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Die Versuchung: Ein Gespräch des Dichters mit dem Erzengel und Luzifer

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Du sollst das Leben nicht mehr aushalten, wird mein Geschenk sein. Du wirst verwandt werden meinem Geschlecht. Dein Schmerz wird ein Luzifer-Schmerz sein. Schweig’. Du wirst dich nicht umbringen. Du bist ein Dichter. Du wirst brausen.

Nicht mehr werde ich, wenn ich vielleicht als Hauswirtin dir früh den Kaffee bringe, dich bei jenen uns bekannten Monologen ertappen.

„So, da stehe ich nun auf und bin voll von einem Vers, den auszudrücken ich zwei Tage brauchen werde. Warum kommt dies Erschrecken über mich und diese verächtliche Frage, wozu dies alles? Soll dies schön Fühlen und schön Reden wirklich der Ersatz sein für all die Erbärmlichkeit? Warum bin ich gerade dazu verdammt, mein Leben an eine Lüge hinzuwerfen, die nur dadurch in mir gehalten werden kann, daß sie die anderen, das Publikum, scheinbar aufrecht erhalten. Wenn dieser Abgeordnete gestern nicht zitiert hätte „Es soll der Dichter mit dem Fürsten gehn“ (wie ist im Herzen des Abgeordneten dieses Wort leer), so hätte ich gestern vielleicht nicht so tief an Wert und Wichtigkeit der Poesie geglaubt!

Wie gemein bin ich doch im Grunde. Ich freue mich ja zuschauend über das Gute und Böse, das mir passiert, um nachher nur darüber innerlich herzufallen. Plausibel wäre vielleicht einzig noch „Selbstmord durch Kunst“. Sich aufgeben, aber gestalten. Oder – oder. Ein Wirkender zu sein. Ein unerforschlicher Gigant der eigenen Idee. In dem Scheiterhaufen der Sätze verbrennen die schnöden Gesinnungen, die gleichgültigen Taten, Systeme und Menschen, Kunst als Revolution. In Tyrannos!“

Siehst du, Dichter, ich will dir ein Schicksal geben, daß du dieser herjagende Erfüller sein wirst. Ich will dich mit Ekel und Mitleid bis oben anfüllen, daß du über Parlamenten, Kongressen und Weltversammlungen wie ein Samum dahinfährst. Ich will dich durch Wahnsinn des dir Begegnenden aufreißen zu unerhörtem Mut, zu unerhörten Taten. Du sollst die Wonne fühlen! Einer gegen Millionen. Und den Tod aller Tode sollst du sterben. Im Triumph, im Sieg, während eines Bombenattentats oder durch die Kugel eines ohnmächtigen Feindes nach dem Erdbeben einer deiner Reden.

Der Dichter:

Halt ein, halt ein! Alles, was du versprichst, ist Rausch. Alles ist Rausch! Auch deinen Kampf will ich nicht. Ich will mich nicht vergessen. Haschisch und Opium nannte ich schon. Ich gebe nicht meine Zweifel der Geschäftigkeit hin. Nicht ein Aufwachen, wo man noch Verse des Traumes im Ohr hat, gegen ein intrigantes Pathos. Wer sich der Richtigkeit entgegenwirft, wird selbst nichtig. Wer in der kleinen Misere Leid der Ewigkeit spürt, singt, aber kämpft nicht. Nein, nein, dein Kampf gegen Dynastien, Parlamente, Dummheit, Verbrechen, ist nicht mein Kampf. Häufe Hunger und Unglück auf mich, du täuschest dich, wenn du meinst, ich würde zum rhetorischen Parteigänger, zum dialektischen Anarchisten.

Dies Herz weiß zuviel, es hat zu sehr die Trostlosigkeit, die Einsamkeit, die Einsamkeit jedes Grashalms und jedes Lämpchens erfahren, hat zu heiß über verlassene Bänke bei Sonnenuntergang im Park geweint, als daß es den Unsinn der Wehrmacht und der Gesetzgebung überschätzen würde.

Satan, Satan, du bist mir nicht gewachsen. Ahnst nicht die Zartheit, die Demut in mir. Ich brauche nicht den Rausch des Außerordentlichen. Mich berauschen ja all die lieben Wiesen, die Bienen, und ein gütiger Weltblick einer zahnlos ordinären Hexe zum Kruzifix oder zu den Wolken versöhnt mich mit der entsetzlichsten Verleumdung aus ihrem Munde.

Ha, ich fühle, wie in mir all die Qualen so klein und niedrig werden, wenn das Leben, das Leben wieder unendlich an meine Brust greift.

Satan:

Ehe du mich verstößt, ehe ich entfliehe, vernimm noch. Schlag nicht aus die Hand Luzifers, des zur Erde Gefallenen, dem Gott das nahm, was jetzt aus deinen Augen bricht.

Die Menschen, höre, sind dein Untergang. Du sprichst nicht ihre Sprache, sie werden dich wegwerfen. Dein sei die Einsamkeit! Trage deine Liebe in die Wildnis! Ich will die Welt um dich bezaubern. Die Flüsse, die Lerchen, Vulkane und Bestien seien Träger deiner Stimme, Behälter deines Schmerzes. Die sieben Farben sollen beglückt um dich tanzen. Dein Leid harmonisiert sich. Du kraftvoller Widerstrahl Gottes, Orpheus, süßes, seliges Abbild, Erinnerung meiner selbst, ehe ich schuldig worden.

Ich wollte dich vernichten, als ich dich dreimal unter die Menschen verwies. Meine Erinnerung vernichten. Jetzt aber beugt mich Sehnsucht, Sehnsucht nach der alten Reinheit. Bleibe, o Klang des Kosmos, bleibe mir.

Der Dichter:

Satan, Satan, du auch mein Bruder.

Jetzt weiß ich, daß ich unter die Menschen muß. Alle meine Zweifel, meine Anklagen gegen mich, schrumpfen nun ein, wo urplötzlich eine ungeheure Sonne aufging, und ich sehe, daß all das, was ich für Mangel hielt, Schicksal ist, mein einziges Schicksal, das keinem, keinem Wesen angeglichen werden kann. Ich werde nicht mehr zetern über chaotisches Gemüt, Unstandhaftigkeit, Unsittlichkeit. Die Gesetze des Menschen, auch seine Moralgesetze, sind nicht die meinigen, weil ich in Beziehung zu ganz anderen, höheren Gewalten stehe.

Ich werde nicht mehr weinen, weil nichts Menschliches an mir ist außer Hunger, Durst, Schlaf und Wollust. Und doch, so ich nun mein unmenschliches Schicksal erkenne, treibt es mich wieder, unsäglich treibt es mich zu den Menschen.