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Die Versuchung: Ein Gespräch des Dichters mit dem Erzengel und Luzifer

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Ich sehe mich noch, wie ich Gymnasiast, zitternd von Vorahnung, meinen Freund zu seiner Wohnung begleitete.

Zu jenem gelben, bestaubten Haus des Ledergeruchs. Ich fühle noch seine Bewegung, mit der er die Treppe hinaufzulaufen pflegt.

Eine Schicksalserwartung im Hausflur. Und doch wollte er sich nur ein Taschentuch holen. Ach, da kommt er atemlos, springt drei Stufen auf einmal und hat in der Hand die kleine rosa Sonntagsbeilage einer Residenzzeitung. Und die Besinnung verbleicht, die Augen werden machtlos, das Herz verliert die Fassung, eine tiefe Übelkeit schraubt alle Nerven tief . . . Gott, auf der ersten Seite wohlgereiht, ungeträumt, unverrückbar, da, und doch vor Ohnmacht nicht erkannt, das kleine, steife Gedicht, das Wochen hindurch, dreimal während jeder Speise, auf dumpfen Schulwegen, ja bei jedem Stuhlgang dreimal mein Traum sich aufsagte.

Den Tag eines kaum mehr Irdischen verlebte ich. Meine Schritte bekamen einen anderen, tieferen Klang. Ich ging ausstrahlender, furchtloser, unverletzter durch die Straßen und drängte mit meinem Körper, der mir antik gewandet vorkam, mit meinem Kopfe, den ich als etwas marmorn umlocktes empfand, Wind und Gespräch, Fluch und Wagengerassel zur Seite. Vor Warenhäusern, Wagenreihen, Kaffees blieb ich stehen und war erstaunt, als ich erkannte, wie tief das Ereignis meines gedruckten Werkes in die Welt gegriffen hatte; etwas schien an allem vorgegangen zu sein, alles schien auf mich zu deuten mit einem achtungsvoll schielenden „Aha“. Und dieses Wissen der Dinge machte mich geradezu frech. Ich sagte zu einem Polizisten „Sie da, wo kommt man auf den Castulusplatz“ und bat einen Feldmarschall-Leutnant verdrießlich um Feuer.

Ja, damals ward Ruhm erlebt. Von meinem Ruhm ward jedes Auge, jeder Mund voll. Ich schlug mit Sicherheit jede Zeitung auf, und als ich meinen Namen nicht fand, war das selbstverständlich, denn das gewohnte Ohr hört auch nicht den Ton des Meeres und der Luft, und gar das ewige Geräusch der Sterne, und so war auch mein großes Dasein als schon natürlich und alles ausfüllend übergangen worden.

O, daß der irdische Genuß nur einmal genossen wird.

Was ist mir jetzt mein ärmlicher Ruhm? Klatsch dreier Kaffees und lächerliche Politik dreizehn übelgeratener Literaten?

Und was wäre ein großer Ruhm? Mehr unsachlich, weniger böswillig, doch einfältigerer Klatsch der befestigten Gesellschaft.

Unsterblichkeit? Das Argument dagegen liegt auf der Hand.

Gewiß, gewiß. Oft sehe ich mich im Traum. Wie ich jahrelang in der Nähe einer Frau diese floh. Sie lachte über mich weg den Diabolokreisel spielender Kinder an. Und da komme ich auf gezäumtem, festlichem Pferd die Straße herab. Und das Spalier wirft toll die Hüte in die Luft und aus offenen Fenstern streut man langsame Blumen um mich. Und da ist auch die Schöne. Ich halte mein Pferd an, und mein fast schon steinerner Mund spricht ein Wort, das langsam wie die Ehrenblumen rings niederfällt. Da schaut mir die Frau in die Augen und streichelt mein Pferd, und rasend jubelt, wie ich weiterreite, das Volk um uns mit Tambourins und Tschinellen.

Aber das ist ein Traum, wie ein Bub die Geliebte aus dem brennenden Hause zu retten träumt.

Ruhm, Unsterblichkeit. Nein, nein, nein! Ich halte mir die Ohren zu, Satan.

Satan, Satan, bist du ein Quacksalber? Hast du in deinem Feuersack nur Medizinflaschen? Um mich zu vergessen oder zu erweitern, gab Gott uns Haschisch und Opium.

Satan, Satan, bist du ein Theaterfriseur? Hast du in deinem Feuersack Perücken und Schminkstifte? Willst du meinem Inwendigen und Äußeren eine schneidig geringschätzige Treumannmaske anmalen und mit ein paar höllischen Kohlenstrichen ein brutal fernes Lächeln mir um die Lippen ziehen, oder mit fachmännischem Zu- und Wegspringen mir einen melancholisch hinreißenden Lockenkopf von säkularer Gültigkeit anordnen?

Ich will, ich will keine Metamorphose.

Ich will meine Wahrheit kennen. Mein innerlichstes Licht oben haben.

Wenn ich um einen Charakter flehte, so meinte ich nichts als die Kraft, durch den Urwald des Selbst durchzukönnen nach einer erkannten, mit den Schlüssen des Zuendedenkens und den Blitzen des Nach-allen-Seiten-hin-Fühlens übereinstimmenden Richtung.

Satan:

Es ehrt dich, Mensch, daß du es verschmähst, von mir ein neues Leben anzunehmen! Es hätten sich Naturen, die du für stärker hältst, durch weit geringeren Bauernsang erwischen lassen.

Wisse es, so oft du auch dumpf, weinerlich und unfähig zu leben bist, deine Seele, Mensch, deine Seele ist stark. Sie sollen nur höhnen, Ästhet! Dich hat der Teufel, verwirrt Ehrlicher, durch kein Raffinement gefangen.

Erkenne nun, was ich für die besten Temperamente bewahre, und wähle!

Kein neues Leben gebe ich dir. Aber ein neues Schicksal. Und zwar, mein Unersättlicher, das schmerzlichste aller Schicksale und das triumphalste: Den Kampf!

Der Dichter:

Kampf! Verzeih’ Satan, wenn ich skeptisch werde, an mir skeptisch werde. Es ist etwas Unpolemisches in mir. Etwas, was einem irdischen Übel ein ironisch transzendentales Gewicht entgegenhält. Einen vielleicht billigen Trost in der ewigen Ordnung.

Satan:

Ich habe dein Herz beim Lesen mancher Notiz aus dem Gerichtssaal belauscht. Du unterschätzest deine Vehemenz. Bisher warst du wohl allzu gesättigt. Das irdische Übel erschien dir in derselben Distanz wie die ewige Ordnung. Aber ich will dir das irdische Übel naherücken, ich will’s um dich gruppieren.