafür verklagt werden, wenn sie mit ihren Patienten über die Gefahren von Schusswaffen sprachen. Gouverneur Rick Scott und seine Republikaner hatten auf Druck der Waffenlobby im Jahr 2011 extra ein Gesetz dafür erlassen. Im Februar 2017 war es damit vorbei, und jetzt zahlt der Staat Florida das Millionen-Honorar der Anwälte, die das Gesetz vor Gericht zu Fall gebracht haben.

Es ist die perfekte $ymbiose, ein Miteinander voller §ynergie-Effekte. Waffen und Gerichte bilden in den USA eine Lebensgemeinschaft, die vom Tod nicht geschieden, sondern von ihm geschmiedet wird. Den Blutzoll dafür aber zahlen die Leute, und die Ärzte versorgen sie dann. Mit Wundkompressen. Und jetzt auch wieder mit Worten. Welch Fortschritt!

25.07.2017

Laut der heute veröffentlichten Studie »Clinicopathological Evaluation of Chronic Traumatic Encephalopathy in Players of American Football« wiesen 110 von 111 American-Football-Spielern, deren Gehirne nach ihrem Tod untersucht wurden, Anzeichen einer bestimmten Form von Demenz auf, die häufig mit schweren Persönlichkeitsstörungen einhergeht. Diese oft als »Boxerwahnsinn« bezeichnete Erkrankung entsteht, wenn man über eine längere Zeit hinweg viele Stöße vor den Kopf bekommt. Was aber, so frage ich mich, passiert, wenn man über eine längere Zeit hinweg andere vor den Kopf stößt, mit Twitter-Nachrichten, Dekreten und Reden? Eine Antwort darauf habe ich nicht. Aber falls es irgendjemand schafft, Donald Trumps Gehirn nach dessen Tod zu untersuchen, wird er, entgegen allen Erwartung, vielleicht gar keine Demenz finden und auch keine Persönlichkeitsstörung, sondern die Erinnerungen eines Einzelnen, die ihren Ursprung im kollektiven Wahnsinn einer Nation hatten, in der Millionen Gehirne – unmerklich und über lange Zeit – in eine linke und eine rechte Hälfte zerfallen waren.

26.07.2017

Donald Trump hat heute entschieden, dass offen als Transgender lebende Personen nicht mehr beim US-Militär Dienst leisten dürfen. Das riecht verdächtig nach der übl(ich)en rechtskonservativen Sicht auf die Welt, in Wahrheit verbirgt sich aber viel mehr dahinter. Denn jetzt wird endlich klar, was Trump am 14. Juni 2016 gemeint hat, als er auf Twitter den Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern dankte und ihnen zurief: »I will fight for you!«

27.07.2017

Im Grunde ist Tagebuchschreiben Meinungsmache für mich selbst.

28.07.2017

Nur für die Akten: Anthony Scaramucci ist neuer Konfrontations- … Entschuldigung, ich meine neuer Kommunikationsdirektor im Weißen Haus.

29.07.2017

Foxconn, Produzent von Elektronik und hohen Selbstmordraten unter seinen Angestellten in China, will in den USA investieren und in Wisconsin eine neue Fabrik für LCD-Bildschirme errichten.

Bei Donald Trump herrscht Jubel: 10 Milliarden Dollar Investitionen, Tausende neue Jobs.

Bei den Steuerzahlern in Wisconsin herrscht dagegen Trubel: 3 Milliarden Dollar Subventionen, 17.000 Dollar staatliche Unterstützung pro Arbeitsplatz und Jahr, das Siebenfache der üblichen Zuschüsse. Aber das ist die Dialektik des Deals: Flache Bildschirme, dicke Subventionen – und eine hohe Selbstverwirklichungsrate für Donald Lump.

30.07.2017

In Donald Trumps marktradikaler Sicht auf die Welt besteht die beste Regierung darin, keine Regierung zu haben. Da das nicht durchsetzbar ist (und er dann außerdem arbeitslos wäre), hat er sich für die zweitbeste Variante entschieden, die besagt, dass nur eine schlechte Regierung eine gute Regierung ist. So gesehen hat Donald Trump das Versprechen seiner eigenen Ideologie vollauf erfüllt.

31.07.2017

Donald Trump ist der beste Beweis dafür, dass intellektuelle Schmalhänse oft die größten Dickköpfe haben.

01.08.2017

Anthony Scaramucci hat seine Arbeit als Konfrontationsdirektor des Weißen Hauses so gut gemacht, dass er bereits gestern nach einem Zusammenprall mit dem neuen Stabschef John Kelly erfolgreich entlassen werden konnte. Der gesamte Vorgang wird unter K wie Kellysion zu den Akten gelegt.

02.08.2017

Das Dorf Lebanon ist der geografische Mittelpunkt der Vereinigten Staaten, das Zentrum des Sturms, der Ort, an dem nichts passiert. Keine News, keine lokalen Ereignisse, noch nicht mal Polizeinachrichten finden sich an diesem zweiten August. Der einzige Lebanese, der etwas zu vermelden hat, ist ein Kerl, der sich »Krönender Deal« nennt und seit Tagen versucht, bei eBay eine Million irakischer Dinars für 900 Dollar an den Mann zu bringen. Aber niemand will seine Dinars haben, und seine Angebotsgebühr bei eBay muss er in Dollar bezahlen.

»Hard times forces sale«, hat er unter seine Anzeige geschrieben, und so wie es aussieht, ist eine Besserung nicht in Sicht. Aber wie auch? Der Irak ist für den einfachen Amerikaner schon seit Jahren ein Zuschussgeschäft.